| Titel: | Chemisch-technische Untersuchung der Gerstenmalzkeime; von Dr. Joh. Carl Lermer, Brau Techniker. | 
| Autor: | Johann Karl Lermer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. XXII., S. 71 | 
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                        XXII.
                        Chemisch-technische Untersuchung der
                           Gerstenmalzkeime; von Dr. Joh. Carl
                              Lermer, Brau Techniker.
                        Lermer, Untersuchung der Gerstenmalzkeime.
                        
                     
                        
                           Die Wurzelkeime, welche bei der Malzbereitung entstehen und nicht in weitere
                              Verwerthung beim Brauprocesse gezogen werden, weil sie nicht nur dem Biere eine
                              dunklere Farbe, sondern auch einen herben, kratzenden Geschmack verleihen würden,
                              finden ihre zweckmäßigste Ausnützung in der Anwendung als Futter- und
                              zuweilen auch als Dungmittel.
                           Im Folgenden theile ich die Untersuchung zweier Sorten Wurzelkeime mit, von denen
                              Sorte a aus ungarischer und Sorte b aus deutscher (niederbayerischer) Gerste herrührt, glaubend, daß
                              dieselbe vom chemischtechnischen Standpunkte aus beachtenswerth seyn dürfte.
                           100 Gewichtstheile der Keime enthielten:
                           
                              
                                 stickstofffreie Substanzen
                                 Sorte a)
                                 49,97
                                 Sorte b)
                                 65,71
                                 
                              
                                 stickstoffhaltige Substanzen
                                 
                                 32,40
                                    
                                 18,10
                                 
                              
                                 Wasser
                                     
                                 10,72
                                 
                                 10,00
                                 
                              
                                 Aschenbestandtheile
                                     
                                 6,91
                                 
                                 6,19
                                 
                              
                           Die Untersuchung der Aschen-Bestandtheile gab folgende Resultate:
                           
                              
                                 Kali
                                 Sorte a)
                                 22,53
                                 Sorte b)
                                 35,02
                                 
                              
                                 Natron
                                 
                                 3,44
                                 
                                 1,86
                                 
                              
                                 Kalk
                                 
                                 4,33
                                 
                                 2,75
                                 
                              
                                 Magnesia
                                 
                                 3,73
                                 
                                 3,14
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 
                                 1,06
                                 
                                 0,45
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 
                                 1,72
                                 
