| Titel: | Ueber die Zusammensetzung der in den Cementirungskästen enthaltenen Gase; von L. Cailletet. | 
| Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. XCII., S. 306 | 
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                        XCII.
                        Ueber die Zusammensetzung der in den
                           Cementirungskästen enthaltenen Gase; von L. Cailletet.
                        Aus den Comptes rendus, t. LX p. 344, Februar
                              1865.
                        Cailletet, Untersuchung der in den Cementirungskästen enthaltenen
                           Gase.
                        
                     
                        
                           Bei näherer Prüfung der zahlreichen, zur Erklärung der Umwandlung des Stabeisens in
                              Stahl angestellten Versuche kam mir der Gedanke, daß ein specielles Studium der in
                              den Cementirungskästen stattfindenden Erscheinungen vom chemischen Standpunkte aus
                              nicht ohne Interesse seyn dürfte.
                           In diesen Apparaten finden nämlich die Reactionen in sehr großem Maaßstabe statt, und
                              die wirksamen Körper, welche bei Untersuchungen im Laboratorium übersehen werden
                              können, lassen sich mit Leichtigkeit nachweisen.
                           Nach mehrfachen, in den Hüttenwerken von Drambon (Côte-d'Or) mit der freundlichen Unterstützung der HHrn. Guenard und Comp. abgeführten Versuchen kam ich zu der Ueberzeugung, daß ich meine
                              Untersuchungen nothwendig von den Erfordernissen einer industriellen Operation ganz
                              unabhängig machen müsse und ich stellte mir daher auf unserer Hütte einen
                              Cementirkasten her, welcher mich gänzlich zum Herrn und Meister der Operation
                              machte. Dieser Kasten besteht aus dünnem Gußeisen und hat etwa 350 Liter Inhalt; in
                              der Mitte seiner Vorderwand ist eine Oeffnung angebracht, in welche ein
                              Porzellanrohr vollkommen gasdicht eingekittet wird. Mittelst dieser Vorrichtung
                              können die während der Cementirung sich entwickelnden Gase gesammelt werden.
                           Das Porzellanrohr reicht mit seinem einen Ende etwa 40 Centim. weit in den Kasten
                              hinein; das andere, außerhalb des Ofens liegende Ende desselben, ist mittelst eines
                              verkitteten metallenen Verschlußstückes mit einem Glasrohre verbunden. Dann
                              streichen die Gase durch einen Kugelapparat und sammeln sich in einem besonders
                              geformten Aspirator.
                           Bei meinen zahlreichen Versuchen enthielt der Cementirungskasten etwa 300 Kilogr. von
                              zu Stäben von 1 Centim. Seite ausgeschmiedetem, bei Holzkohlen gefrischtem
                              Feinkorneisen. Die Stäbe wurden in horizontalen Schichten gelegt und diese durch
                              zerstoßene Holzkohle, deren gröbste Stücke durch ein Sieb mit viereckigen Maschen
                              von 2 Centimeter Seite leicht passirten, von einander getrennt.
                           Die Kohle bestand zu 1/3 aus Eichenholzkohle und zu 2/3 aus Kohle von verschiedenen
                              anderen Hölzern, wie sie in mehreren Hohöfen des Depart. Côte-d'Or gewöhnlich angewendet wird.
                           Der Kasten wurde mit feuerfestem Thon, welcher, wie dieß auf den Stahlhütten
                              gebräuchlich ist, vorher tüchtig durchgeschlagen worden, verstrichen.
                           Fünf Stunden nach dem Anfeuern wurde der Aspirator in Thätigkeit gesetzt; die
                              aufgefangenen Gase wurden nach der eben so einfachen als genauen Methode von Peligot analysirt.
                           Die Zusammensetzung des nach achtstündiger Erhitzung aufgefangenen Gasgemenges war
                              folgende:
                           
                              
                                 
                                 Mittel aus zwei Analysen.
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                   20,06
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                   15,55
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                   26,60
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                   37,79
                                 
                              
                                 
                                 ––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                           Die Temperatur des Apparats war noch nicht hoch genug gesteigert und einige als
                              Proben dienende dünne Eisendrähte waren noch nicht einmal oberflächlich cementirt.
                              Nach sechzehn Stunden war die im Kasten enthaltene Kohle zum Hellrothglühen
                              gebracht.
                           Später wurden zwei Proben des entwickelten Gasgemenges untersucht; es ergab sich
                              folgende Zusammensetzung derselben:
                           
                              
                                 
                                 Nach 32stündigerErhitzung.
                                 Nach 60stündigerErhitzung.
                                 
                              
                                 Wasserstoff
                                   39,80
                                   37,76
                                 
                              
                                 Kohlenoxyd
                                   15,30
                                   16,32
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                 –
                                 –
                                 
                              
                                 Stickstoff
                                   44,90
                                   45,92
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––
                                 –––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 100,00
                                 
                              
                           Nach dieser Zeit wurde der Ofen sich selbst überlassen und langsam abgekühlt; beim
                              Oeffnen des Kastens zeigte sich das Eisen stark cementirt und zwei plattgedrückte
                              und an ihren Enden zusammengeschweißte schmiedeeiserne Röhren hatten sich
                              aufgeblöht, indem sie in ihrem Innern Gase condensirten.
                           Mehrere Stücke starken Eisenblechs, welche zur Verhinderung des unmittelbaren
                              Contacts des Metalls mit der Kohle, mit feuerfestem Thon beschlagen waren, zeigten
                              sich gleichfalls in Stahl verwandelt.
                           Das im Kugelapparat enthaltene Wasser, welches zum Waschen von 70 Liter der während
                              der Operation aspirirten Gase gedient hatte, zeigte eine schwach gelbliche Färbung,
                              vielleicht von dem von einzelnen unvollkommen verkohlten Holzstückchen herrührenden
                              Theer verursacht. Bei der Analyse dieses Wassers zeigte sich
                                 keine Spur von Cyanverbindungen; eben so wenig ergab die Untersuchung der
                              Röhren die Gegenwart flüchtiger Cyanüre.