| Titel: | Einige Hülfsmittel bei Fernrohr-Beobachtungen; von C. A. Grüel in Berlin. | 
| Autor: | C. A. Grüel | 
| Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XXIII., S. 123 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XXIII.
                        Einige Hülfsmittel bei
                           Fernrohr-Beobachtungen; von C. A. Grüel in
                           Berlin.
                        Grüel, über Hülfsmittel bei
                           Fernrohr-Beobachtungen.
                        
                     
                        
                           Die teleskopische Beobachtung terrestrischer und cölestischer Objecte erleidet sehr
                              oft, selbst bei aller Vollkommenheit des Fernrohrs, eine Störung, einerseits durch
                              den Mangel an homogener Luftbeschaffenheit, andererseits durch die nicht vollkommen
                              von Schwankungen und Erschütterungen befreite Aufstellung des Rohres. Die Störung
                              der Deutlichkeit des optischen Bildes in solchen Fällen ist auffallender bei
                              größeren Instrumenten, weil sie proportional ist der Objectiv-Oeffnung und
                              der Vergrößerungskraft; sie läßt sich indessen in den Fällen vermeiden, wo sie durch
                              Erschütterungen des Fernrohrs oder aber durch local gestörte Homogeneität der Luft,
                              und zwar in der näheren Umgebung des Rohres, veranlaßt ist.
                           Wenn man im Sommer durch ein Fernrohr eine Landschaft über eine ausgedehnte, von
                              starker Sonnenwirkung getroffene Fläche hinweg betrachtet, von welcher die erwärmte
                              Luft emporsteigt, so wird man niemals ein befriedigendes deutliches Bild erwarten
                              dürfen, und es läßt sich gegen diesen Umstand, den man mit dem Namen
                              „unruhiger Luft“ zu bezeichnen pflegt, schwerlich ein
                              Mittel auffinden. Ist die Luftstörung indessen localer Art, beobachtet man z.B. den
                              Sternhimmel durch ein geöffnetes Fenster, während die Zimmer-Temperatur
                              verschieden von der außerhalb statthabenden ist, so muß nothwendig ein Luftwechsel
                              innerhalb und in der Nähe der Fensteröffnung eintreten, bei welchem die kältere Luft
                              die untere der Schichten bildet, welche sich an ihrer Grenze mischen und die
                              erwähnte Störung herbeiführen. In diesem Falle habe ich es vortheilhaft gefunden,
                              das Rohr möglichst weit aus dem Fenster hinauszustecken, ferner dasselbe oben mit
                              einer nicht zu engen und nur in der Zone des Objectivs fest anschließenden innen
                              stumpfschwarz gestrichenen, außerhalb weißen Papphülse von 2–3 Fuß Länge zu
                              versehen.
                           Es ist andererseits bekannt, zu welchen großartigen Veranstaltungen man wegen der
                              sicheren Aufstellung der Refractoren, jener stark vergrößernden Fernröhren, in den
                              Sternwarten großer verkehrsreicher Städte schreiten muß, um jede durch das
                              Straßenpflaster fortgeleitete Erschütterung unschädlich zu machen. Was hier dem
                              praktischen Astronomen in seiner wichtigen Berufsthätigkeit nothwendig gewährt seyn
                              muß, indem die
                              Instrumente auf massiven isolirten, aus tiefem Grunde emporgebauten Pfeilern ruhen,
                              dieß kann der Dilettant zu seinem Vergnügen in anderer Weise sehr befriedigend und
                              ohne erhebliche Kosten erlangen, und ich glaube, daß mancher Fernrohrbesitzer den
                              Unterschied zwischen einem absolut ruhigen und einem, wenn auch noch so leise
                              zitternden optischen Bilde nicht genau geprüft haben mag, um sich gern ein Mittel
                              zur Abhülfe des Uebels aufzusuchen. Die Freude, die kleinsten Details auf der
                              Mondscheibe zu erkennen, einige der schwieriger zu trennenden Doppelsterne als
                              gesonderte Individuen zu sehen etc., geht verloren bei den fortwährenden
                              Erschütterungen des Bodens, wie es hier in meinem Wohnort bei dem täglich sich
                              mehrenden Gewühl nicht anders seyn kann.
                           Dieses Mittel besteht nun in der Anwendung der Elasticität unter gleichzeitiger
                              Wirkung der Trägheit der Masse. Ich nehme einige dicke Polster, ordne sie so an, daß
                              eine etwas schwere Platte, gleichviel ob von Metall oder Holz, ziemlich gut
                              horizontal und sicher darauf liegen kann, und auf diese Platte stelle ich das Stativ
                              des Fernrohrs. Nach dem Einstellen in die richtige Focalweite hat man ja nur noch
                              die verticale und horizontale Richtung zu geben, und läßt man dann das Rohr ohne
                              Berührung, so sind in wenigen Secunden die etwa vorhandenen langsamen pendelartigen
                              Schwankungen vorüber, und man kann dann selbst bei allem Wagengerassel in der Straße
                              die besten Beobachtungen anstellen. Um die Sonnenflecken zu beobachten, benutzt man
                              meist farbige Blendgläser, und diese sind am besten, wenn sie aus zwei
                              verschiedenfarbigen, plan-parallel geschliffenen, gut compensirten Gläsern
                              bestehen, um weißes Licht in mildem Glanze zu geben. Man kann indessen auch die
                              Polarisation benutzen, und wählt zu dem Ende zwei kleine hinten geschwärzte, vorn
                              plangeschliffene Glasplättchen, fügt sie nach der Weise des Malus'schen Polarisationsapparates mit rechtwinkelig zu einander stehenden
                              Ebenen so aneinander, unterstützt durch Holzkeile, daß die Sonnenstrahlen unter dem
                              Polarisations-Winkel (35° 20') aufgefangen und eben so vom zweiten
                              Spiegel reflectirt in's Fernrohr gelangen. Sehr interessant ist die Beobachtung der
                              Sonnenscheibe übrigens, wenn man mit Hülfe eines guten Hohlspiegels von großer
                              Focalweite auf einem Bogen fein weißen Papiers ein Bild erzeugt, welches man dann
                              objectiv betrachten kann. Mit einem Spiegel von 70 Fuß Brennweite konnte auf solche
                              Weise eine Anzahl von Personen zugleich die letzte große Sonnenfinsterniß in ihrem
                              Verlauf, so wie die Lage und Beschaffenheit der Flecken bequem beobachten. Der aus
                              Spiegelmetall bestehende Spiegel hatte nur 3 Zoll Durchmesser.