                                 2,25
                                 
                              
                                 Chlor
                                 
                                 6,82
                                 
                                 8,00
                                 
                              
                                 Schwefelsäure
                                 
                                 2,48
                                 
                                 3,33
                                 
                              
                                 Phosphorsäure
                                 
                                 29,21
                                 
                                 30,64
                                 
                              
                                 Kieselsäure
                                 
                                 24,43
                                 
                                 12,30
                                 
                              
                                 Kohlensäure
                                 
                                 0,91
                                 
                                 –
                                 
                              
                           Auffällig in beiden Analysen erscheinen die großen Differenzen an Stickstoffgehalt,
                              was seinen Grund sowohl in der Verschiedenheit der zum Malzen verwendeten
                              Materialien, als auch in der der Malzbereitung selbst haben mag. Die Keimdauer der
                              ungarischen Gerste war nämlich 11 Tage, während die der deutschen, bei viel mehr
                              Weiche (gegen 45 Proc. Wassergehalt) nur 6 Tage betrug.
                           Der Wassergehalt von 10 Proc. in beiden Sorten kann noch klein genannt werden, da die
                              Würzelchen als sehr hygroskopische Substanzen oft gegen 20 Proc. und mehr zeigen.
                              Der verhältnißmäßig hohe Stickstoffgehalt der Würzelchen macht dieselben zu einem wichtigen
                              Nahrungsmittel für Arbeitsthiere; und der nicht unbeträchtliche Aschengehalt
                              hiervon, welcher vorzüglich Alkalien und Phosphorsäure enthält, charakterisirt die
                              Würzelchen ebenfalls als gutes Dungmittel, welches man gerne auf Wiesen und Felder
                              mit nassem Grunde verwendet.
                           In vielen Mälzereien, wo man das Malz oft mehrere Monate lang aufzuspeichern hat,
                              wird dasselbe gewöhnlich mit einer circa 1/2' hohen
                              Schicht Wurzelkeime überdeckt, um es gegen das Eindringen von Luft und Feuchtigkeit
                              zu schützen, da das Malz als solches weit mehr geneigt ist, Wasser in seine, durch
                              das Mälzen erweiterten Zwischenräume (Poren) aufzunehmen.
                           Welche Nachtheile das der Luft längere Zeit ausgesetzte Malz durch Einwirkung
                              genannter Atmosphärilien erleidet, und welch' schädlichen Einfluß hinwiederum
                              solches Malz auf das aus ihm bereitete Bier bei der Hauptgährung sowohl, als im
                              fertigen Producte geltend macht, ist wohl hinlänglich jedem aufmerksamen Brauer
                              bekannt.
                           Das Malz erleidet nämlich durch die Natur seines eiweißartigen Körpers in solch
                              feuchtem Zustande eine Art Fäulniß, so wie eine Veränderung seiner Fette, wodurch
                              dann der Geschmack des Bieres wesentlich beeinträchtigt wird. Ein Vergleich zwischen
                              Bier aus altem, und Bier aus frisch bereitetem Malze thut dieß auffallend dar.
                           Wird nun eine Schicht Wurzelkeime als schützende Decke bei Aufbewahrung des Malzes
                              verwendet, wie dieß in vielen Mälzereien üblich ist, so ist wohl das Malz gegen das
                              erste Eindringen von Luft und Feuchtigkeit geschützt, weil die Würzelchen zuerst die
                              Feuchtigkeit absorbiren; nach einiger Zeit jedoch geben sie unter dieser Schutzdecke
                              immer etwas Feuchtigkeit an das Malz ab, und zwar in dem progressiven Maaße, als
                              dasselbe lange zu lagern hat, und dann auch nach Art und Weise, wie die Malzspeicher
                              vor Luftwechsel geschützt sind.
                           Zweckmäßig wird das Malz aufbewahrt, wenn es von der Darre weg, nach sorgfältiger
                              Reinigung von den Würzelchen, sogleich in eigens dazu gebaute, große, gut
                              verschließbare und vor jedem Luftwechsel geschützte, hölzerne Kästen gebracht
                              wird.
                           Um einen anschaulichen Begriff von dem Eindringen der Luft und Feuchtigkeit in einen,
                              nur mit Würzelchen überdeckten Malzhaufen zu geben, theile ich hier folgenden, von
                              mir angestellten Versuch mit.
                           Der Malzhaufen war 1/2' hoch mit Würzelchen bedeckt und hatte so bereits 4 Monate
                              gelegen.
                           
                           
                              
                                 Die Keime an der Oberfläche zeigten
                                 10,73 Proc.
                                 Wasser
                                 
                              
                                 das Malz unter denselben
                                   7,83    „
                                 „
                                 
                              
                                 1' tiefer
                                   6,20    „
                                 „
                                 
                              
                                 2'    „
                                   5,66    „
                                 „
                                 
                              
                                 4'    „
                                   3,97    „
                                 „
                                 
                              
                                 7'    „
                                   3,44    „
                                 „
                                 
                              
                           In einer Tiefe von 4' in dem Malzhaufen hatte keine Wasser-Absorption mehr
                              stattgefunden, denn das Malz enthält von der Darre weg gewöhnlich selbst noch
                              3–3 1/2 Proc. Feuchtigkeit.
                           ––––––––––
                           Was nun die weitere Erforschung der Constitution der Malzkeime betrifft, so fühlte
                              ich mich um so mehr dazu aufgefordert, als in dieser Beziehung bis jetzt noch gar
                              keine Untersuchungen vorliegen; denn was Ritthausen und
                              Scheven,Journal für praktische Chemie, 1856, Bd. LXVI S. 311. sowie Stein
                              Polytechnisches Centralblatt, 1860 S. 481. über die Malzkeime veröffentlicht haben, erstreckt sich nicht weiter als auf
                              die oben im Eingange erörterten allgemeinen Verhältnisse von stickstofffreier und
                              stickstoffhaltiger Substanz in denselben und auf eine Aschenanalyse.
                           Die nachfolgenden Arbeiten wurden z. Th. mit bedeutendem Aufwande an Material
                              ausgeführt und nahmen viel Zeit in Anspruch, wurden dafür aber auch mit einigen
                              recht interessanten Resultaten belohnt.
                           
