| Titel: | Neuer Ofen zum Wiederbeleben der Knochenkohle von J. Fr. Brinjes, nebst einem Rückblick auf die früheren Erfindungen zu diesem Zweck. | 
| Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XLVI., S. 216 | 
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                        XLVI.
                        Neuer Ofen zum Wiederbeleben der Knochenkohle von
                           J. Fr. Brinjes, nebst einem Rückblick auf die früheren
                           Erfindungen zu diesem Zweck.
                        Aus dem Practical
                                 Mechanic's Journal, Mai 1865, S. 42.
                        (Schluß von S. 142 des vorhergehenden
                           Heftes.)
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Englische Oefen zum Wiederbeleben der Knochenkohle.
                        
                     
                        
                           Nachdem wir im Vorhergehenden den neuesten Ofen zum Wiederbeleben der Knochenkohle
                              beschrieben haben, lassen wir einen Rückblick auf die früheren Erfindungen zu diesem
                              Zweck nachfolgen.
                           Die bedeutende Menge Knochenkohle, welche bei der Zuckerfabrication wiederzubeleben
                              ist (beiläufig 70 Tonnen auf je 100 Tonnen Zucker), hat die Vorrichtungen zu dieser
                              Wiederbelebung zum Gegenstande zahlreicher Erfindungen gemacht und manche
                              Constructionen sind angegeben worden, um dieselbe schnell, zuverlässig und wohlfeil
                              zu bewirken.
                           In Frankreich geschah die Wiederbelebung bis vor Kurzem in roher und unvollkommener
                              Weise, wenn man damit die verschiedenen in England gebräuchlichen mechanischen
                              Hülfsmittel vergleicht. In Payen's
                              Précis de Chimie industrielle von 1851 ist die
                              Zeichnung eines Ofens enthalten, wie er damals bei Crespel-Delisse in Anwendung war. (In unserer Quelle folgt nun die
                              Zeichnung und Beschreibung der noch vielfach angewandten älteren, sogenannten
                              Hosenöfen, die wir hier übergehen können.) Solche Oefen liefern in 24 Stunden nur
                              eine Tonne Kohle, bei einem Brennmaterialverbrauch von 20 Procent der wiederbelebten
                              Knochenkohle.
                           Die erste erhebliche Verbesserung machte im Jahre 1846 J. W. 
                              Bowman, welcher an Stelle der stehenden Röhre sich
                              drehende Retorten einführte; die stete Bewegung der Kohle beim Glühen bewirkt eine
                              gleichmäßigere und schnellere Wiederbelebung, so daß an Zeit und zugleich an
                              Brennstoff gespart wird.
                           Fig. 23 ist
                              ein senkrechter Längendurchschnitt des Bowman'schen
                              Ofens. A ist eine cylindrische horizontale Retorte,
                              welche sich auf Lagern in den beiden festen Endplatten B
                              dreht. Diese Bewegung erfolgt mittelst der endlosen Ketten C, welche um große gekehlte Rollen D an jedem
                              Ende der Retorte und über entsprechende Rollen E an
                              einer oberen, durch Dampf oder eine sonstige Kraft getriebenen Welle F gehen. An jedem Ende der Retorte befindet sich eine
                              Thüre oder ein Deckel G; der vordere Deckel kann leicht
                              weggenommen werden und hängt dann an der Kette H, welche
                              über eine passende obere Leitrolle geht und mit einem Gegengewicht versehen ist. I ist ein Rohr am hinteren Deckel, durch welches die
                              entweichenden Dämpfe nach einem Condensator abziehen können. K ist die Feuerung, zwischen welcher und der Retorte, um die zu starke
                              Wirkung der Flamme zu mäßigen, feuerfeste und mit Oeffnungen versehene Steine L eingelegt sind. M, M sind
                              Register zur Regulirung des Zuges. Innerhalb der Retorte ist eine Anzahl Rippen N angebracht, welche während der Drehung des Cylinders
                              die Kohle nach der Mitte treiben und so eine gehörige Wendung und Mischung derselben
                              bewirken. Die Feuergase spielen frei um die Wände der Retorte und erhitzen dieselbe
                              in Folge ihrer Drehung überall sehr gleichmäßig.
                           Man füllt durch die vordere Thüre eine Ladung Kohle ein, schließt dieselbe dann,
                              versetzt die Retorte in Drehung und entleert sie, wenn das Glühen hinreichend
                              geschehen ist; der Proceß ist also ein intermittirender.
