| Titel: | Ueber Elektro-Metall-Analyse; von C. Luckow in Deutz. | 
| Autor: | C. Luckow | 
| Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XLIX., S. 231 | 
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                        XLIX.
                        Ueber Elektro-Metall-Analyse; von
                           C. Luckow in Deutz.
                        Luckow, über Elektro-Metall-Analyse.
                        
                     
                        
                           In der neuesten Zeit fängt ein besonderer Zweig der analytischen Chemie an sich
                              auszubilden. Derselbe umfaßt die Untersuchungen, in wie weit die bei der Elektrolyse
                              der verschiedenen Metallsalzlösungen am positiven und negativen Pole auftretenden
                              Erscheinungen sich für die analytische Chemie verwerthen lassen und lehrt die
                              Bedingungen kennen, unter denen die verschiedenen, in Lösung vorhandenen Metalle
                              sich auf elektrolytischem Wege qualitativ und quantitativ bestimmen lassen. Wir
                              wollen diesen neuen Zweig der analytischen Chemie
                              Elektro-Metall-Analyse nennen.
                           Die erste Anwendung des galvanischen Stromes zu analytischen Zwecken wird vor etwa 20
                              Jahren stattgefunden haben, als man zuerst die oxydirende Wirkung des Stromes am
                              positiven Pole auf Mangan- und Bleilösungen und die reducirende Wirkung am
                              negativen Pole auf einige Metalloxyde, namentlich auf die arsenige Säure, als Mittel
                              vorschlug, das Mangan, Blei und Arsenik auf diesem Wege nachzuweisen.
                           Seit jener Zeit sind jedoch nur wenige elektrolytische Methoden weiter bekannt
                              geworden.
                           Ich glaube, daß der Grund hiervon hauptsächlich darin zu suchen ist, daß die
                              Anstellung der zur Auffindung brauchbarer Methoden erforderlichen Versuche durch die
                              geringe Beständigkeit und kurze Wirksamkeit der bis noch vor kurzer Zeit
                              ausschließlich zu Gebote gestandenen älteren, sogenannten constanten Batterien und
                              durch die Uebelstände und Kosten, welche mit der Instandsetzung und Instandhaltung
                              derselben verbunden waren, so sehr erschwert wurde. In der neuesten Zeit sind
                              bekanntlich von Meidinger, Smee und Anderen galvanische
                              Batterien construirt worden, welche sich durch ihre sehr große Beständigkeit und
                              durch die lange Zeit ihrer Wirksamkeit vor den älteren constanten Batterien sehr
                              vortheilhaft auszeichnen.
                           Unter denselben eignet sich die Meidinger'sche Batterie
                              ganz besonders für chemische Laboratorien, namentlich zu analytischen Zwecken, weil
                              sie einen mehrere Monate andauernden, sehr constanten und für die meisten
                              elektrolytischen Versuche genügend starken Strom liefert, der zu seiner Unterhaltung
                              nur eine sehr geringe Aufwartung und geringe Kosten erfordert. Der Strom einer Meidinger'schen Batterie von 3 bis 4 Elementen genügt
                              z.B. schon um die meisten auf Oxydation und Reduction beruhenden Reactionen und
                              Fällungen auszuführen, und nur in besonderen Fällen wird man genöthigt seyn, stärkere
                              Batterien anzuwenden.
                           Soviel aus den bisher bekannt gewordenen Methoden und aus meinen eigenen Versuchen
                              hervorgeht, kann der galvanische Strom eine sehr verschiedenartige Anwendung bei der
                              Metall-Analyse finden.
                           Er kann benutzt werden:
                           
