| Titel: | Ueber die Gegenwart des Siliciums in zwei verschiedenen Zuständen im Roheisen und deren Einfluß auf die Stahlerzeugung nach Bessemer's Verfahren; von Dr. Phipson. | 
| Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. XCII., S. 388 | 
| Download: | XML | 
                     
                        XCII.
                        Ueber die Gegenwart des Siliciums in zwei
                           verschiedenen Zuständen im Roheisen und deren Einfluß auf die Stahlerzeugung nach Bessemer's Verfahren; von Dr. Phipson.
                        Aus den Comptes rendus,
                              t. LX p. 1030; Mai 1865.
                        Phipson, über die Gegenwart des Siliciums zwei verschiedenen
                           Zuständen im Roheisen.
                        
                     
                        
                           Das Vorhandenseyn des Kohlenstoffs im Roheisen in zwei allotropischen Zuständen,
                              nämlich als aC oder chemisch gebundener Kohlenstoff und
                              als bC oder Graphit, sowie der Einfluß dieser beiden
                              Zustände auf die Qualität solchen Roheisens und auf seine Anwendbarkeit zu
                              verschiedenen Zwecken, ist bereits seit einiger Zeit vollständig erkannt. Ich hatte
                              vor Kurzem Gelegenheit durch eine Reihe von Analysen verschiedener, ihren Qualitäten
                              nach bekannter Roheisensorten nachzuweisen, daß in denselben gleich dem Kohlenstoff
                              auch das Silicium in zwei verschiedenen Modificationen
                              oder Zuständen, als aSi und als bSi, vorhanden ist, und daß das Vorherrschen der einen oder anderen dieser
                              beiden Formen auf die Qualität des Roheisens einen sehr bedeutenden Einfluß hat,
                              namentlich in Bezug auf seine Verwandlung in Stahl durch den Bessemerproceß.
                           Bei der Analyse der an Kohlenstoff und Silicium reichen Roheisensorten, wie sie z.B.
                              durch Verhütten von Eisenglanz und Rotheisenstein oder anderen fast vollkommen
                              schwefel- und phosphorfreien, aber stets einen ziemlich bedeutenden
                              Kieselsäuregehalt zeigenden Erzen dargestellt werden, fand ich, daß die Gesammtmenge
                              des Siliciums, gleich wie es mit dem Kohlenstoffgehalte der Fall ist, sich
                              unabänderlich in zwei Antheile, aSi und bSi spaltet, und daß, je nachdem in dem betreffenden
                              Roheisen der eine oder der andere dieser Antheile in überwiegender Menge vorhanden ist, dieses
                              Roheisen Stahl zu geben im Stande ist oder nicht. Enthält das Roheisen nur Spuren
                              von Schwefel und Phosphor, so scheint es ziemlich gleichgültig zu seyn, wie groß der
                              Kohlenstoff- und Siliciumgehalt ist, um einen guten Stahl zu liefern, wenn
                              nur beide, Kohlenstoff und Silicium, in freiem Zustande, d.h. in Form von bC und bSi, dagegen nur
                              wenig oder gar kein aSi und aC (im gebundenen Zustande) zugegen sind. In allem Roheisen, welches sich
                              durch das Bessemern leicht in Stahl verwandeln läßt, herrscht bC (Graphit) vor, und dieselbe Regel scheint auch bezüglich des Siliciums
                              zu gelten. Nur solche Roheisensorten, welche viel bSi
                              oder vielmehr sehr wenig aSi enthalten, lassen sich
                              mittelst des Bessemerprocesses mit einigem Vortheil auf Stahl verarbeiten.
                           Beim Auflösen des Roheisens in Säuren setzt sich das bC
                              in Form von glänzenden Graphitschuppen ab, wogegen das aC in gasförmigem Zustande, mit Wasserstoff verbunden, entweicht. Etwas
                              Aehnliches findet bezüglich des Siliciums statt; ich wende stets Königswasser an,
                              sowohl um die Bildung einer wenn auch nur kleinen Quantität von Siliciumoxyd zu
                              verhindern, als um die Spuren von Siliciumwasserstoff sogleich bei ihrer etwaigen
                              Bildung zu zerstören. In diesem Falle geht die ganze vom aSi herrührende Kieselsäure in Lösung, wogegen die aus dem bSi herrührende Kieselsäuremenge sich absetzt. Eine
                              quantitative Analyse, welche nur den Gesammtgehalt eines Roheisens an Kohlenstoff,
                              sowie an Silicium kennen lehrt, gibt uns bezüglich der Möglichkeit einer Umwandlung
                              dieses Roheisens in Stahl keinen Aufschluß; durch eine solche Analyse hingegen,
                              mittelst welcher aC und bC,
                              sowie aSi und bSi von
                              einander getrennt bestimmt werden, erhalten wir alle Angaben, die uns in dieser
                              Beziehung wünschenswerth seyn können.
                           Die Wahrheit dieser Behauptung leuchtet aus dem folgenden Beispiele unmittelbar
                              hervor. Die Analyse der Roheisensorten A, B und C ergab eine für alle drei Proben fast ganz
                              übereinstimmende procentische Zusammensetzung, während ihre Eigenschaften
                              hinsichtlich des Verhaltens bei ihrer Umwandlung in Stahl außerordentlich von
                              einander abweichen.
                           
