| Titel: | Die Fabrication von verzinkten (galvanisirten) Eisenwaaren in England; von Dr. Lunge. | 
| Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XXXII., S. 150 | 
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                        XXXII.
                        Die Fabrication von verzinkten (galvanisirten)
                           Eisenwaaren in England; von Dr. Lunge.
                        Aus dem Breslauer Gewerbeblatt, 1865, Nr.
                              12.
                        Lunge, über die Fabrication von verzinkten Eisenwaaren in
                           England.
                        
                     
                        
                           Eine sehr große Rolle spielt in England das verzinkte Eisenblech, welches man dort
                              „galvanisirtes“ nennt, nicht als ob der Galvanismus irgend etwas mit seiner
                              Herstellung zu thun hätte, sondern weil man annimmt, daß der Zinküberzug das Eisen
                              auf galvanischem Wege schütze, indem sich die Oxydation zunächst auf das Zink werfe.
                              Dieses Letztere bedeckt sich dann mit einem äußerst dünnen, aber eine
                              zusammenhängende Schicht bildenden Häutchen von Zinkoxyd, welches das darunter
                              liegende Metall vor weiterem Zutritt von Sauerstoff und somit vor Verrostung
                              bewahrt. Da das Zink die äußerste Schicht bildet, so muß es freilich unter allen
                              Umständen der Oxydation zuerst ausgesetzt seyn, ohne daß man den Galvanismus mit zur
                              Erklärung herbeizuziehen brauchte. Im Gegentheil dürfte die galvanische Action
                              zwischen Zink und Eisen nur zur schnelleren Oxydation beider den Anstoß geben,
                              sobald durch irgend eine Verletzung des Zinküberzuges einmal das Eisen an einer
                              Stelle bloßgelegt worden ist. In der That haftet aber das Zink sehr fest an dem
                              Eisen, und schützt es für sehr lange Zeit, wenn es nicht der mechanischen Abnutzung
                              ausgesetzt ist.
                           Das verzinkte Eisenblech wird zunächst als billiges Surrogat für verzinntes
                              gebraucht, dann aber auch zu vielen Zwecken verwendet, für welche verzinntes Blech
                              gar nicht anwendbar ist, sowohl wegen seines hohen Preises, als auch wegen der
                              geringen Dimensionen, in denen man es mit Vortheil herstellen kann. Am wichtigsten
                              in dieser Beziehung ist das gewellte Blech, welches man zu Dächern, Scheidewänden u.
                              dgl. benutzt und welches wohl das billigste Material ist, das für diese Zwecke in
                              Anwendung gebracht werden kann, weil das Blech durch die Wellen eine solche
                              Steifigkeit bekommt, daß es sich auf sehr große Weiten selbst trägt und somit keinen
                              Dachstuhl erfordert. Allerdings theilt es alle diese Vorzüge mit dem gewellten
                              Schwarzblech, welches letztere man aber durch einen, etwa alle drei Jahre zu
                              erneuernden Oelanstrich schützen muß; das verzinkte Blech erfordert nicht so viel
                              Anstriche. Was die Dauer beider Arten Blech anbetrifft, so sind die Meinungen
                              darüber in England getheilt; manche schreiben dem mit Anstrich versehenen
                              Schwarzblech, andere dem galvanisirten Blech eine längere Dauer zu. Eines möchte
                              vielleicht für die guten Eigenschaften des letzteren sprechen, daß nämlich
                              fortwährend neue Fabriken davon entstehen. Der Preisaufschlag für das Verzinken ist
                              sehr unbedeutend und braucht für gewöhnlich kaum in Rechnung gezogen zu werden.
                           Das galvanisirte Eisenblech wird in der Regel nicht, wie das verzinnte, erst in
                              Tafeln hergestellt und aus diesen dann die betreffenden Waaren angefertigt, sondern
                              man macht die Gegenstände erst aus Schwarzblech fertig, wobei man die Ränder durch
                              Falzen und durch einzelne Niete vereinigt, und unterwirft sie dann dem
                              Verzinkungsprocesse. Selbstredend ist dieß auch bei solchen Gegenständen aus Schmiedeeisen,
                              wie Pferdegeschirren u. dgl., der Fall, welche man auch zum Verzinnen vorher fertig
                              macht. Die Verzinkung bedeckt die Gegenstände mit einem mehr oder weniger
                              großstrahlig krystallinischen Moiré, das nach kurzer Zeit eine nicht gerade
                              schöne hellgraue Farbe annimmt, wird also eben immer nur als billiges Surrogat für die Verzinnung angesehen. Ein Hauptartikel dafür
                              sind Wassereimer, welche in enormen Mengen verfertigt werden. Ganz große
                              Gegenstände, wie Reservoire u. dgl., für welche die Dimensionen der Zinkpfannen
                              nicht ausreichen, werden wie gewöhnlich aus einzelnen Tafeln zusammengesetzt und
                              durch Löthen vereinigt.
                           Das Verzinken ist eine sehr einfache Operation, viel weniger umständlich als das
                              Verzinnen, wie aus der folgenden Beschreibung einer der größten Anstalten dazu in
                              Wolverhampton hervorgehen wird, welche ich in allen Einzelheiten besichtigen
                              konnte.
