| Titel: | Beiträge zur Chemie der Thone; von Dr. Erwin v. Sommaruga. | 
| Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XCI., S. 384 | 
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                        XCI.
                        Beiträge zur Chemie der Thone; von Dr. Erwin v.
                              Sommaruga.
                        Aus dem chemischen Centralblatt, 1865, Nr.
                              17.
                        v. Sommaruga, Beiträge zur Chemie der Thone.
                        
                     
                        
                           In seiner Eigenschaft als analytischem Chemiker der k. k. Porzellanfabrik in Wien war
                              dem Verf. die Aufgabe gestellt worden, sämmtliche zur Porzellanfabrication dienenden
                              Erden und Feldspathe einer genauen Analyse zu unterziehen. Es sollte dieß geschehen,
                              um zu sehen, ob alles zur Porzellanmasse verwendete Material sich nach den
                              verschiedenen Processen, die es durchzumachen hat, wirklich in derselben vorfindet,
                              oder ob ein theilweises
                              Hinwegkommen der allerdings sehr verschiedenen Substanzen eintritt; besonders sollte
                              zu ermitteln gesucht werden, ob bei der Temperatur des Porzellanofens, die auf
                              1800° C. geschätzt wird, eine Verflüchtigung von Alkalien eintritt oder
                              nicht.
                           Die Wiener Porzellanmasse besteht aus zwei verschiedenen Passauer Erden (die eine
                              fetter, die andere magerer), Zettlitzer Erde, Feldspath, Quarz und Kalk, die in
                              einem bestimmten Verhältnisse mit einander gemengt werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 177, S. 384
                              
                                 
                                 Die Alkalien wurden durch Aufschließen mit
                                    gasf. FlH bestimmt, der geringen Menge wegen aber nicht getrennt, sondern
                                    berechnet.
                                 
                              Passauer Erde I.; Passauer Erde
                                 II.; Zettlitzer Erde ; SiO²; Al²O³ ; Fe²O³;
                                 CaO; MgO; KO; NaO; HO; Spuren Mn; SO³
                              
                           Der Feldspath, der den Erden zugesetzt wird, wird entweder roh oder geschmolzen
                              verwendet; letzterer ist leichter zu zerkleinern und verdient somit den Vorzug,
                              wenngleich auch das Brennen seinen Preis erhöht. Der Feldspath, der hier zur
                              Verwendung kommt, stammt aus dem böhmischen Urgebirge, ist sehr rein weiß; im
                              Porzellanofen schmilzt er leicht zu einer glasartigen Masse, erleidet aber hierbei
                              keine chemische Veränderung, wie dieß die folgenden Analysen von rohem und
                              geschmolzenem Feldspathe beweisen.
                           
                              
                                 
                                 Feldspath roh
                                 
                                   geschmolzen
                                 
                                 
                              
                                 SiO²
                                 =  65,868 Proc.
                                 
                                   65,709 Proc.
                                 
                                 
                              
                                 Al²O³
                                 =  25,658    „
                                 
                                   25,367    „
                                 
                                 
                              
                                 Fe²O³
                                 =    0,269    „
                                 FeO
                                     0,292    „
                                 Durch den Hartbrand wird
                                 
                              
                                 CaO
                                 =    0,362    „
                                 
                                     0,233    „
                                 Fe²O³ zu FeO reducirt.
                                 
                              
                                 MgO
                                 =    0,102    „
                                 
                                   Spuren
                                 
                                 
                              
                                 KO
                                 =    4,709    „
                                 
                                     4,695    „
                                 
                                 
                              
                                 NaO
                                 =    3,093    „
                                 
                                     3,084    „
                                 
                                 
                              
                                 HO
                                 =    0,578    „
                                 
                                     0,694    „
                                 
                                 
                              
                                 Mn
                                     Spuren
                                 
                                   Spuren
                                 
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                   100,793 Proc.
                                 
