| Titel: | Ueber eine zweckmäßige Methode der Sauerstoffdarstellung; von Th. Fleitmann. | 
| Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XXXIV., S. 157 | 
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                        XXXIV.
                        Ueber eine zweckmäßige Methode der
                           Sauerstoffdarstellung; von Th. Fleitmann.
                        Im Auszug aus den
                           Annalen der Chemie u. Pharmacie, 1865, Bd. CXXXIV S. 64.
                        Fleitmann, über eine zweckmäßige Methode der
                           Sauerstoffdarstellung.
                        
                     
                        
                           Ich wurde zu meiner Methode der Sauerstoffdarstellung durch die Beobachtung geführt,
                              daß eine concentrirte Lösung von Chlorkalk beim Erwärmen mit einer Spur von frisch bereitetem
                              feuchten KobalthyperoxydNickelhyperoxyd wirkt ähnlich, nur nicht so energisch.
                              vollständig in Chlorcalcium und Sauerstoff zerfällt.
                           Wie ich mich durch wiederholte quantitative Versuche überzeugte, erhält man hierbei
                              sämmtlichen wirksamen Sauerstoff des Chlorkalks. Der unterchlorig saure Kalk
                              zerfällt einfach in Chlorcalcium und Sauerstoff, ohne Bildung von chlorsaurem
                              Salz.
                           Die Entbindung des Sauerstoffgases erfolgt bei einer Temperatur von 70 bis 80°
                              C. in einem ganz regelmäßigen Strome, unter leichtem Aufschäumen der
                              Flüssigkeit.
                           Die Wirkung des Kobalthyperoxydes ist hierbei offenbar eine ganz ähnliche, wie die
                              des Stickoxydgases bei der Schwefelsäurefabrication. Die Existenz von mehreren
                              Kobalthyperoxyden von verschiedenem Sauerstoffgehalt ist nach den vielfachen Angaben
                              hierüber nicht zu bezweifeln. Ich selbst überzeugte mich durch eine große Anzahl von
                              Titrirungsversuchen, daß der Sauerstoffgehalt des Kobalthyperoxyds ein schwankender
                              ist. Die Erklärung des Vorganges ist demnach wohl einfach die, daß das niedere
                              Hyperoxyd dem unterchlorigsauren Kalk fortwährend Sauerstoff entzieht, in ein
                              höheres Oxyd übergeht und hierauf wieder in Sauerstoff und ein niederes Oxyd
                              zerfällt u.s.f.
                           Dieselbe Menge Hyperoxyd kann stets wieder zur Zersetzung von neuen Quantitäten
                              Chlorkalk dienen; die erforderliche Menge überhaupt ist höchst gering, 1/2 bis 1/10
                              Procent genügt. Statt frisch bereitetes Kobalthyperoxydhydrat zu nehmen, kann man
                              eben so gut einige Tropfen irgend eines löslichen Kobaltsalzes zu der
                              Chlorkalklösung setzen, woraus sich sofort eine entsprechende Menge
                              Kobalthyperoxydhydrat bildet.
                           Die Vorzüge meiner Sauerstoff-Entwickelungsmethode sind wesentlich die
                              folgenden:
                           1) Die Entwickelung ist eine äußerst regelmäßige und läßt sich mit der größten Leichtigkeit leiten,
                              weßhalb sich die Methode ganz besonders für Vorlesungsversuche eignet, bei welchen
                              man keinen Gasometer verwenden mag. Nachdem man die mit Hyperoxyd versetzte
                              Chlorkalklösung auf 70 bis 80° C. erwärmt hat, kann man in der Regel die
                              Lampe entfernen. Die der Flüssigkeit inne wohnende Wärme genügt alsdann meistens,
                              namentlich wenn die angewandte Menge Chlorkalklösung nicht zu gering ist, um eine
                              allmähliche und vollständige Zersetzung zu bewirken.
                           2) Es wird sämmtlicher Sauerstoff aus dem Material
                              gewonnen, während bei der im Uebrigen wohlfeileren Methode des Glühens von
                              Braunstein nur ein Theil des Sauerstoffs erhalten wird. Hierdurch werden sicherlich
                              bei einem größeren Betriebe die Kosten der Salzsäure für die Bereitung des
                              Chlorkalks reichlich ausgeglichen.
                           3) Gegen die Methode der Darstellung des Sauerstoffs aus chlorsaurem Kali (mit oder
                              ohne Zusatz von Braunstein) hat meine Methode jedenfalls den Vorzug größerer
                              Billigkeit, da die Kosten des Kalkes gegen die des Kalis nicht in Anschlag zu
                              bringen sind.
                           Sehr zu bedauern ist es, daß man die Chlorkalklösung nicht im rohen, unfiltrirten
                              Zustande verwenden kann, sondern dieselbe vollkommen klar seyn muß. Eine milchige
                              Lösung, wie man sie durch Versetzen von Chlorkalk mit Wasser erhält, geräth derartig
                              in's Schäumen, daß mit der Zeit der ganze Inhalt des Entwickelungsgefäßes
                              übersteigt.
                           Man verschafft sich die klare Chlorkalklösung am Besten durch Decantiren und zwar in
                              der Weise, daß man erst einen Theil des Chlorkaltes auszieht und mit diesem ersten
                              Auszug die nächste Portion behandelt u.s.f. Auf diese Weise gelangt man ohne großen
                              Substanzverlust leicht dahin, sich aus einem guten 35procenthaltigen Chlorkalk eine
                              Lösung darzustellen, welche das 25- bis 30 fache Volum Sauerstoff entwickelt.
                              Zur Entwickelung im Kleinen bedient man sich am Besten eines geräumigen Kolbens, den
                              man bis zu 7/8 mit der Flüssigkeit anfüllen kann. Für die Entwickelung im Großen, zu
                              technischen Zwecken, würden sich gewiß Dampfkessel ganz vorzüglich eignen; sie
                              gestatten zugleich, den Sauerstoff unter beliebig höherem Druck, als Gebläse, zu
                              verwenden.