                           Im Jahre 1852 verbesserte G. Torr diese Einrichtung dahin,
                              daß er das eine Ende der Retorte ebenfalls noch in die Feuerkammer legte und so die
                              Erhitzung wirksamer machte. Fig. 24 ist ein
                              senkrechter Längendurchschnitt des Torr'schen Ofens. Die
                              Retorte A ist cylindrisch wie die Bowman'sche und dreht sich um eine horizontale Achse, aber das eine ihrer
                              Enden liegt innerhalb des Ofens und wird ebenfalls von der Flamme getroffen; ein an
                              diesem Ende angebrachter Vorsprung geht durch das Mauerwerk hindurch und trägt außen
                              eine gekehlte Rolle B, ähnlich wie das andere Ende der
                              Retorte. Die Drehung geschieht durch die Ketten C, die
                              Rolle D und die Welle E. F
                              ist das Abzugsrohr für die Dämpfe und G eine lange, von
                              den Armen H gehaltene Platte, welche den Zweck hat den
                              Inhalt der Retorte umzurühren. Die bloße Beigabe dieser Platte veranlaßt einen
                              Unterschied von 10 Tonnen Mehrleistung für diesen Ofen gegen den vorigen. I ist der Feuerraum worin die Retorte sich dreht; er ist durch die
                              durchbrochenen feuerfesten Steine L von der eigentlichen
                              Feuerung K getrennt; in ähnlicher Weise ist die
                              Verbindung mit dem Fuchs M und durch diesen mit der Esse
                              hergestellt. Die Thüre zum Einfüllen und Ausleeren ist bei N angebracht. Der Proceß ist also auch hier ein unterbrochener.
                           Im Jahre 1856 nahm J. Bryant ein Patent auf die Anwendung
                              von Retorten mit abwechselnd wiederkehrender Drehung um ihre Achse, anstatt einer
                              continuirlichen Drehung wie bei der Bowman'schen und Torr'schen Anordnung. Seine Retorte war der Torr'schen ähnlich eingerichtet und hieng mit einem oder
                              beiden Enden an endlosen Ketten, welche über Rollen an einer oberen Welle giengen;
                              dieser Welle wurde eine abwechselnd wiederkehrende Drehbewegung mittelst des
                              bekannten Wechselrades und eines Getriebes ertheilt, welche sie auf die Retorte
                              übertrug. Das Innere der Retorte hatte, ähnlich der Bowman'schen, Leisten zum bessern Wenden der Kohle und Bewegen derselben
                              nach der Mitte.
                           Die erste Einrichtung für wirklich continuirliche Wiederbelebung der Knochenkohle
                              wurde von Brinjes und Collins
                              im Jahre 1858 angegeben und nach ihrem System geschieht das Laden der Retorten an
                              dem einen, das Entleeren am anderen Ende continuirlich mit Hülfe einer
                              archimedischen Schraube innerhalb der Retorte.
                           Fig. 25
                              stellt einen senkrechten Längendurchschnitt dieser Einrichtung dar. A ist die fest im Mauerwerk B liegende cylindrische Retorte, rings um welche die Feuergase von der
                              Feuerung C frei circuliren. In das eine Ende dieser
                              Retorte öffnet sich die Mündung des Fülltrichters D; das
                              andere Ende öffnet sich direct in eine Kammer E, welche
                              durch den Canal F zu einer Anzahl enger Kühlröhren G führt; die Kohle wird, indem sie in letzteren
                              hinabgleitet, zum Gebrauche hinreichend abgekühlt. Diese Röhren münden an ihrem
                              unteren Ende in den Kasten H (in Fig. 26 im Seitenaufriß
                              besonders dargestellt), in welchem zwei rostförmige Schieber über festen Gittern
                              angebracht sind. Diese Schieber werden durch den doppelten Hebel I an der Stange K mit der
                              Kurbel L, der Stange M und
                              dem Hebelarm N bewegt, und zwar in Verbindung mit der
                              Welle O der archimedischen Schraube P, welche sich langsam innerhalb der Retorte dreht. Die
                              Kohle wird so stetig durch die Retorte fortbewegt und gelangt aus derselben in die
                              Kammer E und in die Kühlröhren G. Die archimedische Schraube erhält ihre drehende Bewegung durch das
                              Zahnrad Q etc. mittelst Riemen und Rolle. Bei jeder
                              Umdrehung der Kurbel L werden die Schieber in dem Kasten H abwechselnd geöffnet und geschlossen, so daß eine
                              kleine Menge Kohle durch das untere Gitter in einen geeigneten Behälter fallen kann.
                              Eine Röhre ist mit der Kammer E verbunden, um die
                              innerhalb der Retorte entwickelten Dämpfe ab und nach einer Schlange oder einem
                              sonstigen Condensator zu leiten.
                           Die Idee des continuirlichen Ofenbetriebes wurde später von Drummond in Montreal weiter verfolgt und im Jahre 1862 auf folgende
                              Construction von Paterson ein Patent in England genommen.
                              Drummond's Plan bestand in der Aufstellung zweier in
                              entgegengesetzter Richtung geneigter, sich drehender
                              Retorten übereinander, so daß die Kohle durch ihre eigene
                                 Schwere aus der oberen Retorte in die untere hinabgelangt und schließlich
                              in einen geschlossenen Behälter fällt.
