| Titel: | Ueber locomobile Dampfmaschinen und besonders über deren Kessel; von Prof. Rühlmann. | 
| Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. C., S. 426 | 
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                        C.
                        Ueber locomobile Dampfmaschinen und besonders
                           über deren Kessel; von Prof. Rühlmann.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen
                                 Gewerbevereins, 1865 S. 113.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Rühlmann, über locomobile Dampfmaschinen und deren
                           Kessel.
                        
                     
                        
                           Der Verfasser hat hier lediglich diejenigen locomobilen Dampfmaschinen im Auge,
                              welche, ohne auf einem vollständigen Wagengestelle mit Rädern zu ruhen,
                              transportabel sind und wobei Betriebsmaschine nebst Kessel (mit niedrigem
                              Schornstein) ein Ganzes bildet, welches leicht von einem Orte zum andern geschafft
                              werden kann, ohne eines besonderen Baues zu bedürfen, um in Verwendung zu
                              treten.
                           Derartige Maschinen von 2 bis 6 Pferdekräften sind bereits für Gewerbsbetriebe,
                              welche nur kleiner bewegender Kräfte bedürfen, ein wahres Bedürfniß geworden und
                              verdienen immer mehr verbreitet zu werden.
                           In letzterer Beziehung für die Gewerbe etwas beizutragen und gleichzeitig auf eine
                              besonders empfehlenswerthe Kesselgattung hinzuweisen, ist der Zweck gegenwärtigen
                              Aufsatzes.
                           Mit der Besprechung des gedachten und Fig. 27 und 28
                              abgebildeten Kessels werde der Anfang gemacht und dabei nur ganz beiläufig auf die
                              Musterkarte Fig.
                                 31 aufmerksam gemacht, welche die vorzüglichsten Anordnungen darstellt,
                              wornach man diese transportabel Dampfmaschinen gegenwärtig auszuführen pflegt.
                           Die meisten Kessel derartiger Maschinen, welche dem Verfasser zu Gesicht kamen, sind
                              mit aufrechtstehenden Röhren ausgestattet und stimmen, wenigstens im Allgemeinen, mit
                              der Anordnung überein, welche bei der Egestorff'schen
                              Dampffeuerspritze (beschrieben und abgebildet im polytechn. Journal Bd. CLXXIII S.
                                 342) gewählt wurde. So vortrefflich diese Röhrenkessel an letzterer Stelle und für
                              ähnliche Fälle genannt zu werden verdienen, so wenig geeignet hält sie der Verfasser
                              für die Zwecke, welche er hier im Auge hat, für die sogenannten kleineren
                              Gewerbebetriebe. Für diese leiden sie nach seinen Erfahrungen an drei Mängeln, sie
                              sind zu theuer, zu schwer zu
                                 reinigen und unbequem zu repariren.
                           Von diesen Mängeln mehr oder weniger frei ist der bereits belobte Kessel Fig. 27 und
                              28,
                              welcher von den Pariser Mechanikern Hermann Lachapelle
                              und Glover (144 rue du Faubourg
                                 Poissonnière) bereits seit mehreren Jahren mit ganz entschiedenem
                              Erfolge und zur allseitigen Befriedigung seiner Besitzer ausgeführt wird.
                           Wie der Verticaldurchschnitt Fig. 27 in Verbindung mit
                              dem Horizontaldurchschnitt Fig. 28 leicht erkennen
                              läßt, besteht der Kessel zunächst aus zwei concentrischen (Mindern a, a und b, b in Verbindung
                              mit drei diagonal in verschiedenen Höhen über einander angebrachten horizontalen
                              Röhren c, c, c von großem Durchmesser. Diese Röhren
                              enthalten (bei aufmerksamem Betriebe) stets Wasser und erfahren demzufolge nur (den
                              weit vortheilhafteren) Druck von innen nach außen. Die Reinigung dieser Röhren (von
                              Kesselstein) läßt sich nicht nur ihrer großen Weite wegen, sondern besonders deßhalb
                              leicht beschaffen, weil an jeder, in der achsiellen Fortsetzung derselben nach Außen
                              (am Kessel a) der bekannte
                              Mannlochdeckel-Verschluß mit Platte, Ankerbügel und Schraube g, g geeignet angebracht ist. Durch eben so angeordnete
                              Oeffnungen h, h... läßt sich die Reinigung der stehenden
                              Cylinder a, a und b, b
                              vornehmen.