                                 100,074 Proc. –
                                 Kalk und Quarz enthalten
                                 
                              
                           beide keine Verunreinigungen, sind beide sehr weiß; letzterer
                              wird ebenfalls der
                              leichteren Zerreiblichkeit wegen gebrannt und in kaltes Wasser geworfen
                              (geschreckt), wodurch er schon ganz feinkörnig splitterig wird und die Arbeit des
                              weiteren Zerreibens sich sehr vermindert. Die Analyse des Kalks und Quarzes
                              ergab:
                           
                              
                                 
                                 Kalk.
                                 
                                 Quarz.
                                 
                              
                                   SiO²
                                 =     2,239 Proc.
                                  SiO²
                                 =   98,960 Proc.
                                 
                              
                                   CO²
                                 =   44,232   „
                                 CaO
                                 =     0,198   „
                                 
                              
                                 Al²O³
                                 =     0,549   „
                                  HO
                                 =     0,484   „
                                 
                              
                                 CaO
                                 =   49,366   „
                                  Mn
                                 =   Spur
                                 
                              
                                 MgO
                                 =     0,183   „
                                 ––––––––––––––––––
                                 
                              
                                   HO
                                 =     3,751   „
                                 
                                      99,642 Proc.
                                 
                              
                                 ––––––––––––––––––
                                 
                                 
                                 
                              
                                 
                                    100,232 Proc.
                                 
                                 
                                 
                              
                           Die Zusammensetzung der Masse geschieht jetzt durch einfaches
                              trockenes Mengen der abgewogenen Bestandtheile, worauf sie gemeinsam geschlämmt
                              werden. Das Schlämmen geschieht mit warmem Wasser von circa 30°, die feine Masse wird von einem Rührwerk unter Zuströmen
                              des Wassers aufgerührtFrüher wurden die Materialien nach inniger Mengung aufgekocht, und nach der
                                    Klärung des Wassers die Masse ebenfalls ausgepreßt., und fließt dann durch eine Reihe sehr feiner Siebe in aus Cement gemauerte
                              Tröge, wo sich in 8–9 Tagen die Klärung des Wassers vollzieht, worauf das
                              klare Wasser durch Kautschukheber abgezogen und die Masse in leinene Beutel gefüllt
                              wird. Die in der Wiener Porzellanfabrik im Gebrauche stehenden Säcke sind bedeutend
                              kleiner als an anderen Orten; sind aber durch eine Appretur mit Leinöl viel
                              haltbarer – ihre Dauer, die früher ungefähr 2 Monate betrug, ist jetzt durch
                              diese Präparirung auf 9–10 Monate gestiegen. Das Auspressen geschieht unter
                              einer einfachen Presse. Der Verf. hat sich besonders mit dem Schlämmproceß
                              beschäftigt und nachgewiesen, daß die Verbesserung, d.h. das Feuerfesterwerden eines
                              Thones durch die Schlämmung, lediglich auf einer Auslaugung beruht, bei welcher
                              Alkalien und alkalische Erden durch das Wasser ausgezogen werden. Beistehende
                              Tabelle gibt die Zusammensetzung des Porzellans an, die durch Rechnung aus den
                              Analysen der einzelnen Bestandtheile resultiren müßte A;
                              die wirklich gefundene B. 100 Thle. Wiener
                              Porzellanmasse bestehen aus:
                           
                              
                                 Passauer Erde I.
                                 =    25,25
                                 
                              
                                 Passauer Erde II.
                                 =    27,75
                                 
                              
                                 Zettlitzer Erde
                                 =    24,50
                                 
                              
                                 geschmolz. Feldspath
                                 =    14,25
                                 
                              
                                 Kalk
                                 =      3,75
                                 
                              
                                 Quarz
                                 =      4,50
                                 
                              
                                 –––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 100,00
                                 
                              
                           
                           
                              
                                 
                                 SiO²
                                 CO²
                                 Al²O³
                                 Fe²O³
                                 CaO
                                 MgO
                                 KO
                                 NaO
                                 HO
                                 
                              
                                 Passauer I.
                                 11,520
                                 
                                   9,100
                                 0,196
                                 0,100
                                 0,006
                                 0,114
                                 0,078
                                   4,112
                                 