                           Fig. 27 ist
                              ein senkrechter Längendurchschnitt dieser Construction. A und B sind zwei cylindrische über einander
                              angebrachte und in entgegengesetzter Richtung geneigte Retorten. Die Flamme der
                              Feuerung C spielt frei um beide herum, während sie eine
                              continuirliche Drehbewegung oder eine abwechselnd wiederkehrende mittelst einer
                              endlosen Schraube D erhalten, welche in zwei
                              Schraubenräder E an dem unteren Ende der oberen und am
                              oberen Ende der unteren Retorte zugleich eingreift. Die obere Retorte wird durch den
                              Trichter F mit Kohle gespeist, welche bei deren
                              Umdrehung nach und nach zu dem unteren Ende derselben gelangt, wo sie durch eine
                              Reihe von Flügeln G, welche am Retortendeckel angebracht
                              sind, emporgehoben und durch die Röhre H nach dem
                              höheren Ende der unteren Retorte geschafft wird. Ebenso wird sie in dieser durch die
                              Flügel G wieder gehoben und in die Röhre I befördert, welche sie nach dem geschlossenen Behälter
                              J zum Abkühlen leitet.
                           Durch Anwendung von zwei oder mehreren verbundenen Retorten, welche so angeordnet
                              sind, daß die letzte (worin die Operation beendigt wird) die größte Hitze, die erste
                              aber die geringste Hitze empfängt, kann viel Brennmaterial erspart werden. K ist die Deckplatte des Feuerzuges, auf welcher man die
                              Kohle vorher trocknen kann; ihre Neigung erleichtert das Einschaufeln in den
                              Trichter. – Drummond war der erste, welcher die
                              Anwendung mehrerer über einander liegender Retorten vorschlug.
                           Im Jahre 1862 ließ sich Torr einen anderen continuirlich wirkenden Apparat (statt seines früheren
                              intermittirend wirkenden) patentiren, welcher in Fig. 28 im senkrechten
                              Längendurchschnitt dargestellt ist. A ist eine
                              horizontale sich drehende Retorte mit archimedischer Schraube B in ihrem Innern. In diesem Hauptcylinder liegt concentrisch ein engerer
                              C, dessen Wandungen etwa 1 Zoll von dem Gewinde der
                              Schraube B
                               abstehen. Dieser innere
                              Cylinder ist an beiden Enden offen und erstreckt sich auf 6–8 Zoll Entfernung
                              vom hinteren Ende des Hauptcylinders, während er 2 Fuß über das vordere Ende
                              desselben hervorragt; er ist mit dem äußeren Cylinder fest verbunden und dreht sich
                              mit demselben. Auch in dem inneren Cylinder ist eine archimedische Schraube
                              angegossen, aber mit Gewinde in entgegengesetztem Sinne von derjenigen des
                              Hauptcylinders; die Steigung und Tiefe ihres Gewindes muß mit dem verschiedenen
                              Durchmesser und der Ganghöhe der äußeren Schraube in Uebereinstimmung seyn, so daß
                              die Knochen- oder Kohlenstücke mit gleicher Geschwindigkeit in
                              ununterbrochenem Strome durch jeden Cylinder gehen.
                           Am vorderen Ende des inneren Cylinders befindet sich ein fester Trichter D, um Knochen oder Kohlen einzuführen, und an den
                              Vorderenden der Cylinder A und C ist die sich drehende Kühlkammer E
                              befestigt, welche aus einer doppelten Trommel von Eisenblech besteht, wovon die
                              innere etwa den gleichen Durchmesser wie das Innere des Hauptcylinders hat. Die
                              äußere Seite oder Fläche dieser Trommel ist verschlossen, die innere nach dem
                              Hauptcylinder hin dagegen in der Mitte offen, zur Aufnahme des wiederbelebten
                              Inhaltes des Cylinders A. Ein Schieber ist zwischen der
                              inneren und äußeren Trommel angebracht, um den Inhalt von jener in diese zu
                              entleeren; in letzterer bleibt die Kohle bis sie hinreichend abgekühlt ist, um dann
                              herausgenommen zu werden.
                           Um Brennstoff zu ersparen, gehen die Feuergase von F,
                              nachdem sie den Hauptcylinder A umspült haben, bevor sie
                              in den Kamin abziehen, in die gemauerte Kammer, welche den sich drehenden Cylinder
                              G von gleichem Durchmesser wie C enthält, der ebenfalls innen mit einer archimedischen
                              Schraube versehen ist. Aus diesem Cylinder, welcher durch den Trichter H gespeist wird, gelangt die Kohle durch D in den inneren Cylinder C,
                              geht hier in der einen Richtung und dann durch A in der
                              anderen Richtung hindurch, um endlich in E abgekühlt zu
                              werden.
                           Im Jahre 1864 erhielt J. Fr. Brinjes ein Patent auf eine
                              Anordnung horizontaler cylindrischer Retorten mit abwechselnd wiederkehrender statt
                              mit continuirlicher Drehung um ihre Achsen; der Bewegungsmechanismus für die Kohle
                              war jedoch viel complicirter als bei seinem neuesten Apparate, welchen wir bereits
                              beschrieben haben.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
