Titel: Echappement mit constanter Kraft, Tempometer genannt; von Bosio, Uhrmacher in Paris.
Fundstelle: Band 179, Jahrgang 1866, Nr. VII., S. 17
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VII. Echappement mit constanter Kraft, Tempometer genannt; von Bosio, Uhrmacher in Paris. Nach Armengaud'sGénie industriel, October 1865, S. 191. Mit Abbildungen auf Tab. I. Bosio's Echappement mit constanter Kraft. Der von Bosio construirte regulirende Mechanismus für Uhrwerke, mit dem Namen „Tempometer“ bezeichnet, hat den Zweck, die Stelle eines Echappements zu vertreten, ohne daß hierbei ein eigentliches Echappementrad benutzt wird. Vermöge dieser Anordnung soll es dem Pendel gestattet seyn, frei von den wesentlichsten Bewegungshindernissen und unabhängig von dem Räderwerke seine Schwingungen mit unveränderlicher Amplitude zu vollführen, da der Impuls, den es bei jeder Schwingung erfährt, in der Nähe der Verticalen, wo es ohnehin seine größte Geschwindigkeit erreicht, beständig mit derselben Kraft erfolgt. Dieser Impuls wird ihm durch ein Stück einer kleinen geneigten Ebene, die an dem Echappementhebel angebracht ist und bei jeder Doppelschwingung ausgelöst und sodann wieder in eine constante Ruhelage versetzt wird, beigebracht, während durch das Pendel die Auslösung indirect bewirkt und die übrigen Functionen durch das Räderwerk selbst besorgt werden. Diese neue Anordnung, welche sich der Erfinder in vielen europäischen Staaten patentiren ließ, soll mit Vortheil auf alle Arten von Uhren, – Gewichts-, Feder- und elektromagnetische Uhren – mag der Regulator ein Pendel oder eine Balance etc. seyn, angewendet werden können. Die Einrichtung des Tempometers ist in Fig. 26 und 27 versinnlicht; Fig. 26 stellt die an der rückwärtigen Platine befindliche Vorrichtung dar; Fig. 27 ist der Durchschnitt des Uhrwerkes nach der Richtung der Linie 1, 2. Die Pendelstange p ist bei g und g' beziehungsweise mit einem Auslösungs- und einem Echappementstifte versehen, von welchen jener auf indirectem Wege die Auslösung des Echappementhebels a zu besorgen hat, dieser aber von dem an dem Ende des letzteren angebrachten Stücke i dabei den Impuls empfängt. Um eine mit einem eigenen Lager versehene Achse, die bei n mit einer Spirale versehen ist, ist nämlich der mit den Federn d und d' verbundene Stab b drehbar; derselbe wird mittelst der Spirale n, wenn er aus seiner Ruhelage gebracht wird, in diese wieder zurückgeführt und durch den Begrenzungsstift o angehalten. In das bei b' angedeutete und an b befindliche Lager legt sich der Echappementhebel a mit seinem freien Ende in der normalen Stellung ein; dieser Hebel ist um eine Achse drehbar, welche in dem Lager a' sich befindet, und ist, wie es scheint, an seinem abgewendeten kurzen Arme mit einem Gegengewichte versehen, welches bei der Arretirung dieses Hebels mitzuwirken hat. Die Auslösungsvorrichtung des Echappementhebels befindet sich bei c, c'; um eine eigene Achse ist nämlich der Haken oder Kamm c drehbar, welcher mittelst des an ihm angebrachten Stiftes c' für den Hebel b ein Gelenk bildet, mit welchem er, wenn das Pendel im Sinne des Pfeiles (Fig. 26) sich bewegt, durch die Einwirkung, welche er hierbei von dem Stifte g erfährt, den Stab b seitwärts dreht; in diesem Falle wird sodann der Echappementhebel a ausgelöst und nimmt hierbei die in Fig. 26 angedeutete punktirte Lage an. Mit dem Stifte j legt sich nun dieser Echappementhebel auf das Ende des um eine eigene Achse drehbaren Hebels f, der mit Gegengewicht und Gegenfeder n versehen, mit seinem freien rechtwinkelig abgebogenen Ende e', durch die Platine P gehend, den Arm e anhalten kann, welcher an der Welle des Getriebes s sich befindet; letzteres greift in das Hemmungsrad r ein, das an seiner Oberfläche 10 Stifte trägt. Der Arm e ist hierbei in einem kreisförmigen Ausschnitte beweglich, der zu diesem Zwecke in der Platine P (Fig. 27) angebracht ist; durch einen bei x angedeuteten Ausschnitt geht die kurze Welle k bei der schwingenden Bewegung des Echappementhebels a, und dieser