                        
                           a) Destillation der Malzkeime mit Wasser.
                           Ungefähr 50 Pfund derselben wurden im Beindorf'schen
                              Apparate mit Wasser einer Dampfdestillation unterworfen und circa 8 Maaß Flüssigkeit abgezogen.
                           Während der Destillation entwickelte sich ein unangenehmer, durchdringender Geruch
                              von Fettsäuren, der an denjenigen stickstoffhaltiger, theilweise in Zersetzung
                              übergegangener Flüssigkeiten erinnerte. Bleipapier, vor die Oeffnung des
                              Destillations-Rohres gehalten, wurde sogleich schwarzbraun, was Anwesenheit
                              von Schwefelwasserstoff beweist.
                           Das Destillat reagirte stark sauer; blaues Lackmus-Papier wurde davon
                              zwiebelroth gefärbt. Bei der Sättigung des Destillates mit Natron bekam dasselbe
                              einen Stich in's Gelbliche. Beim Concentriren wurde die Flüssigkeit allmählich
                              dunkelbraun und es setzte sich daraus nach starkem Einengen in der Kälte eine
                              dunkelfarbige Salzmasse ab, die nach dem Abfiltriren wieder klar in warmem Wasser
                              löslich war.
                           
                           Diese Lösung reagirte sehr schwach alkalisch, ließ sich nicht filtriren und erstarrte
                              zu einer seifenartigen Masse. Beim Erwärmen und Zersetzen derselben mit
                              Schwefelsäure schied sich eine braune, fette Säure aus, die bei niederer Temperatur
                              zur Butterconsistenz erstarrte. Zur weiteren Ermittelung ihrer Eigenschaften war die
                              Quantität zu gering.
                           Das von der salzigen Masse erhaltene Filtrat wurde mit Schwefelsäure der Destillation
                              unterworfen; das Destillat war stark sauer und roch eigenthümlich nach Essigsäure
                              und den ihr nahestehenden, flüchtigen Säuren. Nach dem Sättigen des Filtrates mit
                              kohlensaurem Baryt und spontanem Verdunsten schieden sich nadelförmige Krystalle
                              aus, welche mit concentrirter Schwefelsäure behandelt, sehr deutlich den Geruch der
                              Essigsäure entwickelten.
                           Zu weiterer Constatirung wurde die krystallisirte Masse getrocknet und lieferte
                              folgende Werthe:
                           
                              
                                 Barytsalz bei 100° getrocknet
                                   0,625
                                 
                              
                                 schwefelsauren Baryt
                                   0,576
                                 
                              
                                 in 100 Th. enthaltener Baryt
                                 60,6
                                 
                              
                           Dieser Barytgehalt entspricht dem des essigsauren Baryts.
                           Die vom essigsauren Baryt abfiltrirte Flüssigkeit lieferte bei weiterer Verdunstung
                              Krystalle, die mit Schwefelsäure kaum mehr Essigsäure, dagegen entschieden
                              Ameisensäure und Propionsäure durch den Geruch zu erkennen gaben, und wurde
                              salpetersaure Quecksilberoxydul-Lösung von der Lösung der zweiten
                              Krystallisation reducirt.
                           Die noch geringe Menge Mutterlauge reducirte gleichfalls
                              Quecksilberoxydul-Lösung, und entwickelte ebenso den an Ameisen- und
                              Propionsäure erinnernden Geruch.
                           0,312 Grm. der eingetrockneten Masse gaben mit Schwefelsäure behandelt 0,182 Grm.
                              Baryt = 58,2 Proc. Die Salzmasse war demnach ein Gemenge von essigsaurem,
                              ameisensaurem und wahrscheinlich auch von propionsaurem Baryt.
                           Somit enthielt das wässerige Destillat der Malzkeime 4 Säuren, eine Fettsäure und drei andere Säuren, nämlich: Essig-, Ameisen- und Propionsäure.
                           