                           Alle sonstigen Theile des Kessels sind fast von selbst verständlich, so die
                              Rostanordnung e mit Feuerthüre f, der gußeiserne Sockel d, worauf der ganze
                              Bau ruht, ferner das Rohr i, welches den gebildeten
                              Dampf nach dem etwas tiefer außerhalb angebrachten Kolbencylinder führt (Anordnung
                              IV Fig. 31),
                              das weite Rohr k, das die Verbrennungsproducte nach dem
                              Schornstein führt etc.
                           Bemerkt mag schließlich noch werden, daß die Constructeure einen großen Werth darauf
                              legen, die Dampfmaschine nebst Schwungradwelle gänzlich vom (beschriebenen) Kessel
                              zu isoliren und denselben deßhalb mit einem (aus zwei Säulen und einer
                              Verbindungsbrücke über deren Capitäl gebildeten) gußeisernen Gestell umgeben, also
                              eine Anordnung treffen, welche aus IV Fig. 31 erhellt.
                           Hoffentlich werden wir bald in den Stand gesetzt seyn, über die Einführung der
                              beschriebenen Kesselgattung im Lande Hannover berichten zu können, da die Eisengießerei
                              und Maschinenfabrik der Herren Krigar und Ihßen zu Hannover den Bau derselben, sowie der
                              zugehörigen Maschinen bereits begonnen hat.
                           Einen Dampfkessel, nach Dunn, Thomas und Comp. in ManchesterOesterreichischer Bericht über die internationale Ausstellung in London von
                                    1862, S. 300. der ebenfalls nicht zur Gattung der Röhrenkessel gehört, zeigen die Figuren 29 und
                              30,
                              beziehungsweise im Vertical- und Horizontaldurchschnitte. Derselbe gehört zu
                              einer Locomobile, deren Anordnung aus III Fig. 31 erhellt, die
                              kürzlich aus der Maschinenfabrik von Löwe in Düsseldorf bezogen wurde und jetzt in
                              einer Wagenfabrik in Hannover zur Zufriedenheit der Besitzer arbeitet.
                           Den Hauptkörper des Kessels bilden wieder zwei concentrische Cylinder a, a und b, b, wobei sich
                              der äußere zu einem Dome mit Mannloch h gestaltet, der
                              überdieß von einem Kreiscylinder gekrönt wird, worin sich die Oeffnung i für das Rohr befindet, durch welches der gebildete
                              Dampf der Maschine zugeführt wird. Wie ohne Weiteres die Abbildungen erkennen
                              lassen, geht in diametraler Richtung durch die untere Hälfte des ganzen Kesselbaues
                              eine sogenannte Wasserkammer c, deren Wände durch
                              Stehbolzen gehörig verstärkt sind. Um diese Kammer leicht reinigen zu können, hat
                              man wieder im Außenkessel a geeignete Oeffnungen g, g angebracht, die ebenfalls mit dem bekannten
                              Anker-Deckel-Verschluß der Mannlöcher ausgestattet sind. Die überdieß
                              vorhandenen Reinigungsöffnungen h, h für den Hauptkessel
                              sind in gleicher Weise angeordnet.
