| Titel: | Der Kuppelmuff von Dehessele. | 
| Fundstelle: | Band 177, Jahrgang 1865, Nr. CIX., S. 458 | 
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                        CIX.
                        Der Kuppelmuff von Dehessele.
                        Aus der Zeitschrift des Vereines deutscher
                                 Ingenieure, 1865, Bd. IX S. 299.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Dehessele's Kuppelmuff.
                        
                     
                        
                           Im Bulletin de la Société industrielle de
                                 Verviers wird von L. Bède über einen von
                              Dehessele construirten Kuppelmuff berichtet, welcher
                              im Nachstehenden beschrieben und in Fig. 4 und 5 abgebildet ist. Das
                              Eigenthümliche dieser Kuppelung ist, daß weder Keile noch Bolzen zu derselben
                              nothwendig sind, sondern die zu verbindenden Wellen werden nur durch den Druck,
                              welchen zwei schmiedeeiserne Ringe auf einen aus zwei Hälften bestehenden, nach
                              einem schwachen Doppelkegel geformten Muff ausüben, zusammen gehalten. Die Kegelform
                              tritt sehr wenig hervor, da der Muff in der Mitte nur um 2 bis 3 Millimeter stärker
                              ist als an den Enden. Auf diesen runden Doppelkeil drücken sehr kräftig die beiden
                              Ringe, welche mit Hammerschlägen aufgetrieben werden. Die Praxis hat bereits
                              bewiesen, daß derartige Muffe, selbst wenn die Wellen eine sehr große Kraft zu
                              übertragen haben, sich vollständig bewähren, wenn sie nur sorgfältig dem
                              Wellendurchmesser entsprechend ausgebohrt sind. Damit der Muff nicht auf der Welle
                              gleitet, braucht nur die von der Welle zu übertragende Arbeit geringer zu seyn als
                              die zur Ueberwindung der durch den Druck der Ringe hervorgebrachten Reibung nöthige.
                              Ist p der auf die Ringe ausgeübte Druck, und 0,19 der
                              Reibungscoefficient für Schmiedeeisen auf nicht geschmiertem Schmiedeeisen, so ist
                              diese Reibung R = 0,19p. Der
                              Druck p kann eine gewisse Grenze nicht überschreiten,
                              welche von der Bruchfestigkeit der Ringe abhängt, und zwar darf höchstens p = 2rel seyn, wenn
                              e die Dicke der Ringe, l
                              ihre Breite (in Centimetern) und r die Zahl von
                              Kilogrammen ausdrückt, welche beim Zerreißen einer Eisenstange von 1
                              Quadratcentimeter Querschnitt nöthig ist. Es ist sonach die Reibung
                           R = 0,19 p = 0,19 . 2 rel,
                              
                           
                           und die Arbeit, welche dieselbe für eine Umdrehung der Welle
                              beansprucht, ist, wenn letztere den Umfang c (in Metern)
                              besitzt:
                           A = 0,19 . 2 rel . c,
                           oder bei n Umdrehungen per Minute, die Arbeit per
                              Minute
                           0,19 . 2 ncrel.
                           Die Arbeit, welche eine Welle von: Durchmesser d bei n Umdrehungen per Minute übertragen kann, ist, wenn d sowie der Umfang c in
                              Metern gegeben sind, = 262,000 d². 2nc.Dieser Werth entspricht ziemlich genau der zur Berechnung schmiedeeiserner Wellen tauglichen Formel d = 90 ∛(N/n) worin d den
                                    Durchmesser der Welle in Millimetern, N die
                                    Anzahl der übertragenen Pferdestärken, n die
                                    Anzahl der Umdrehungen per Minute bezeichnet,
                                    und worin ferner die höchst zulässige Spannung des Materiales zu 4,8 Kil.
                                    per Quadratmillimeter angenommen ist. L. Es muß also
                           0,19 . 2ncrel ≧ 262,000 d² . 2nc
                              
                           seyn, oder
                           rel ≧ 1,379,000 d².
                           Da der Muff keinen Stößen ausgesetzt ist, kann man r =
                              1000 Kilogr. setzenHieraus geht wohl hervor, daß unter r nicht, wie
                                    oben angegeben, die Zahl von Kilogrammen ausgedrückt wird, welche zum
                                    „Zerreißen“ einer schmiedeeisernen Stange von 1
                                    Quadratcentimeter Querschnitt nöthig ist; sondern es bedeutet vielmehr r = 1000 Kil. die für Schmiedeeisen per Quadratcentimeter Querschnitt bei der
                                    Inanspruchnahme auf absolute Festigkeit zulässige
                                    Spannung, was auch hier passend erscheint, indem ein Werth von 1500 Kil. der
                                    Elasticitätsgrenze entsprechen würde. L., wornach
                           el ≧ 1379 d², oder, wenn 1/100 = 5/4 d gesetzt wird,
                           e = 11,03 d, oder
                           e = 0,11 d, wenn d wie e in Centimetern
                              gegeben sind.
                           Da aber die Wellen nach den gewöhnlichen Formeln eine große Sicherheit erhalten und
                              daher sehr wohl eine doppelte Leistung, als die gewöhnliche, übertragen können und
                              auch öfters müssen, so setzt man besser
                           e = 0,25 d.
                           Die Dicke der Ringe ist also gleich 1/4 des Durchmessers der zu kuppelnden Welle und
                              ihre Länge gleich 5/4 desselben zu machen. Der gußeiserne Muff, welcher durch diese
                              Ringe festgedrückt wird, muß wenigstens eine ebenso große Torsionsfestigkeit
                              besitzen wie die Wellen. Ist daher D der äußere
                              Muffdurchmesser, so braucht, wenn man die Torsionsfestigkeit des Gußeisens gleich
                              1/3 von der des Schmiedeeisens setzt, nur
                           (D⁴ – d⁴)/D = 3 d³ oder (D/d)⁴ = 3 D/d + 1
                           