                              
                                 Passauer II.
                                 12,461
                                 
                                   9,515
                                 0,235
                                 0,340
                                 0,075
                                 0,164
                                 0,109
                                   4,676
                                 
                              
                                 Zettlitzer
                                 11,260
                                 
                                   9,302
                                 0,204
                                 0,048
                                 0,108
                                 0,245
                                 0,158
                                   3,482
                                 
                              
                                 Feldspath
                                   7,364
                                 
                                   3,615
                                 0,046
                                 0,019
                                 Spur
                                 0,669
                                 0,439
                                   0,096
                                 
                              
                                 Quarz
                                   4,453
                                 
                                   0,021
                                 
                                 0,009
                                 
                                 
                                 
                                   0,022
                                 
                              
                                 Kalk
                                   0,084
                                 1,659
                                 
                                 
                                 1,851
                                 0,007
                                 
                                 
                                   0,141
                                 
                              
                                 Summe
                                 47,142
                                 1,659
                                 31,553
                                 0,681
                                 2,367
                                 0,196
                                 1,192
                                 0,784
                                 12,529
                                 
                              
                                 Durch das
                                          Hartbrennen geht CO² weg und Fe²O³ wird zu FeO
                                          reducirt.Auf
                                    trocken.    Gewicht
                                 56,230
                                 
                                 37,621
                                 0,738 FeO
                                 2,822
                                 0,234
                                 1,421
                                 0,934
                                 A.
                                 
                              
                                 Gefunden
                                 58,192
                                 
                                 37,897
                                 0,565 FeO
                                 1,669
                                 0,123
                                 0,351
                                 0,227
                                 B.
                                 