                           Der ganze Bau ruht auf einer starken Eisenplatte d, unter
                              welcher im Mauerwerke Raum für den Aschenfall p gelassen
                              ist. Sämmtliche Verbrennungsproducte, die vom Roste e
                              aus über den Scheitel der Wasserkammer c treten, werden
                              in der durch letztere gebildeten Abtheilung k
                              niederwärts und weiter den Canal l passirend in den
                              Schornstein geführt. Daß der Buchstab f die Feuerthüre
                              und der m ein Wasserstandsglas bezeichnet, bedarf wohl
                              kaum der Erwähnung. Bei ungefähr 4 Fuß (engl.) Durchmesser des Außenkessels a und circa 6 Fuß Höhe, und
                              bei dem Abstande der Wasserwände von 3 Zoll, enthält der Kessel beinahe 70
                              Quadratfuß Heizfläche, welche für den Betrieb der vierpferdigen Dampfmaschine
                              hinlänglichen Dampf liefert.
                           Veranlaßte nicht die Wasserwand c ihrer Haltbarkeit und
                              Widerstandsfähigkeit, auch nicht ganz bequemen Reinigung wegen zu einigen Bedenken, so würden wir
                              auch diesem Kessel unsere ungetheilte Anerkennung nicht versagen.
                           Jetzt auch ein paar Worte, die bereits wiederholt citirten Anordnungsskizzen I bis VI
                              von Figur 31
                              betreffend.
                           Nr. I, wo der Dampfcylinder horizontal auf der Fundamentplatte liegt und auch das
                              Schwungradlager daselbst angebracht ist, wählt Marioni in
                              Paris (Rue de Vaugirard 67) besonders zum Betriebe
                              seiner Buchdruckereimaschinen, wenn die Umstände die Transmissionsanlage von unten
                              aus wünschenswerth machen. In allen anderen Fällen wendet derselbe die Anordnung
                              Fig. III an, die auch in England, namentlich von Thomas
                                 Green und Sohn in Leeds, sehr verbreitet ist,
                              auch auf der Hamburger internationalen landwirthschaftlichen Ausstellung von 1863
                              figurirte, von der Wirth'schen Maschinen- und Patentagentur in Frankfurt a.
                              M. empfohlen und besorgt wird.Marioni bemißt die Arbeitsgröße seiner
                                    locomobilen Dampfmaschine nach der Anzahl Schnelldruckpressen, welche von
                                    derselben betrieben werden sollen und bestimmt auch hiernach den
                                    Anschaffungspreis.Das von Marioni mit Nr. 1 bezeichnete Modell
                                    (ausschließlich mit Horizontal-Dampfmaschine nach I, Fig. 31) zum
                                    Betriebe einer Druckmaschine berechnet er zu 1900
                                    Franken loco Paris. Wenn dasselbe drei
                                    Druckmaschinen bewegen soll (Modell Nr. 2), so stellt er den Preis auf 2600
                                    Franken und (als Modell Nr. 3) für den Betrieb von fünf Schnellpressen auf
                                    3500 Franken. Letztere beiden Preise gelten auch für die Maschinen nach dem
                                    Diagramme Nr. III Fig. 31, nur
                                    garantirt er dann für das Modell Nr. 2 den Betrieb von bloß zwei und von Nr.
                                    3 den Betrieb von bloß vier Druckmaschinen. Green
                                    stellte in Hamburg (also außerhalb des Zollverbandes) folgende Preise:Pferdekräfte der Maschine.Kolben-durchmesser.Kolbenhub.Kessel-durchmesser.Kesselhöhe.Preisin Pfd. St.Bemerkungen.2464''  engl.5
                                          1/2   „6 1/2  
                                          „   10'' engl.  
                                          12    „  
                                          14    „2'  
                                          2''2'   6''2' 10''4'  
                                          4''5'   0''6'   0''  52  90120Bei 80 Pfundpro QuardatzollUeberdruck desDampfes.
                           Die Anordnung II hatten u.a. Tennant und Comp. in Edinburgh gewählt und auch ein Exemplar zur
                              Londoner internationalen Ausstellung von 1862 eingesandt (Abbildung im illustr.
                              Kataloge Classe VIII S. 77; Beschreibung mit Abbildung im polytechn. Journal Bd.
