| Titel: | Ueber die Darstellung der Seifen und der zur Kerzenfabrication geeigneten Fettsäuren; von H. Mège-Mouriès. | 
| Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XXXVI., S. 161 | 
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                        XXXVI.
                        Ueber die Darstellung der Seifen und der zur
                           Kerzenfabrication geeigneten Fettsäuren; von H. Mège-Mouriès.
                        Aus den Comptes rendus,
                              t. LX p. 735, April 1865.
                        Mège-Mouriès, über die Darstellung der Seifen
                           und der zur Kerzenfabrication geeigneten Fettsäuren.
                        
                     
                        
                           Bereits im Mai des vorigen Jahres habe ich der (französischen) Akademie eine
                              Mittheilung über die genannten beiden großen Industriezweige gemacht.Polytechn. Journal Bd. CLXXIII S. 66.
                              
                           Nachdem jetzt die Resultate des fabrikmäßigen Betriebes meines neuen VerfahrensEine in der Nähe von Paris errichtete Fabrik liefert täglich regelmäßig 1500
                                    Kilogr. Fettsäuren und eine Commission Sachverständiger hat erklärt, daß die
                                    erzielten Resultate den versprochenen Ergebnissen entsprechen. Mège-Mouriès. vorliegen, erlaube ich mir, die betreffenden Thatsachen eingehender zu
                              besprechen und beginne mit einigen zu ihrem Verständniß erforderlichen
                              Bemerkungen.
                           Verseift man einen Fettkörper durch bloße Verbindung desselben mit einer bestimmten
                              Menge Alkali, so hat die entstandene Seife den Geruch der Fette, aus denen sie
                              entstanden ist, wird häufig ranzig und conservirt sich schlecht, während die Verseifung einen
                              sehr niedrigen Ertrag gibt.
                           Wird diese unvollständige Seife aber der Einwirkung eines vorhandenen Ueberschusses
                              von Alkali ausgesetzt, so wird ihr Geruch ein sehr angenehmer, sie wird nicht mehr
                              ranzig, kann sich in den heißesten Climaten conserviren, und die Ausbeute erreicht
                              die höchste Ziffer.
                           Auf diese nachfolgende Wirkung des Alkali's auf die Seife hat meines Wissens noch
                              Niemand aufmerksam gemacht, wohl aber hat sie eine praktische Anwendung gefunden.
                              Chevreul hielt die entstandenen Seifen bei seinen
                              Untersuchungen stets in überschüssiger Lauge suspendirt und war dadurch in Stand
                              gesetzt, z.B. im Talg eine Quantität Stearinsäure nachzuweisen, welche sich im
                              Großen nicht gewinnen ließ, als man mit Anwendung äquivalenter oder geringerer
                              Mengen von Basen durch Sieden an freier Luft oder im Autoclav eine ökonomische
                              Verseifung erzielen wollte.
                           Dagegen wurden mittelst der alten Verfahrungsweisen der Marseiller Fabrikanten in
                              Folge einer langjährigen Praxis analoge Resultate wie von Chevreul erzielt.Man s. hinsichtlich der Marseiller Seifenfabrication Legrand's Bemerkungen im polytechn. Journal Bd. CLXXVI S. 151. Diese Methoden verdienen ungeachtet ihrer Unvollkommenheit alle Beachtung,
                              allein wenn wir auch den zuweilen wunderbaren Erfolgen der empirischen Arbeitsweise
                              alle Anerkennung widerfahren lassen müssen, so sollten wir doch offenbar dieselbe,
                              wenn wir es im Stande sind, durch eine zuverlässigere und unmittelbar auf die
                              Angaben der Wissenschaft gegründete Methode ersetzen.
                           Dieß ist bekanntlich von meiner Seite geschehen durch Einführung der sogenannten globulären Verseifung, d. i. der Verseifung der in den
                              kugelförmigen Zustand versetzten Fette, eine Methode, mittelst welcher sich in den
                              verschiedenen Stadien einer einzigen Operation sämmtliche Wirkungen hervorbringen