                              
                                 
                                 
                                    A.
                                    
                                 
                                    B.
                                    
                                   C.
                                 
                              
                                 Kohlenstoff
                                   3,360
                                   2,90
                                     3,12
                                 
                              
                                 Silicium
                                   4,200
                                   3,96
                                     4,23
                                 
                              
                                 Phosphor
                                   0,013
                                   0,01
                                     0,01
                                 
                              
                                 Schwefel
                                   0,021
                                   0,05
                                     0,06
                                 
                              
                                 Mangan
                                 Spuren
                                   0,01
                                 Spuren
                                 
                              
                                 Eisen
                                 92,400
                                 92,40
                                   92,80
                                 
                              
                                 
                                 –––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 99,994
                                 99,33
                                 100,22
                                 
                              
                           
                           In der Praxis findet man, daß A einen ziemlich guten, B einen sehr schechten, ganz harten und C einen so schlechten Stahl gibt, daß er gar nicht
                              verarbeitet werden kann.
                           Ich fand in den drei Proben die nachstehenden Mengen von a Kohlenstoff, b Kohlenstoff, a Silicium und b
                              Silicium:
                           
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                    A.
                                    
                                 
                                    B.
                                    
                                 
                                    C.
                                    
                                 
                              
                                 Kohlenstoff  
                                 
                                    
                                    
                                 
                                    aC
                                    
                                    bC
                                    
                                 0,30 Proc.3,06 Proc.
                                 0,40 Proc.2,50 Proc.
                                 0,32 Proc.2,80 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 3,36 Proc.
                                 2,90 Proc.
                                 3,12 Proc.
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 
                                    A.
                                    
                                 
                                    B.
                                    
                                 
                                    C.
                                    
                                 
                              
                                 Silicium 
                                 
                                    
                                    
                                 
                                    aSi
                                    
                                    bSi
                                    
                                 0,983,22
                                 1,812,15
                                 2,601,63
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 ––––––––––––––––––––––––––––––
                                 
                              
                                 
                                 
                                 
                                 4,20
                                 3,96
                                 4,23
                                 
                              
                           Es läßt sich hier leicht erkennen, daß die progressive Zunahme an aSi oder chemisch gebundenem Silicium der geringer
                              werdenden Tauglichkeit des Roheisens für die Stahlfabrication genau entspricht.
                           Die Probe A soll keineswegs als Typus eines zur
                              Stahlfabrication nach dem Bessemer'schen Verfahren
                              besonders geeigneten Roheisens gelten, denn wir haben noch reinere Sorten; ich habe
                              dieselbe aber als ein gutes Beispiel zur Vergleichung mit den beiden anderen Sorten
                              ausgewählt.
                           In einer späteren Mittheilung werde ich einige Bemerkungen über die Bestimmungsweise
                              von aC und bC, von aSi und bSi in den
                              verschiedenen Roheisensorten nachfolgen lassen, welche nicht ohne praktischen Werth
                              seyn dürften.