                              1) Zur Lösung von Metallen und Legirungen in solchen Säuren, in
                                 denen das Metall oder die Legirung ohne Anwendung des Stromes sich nicht
                                 löst.
                              2) Zum Nachweis einiger Metalle, des Mangans, Bleies (Silbers,
                                 Nickels, Kobalts) als Superoxyde, des Mangans als Uebermangansäure.
                              3) Zur Trennung einzelner Metalle von anderen, z.B. des Kupfers
                                 und Mangans vom Zink, Eisen, Kobalt, Nickel.
                              4) Zur Fällung und quantitativen Bestimmung von Metallen aus
                                 saurer, neutraler und alkalischer Lösung, und
                              5) zu verschiedenartigen anderen Reductionen, z.B. des
                                 Chlorsilbers, des basischen Chlorwismuths, des schwefelsauren Bleioxyds, behufs
                                 Bestimmung des Silbers, Wismuths und Bleies; zur Reduction der Chromsäure zu
                                 Chromoxyd in der mit verdünnter Schwefelsäure angesäuerten Lösung des
                                 chromsauren Kalis u.s.w.
                              
                           Es wird denjenigen Lesern dieses Journals, welche ihre Aufmerksamkeit bisher weniger
                              diesem neuen Zweige der analytischen Chemie zugewandt haben, vielleicht nicht unlieb
                              seyn, im Nachstehenden
                           
