| Titel: | Neues Photo-Reliefdruck-Verfahren in halbdurchsichtiger Manier; von Walter Woodbury. | 
| Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. XXXVIII., S. 138 | 
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                        XXXVIII.
                        Neues Photo-Reliefdruck-Verfahren
                           in halbdurchsichtiger Manier; von Walter Woodbury.
                        Aus den Berliner photographischen Mittheilungen, 1865, Nr.
                              21.
                        Woodbury's Photo-Reliefdruck-Verfahren.
                        
                     
                        
                           Die erste Arbeit bei diesem ProcesseDie Redaction unserer Quelle, welche eine Probe dieses Druckverfahrens aus
                                    England erhielt, bemerkt, daß dieselbe ihre Erwartungen weit übertrifft.A. d. Red. ist die Zubereitung der Gelatine, welche in den folgenden Verhältnissen
                              gemischt werden muß:
                           
                              
                                 Gelatine
                                 2
                                 Unzen
                                 
                              
                                 weißer Zucker
                                 3/4
                                 „
                                 
                              
                                 Wasser
                                 6
                                 „
                                 
                              
                           Ist dieß gut gemischt und bei sanfter Wärme aufgelöst, so wird es durch ein Stück
                              feinen Musselin filtrirt; benutzt man eine Gelatine in Stückchen, der Hausenblase
                              ähnlich, so ist ein Abklären mit Eiweiß nicht nothwendig, da dieselbe eine
                              vollkommen klare Lösung allein durch Filtriren gibt.
                           Man soll davon nicht mehr bereiten, als man während 8 Tagen verbrauchen kann, da die
                              Mischung nach dieser Zeit zu schimmeln anfängt und zum Gebrauche untüchtig wird.
                           Kurz vor dem Gebrauche löst man die Gelatine, indem man das Gefäß in heißes Wasser
                              bringt und mischt in folgenden Verhältnissen:
                           
                              
                                 Gelatine- und Zuckerlösung
                                 4
                                 Unzen
                                 
                              
                                 von einer 60gränigen Lösung von
                                        doppeltchromsaurem Ammoniak
                                 1
                                 Unze.
                                 
                              
                           Will man eine Form herstellen, welche nur leichtes Relief zeigt, so kann ein klein
                              wenig Farbe zugegeben werden, doch ist für den allgemeinen Gebrauch die Farbe des
                              doppelt-chromsauren Salzes ausreichend, um ein zu tiefes Eindringen der
                              Lichtstrahlen zu verhüten. Diese Lösung muß nach sorgfältiger Mischung wieder
                              filtrirt werden und ist dann zum Uebergießen fertig.
                           Man nimmt eine Glasplatte und belegt sie mit Stücken Talk von der erforderlichen
                              Größe, indem man einfach die Platte naß macht und das überflüssige Wasser
                              abschwenkt, worauf dann die Talkstücke fest an dem Glase haften werden.Bewußte Stelle ist in der Originalmittheilung von W. unklar.
                              