                        
                           b) Malzkeim-Decoct.
                           Die nach der Destillation im Beindorf'schen Apparate
                              verbliebene Flüssigkeit besaß eine dunkelbraune Farbe, dickflüssige Beschaffenheit,
                              und reducirte alkalische Kupferlösung stark; sie wurde mit 95 Proc. Alkohol gefällt.
                              Der mit Alkohol gefällte Theil war eine sehr dehnbare schwarzbraune, plastische
                              Masse, zeigte unter dem Mikroskope in der flockigen Ausscheidung vierseitige Säulen
                              von phosphorsaurem Kalk, und löste sich bis auf einen kleinen Rückstand leicht in Wasser. Die
                              wässerige Lösung enthielt Kalk, Magnesia, Schwefelsäure, Phosphorsäure und Chlor,
                              und die durch Alkohol fällbaren, bräunlichen, organischen Substanzen, Gummi etc. Der
                              in Wasser unlösliche Antheil bestand nur aus dem oben erwähnten krystallinischen
                              phosphorsauren Kalke. Bei 110° C. getrocknet, hatte die alkoholische
                              Ausfällung ein dem Bierextracte ähnliches Aussehen; sie hinterließ 25,9 Proc. Asche,
                              welche alkalisch reagirte, mit Säuren kaum brauste, und außer Spuren von Magnesia,
                              Schwefelsäure und Chlor, vorzüglich Kalk und Phosphorsäure enthielt.
                           Die alkoholische, tiefbraune Flüssigkeit wurde zur Entfernung des Alkohols stark
                              eingeengt und dann wieder mit Wasser auf das vorige Volumen gebracht. Sie röthete
                              stark das Lackmus-Papier und hatte einen schwach bitteren Geschmack. Mit
                              Ammoniak entstand darin kein Niederschlag; essigsaures Bleioxyd erzeugte einen sehr
                              voluminösen, schmutzig gelbweißen Niederschlag, der sich bei der Behandlung mit
                              Essigsäure nur theilweise löste, der unlösliche Theil ergab sich als ein Gemenge von
                              humussaurem, schwefelsaurem und phosphorsaurem Bleioxyd.
                           Die essigsaure Lösung ließ auf Zusatz von Ammoniak einen flockigen, schmutzig
                              gelbbraunen Niederschlag fallen, welcher nach dem Zersetzen mit Schwefelwasserstoff
                              eine Flüssigkeit lieferte, die mit Ammoniak keinen, mit Kalkwasser beim Erwärmen
                              einen gelblich braunen Niederschlag und mit Eisenchlorid eine dunkle Färbung und
                              graugrünliche Trübung hervorbrachte. Der Rest dieser Flüssigkeit hinterließ beim
                              Abdampfen ein bräunliches, bitter und zusammenziehend schmeckendes, in Alkohol
                              leicht lösliches Extract. Der in Essigsäure lösliche Antheil des mit Bleizucker
                              erhaltenen Niederschlags enthielt mithin wesentlich eisengrünende Gerbsäure (an Bleioxyd gebunden).
                           Die, von dem durch essigsaures Bleioxyd erhaltenen Niederschlage abfiltrirte,
                              hellgelbe Flüssigkeit lieferte beim Sättigen mit Ammoniak einen hell bräunlichen
                              Niederschlag, der sich in Essigsäure vollständig löste. Dieser Niederschlag erwies
                              sich nach dem Zersetzen mit Schwefelwasserstoff als eisengrünende Gerbsäure und Gummi, denn beim Behandeln des Extractes mit Alkohol
                              blieb ein Theil ungelöst, der geschmacklos, amorph, zu einer spröden Masse
                              austrocknete.
                           Das vom Bleiniederschlage getrennte und mit Ammoniak ausgefällte Filtrat wurde mit
                              kohlensaurem Ammoniak vom noch darin befindlichen Bleie befreit, zur Syrupconsistenz