                              lassen, die nach den früheren Verfahrungsweisen, ungeachtet des langwierigen,
                              verwickelten und schwierigen Processes, nur unvollkommen zu erzielen waren. Jene
                              Methode hat überdieß den Vorzug, daß bei ihrer Anwendung die früher unvermeidlichen
                              Verluste wegfallen, daß folglich ein höheres Ausbringen erlangt wird, sowie endlich,
                              daß mittelst derselben alle Seifensorten dargestellt werden können, welche die
                              ausnahmsweisen Eigenschaften besitzen, die man den zum Export bestimmten Producten
                              mittelst vervielfältigter Laugen ertheilt.
                           Bezüglich der Stearinsäure ist Folgendes zu bemerken.
                           Hier liegt der Unterschied zwischen den vollkommenen und unvollkommenen Seifen klar vor Augen. Denn
                              während eine vollkommene, d. i. vollständig verseifte Talgseife 60 bis 65 Proc.
                              Stearinsäure (des Handels) gibt, so erhält man aus demselben Talg, wenn derselbe
                              unvollständig verseift worden, nur 45 bis 48 Proc.
                           Bisher hatten die Fabrikanten die Wahl zwischen zwei Hauptmethoden. Die erste ist auf
                              die Verseifung durch Oxyde, die andere auf die Verseifung durch Säuren
                              (Schwefelsäure) gegründet; bei jener findet weniger Verlust statt und es fallen
                              Producte von besserer Qualität, aber in geringerer Quantität; bei letzterer hingegen
                              ergeben sich größere Verluste, die Producte sind weniger geschätzt (?), aber man
                              erhält mehr Stearinsäure. Ueberdieß sind bei der letzteren Methode die mit der
                              Destillation der Fettsäuren verbundenen Umständlichkeiten, Gefahren und Kosten nicht
                              außer Acht zu lassen.
                           Ein neues Verfahren, welches die Vorzüge des einen der bisher gebräuchlichen ohne die
                              Nachtheile des anderen besähe, vermöchte offenbar beide zu verdrängen.
                           Die Erreichung dieses Zieles beansprucht meine mit Natron oder einer anderen Base
                              ausgeführte Globularsaponification. Dieser Anspruch wird durch die Praxis
                              gerechtfertigt; wir wollen ihn daher etwas näher in's Auge fassen.
                           Bei Anwendung von Natron hat man zur Ausführung der erforderlichen, sehr einfachen
                              Operationen nur wenig Brennmaterial, wenig Handarbeit und wenig Apparate nöthig; das
                              gebildete reine schwefelsaure Natron läßt sich ohne Kosten gewinnen und dadurch
                              stellt sich der Aufwand für das Verfahren eben so niedrig, wie für die billigsten
                              Verseifungsmethoden. Ueberdieß ist der Verlust an Fettsäuren gleich Null, ferner
                              erhält man die ganze Menge der in dem Fette enthaltenen Stearinsäure, also 3 Proc.
                              mehr als durch die Destillation; endlich – und dieß ist besonders wichtig
                              – erzielt man eine nicht oxydirte Oelsäure, womit sich leicht eine Seife
                              darstellen läßt, welche mit den Marseiller Seifen in Bezug auf angenehmen Geruch,
                              auf sonstige gesuchte Eigenschaften, sowie hinsichtlich der Ergiebigkeit des
                              Ausbringens concurrirt.
                           Letzteres Resultat ist in der jetzigen Zeit, wo einerseits die Stearinsäure von den
                              flüssigen und festen Kohlenwasserstoffen immer mehr verdrängt wird, andererseits der
                              Verbrauch an Seife mit dem zunehmenden Wohlstande der Massen fortwährend steigt,
                              gewiß ein großer Vortheil.
                           Bei dieser Sachlage muß nach Chevreul's und meiner Ansicht
                              der Fabrikant zur Erlangung eines festen Bodens als hauptsächliches Ziel die
                              Darstellung einer guten Seife, und erst in zweiter Linie die Erzeugung von
                              Stearinsäure anstreben.