| Titel: | Ein dioptrisches Fernrohr, welches die Objecte aufrecht oder verkehrt zeigt, je nachdem man es um seine Achse dreht; von Professor Dr. J. J. Oppel. | 
| Fundstelle: | Band 176, Jahrgang 1865, Nr. CXXX., S. 440 | 
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                        CXXX.
                        Ein dioptrisches Fernrohr, welches die Objecte
                           aufrecht oder verkehrt zeigt, je nachdem man es um seine Achse dreht; von Professor Dr.
                           J. J.
                              Oppel.
                        Oppel, über ein dioptrisches Fernrohr.
                        
                     
                        
                           Die Lösung dieser kleinen optischen Räthselfrage, also die Construction eines
                              dioptrischen Instrumentes, bei welchem die Lage der Bilder (gegen alle sonstige
                              Analogie) von der Lage des Instrumentes selbst gegen
                              seine Achse abhängig erscheint, – liegt einfach in
                              der Anwendung eines „convex concaven“ Objectivglases, worunter
                              jedoch hier – nicht ein sphärisches, auf der einen Seite convex, auf der
                              anderen concav geschliffenes Glas, sondern ein von zwei
                              convex-concaven Flächen begrenztes, d.h. ein solches zu verstehen ist, dessen beide Flächen – nach der einen ihrer zwei Dimensionen eine convexe, nach der anderen eine concave
                              Krümmung besitzen, – wie man sich ein solches z.B. annäherungsweise aus dem
                              dünneren, so  gestalteten Theil des Schaftes eines gewöhnlichen Weinglases herstellen kann,
                              welcher ungefähr die Form eines einschaligen
                              Rotationshyperboloides hat (hyperboloïde à une
                                 nappe, wie es die französischen Geometer
                              nennen).
                           Derartige Gläser nämlich, die freilich schwer mit mathematischer Genauigkeit zu schleifen seyn werden, haben die Eigenthümlichkeit, daß
                              das durch sie erzeugte anscheinend reelle (physische) Bild eines entfernten
                              Gegenstandes nur in einer der drei Dimensionen des
                              Objectes umgekehrt erscheint, also, nach Listing's zweckmäßiger Terminologie, eine
                              „Perversion“ des Objectes darstellt, während alle
                              gewöhnlich angewandten geschliffenen Gläser nur höchstens
                              „invertirte“ Bilder, d.h. Umkehrungen der Form des Objectes
                              entweder in zwei, oder in keiner Dimension desselben liefern; in ganz ähnlicher Weise, wie auch der
                              entsprechende „convex-concave“
                              Spiegel, ein Mittelding zwischen Convex- und Hohlspiegel,
                              dessen Normalform etwa die eines gleichseitig-hyperbolischen Paraboloides von der
                              Gleichung z = a (y² – x²) seyn würde, eine solche Ausnahme von den
                              durch Reflexion erzeugten Bildern darstellt, indem er
                              nämlich nur in zwei Dimensionen umkehrt, während sonst
                              alle katoptrischen Bilder entweder in einer, oder in
                              allen drei Ausdehnungen umgekehrt erscheinen, d.h. (nach
                              Listing) „Perversionen“ des
                              Objectes sind. – Das auf die beschriebene Weise erzeugte, in der Regel sehr
                              kleine Bild, – welches man aber ohne Zweifel mittelst eines passenden
                              convexen Oculars vergrößern, d.h. durch eine Loupe
                              betrachten könnte, – unterscheidet sich von den erwähnten katoptrischen
                              Bildern (ebener oder convexer Spiegel), mit denen es die einfache Umkehrung (Perversion) gemein hat, nur dadurch, daß diese
                              Umkehrung hier nicht die in der Richtung der Sehelinie liegende Dimension, sondern
                              eine der beiden dazu rechtwinkeligen – und zwar
                              nach Belieben die eine oder die andere derselben trifft, je nachdem man das Glas um die Sehelinie umdreht,
                              weil nämlich das Bild diese Umdrehung – und zwar mit verdoppelter Geschwindigkeit – mitmacht. Man hat es daher in der
                              That ganz in seiner Willkür, die Gegenstände aufrecht oder verkehrt zu sehen, und
                              kann die eine Stellung in die andere durch eine bloße
                                 Viertelsumdrehung des Rohres um seine Achse nach Belieben überführen.
                              (Jahresbericht des physikalischen Vereins zu Frankfurt a. M. für
                                 1863–1864.)