                              
                           Bei Vergleichung von A und B
                              zeigt sich im SiO² und Al²O³ Gehalt eine Zunahme, in den
                              übrigen Bestandtheilen eine Abnahme. Die die Feuerbeständigkeit eines Thones
                              verringernden Substanzen sind somit durch das Schlämmen entfernt worden, worauf die
                              Wichtigkeit des Schlämmens bei Thonen beruht. Es wurde diese Auslaugung auch direct
                              nachgewiesen, indem gleiche Volumina des Schlämmwassers und des Ablaufwassers
                              vorsichtig eingedampft wurden; 150 Vol. des ersteren hinterließen 0,0489 Grm., 150
                              Vol. des letzteren 0,0641 Grm.
                           Da fast alle Urgebirgsgesteine Kiese eingesprengt enthalten, durch deren Verwitterung
                              Thone mit einem Gehalte an Sulphaten entstehen, letztere aber nichts weniger als
                              feuerfest sind, so müssen selbe zum größten Theile entfernt werden, um zum Entstehen
                              eines feuerfesten Materials die nöthigen Bedingungen zu liefern. Diesen Proceß hat
                              die Natur auch wirklich vollzogen, und es scheint, daß hierzu eine ziemlich lang
                              dauernde Berührung zwischen Wasser und Thontheilchen erforderlich war; denn je
                              weiter die Thone von ihrem Entstehungsorte entfernt sind, desto besser, desto
                              feuerbeständiger pflegen sie zu seyn. Ein sehr lehrreiches Beispiel für die von der
                              Natur vollzogene Schlämmung bietet ein Thonlager an der Donau. Der sogenannte
                              Göttweiher Tachet (Thon), einer der besten Thone Oesterreichs, zeigt muldenförmige
                              Auswaschungen in seinem Lager, die mit einem weit besseren Materiale ausgefüllt
                              sind, als das Hauptlager darbietet. Dieser „Haupttachet“
                              verdankt seine Entstehung lediglich den mechanisch-chemischen Veränderungen,
                              die durch natürliche Schlämmung mit dem gewöhnlichen Tachet vor sich gegangen sind.
                              Analytische Belege für den Unterschied dieser Thonsorten liegen zwar keine vor, es
                              sind aber Feuerproben in genügender Anzahl aus den verschiedensten Fabriken bekannt,
                              durch welche die vorzüglichere Qualität des Haupttachets erwiesen ist. Der Verf. hat
                              daran gedacht, diese
                              künstliche Aufbesserung praktisch zu verwenden, indem Wiens Umgebungen einen großen
                              Reichthum gewöhnlicher zur Mauerziegelbereitung geeigneter Thonsorten enthalten, die
                              aber durchaus nicht den Anforderungen, die man an ein wahrhaft feuerfestes Material
                              stellt, entsprechen. Da sich Wasser in genügender Menge findet, so würde eine mit
                              Schlämmung verbundene Auslaugung dieser Thonsorten auf keine großen Schwierigkeiten
                              stoßen. Verf. war noch nicht in der Lage, Versuche anzustellen, wie weit eine
                              Schlämmung in gedachter Richtung führen würde, und ob in Folge hiervon auch ein
                              pecuniärer Vortheil sich ergeben würde; hofft aber bald, diese Versuche beginnen zu
                              können, worüber er dann seinerzeit berichten wird.
                           Außer dem Schlämmen gibt es noch ein Mittel, Thone feuerbeständiger zu machen; man
                              läßt sie nämlich längere Zeit an der Luft liegen. Bei der Porzellanfabrication
                              erhält die Masse, die schon geschlämmt ist, die Form von parallelepipedischen
                              Kuchen, die über einander aufgeschichtet den Einwirkungen der Atmosphäre überlassen
                              werden. Daß dieses Sichselbst-überlassen der Masse einen vortheilhaften
                              Einfluß auf deren Feuerbeständigkeit hat, ist eine alte, schon den Chinesen bekannt
                              gewesene Thatsache. Letztgenanntes Volk, das wie in Bereitung anderer Körper so auch
                              in der Porzellanfabrication Vorzügliches leistete, dehnte die Dauer der
                              Lufteinwirkung auf die Porzellanerde bis auf 100 Jahre aus. Im Allgemeinen nahm man
                              als die Ursache dieser Besserung eine nachträgliche Verwitterung an. Verf. hat die
                              Verwitterung auch bestimmt nachweisen können. Wie oben angeführt worden, enthalten
                              die hier zur Verwendung kommenden Porzellanerden durchweg Spuren von schwefelsauren
                              Salzen; durch die Anwesenheit organischer Substanzen, die leicht erklärlich istEs dürfte das, was von den Auspreßsäcken hängen bleibt, genügen., tritt eine Reduction der Sulphate zu Schwefelmetallen ein, die selbst
                              wieder durch die Berührung mit der Luft in SH und
                              kohlensaure Salze umgesetzt werden. Die Bildung und Umsetzung dieser Verbindungen
                              geht unter Wärmeentwickelung, veranlaßt durch den Druck, den die Masse selbst
                              ausübt, und unter oft intensivem Geruche nach SH vor
                              sich. Die hierbei entstehenden Carbonate werden von dem aus der Masse noch
                              abtropfenden Wasser aufgenommen, wodurch die Feuerfestigkeit natürlich gewinnen
                              muß.
                           In Bezug auf die oft ausgesprochene Vermuthung, daß sich Alkalien im Porzellanfeuer
                              verflüchtigen können, glaubt der Verf. schließlich erwidern zu können, daß außer den
                              oben angeführten factischen Beweisen auch schon theoretische Gründe vorhanden sind, die eine
                              solche Annahme sehr bedenklich erscheinen lassen. Einer Verflüchtigung von Alkalien,
                              wie sie beim Hohofenbetriebe beobachtet wird, geht stets die Reduction der Metalle
                              aus den Oxyden, die durch Eisen in der Weißglühhitze erfolgt, voraus. Da aber solche
                              energische Reductionsmittel im Porzellanofen fehlen, dürfte von einer Reduction und
                              in Folge dieser von einer Verflüchtigung kaum die Rede seyn, wenn auch die
                              Temperatur eine so hohe ist, daß Platinmohr zum Sintern kommt.