wird sohin nach jedem stattgehabten Anhalten des Räderwerkes und eingetretenen Impuls des Pendels durch Einwirkung eines der Stifte h des Rades r wieder in seine erste Lage zurückgeführt, um sich bei b' einzuhängen und hier so lange zu verbleiben, bis das Pendel eine Schwingung vollführt hat. Die Functionen der eben beschriebenen Anordnung sind beiläufig folgende: Denkt man sich das Pendel in die Lage p', p' versetzt und nun sich selbst überlassen, so wird es in einem dem Pfeile (Fig. 26) entgegengesetzten Sinne schwingen; bei dieser Schwingung wird bloß der Haken oder Kamm c versetzt, der aber sogleich durch die Einwirkung der Gegenfeder d wieder in seine vorige Ruhelage gebracht wird; eine Bewegung des Uhrwerkes kann also während dieser Oscillation nicht eintreten, da der Echappementhebel selbst in seiner normalen Ruhelage verharren muß, bis der Hebel b, b' in Drehung versetzt wird, das Uhrwerk selbst aber mittelst des Hebels f in der vorhin angedeuteten Weise so lange gehemmt bleibt, bis sein freies Ende durch das Abfallen des Echappementhebels a den Arm e verläßt, durch welchen jetzt das Getriebe s, also auch das zugehörige Rad r, das gleichsam hier die Stelle eines Echappementrades vertritt, gehemmt wird. Diese Pendelschwingung nennt der Erfinder die todte. Bei der nächsten Schwingung, bei welcher das Pendel nunmehr im Sinne des Pfeiles sich bewegt, wird gleich beim Zurückschwingen der Haken c von dem Stifte g ergriffen und entgegengesetzt wie vorher gedreht; hierbei muß er also bei c' auf den federnden Hebel b so einwirken, daß dieser den bei b' eingelagerten Echappementhebel a ausrücken läßt; dieser Hebel fällt also ab und wird sohin mittelst des an seinem freien Ende angebrachten Stückes i, das wie eine Lippe eines Ankerechappements hierbei functionirt, gegen den Stift g' stoßen, um so, nahezu in dem Augenblicke wo das Pendel durch die Verticale geht, diesem einen kurzen Impuls beizubringen, mit welchem dasselbe seine Bewegung fortsetzt, bis es wieder in der Mitte der nächsten Doppelschwingung dieselbe Anregung erfährt. Durch das Abfallen des Echappementhebels a verrichtet dieser aber noch eine zweite Function. Durch den Einfall j wird nämlich der Hebel f ebenfalls ausgerückt, der Arretirungsarm e des Triebwerkes wird also frei, letzteres kann daher die vorhin angegebene kurze Bewegung (bei welcher das Getriebe s zehn Umdrehungen macht, während das Echappementrad r deren nur eine vollzieht) annehmen, und bei dieser wird also auch das Zeigerwerk um das entsprechende Intervall vorwärts springen. Kommt dann während der kurzen Drehung des Rades r einer seiner Stifte mit der kurzen Welle k in Berührung, so wird, wie bereits erwähnt, der Echappementhebel a wieder gehoben, dieser drückt mittelst des Stückes i die Feder d' zurück, und so wird sein Einrücken bei b' wieder erfolgen müssen, da, wie erwähnt, der Hebel b mittelst der Spirale n hierbei wieder von selbst in die Ruhelage zurückgeführt wird, bei welcher a gehemmt ist. Gleichzeitig wird aber auch wieder der Hebel f frei; derselbe kann also ebenfalls seine Ruhelage annehmen, bei welcher sohin sein rechtwinkelig abgebogener Arm e' den Sperrarm e ergreift, um so das Uhrwerk wieder zu hemmen. Wie wir aus dieser vorliegenden Beschreibung also erkennen, bleibt das Uhrwerk während eines Hinganges des Pendels gehemmt, wird während des Herganges frei, und diese abwechselnden Phasen wiederholen sich, so lange das Pendel in Bewegung sich befindet, während letzteres gleichzeitig mit dem Beginne der Auslösung des Uhrwerkes immer wieder von Neuem seinen Impuls erfährt. Es kann nicht in Abrede gestellt werden, daß diese Anordnung den besten Echappements gegenüber eine sichere Grundlage für ihre Construction besitzt; kann die ganze Einrichtung so exact ausgeführt werden, daß jede der gedachten Functionen sicher in dem ihr zugehörigen Augenblicke verrichtet wird, so mag allerdings ein nicht unbedeutender Fortschritt durch die Erfindung von Bosio erzielt worden seyn.

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