                              abgedampft und mit Wasser verdünnt. Ein Theil dieser Flüssigkeit, mit Hefe versetzt,
                              kam in Gährung und das entweichende Gas trübte Kalkwasser; sie enthielt somit Zucker. Eine quantitative Bestimmung mittelst Fehling'scher Kupferlösung in einem wässerigen Wurzelkeimdecocte
                              – (die Keime wurden vorher sorgfältigst von Malzkörnern befreit und
                              gewaschen) – ergab 1,04 Proc. Zucker in der lufttrockenen Substanz.
                           Ein anderer Theil der Flüssigkeit mit frisch gefälltem kohlensauren Zinkoxyd digerirt
                              und abfiltrirt, bildete nach einigen Tagen eine Kruste, welche die Eigenschaften und
                              Zusammensetzung des milchsauren Zinkoxydes besaß.
                           Ein Theil des Wurzelkeimdecoctes zur Syrupconsistenz abgedampft, lieferte nach
                              einigen Tagen eine, an den Glaswänden haftende Kruste, welche unter dem Mikroskope
                              feine prismatische Krystalle vom Ansehen des Asparagins
                              zeigte. Nach dem Dialysiren und öfteren Umkrystallisiren wurden dieselben ganz weiß
                              und in größeren, wasserhellen rhombischen Säulen erhalten; sie waren hart, von
                              kühlendem Geschmacke, schmolzen in höherer Temperatur unter starker Entwicklung von
                              Ammoniak, verbrannten vollständig und lösten sich schwer in kaltem Wasser und
                              wässerigem Weingeist, leicht in heißem Wasser, waren hingegen unlöslich im absoluten
                              Alkohol, Aether und ätherischen Oelen. Die bei 100° C. getrockneten Krystalle
                              lieferten 18,56 Proc. Stickstoff – eine weitere Bestätigung der Identität
                              derselben mit dem Asparagin.
                           Bei längerem Stehen der syrupdicken Flüssigkeit erhält man kein Asparagin mehr,
                              sondern asparaginsaure Magnesia.
                           Eine andere Partie des Malzkeim-Decocts wurde mit basisch-essigsaurem
                              Blei gefällt, der Niederschlag mit Schwefelwasserstoff zerlegt, das Schwefelblei
                              abfiltrirt und das Filtrat eingeengt.
                           Diese Flüssigkeit gab mit Alkalien keinen Niederschlag, mit Alkohol eine schwache
                              Ausscheidung, mit Ammoniak, Chlorammonium und schwefelsaurer Magnesia sehr
                              bedeutende krystallinische Ausscheidung, mit Chlorbaryum geringe Ausscheidung.
                              Eisenchlorid verdunkelte die Flüssigkeit in's Grünliche (eisengrünende Gerbsäure),
                              Kalkwasser bis zur alkalischen Reaction zugesetzt bewirkte einen sehr starken
                              Niederschlag, größtentheils wieder löslich in Essigsäure (Spur Oxalsäure).
                           Eine größere Menge dieser Flüssigkeit wurde mit Aether extrahirt. Die dadurch
                              erhaltene gelbliche, ätherische Lösung hinterließ nach dem Abdestilliren und
                              spontanen Verdunsten in der gelblichen Flüssigkeit körnige Krystalle; diese lösten
                              sich leicht und klar im Wasser, die Lösung reagirte stark sauer, enthielt eine
                              organische Säure, reagirte aber auch schwach auf Phosphorsäure. Die Phosphorsäure
                              wurde mittelst Baryt entfernt und das Filtrat mit essigsaurem Blei gefällt. Der
                              dadurch erhaltene, gewaschene und getrocknete Niederschlag war von weißlich gelber
                              Farbe, löste sich nicht in kochendem Wasser und entwickelte, in einer Glasröhre erhitzt, unter
                              gleichzeitiger Schwärzung, saure Dämpfe. Bei 110° getrocknet enthielt