                           Sämmtliche Operationen sind in einer großen, von oben erleuchteten Halle vereinigt,
                              mit Ausnahme des Eindrückens der Wellen. An einer Seite dieser Halle stehen drei
                              lange Steintröge. Der erste derselben enthält verdünnte Salzsäure (ein Theil
                              käufliche Säure auf sieben Theile Wasser), der zweite reines Wasser, der dritte
                              wieder Salzsäure. Sämmtliches Eisen, sowohl die unverarbeiteten Vieche, als auch die
                              aus Schwarzblech schon geformten Waaren, werden zunächst in dem ersten Troge
                              gebeizt. Schwefelsäure, welche man beim Verzinnen anwendet, und welche in England
                              verhältnißmäßig billiger als Salzsäure ist, wird trotzdem nicht benutzt, weil man es
                              unvortheilhaft für das Verzinken gefunden haben will. Aus diesem ersten Bade kommen
                              die Sachen in den zweiten Trog mit Wasser, dann in den dritten mit frischer
                              Salzsäure, wieder in's Wasser und dann in die Trockenkammer. Die Temperatur der
                              letzteren ist eine mäßige, wohl 35–40° R., so daß man darin
                              ein- und ausgehen kann; ihre Thüren, welche nach der erwähnten großen Halle
                              hingehen, stehen sogar gewöhnlich offen. Die Gegenstände dürfen aus der
                              Trockenkammer nicht eher entfernt werden, als bis sie in die Zinkpfannen selbst
                              gebracht werden. Von Zinkpfannen sind zwei vorhanden; die eine, vorzugsweise für
                              Bleche bestimmte, ist 7' lang, 2' breit und 4' tief; die andere für kleinere
                              Gegenstände, 4' lang, 2' breit, 3 1/2' tief. Beide sind von Schmiedeeisen, mit
                              abgerundeten Ecken. Die Qualität des Zinkes muß die beste seyn; auf den Barren fand
                              ich die, an die Heimath erinnernden Worte: G. von Giesche's Erben, deren Zink dort ausschließlich zur Anwendung kommt. Es
                              wird in den Pfannen in dünnem Flusse erhalten und dabei vor Oxydation durch etwas
                              aufgestreuten Salmiak
                              geschützt, welcher mit den Unreinigkeiten des Zinks und Zinkoxyd zusammenschmelzend,
                              eine schmutzige Decke darüber bildet. Dieß genügt vollkommen und macht die Anwendung
                              von Talg oder anderem Fette ganz unnöthig, Zugleich löst der Salmiak das sich
                              stellenweise doch bildende Oxyd immer auf. Es wird grauer oder röthlicher, aber
                              nicht theeriger Rohsalmiak genommen.
                           Die Gegenstände werden noch warm aus dem Trockenofen in die Zinkpfannen gebracht und
                              einige Secunden untergetaucht gehalten; dann werden sie mit Zangen herausgezogen,
                              nachdem man vorher noch etwas Salmiak gerade auf die betreffende Stelle gestreut
                              hat, und sofort in einen daneben stehenden Trog mit Wasser gesteckt. Dann werden sie
                              mit Sägespänen trocken gebürstet, und sind nun fertig zum Verkauf. Ausgenommen
                              hiervon sind nur die gewellten Bleche, welche ihre Wellen erst jetzt erhalten, und
                              auf welche ich etwas näher eingehen will.
                           Man verwendet zu ihnen Blech, wovon 145 Tafeln auf die Tonne (à 20 Ctr.) gehen. Die Tafeln sind 6' lang und 2' 6'' breit; dieß
                              entspricht also einem Gewichte von nicht ganz einem Zollpfund auf den englischen
                              Quadratfuß, oder einer Dicke von etwa 1/40 rheinischem Zoll.
                           Bei der Verarbeitung gehen durch die, mit der langen Seite parallel laufenden Wellen
                              von der Breite 3'' verloren, 1 1/2'' werden an jeder Leite zum Ueberlegen über das
                              nächste Blech gerechnet, und so behält jede Tafel eine nutzbare Breite von genau 2'.
                              Die Wellen werden durch Pressung erzeugt. Zunächst geht die Tafel, sowie sie vom
                              Verzinken kommt, durch ein kleines Walzenpaar mit Walzen von 3' Länge und 2''
                              Durchmesser; dieß geschieht, um etwa entstandene Falten und Einknickungen
                              auszugleichen. Die Presse selbst besteht aus einem 8'' langen und 4'' breiten
                              eisernen Bodenstücke, dessen Oberfläche zwei Wellen zeigt, welche der Länge nach
                              verlaufen, und aus einem dazu passenden Oberstücke, welches in einer Parallelführung
                              von eisernen Schienen über dem Bodenstücke auf und ab geht. Seine Hebung und Senkung
                              wird durch eine excentrische Scheibe bewerkstelligt; der Hub beträgt nur wenige
                              Zolle. Jede Furche wird zweimal gepreßt, das Blech also das erstemal für zwei Stöße
                              darunter gelassen und nachher für jeden Stoß immer nur um eine Furche verschoben, so
                              daß die beiden in einer Presse vorhandenen Furchen nach einander zur Wirkung kommen.
                              Die Operation geht, wie begreiflich, sehr schnell vor sich. Endlich ist noch ein
                              Biegewalzwerk vorhanden, dessen Walzen den Wellen entsprechend cannelirt sind, weil
                              häufig Bedachungen in Bogenform angewendet werden, selbst bis zu Spannungen von 30
                              und mehr Fuß, ohne daß man irgend eine Stütze in der Mitte anbrächte; bei Spannungen
                              von mehr als 6' werden dann natürlich 2, 3 oder mehr Bleche durch Vernieten an den
                              schmalen Seiten zu einem Bogenstücke vereinigt.