                           zu seyn. Dieser Gleichung entspricht der Werth D/d = 1,54; man hat also mit
                              aller Sicherheit D/d = 2,
                              d.h. man hat den äußeren Muffdurchmesser doppelt so groß zu machen wie den der
                              Welle. Die Länge des Muffes ist beliebig, muh aber natürlich wenigstens der
                              Gesammtlänge beider Ringe gleich, also 5/2 d seyn, wozu
                              noch ein hinreichender Zwischenraum zwischen beiden Ringen kommen muß, damit man
                              sie, wenn nöthig, herunter schlagen kann. Man erhält sehr gute Verhältnisse, wenn
                              man diese Länge 5mal so groß macht, wie den Wellendurchmesser. Das Gewicht eines so
                              construirten Muffes beträgt 0,119 d³ Kilogr.,
                              wenn d in Centimetern ausgedrückt ist. Für Wellen von
                              mehr als 10 Centimet. Durchmesser kann man die Länge etwas vermindern, um das
                              Gewicht herabzuziehen.
                           Die Vortheile dieser Kuppelungsweise sind leicht einzusehen. Da der Muff und die
                              Wellen vollständig auf der Drehbank fertig gemacht werden, so können sich bei der
                              Verbindung keine solchen Abweichungen einstellen, wie sie bei schlecht eingepaßten
                              Keilen öfters vorkommen; die Wellen selbst bleiben unversehrt und also stärker, als
                              wenn sie an den Enden behufs der Verbindung besondere Bearbeitungen erleiden müssen.
                              Das Auf- und Abbringen des Muffes und der Ringe ist sehr leicht, und die
                              Kuppelungen dieser Art haben nie etwas zu wünschen übrig gelassen, sobald nur die
                              Ringe richtig aufgetrieben und die Wellenenden genau von gleichem Durchmesser waren.
                              Wenn sich bei letzteren eine geringe Abweichung zeigt, so kann man sich durch
                              Auflegen eines passenden Weißbleches helfen; auch kann man, wenn solche
                              Schwierigkeiten eintreten, die Verbindung des Muffes mit der Welle dadurch inniger
                              machen, daß man letztere mit einer Flüssigkeit, z.B. etwas Essig, benetzt, welche
                              die Oxydation befördert. Die nöthige Kraft zum Auftreiben der Ringe ist nicht
                              bedeutend; denn nimmt man das Verhältniß zwischen der Differenz der Durchmesser an
                              der Muffmitte und den Muffenden zur halben Mufflänge = 1/50, so ist der Druck, den
                              die Ringe auszuüben haben, nach dem Vorhergehenden: p =
                              2 rel = 2 . 1000 . d/4 . 5/4
                              d = 625 d², die
                              Kraft zum Auftreiben aber = p/50 = 12,5 d², wobei d wieder in
                              Centimetern zu geben ist.Diese Berechnung der Kraft zum Auftreiben der Ringe würde nur unter der
                                    Voraussetzung nahezu richtig seyn, daß während des Auftreibens eine Drehung
                                    der Ringe auf dem Muffe veranlaßt wird. Anderenfalls wird auf Ueberwindung
                                    der Reibung ein so großer Theil der auftreibenden Kraft verwendet, daß diese
                                    letztere circa 20 Mal größer als die hier
                                    angegebene ist. R. W.
                              
                           
                           Diese Kuppelungsweise läßt sich auch sehr gut für das Festkeilen von Riemenscheiben,
                              Schwungrädern und selbst von Zahnrädern verwenden; man braucht dazu nur die Nabe
                              derselben nach einem sehr spitzen abgestumpften Kegel auszubohren, in welchen eine
                              äußerlich nach derselben Form abgedrehte und im Innern dem Wellendurchmesser
                              entsprechend ausgebohrte Hülse genau paßt; diese Hülse schneidet man dann der Länge
                              nach entzwei und erhält so einen conischen Doppelkeil. Diese Methode wird in Ronen
                              und auch in Verviers sehr häufig angewendet. (Mit Benutzung der deutschen
                              Industriezeitung, 1864, Nr. 47.)
                           
                              R. W.
                              
                           
                        
                     
                  
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