                              derselbe 66,52 Proc. Bleioxyd, was der Zusammensetzung des
                              dreibasisch-citronensauren Bleioxyds am nächsten kommt. Mit
                              Schwefelwasserstoff zersetzt, gab das erhaltene Filtrat mit Kalkwasser in der Wärme
                              eine starke Trübung, die aber in der Kälte wieder verschwand. Die Flüssigkeit
                              enthielt somit Citronensäure.
                           Der mit Aether behandelte, noch sehr saure Syrup schied beim Schütteln mit Alkohol
                              nur wenige tiefbraune Flocken ab. Die abfiltrirte Flüssigkeit gab mit Kalkwasser
                              einen Niederschlag; derselbe bestand wesentlich aus phosphorsaurem Kalk.
                           Das Filtrat gab mit essigsaurem Bleioxyd einen weißlich gelben Niederschlag; dieser
                              bei 110° getrocknet enthielt 50 Proc. Bleioxyd. Eine Probe des
                              Bleiniederschlages mit Schwefelwasserstoff zersetzt, filtrirt und eingeengt, zeigte
                              das Filtrat bei spontanem Verdunsten kleine, rhombische Krystalle. Diese blähten
                              sich beim Erhitzen stark auf unter Entwickelung eines hornartigen Geruches, was auf
                              Asparaginsäure deutet und womit auch die Krystallform
                              übereinstimmt.
                           Die Prüfung auf andere Bestandtheile, respective Säuren, ergab negative
                              Resultate.
                           Die vom essigsauren Bleioxyd-Niederschlage abfiltrirte Flüssigkeit, mittelst
                              Schwefelwasserstoff vom Blei befreit und eingeengt, zeigte schwach saure Reaction,
                              mit reinen und kohlensauren Alkalien keine sichtbare Reaction;
                              Phosphor-Molybdänsäure erzeugte nur schwache Trübung, die aber sowohl durch
                              Säuren als Alkalien wieder verschwand.
                           Eine größere Probe dieser Flüssigkeit wurde eingeengt und mit Aether extrahirt, der
                              Auszug enthielt nur ein amorphes Harz.
                           Diese wässerige Flüssigkeit gab mit Phosphor-Molybdänsäure abermals einen
                              Niederschlag, der wiederum in Säuren, selbst Essigsäure und in Alkalien sich löste.
                              Eine Probe dieses Niederschlags mit kohlensaurem Baryt zusammengerieben, getrocknet,
                              gepulvert, dann mit Alkohol extrahirt und verdunstet, blieb ein ganz geringer,
                              schwach salzig schmeckender krystallinischer Rückstand, der also jedenfalls nicht
                              alkaloidischer Natur war.
                           Das mit Aether behandelte Extract wurde noch mit Alkohol ausgezogen, und die
                              erhaltene braungelbe Flüssigkeit durch Destillation vom Alkohol befreit. Der
                              Destillationsrückstand enthielt Zucker, welcher durch
                              Gährung und Verdampfen der gegohrenen Flüssigkeit beseitigt wurde. Eine Probe dieser
                              eingeengten Flüssigkeit gab mit neutralem Zinkchlorid selbst nach dem Einengen und
                              längerem Stehen keine krystallinische Abscheidung; folglich Abwesenheit von
                              Milchsäure. Der Rest der Flüssigkeit zeigte auf Zusatz von
                              Phosphor-Molybdänsäure keine sichtbare Reaction; er wurde zur Trockene gebracht und mit
                              Chloroform behandelt. Dieses nahm eine gelbliche Farbe an und hinterließ beim
                              Verdunsten einen äußerst geringen Rückstand von schmieriger Beschaffenheit und sehr
                              bitterem Geschmack.
                           