                        
                           I. Die bisher bekannt gewordenen
                                 Methoden
                              
                           zu finden und das Princip kennen zu lernen, auf welchem
                              dieselben beruhen.
                           Bloxam empfiehlt, ähnlich wie vor ihm Gaultier de Claubry, die Anwendung des galvanischen
                              Stromes zur Auffindung giftiger Metalle in Gemengen, welche organische Substanzen
                              enthalten.
                           Sein Verfahren beruht auf der reducirenden Wirkung am negativen Pole des durch die
                              verdächtige Metallsalzlösung geleiteten galvanischen Stromes, und in Bezug auf die
                              Auffindung des Arseniks auf der großen Verwandtschaft dieses Metalles im Momente der
                              Reduction zum Wasserstoff.
                           Da beim Hindurchgehen eines starken galvanischen Stromes durch eine stark saure oder
                              stark alkalische verdünnte Metallsalzlösung eine größere Menge Wasserstoff am
                              negativen Pole frei wird, als zur Reduction des vorhandenen Metalloxydes
                              erforderlich ist, oder doch augenblicklich dazu verwerthet werden kann, so wird,
                              wenn Arsenik in der Lösung vorhanden ist, der größte Theil desselben sich mit dem überschüssigen
                              Wasserstoff zu flüchtigem Arsenikwasserstoff verbinden. Bloxam führt diese Vergasung des Arseniks in einem besonders dazu
                              construirten Apparate aus und bestimmt dasselbe nach einer der bekannten Methoden.
                              In einer späteren Mittheilung führt Bloxam an, daß
                              Arsensäure in salzsauren Lösungen nur nach Zusatz von Schwefelwasserstoff oder
                              schwefliger Säure, in schwefelsauren Lösungen jedoch ohne Anwendung dieser
                              Reductionsmittel, obwohl langsamer und in geringerer Menge als arsenige Säure, durch
                              den galvanischen Strom zu Arsenikwasserstoff reducirt werde. (Kopp und Will's Jahresbericht für 1860, S. 645;
                              für 1862, S. 597.)
                           Smee gibt in seinem Werke über Elektro-Metallurgie
                              (deutsch bearbeitet nach der dritten englischen Original-Ausgabe, Leipzig
                              1851) Seite 270 an, daß Morton diese Methode der
                              Arsenikbestimmung zuerst vorgeschlagen habe.
                           Nicklès hat ein ähnliches Verfahren wie Bloxam beschrieben, sehr kleine Mengen von Silber in
                              Gemengen mit organischen Substanzen regulinisch und mit dem charakteristischen
                              Metallglanz mittelst des galvanischen Stromes abzuscheiden. Auch zur regulinischen
                              Abscheidung und zum sicheren Nachweis von Kupfer, Blei, Wismuth und Antimon hält Nicklès diesen Weg für geeignet, empfiehlt jedoch,
                              sich mit den Eigenthümlichkeiten seiner Methode vorerst vertraut zu machen. (Kopp und Will's Jahresbericht
                              für 1862, S. 610.)
                           Weyl benutzt die oxydirende Wirkung des Stromes am
                              positiven Pole zur Lösung des Roheisens in verdünnter Salzsäure behufs Bestimmung
                              des Kohlenstoffs im Roheisen. Die aus dem gelösten Eisen abgeschiedene Kohle
                              verbrennt er, weil dieselbe stets eisenhaltig ist, mit Kupferoxyd und Sauerstoff,
                              und bestimmt den Kohlenstoff aus der gebildeten Kohlensäure. (Polytechn. Journal Bd.
                                 CLXIII S. 120.)
                           Rinman hat gefunden, daß diese Methode sich nicht zur
                              Bestimmung des Kohlenstoffs im Stahl eignet. (Zeitschrift für analytische Chemie,
                              III. Jahrgang S. 336.)
                           Die oxydirende Wirkung des galvanischen Stromes am positiven Pole ist ferner zum
                              Nachweis geringerer Mengen von Mangan und Blei in Vorschlag gebracht worden. (Graham-Otto's Lehrbuch der Chemie, 1857, Bd. I S.
                              566; Pouillet-Müller's Lehrbuch der Physik, Bd. II
                              S. 260; Bischof's chemische Geologie, 1863, Bd. I S.
                              29.)
                           Die sehr empfindliche Reaction beruht auf der Abscheidung der genannten Metalle als
                              Superoxyde an dem genannten Pole und zwar aus sehr verdünnten Lösungen als
                              hellbrauner, aus concentrirten als schwarzbrauner Beschlag. Besteht der positive
                              Pol aus einer runden Scheibe von Platin, so bilden sich in mäßig concentrirten
                              Lösungen anfangs die bekannten schönen Farbenringe. Ich halte es für am
                              geeignetsten, gleich meine Erfahrungen in Betreff dieser und ähnlicher Reactionen
                              einzuschalten.
                           Der Apparat, dessen ich mich zu meinen Versuchen bediente, besteht im Wesentlichen
                              aus einer auf einem Metallringe ruhenden Platinschale von etwa 50 Kub. Centim.
                              Fassung und einer runden Scheibe von Platin von etwa dem halben Durchmesser der
                              Platinschale, welche an einem ziemlich dicken Platindrahte ohne Löthung in ihrer
                              Mitte befestigt ist. Die Scheibe wurde stets mit dem Kupfer-, die Schale mit
                              dem Zinkpole einer Meidinger'schen Batterie von 4
                              Elementen verbunden.
                           Die Construction des Apparates erlaubt es die Platinscheibe in beliebiger Höhe gerade
                              in die Mitte der Schale einzustellen. Enthielt die letztere eine sehr verdünnte
                              Lösung von schwefelsaurem Manganoxydul (1 Theil Mangan in 50000 Theilen Wasser, dem
                              etwas verdünnte Schwefelsäure, 1 : 11, zugesetzt worden war), so nahm die Lösung
                              kurze Zeit nach der Schließung des Stromes eine vorübergehende schwache
                              amethystrothe Färbung an, während der positive Pol sich mit einem hellbraunen
                              Beschlage zu überziehen anfing.
                           Diese in sauren Lösungen auftretende Reaction könnte nur mit derjenigen, welche in
                              Blei- und verdünnten Wismuthlösungen am positiven Pole eintritt, noch
                              verwechselt werden, denn die Superoxyde des Kobalts und Nickels entstehen nur in den
                              verdünnten alkalischen Lösungen dieser Metalle, und das Silbersuperoxyd, welches in
                              feinen Nadeln am positiven Pole auftritt, haftet nicht lange an demselben, indem es
                              durch die hier entwickelten Sauerstoffgasbläschen leicht abgelöst und dem negativen
                              Pole zugeführt wird; es entsteht überhaupt nur an den Rändern und auf der unteren
                              Seite der als positiver Pol dienenden Platinscheibe. Da jedoch eine bloß freie
                              Schwefelsäure enthaltende Lösung, in der alle Basen an diese Säuren gebunden sind,
                              nur sehr geringe Mengen von Blei enthalten kann, so käme es also hauptsächlich
                              darauf an, den am positiven Pole entstandenen Beschlag auf Wismuth und Mangan weiter
                              zu prüfen.
                           Folgende von mir erprobte, äußerst empfindliche Reaction läßt das Mangan mit größter
                              Sicherheit erkennen.
                           In die Platinschale bringe ich verdünnte Schwefelsäure, stelle in dieselbe eine
                              kleine Thonzelle (das untere, mit dem Messer abgeschnittene Stück einer gewöhnlichen
                              Thonzelle, in welche die Platinscheibe bequem hineinpaßt), gieße dann etwas
                              concentrirte, von salpetriger Säure freie Salpetersäure in die Thonzelle und
                              schließe nach dem Einstellen der Platinscheibe auf dem Boden der Thonzelle den Strom.
                              Besteht der auf der Scheibe befindliche braune Beschlag aus Mangansuperoxyd, so
                              verschwindet derselbe allmählich von der Scheibe, während die über derselben
                              stehende Schicht Salpetersäure die prachtvolle Farbe der Uebermangansäure annimmt.
                              Mittelst dieser Reaction läßt sich das Mangan in allen festen und gelösten
                              Verbindungen, welche chlorfrei sind und keine reducirenden Substanzen enthalten,
                              sofort nachweisen.
                           Unter den neuesten, von Wolcott Gibbs veröffentlichten
                              Beiträgen zur Chemie aus dem Laboratorium der Lawrence
                                 scientific school (Zeitschrift für analytische Chemie, III. Jahrgang, S.
                              334) findet sich ein Aufsatz: „Ueber die Anwendung der elektrolytischen
                                 Ausfällung von Kupfer und Nickel in der Analyse.“
                              