                                 CLXV S. 324), wobei die unten notirten Verkaufspreise angegeben wurden.4Pferdekraftmaschine,6 1/2''Kolbd.u.13''HubimPreisevon105Pfd.St.6„8„„14''„„„„130„„8„9 1/2''„„16''„„„„160„„
                              
                           Der Hauptsache nach hat dasselbe System die Maschinenfabrik der vereinigten
                              Hamburg-Magdeburger-Dampfschifffahrts-Compagnie (in Buckau) gewählt, deren
                              Preiscourant ebenfalls unten in der Note abgedruckt ist.Pferdekraftzahl.Kolben-durchmesser.Kolbenhub.Kessel-durchmesser.Kesselhöhe.Preisloco
                                          Buckau.25'' preuß.    8'' preuß.2'   2''5'   4''    500 Thlr.45
                                          1/2    „  12      „2'   6''6'   0''    725  
                                          „66
                                          3/4    „  12      „2' 10''6'   0''    825  
                                          „
                              
                           Die Systeme III und IV wurden bereits vorher hinlänglich erwähnt, wogegen in Bezug
                              auf V zu bemerken ist, daß diese (etwas merkwürdige) Anordnung von Carrett, Marshall und Comp. in
                              Leeds vielfach, jedoch nur bis zu 3 Pferdekräften ausgeführt wird. (Abbildung im
                              Londoner illustr. Katalog von 1862, Classe VIII, S. 11, Fig. 6; Beschreibung mit
                              Abbildung im polytechn. Journal Bd. CLXXV S. 2).
                           Endlich stellt VI diejenige Anordnung locomobiler Dampfmaschinen dar, welche
                              vorzugsweise Sievers und Comp.
                              in Kalk bei Deutz am Rhein erbauen. Wir theilen (vorerst ohne jede Bemerkung)
                              diejenigen Angaben in der NoteDie selbsteigenen Angaben der HHrn. Sievers und
                                    Comp. lauten folgendermaßen:Unsere Locomobilen mit stehenden Kesseln unterscheiden sich vortheilhaft von
                                    anderen ähnlichen dadurch, daß die Maschine nicht an den Kessel angebracht
                                    ist, sondern daß beide, Kessel und Maschine, auf einem gemeinschaftlichen
                                    soliden Fundamentrahmen getrennt stehen.Die ungleiche Ausdehnung von Schmiedeeisen und Gußeisen, die Erhitzung der
                                    Maschinentheile durch den Kessel, welche bei angeschraubten Maschinen deren
                                    raschen Verschleiß und den großen Schmierverbrauch verschulden, sind bei
                                    diesen unseren Maschinen vermieden. Sie sind außerdem mit 2
                                    Sicherheitsventilen, 2 Wasserstandszeigern, 2 Speisevorrichtungen und
                                    Vorwärmer und einem Feder-Manometer und Control-Manometer
                                    versehen, und nur auf schwachen Dampf und geringe Geschwindigkeiten
                                    berechnet. Auch in dem Falle, wo es wünschenswerth erscheinen sollte, Kessel
                                    und Maschine in zwei getrennten Räumen aufzustellen, bedarf es nur der
                                    Verlängerung der Dampf- und Speiseröhren.Die Maschine kostet:Nr.I1/2PferdekraftThlr.400.„II1„„500.„III2„„700.„IV3„„900.„V4„„1000.„VI5„„1100.„VII6„„1200.„VIII8„„1400.„IX10„„1600.loco Fabrik incl.
                                    Packung, zahlbar bei Abnahme. unten mit, welche diese Fabrik auf der Rückseite der hübschen uns
                              vorliegenden Photographien ihrer Locomobilen abgedruckt hat.
                           
                           Wie bereits oben erwähnt, hofft Referent recht bald auf das Capitel dieser im
                              Vorstehenden (etwas flüchtig) besprochenen Maschinen und Kessel zurückkommen zu
                              können.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