                           Hat man die Oberfläche gereinigt und auf einer Wasserwaage horizontal gestellt, so gießt man die
                              Gelatine mit dem doppelt chromsauren Salz auf und läßt sie über die ganze Platte
                              sich verbreiten, ohne aber etwas abzugießen. Für eine Platte von 12 × 15 Zoll
                              wird die oben angegebene Menge ausreichen. Ueber Nacht wird die Platte dann in gutem
                              Zustande seyn und sich vollständig gesetzt haben; zum völligen Trocknen würden zwei
                              bis drei Tage gehören, dann aber die Gelatine selbst in dem heißesten Wasser
                              unlöslich geworden seyn.
                           Zum weiteren Gebrauche wird nun die Gelatine mit einem scharfen Messer rund um die
                              Kanten der Talkstücke abgeschnitten und von dem Glase abgenommen. Die Talkoberfläche
                              wird nun abgewischt und die Stücke mit dem Negativ in Berührung gebracht, wobei sie
                              hinten mit einer Glasplatte bedeckt werden. Das Ganze wird nun durch Gummibänder
                              zusammengehalten und ist zum Exponiren fertig.
                           Collodium kann auch statt des Talkes als Unterlage genommen werden, aber der Erfolg
                              mit demselben ist oft sehr unerwünscht, da es bei dem Abtrennen der Gelatine von dem
                              Negativ öfter vorkommt, daß die Collodiumhaut desselben mit abgeht und so oft
                              werthvolle Negative verdorben werden.
                           Wir kommen nun zum Exponiren. Würde das Negativ mit den zugehörigen Talkplättchen in
                              das Licht gestellt, so würde ein unvollkommenes Bild entstehen, da das Licht unter
                              sehr verschiedenen Winkeln auf das Bild fällt; deßhalb müssen andere Mittel
                              angewendet werden. Hat man ein Dunkelzimmer, welches nach Süden geht und kein
                              anderes Licht hereinläßt, als dasjenige, welches durch eine Sammellinse fällt, so
                              werden die Negative ungefähr 18 Zoll jenseit des Brennpunktes aufgestellt; dieß
                              macht die Bilder auf der Vorder- und Hinterseite der Gelatineschicht gleich
                              scharf. Die gewöhnliche Solarcamera würde sehr gut zu diesem Zwecke dienen. Die
                              Exposition hängt hauptsächlich von der Entfernung ab, in welche die Negative von dem
                              Brennpunkt der Sammellinse gebracht werden; bei sehr heißem Wetter ist die Hitze in
                              einer Entfernung von 12 Zoll so groß, daß die Gelatine weich wird und herunterläuft,
                              wobei das Negativ sehr leicht zerstört werden kann. Besser ist es schon, ein solches
                              Risico zu vermeiden, und die Entfernung von der Sammellinse zu vergrößern. Dadurch
                              ist nichts verloren, da die größere Entfernung, wenn sie auch die Exposition länger
                              macht, auch den Lichtkreis vergrößert und eine größere Anzahl von Drucken auf einmal
                              zu exponiren gestattet. Nach meinen Erfahrungen habe ich gefunden, daß mit einem
                              Negativ von gewöhnlicher Stärke in einem Abstande von 18 Zoll hinter dem Brennpunkt,
                              eine Belichtung von 1 bis 1 1/2 Stunden genügend ist. Erfahrung allein kann die
                              richtige Zeit bestimmen; doch ist ein geringes Mehr oder Weniger von keinem Belang, da die Wirkung nur
                              tiefer in die Gelatine eindringt und ungefähr dasselbe Resultat gibt.
                           Nach der Belichtung wird der Talk mit der Gelatine in eine Schale mit heißem Wasser
                              gebracht (so warm, als die Hand es vertragen kann), welches sehr schnell die vom
                              Licht nicht afficirten Theile auflöst. Durch rechtzeitiges Wechseln des Wassers,
                              wenn es kalt geworden ist, kann dieß in ungefähr 10 Minuten vollendet werden.
                           Sollen die Reliefplatten nicht sofort weiter benutzt werden, so muß man sie an einem
                              feuchten Ort aufbewahren, denn wenn sie in einem warmen Zimmer liegen, werden sie
                              kraus und die Gelatine trennt sich von dem Talk los.
                           Wir kommen jetzt zu einem wichtigen Theile des Processes, nämlich dem, eine harte
                              Druck- oder Gießform zu bereiten, welche das Umgekehrte der Gelatineform ist.
                              Dieß kann auf verschiedene Arten geschehen, deren jede ihre eigenthümlichen
                              Vortheile hat. Ich will jetzt diejenigen beschreiben, welche ich als die besten
                              gefunden habe.
                           Erstens: durch Galvanoplastik. – Zur Ausführung derselben muß die
                              Relief-Talkfläche auf einer Tafel von Spiegelglas befestigt werden; anderes
                              Glas ist nicht brauchbar, da ein vollkommenes Resultat nicht erreicht werden kann,
                              wenn die Oberfläche nicht vollkommen eben ist. Dieß muß bei allen nachfolgenden
                              Operationen beobachtet werden, da der Erfolg hauptsächlich davon abhängt, daß man
                              vollkommen ebene Oberflächen hat.
                           Der Talk kann mittelst Canadabalsam und Terpenthin befestigt und unter die Presse
                              gebracht werden mit einem Stück Löschpapier über die Reliefseite, damit der Balsam
                              nicht mit der Gelatine in Berührung kommt.
                           Das Relief muß jetzt mit einem metallischen Ueberzuge von Graphit versehen werden,
                              indem man den letzteren in Kreisen mit einem kurzen harten Pinsel über die ganze
                              Oberfläche vertreibt, bis sie gleichförmig überzogen ist; oder indem man einen
                              metallischen Silberüberzug auf folgende Weise niederschlägt: Man bereitet zwei
                              Lösungen, eine von salpetersaurem Silberammoniak, ungefähr 30 Gran auf die Unze und
