| Titel: | Das abgeänderte Pattinson'sche Verfahren zur Entsilberung des Werkbleies auf der Blei- und Silberhüttte zu Holzappel. | 
| Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. LXX., S. 312 | 
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                        LXX.
                        Das abgeänderte Pattinson'sche Verfahren zur Entsilberung des Werkbleies auf der Blei-
                           und Silberhüttte zu Holzappel.
                        Abgeändertes Pattinson'sches Verfahren zur Entsilberung des
                           Werkbleies
                        
                     
                        
                           Auf der Blei- und Silberhütte zu Holzappel (Nassau)
                              hat man das gewöhnliche Pattinson'sche Verfahren zur
                              Entsilberung des Werkbleies einer wesentlichen Modification unterworfen.
                           Das Werkblei wird in einem halbkugelförmigen Schmelzkessel von 5 Fuß 2 Zoll lichter
                              Weite und etwa 3 Fuß Tiefe eingeschmolzen. Aus diesem Kessel wird das geschmolzene
                              Werkblei durch ein in der Mitte des Kesselbodens befindliches Rohr in den
                              cylinderförmigen Krystallisationskessel von 3 Fuß Weite und etwa 4 Fuß Tiefe, dessen
                              oberer Rand mit dem Boden des Schmelzkessels in einem Niveau liegt, abgelassen. In
                              diesem Krystallisationskessel ist ein Rührwerk angebracht, welches durch eine
                              4- bis 5 pferdekräftige Dampfmaschine in Bewegung gesetzt wird.
                           Das Rührwerk besteht aus einer senkrechten Welle, die oben in einem Lager und in der
                              Mitte des Kesselbodens auf einem Dorn um ihre Achse rotirt, und an welche dicht
                              unter der Oberfläche des Bleispiegels eine Schaufel befestigt ist. Diese
                              schmiedeeiserne Welle wird von einer hohlen, gußeisernen, auf einem Lager ruhenden
                              Welle (Büchse) umschlossen, welche in einen Rahmen, zur Aufnahme der an der
                              Seitenwand und an dem Boden des Kessels rotirenden Massen, ausläuft. Durch ein
                              doppeltes, conisches, mittelst Riemscheiben in Bewegung gesetztes Vorgelege wird der Hohlwelle und
                              der massiven Welle eine rotirende Bewegung in entgegengesetztem Sinne gegeben und
                              hierdurch bewirkt, daß bei dem Krystallisations-Processe das Blei in der
                              Mitte des Kessels und an der Kesselwandung eine entgegengesetzte Bewegung
                              annimmt.
                           Zu beiden Seiten des Krystallisationskessels liegt je eine Pfanne von 3 1/2 Fuß
                              Durchmesser und 12 Zoll Tiefe, deren oberer Rand mit dem Boden des
                              Krystallisationskessels abschneidet. Durch zwei Ablaßröhren in den Seiten und dicht
                              am Boden des Krystallisationskessels wird nach beendigtem Proceß das angereicherte
                              Blei in die Pfannen abgelassen, während die theilweise entsilberten Krystalle in dem
                              Krystallisationskessel zurückbleiben.
                           Das Schließen und Oeffnen der 3 Ablaßröhren erfolgt durch je einen mit einem Hebel
                              versehenen und behufs des dichteren Abschlusses entsprechend häufig mit Fett zu
                              bestreichenden Schieber.
                           Der Rost zur Feuerung liegt unter dem Schmelzkessel. Die Feuerzüge um und unter dem
                              Schmelz- und dem Krystallisationskessel sind in gewöhnlicher Art angebracht
                              und kurz vor ihrer Einmündung in den zur Esse führenden Fuchs mit 3 Schiebern zur
                              Regulirung des Feuers versehen, wodurch dessen Wirkung sowohl auf den Schmelzkessel
                              beschränkt, als auch auf den Krystallisationskessel ausgedehnt werden kann.
                           Zuweilen erkaltet das Blei in den zu den Pfannen führenden Ablaßröhren so stark, daß
                              in den neben diesen Röhren befindlichen, kleinen Canälen besonders gefeuert werden
                              muß. Diesem Uebelstande würde durch eine Aenderung in der Lage der Feuercanäle wohl
                              zu begegnen seyn.
                           Das Verfahren bei diesem Krystallisations-Processe
                              ist nun kurz folgendes:
                           Etwa 200 Ctr. Werkblei werden in dem Schmelzkessel eingeschmolzen, hierauf ungefähr
                              180 Ctr. des geschmolzenen Bleies durch das Ablaßrohr in den Krystallisationskessel
                              geführt und der Spiegel des flüssigen Bleies mit circa
                              50 Pfd. Kohks von Wallnußgröße bedeckt. Sodann wird der Krystallisationskessel durch
                              Regulirung der Schieber in den Feuerzügen fast gänzlich der Einwirkung des Feuers
                              entzogen und solche vorzugsweise auf den Schmelzkessel, in welchen man inzwischen 80
                              Ctr. Werkblei nachsetzt, beschränkt.
                           Nunmehr wird das Rührwerk im Krystallisationskessel in Rotation gebracht und
                              gleichzeitig durch das Oeffnen eines Hahnes an einer engen über dem
                              Krystallisationskessel befindlichen Wasserleitungsröhre ein sehr feiner Wasserstrahl
                              auf die kleinen und staubfreien, den Bleispiegel bedeckenden Kohks geleitet. Die
                              Kohks werden durch das Rührwerk mit dem Blei an der Oberfläche, in eine ununterbrochene,
                              rotirende Bewegung gesetzt und durch den auffallenden Wasserstrahl dauernd feucht
                              erhalten.