                           Ich erlaube mir in Bezug auf die darin mitgetheilte Methode der Kupferbestimmung
                              vorläufig zu bemerken, daß ich mich derselben schon seit länger als zwei Jahren bei
                              der Analyse fast aller Kupferverbindungen bediene und daß ich schon im Jahre 1860
                              bei Analysen von metallischem Kupfer des Handels den galvanischen Strom benutzt
                              habe, um aus der freie Schwefelsäure enthaltenden Lösung der erhaltenen
                              schwefelsauren Salze des Kupfers, Nickels, Zinks, Mangans und Eisens das Kupfer von
                              den geringen Mengen der letztgenannten Metalle zu trennen. Der nächste Aufsatz soll
                              dieser Bestimmungs- und Trennungsmethode des Kupfers speciell gewidmet seyn.
                              Mit Bezug auf die elektrolytische Ausfällung des Zinks, Nickels und Kobalts kann ich
                              die vorläufige Mittheilung machen, daß diese Metalle sich am besten aus der mit
                              essigsaurem Natron in genügender Menge versetzten neutralen schwefelsauren Lösung
                              und zwar leicht und vollständig ausfällen lassen.
                           Da das Mangan sich vollständig aus seiner schwefelsauren, etwas freie Schwefelsäure
                              enthaltenden Lösung als Superoxyd am positiven Pole abscheiden läßt, so wird die
                              Trennung dieses Metalles von mehreren anderen Metallen und auch seine quantitative
                              Bestimmung keine schwierige seyn.
                           Noch verdient bemerkt zu werden, daß Clifton und Andere
                              den Funkenstrom starker Inductions-Apparate zur Untersuchung der Spectren
                              verschiedener Metalle benutzen (Kopp und Will's Jahresbericht für 1862, S. 28–32), so daß
                              also auch die Licht und Wärme erzeugende Wirkung des Inductionsstromes eine
                              Anwendung in der analytischen Chemie bereits gefunden hat.
                           
                              
                                 (Die Fortsetzung folgt im nächsten Heft.)