                        
                           c) Aetherischer Auszug der Malzkeime.
                           Ungefähr 6 Pfund Malzkeime wurden wiederholt mit Aether digerirt. Die nach dem
                              Abdestilliren der vereinigten ätherischen Auszüge zurückgebliebene Flüssigkeit war
                              braungelb und zeigte starke Fluorescenz. Es hatten sich darin eine Menge kleiner
                              mikroskopischer Krystalle ausgeschieden, welche beim Bewegen der Flüssigkeit einen
                              hübschen schillernden Glanz gaben. Zur Entfernung der letzten Spuren Aether wurde
                              diese Flüssigkeit weiter verdunstet, der Rückstand mit Wasser digerirt und
                              filtrirt.
                           Auf dem Filter blieb eine dunkelbraune Masse von teigiger Consistenz. Weingeist von
                              80 Proc. löste dieselbe in der Kälte zum Theil auf.
                           Das alkoholische Filtrat war von dunkelbrauner Farbe, saurer Reaction und sehr
                              bitterem Geschmacke. Beim Verdunsten des Alkohols hinterblieb ein harziger
                              Rückstand, der aber zu wenig betrug, um eine weitere Untersuchung mit demselben
                              anzustellen.
                           Der vom kalten 80procentigen Weingeist ungelöst gebliebene Theil des braunen Teiges
                              wurde mit 94procentigem heißen Weingeist digerirt, welcher bis auf wenig fettes Oel
                              Alles vollständig löste.
                           Aus der filtrirten, alkoholischen, braunen Lösung schieden sich nach längerem Stehen,
                              nebst Wachs, zahlreiche glänzende Flitter aus, die bei
                              nochmaliger Umkrystallisirung aus Alkohol kleine, weiße, perlmutterglänzende
                              Blättchen darstellten, welche bei 137° schmolzen, in einer unten
                              geschlossenen Röhre unverändert sublimirten, an der Luft wie Fett verbrannten, sich
                              leicht in Alkohol lösten und von ätzenden Alkalien nicht angegriffen wurden. Dieses
                              Verhalten, sowie auch die mikroskopische Untersuchung stimmt mit dem des Cholesterins überein.
                           Aus dem Alkohol, woraus das Cholesterin zunächst krystallisirt war, schieden sich bei
                              längerem Stehen noch einige Flimmerchen derselben Substanz, und durch Verdunsten
                              erhielt man eine weiche, ziemlich braune Masse, Gemenge von fettem Oel, Harz, Cholesterin und grünem
                                 Farbstoff.
                           Die durch Behandeln des ätherischen Extractes der Malzkeime mit Wasser erhaltene
                              Flüssigkeit war tief gelbbraun, roch eigenthümlich, wie keimende Gerste auf der
                              Malztenne, reagirte stark sauer und schmeckte sauer und bitter. Weiter eingeengt,
                              setzten sich noch eine geringe Menge Harz und sehr kleine mikroskopische
                              nadelförmige Krystalle daraus ab, welche, in einer unten geschlossenen Röhre sublimirt,
                              sauer reagirten und wie Bernsteinsäure schmeckten.
                           Von Reagentien bewirkten Ammoniak nach einiger Zeit eine flockige Abscheidung,
                              Eisenchlorid eine dunkle Färbung und Bleizucker einen starken gelbweißen
                              Niederschlag.
                           α) Die ganze wässerige Flüssigkeit wurde mit
                              essigsaurem Bleioxyd gefällt und der Niederschlag mit concentrirter Essigsäure
                              behandelt, wobei ein Theil ungelöst blieb, welcher aus phosphorsaurem und
                              schwefelsaurem Bleioxyd bestand.
                           Das essigsaure Filtrat ließ beim Sättigen mit Ammoniak einen hellgelben Niederschlag
                              fallen, der gewaschen und mit Schwefelwasserstoff zerlegt wurde. Das vom
                              Schwefelblei getrennte Filtrat reagirte schwach auf eisengrünende Gerbsäure und hinterließ beim Verdunsten einen gelblichen
                              Syrup, der sehr sauer und schwach zusammenziehend schmeckte, und durch Kalkwasser
                              auch beim Erwärmen sich nicht trübte, was auf Anwesenheit von Aepfelsäure deutet.
                           β) Die von dem in α) erhaltenen Bleiniederschlage getrennte, schmutzig gelbe
                              Flüssigkeit gab beim Sättigen mit Natron einen bräunlich gelben Niederschlag,
                              welcher ebenfalls eisengrünende Gerbsäure und Aepfelsäure enthielt.
                           γ) Das in β)
                              erhaltene Filtrat wurde von dem noch darin befindlichen Bleie durch Zusatz von
                              verdünnter Schwefelsäure befreit.
                           Eine Probe dieser Flüssigkeit gab mit alkalischer Kupfervitriol-Lösung die Traubenzucker-Reaction.
                           Ein anderer Theil der Flüssigkeit, mit frisch gefälltem, kohlensaurem Zink behandelt,
                              gab beim Einengen und längerem Stehen der Flüssigkeit eine Salzkruste aus
                              mikroskopischen Krystallen vom Habitus des milchsauren Zinkoxyds. Durch Fällen der
                              umkrystallisirten Salzmasse mit kohlensaurem Natron in der Siedhitze wurden 27,26
                              Proc. Zinkoxyd erhalten, welcher Zinkgehalt dem des milchsauren Zinkoxydes mit 3
                              Atomen Wasser entspricht, wodurch die Gegenwart von Milchsäure erwiesen ist.
                           –––––––––
                           Durch die vorstehende Untersuchung ist in den Malzkeimen die Gegenwart einer
                              bedeutenden Anzahl von organischen Bestandtheilen constatirt worden, nämlich nicht
                              weniger als elf Säuren und neun sogenannte indifferente Stoffe:
                           