                           Etwa nach 1 bis 1 1/4 Stunde wird die Bleimasse breiig, die Kraft zur Rotation des
                              Rührwerkes muß vermehrt werden und zuletzt bildet das Blei an der Oberfläche eine
                              schwammig-zackige Masse, welche die Kohksstücke umhüllt.
                           Alsdann wird der an der Wasserleitungsröhre befindliche Hahn geschlossen, das
                              Rührwerk eingestellt, die Schieber der beiden Ablaßröhren des
                              Krystallisationskessels geöffnet und das angereicherte Blei in die beiden Pfannen,
                              welche zusammen circa 70 Ctr. fassen, abgelassen. Die
                              Füllung der Pfannen dauert circa 1/4 Stunde. Man erhält
                              also nach jeder Krystallisation zwei Bleikuchen, zu je 35 Ctr. angereicherten
                              Bleies. Um dieselben aus den Pfannen heben zu können, wird vor dem Einlassen des
                              Bleies in die Mitte derselben, auf die daselbst angebrachte kegelförmige Erhöhung
                              ein mit einem hervorragenden Auge versehener Doppelhaken aufgesetzt. Zur Hebung der
                              erkalteten Bleikuchen wird das hervorragende Auge an die eisernen Ketten eines
                              hölzernen Krahnes befestigt und letzterer durch ein Vorgelege in Bewegung gesetzt.
                              Die kegelförmige Erhöhung in den Pfannen bildet in den Bleikuchen eine entsprechende
                              Vertiefung, so daß in dieser, behufs des Aufeinanderlegens der Bleikuchen, das Auge
                              des Doppelhakens am unten liegenden Kuchen genügenden Raum erhält.
                           Nach dem Abfließen des angereicherten Bleies aus dem Krystallisationskessel werden
                              die Ablaßröhren durch die Schieber geschlossen und aus dem Schmelzkessel, in welchem
                              das inzwischen eingesetzte Blei geschmolzen, von Neuem etwa 70 Ctr. Blei in den
                              Krystallisationskessel durch Oeffnen des entsprechenden Schiebers am Ablaßrohre
                              eingelassen und die Feuerzüge so regulirt, daß der Krystallisationskessel einer
                              größeren Hitze ausgesetzt wird, wodurch die in demselben zurückgebliebenen Krystalle
                              oder erstarrten krystallinischen Massen wiederum einschmelzen. Zu entsprechender
                              Zeit wird das Rührwerk wieder in Bewegung gesetzt, und nachdem alle Krystalle, was
                              in etwa 1/4 Stunde erfolgt, eingeschmolzen sind, das Feuer abgestellt, der
                              Wasserhahn wieder geöffnet und der Proceß in beschriebener Weise weiter
                              fortgeführt.
                           Dieses Verfahren des Zulassens von Werkblei aus dem Schmelzkessel und das
                              Wiedereinschmelzen der Krystalle in dem zugelassenen Werkblei wird siebenmal wiederholt, sodann aber ohne Zusatz von
                              Werkblei der Krystallisationskessel einer größeren Hitze ausgesetzt, so daß die
                              Krystalle in demselben einschmelzen, welche man hierauf als raffinirtes Blei in Formen auskellt. Dieses
                              entsilberte Weichblei (Kaufblei) soll nicht mehr als 1,8
                              Grm. Silber im Ctr. enthalten.
                           Das bei diesem Processe resultirende, einmal angereicherte Blei wird demselben
                              Entsilberungs-Processe nochmals unterworfen, jedoch mit der Modification, daß
                              statt einer siebenmaligen, eine achtmalige Einschmelzung
                              der Krystalle im Krystallisationskessel erfolgt, und daß beim achtmaligen
                              Einschmelzen nicht angereichertes, sondern entsilbertes Blei zugelassen wird. Bei
                              letzterem Verfahren werden circa 190 bis 200 Ctr.
                              ein- und nachgesetzt. Dieser Anreicherungs-Proceß wird fünfmal
                              wiederholt, wobei bei dem zweimal angereicherten Blei die Krystalle im
                              Krystallisationskessel neunmal, bei dem dreimal angereicherten zehnmal, bei dem
                              viermal angereicherten elfmal, bei dem fünfmal angereicherten zwölfmal
                              eingeschmolzen werden. Das auf diese Weise fünfmal angereicherte Blei soll 1200 Grm.
                              Silber enthalten. Die großen Kuchen desselben werden in einem besonderen Kessel
                              eingeschmolzen, sodann das eingeschmolzene, angereicherte Blei in kleine, runde
                              Formen, welche circa 1/4 Ctr. fassen, gekellt und
                              endlich im gewöhnlichen Treibofen abgetrieben.
                           Die Kohksbedeckung des Bleispiegels wird, sobald die Kohks sich zu sehr zerkleinert
                              haben oder staubig geworden sind, immer aber nach jeder Auskellung von entsilbertem
                              Weichblei erneuert.
                           Vier Arbeiter, welche die Steuerung der Dampfmaschine mit besorgen, sind bei der
                              Entsilberung beschäftigt. (Berggeist.)