                           
                              
                                 Säuren.
                                 Indifferente Stoffe.
                                 
                              
                                 Aepfelsäure
                                         Asparagin
                                 
                              
                                 Ameisensäure
                                         Bitterstoff
                                 
                              
                                 (Asparaginsäure)
                                        Cholesterin
                                 
                              
                                 Bernsteinsäure
                                        grüner Farbstoff
                                 
                              
                                 Citronensäure
                                        fettes Oel
                                 
                              
                                 Essigsäure
                                        Gummi
                                 
                              
                                 eine fette Säure
                                        Harz
                                 
                              
                                 eisengrünende Gerbsäure
                                        Wachs
                                 
                              
                                 Milchsäure
                                        Zucker.
                                 
                              
                                 Oxalsäure
                                 
                                 
                              
                                 Propionsäure
                                 
                                 
                              
                           Unter diesen konnten einige schon im Voraus vermuthet werden und nehmen daher kein
                              besonderes Interesse in Anspruch; andere dagegen erscheinen unerwartet und verdienen
                              aus diesem Grunde Beachtung.
                           Mit Ausnahme der Asparaginsäure glaube ich alle übrigen in den Malzkeimen gefundenen
                              Stoffe als darin präexistirend annehmen zu dürfen. Die Asparaginsäure, ein
                              Umwandlungsproduct des Asparagins, wurde wahrscheinlich erst in den Auszügen
                              erzeugt, denn sie kommt nicht früher als mit dem Verschwinden des Asparagins zum
                              Vorschein, und zwar als Magnesiasalz, letzteres offenbar dadurch erzeugt, daß das
                              aus dem Asparagin zunächst hervorgegangene asparaginsaure Ammoniak sich mit irgend
                              einem leichtlöslichen Magnesiasalze umsetzte.
                           Einige Stoffe konnten, wegen ihrer geringen Menge und wegen ihres wenig
                              charakteristischen Verhaltens, vorläufig nur als vorhanden bezeichnet werden, wie
                              z.B. der Bitterstoff, der grüne Farbstoff, das Harz. Sie werden aber bei meinen
                              fortgesetzten Studien über die Materialien und Producte des
                              Bierbrauerei-Betriebes nicht außer Acht bleiben.