                              eine gesättigte Lösung von Rocheller-Salz (weinsteinsaurem
                              Natron-Kali). 1 Drachme der letzteren wird mit 3 Drachmen der ersteren
                              gemischt und über die Platte gegossen, welche man vorher richtig waagrecht
                              aufstellte; dann wird sie einige Minuten dem Lichte ausgesetzt und darauf mit einer
                              gesättigten Lösung von Gerbsäure übergossen; ein schöner Ueberzug von metallischem
                              Silber ist das Resultat. Die Platte wird nun getrocknet, und wenn noch ein feiner
                              Kupferdraht an jeder Ecke befestigt wird, so ist sie für die Batterie fertig. Wenn
                              der Gegenstand des Negativs große, ungetheilte Schattenpartien hat, so muß man die
                              Wirkung sich fortsetzen lassen, bis eine dicke Schicht von Kupfer gebildet ist, wozu
                              ungefähr 5–6 Tage gehören; wo aber viele Lichter über das Negativ vertheilt
                              sind, reicht eine viel kürzere Zeit hin, da in diesem Falle eine so dicke Schicht
                              nicht erforderlich ist.
                           Hat man den Kupferabklatsch von der Gelatine getrennt, so muß er auf
                              Gutta-percha befestigt werden, welches auf folgende Art und Weise vorzunehmen
                              ist: Man legt die Kupferform, die Seite mit den Vertiefungen nach unten, auf eine
                              Platte von dickem Spiegelglas, dann macht man ein passend großes Stück
                              Gutta-percha weich, legt es auf das Kupfer, darauf dann eine andere
                              Spiegelplatte und beschwert das Ganze mit einem starken Gewicht, bis die
                              Gutta-percha erhärtet ist.
                           Die Form ist dann, wenn sie mit Oel gut eingerieben ist, fertig, um Abzüge davon zu
                              machen.
                           Zweitens: durch Abdruck. – Dazu ist es nöthig, Platten von polirtem und
                              gewalztem Metall von der Härte des Letternmetalles sich zu verschaffen, welche in
                              Stücke von der erforderlichen Größe zerschnitten werden; ferner zwei Platten von
                              Gußeisen mit vollkommen ebenen Oberflächen, 1 Zoll stark und etwas größer als die
                              Abmessungen der Form. Die Talkseite der Form wird nun auf eine dieser Eisenplatten
                              gelegt, darauf ein Blatt von dem weichen Metall, und die andere Eisenplatte über das
                              Ganze. Es muß dann einem starken Druck ausgesetzt werden, entweder in einer
                              Schraubenpresse zwischen Stahlwalzen laufend, oder mit hydraulischem Druck, welcher
                              das Relief der Gelatine in das weiche Metall preßt. Auf diese Weise erhält man durch
                              eine einzige Operation eine druckende Fläche von Metall, welche dann nicht weiter
                              aufgezogen zu werden braucht. Die Dicke des Metalles beträgt ungefähr 1/8 Zoll.
                           Wo eine größere Anzahl von Abdrücken verlangt wird, muß eine härtere Metalllegirung
                              angewendet werden; braucht man aber nur 20 bis 30 Abdrücke, so reicht Blei oder jede
                              weichere Legirung aus. Eine beliebige Zahl von Abdrücken in Metall kann von der
                              Gelatine und dem Talk ohne Schaden für die letzteren genommen werden, so daß man
                              eine größere Anzahl von Druckformen desselben Gegenstandes auf einmal arbeiten
                              lassen kann.
                           Drittens: durch Schwefel. – Diese letztere Methode, eine Druckform
                              herzustellen, ergibt sich als die leichteste und einfachste, verlangt aber immer
                              einige Sorgfalt. Die Gelatineform wird sorgfältig mit Glycerin eingerieben, und das
                              Ueberflüssige wieder abgewischt, geschmolzener Schwefel darüber gegossen und eine
                              Spiegelglasplatte über den Schwefel gelegt, wobei zugleich ein Druck mit der Hand
                              ausgeübt und der Schwefel in alle Vertiefungen der Form gepreßt wird. Dieß muß
                              schnell geschehen, da der Schwefel sehr rasch erstarrt, sobald er mit dem Talk in
                              Berührung kommt; er läßt dann sehr leicht von der Gelatine los und bleibt an der
                              Glasplatte haften, an welcher man ihn sitzen läßt und direct Abdrücke davon nimmt.
                              Es gehört einige Erfahrung dazu, um den richtigen Hitzegrad des Schwefels für den
                              Gebrauch zu bestimmen, da dieser Körper bei verschiedenen Temperaturen große
                              Veränderungen erleidet. Ich habe gefunden, der beste Zustand ist eine syrupartige
                              Consistenz, da er dann nach dem Erkalten weniger spröde ist. Ich zweifle nicht, daß
                              noch viele andere Körper dazu benutzt werden können, die vertiefte Form
                              herzustellen, doch die oben genannten habe ich als die praktischsten erkannt.
                           Wir haben jetzt eine Kupferstichform, von welcher in jeder Farbe Abdrücke genommen
                              werden können, indem man sich einer halbdurchsichtigen Druckfarbe bedient, welche
                              aus einer schwachen Gelatinelösung und Wasserfarben oder Kohle besteht. Ein solcher
                              Druck gibt die sämmtlichen Halbtöne einer Photographie und ähnelt ihr sehr im
                              Aussehen. Der Druck kann erfolgen auf Glas, Papier, Opalglas, Porzellan oder einen
                              anderen Stoff.
                           Ich werde jetzt die Presse beschreiben, deren ich mich bediente, und welche ich sehr
                              passend zu dem Zwecke gefunden habe: Zwei viereckige Stücke Holz, ungefähr 1 Fuß
                              lang, 10 Zoll breit und 2 Zoll stark, sind durch Scharniere mit einander verbunden,
                              und zwar ist das untere Stück glatt gehobelt, während in das obere ein Stück
                              Spiegelglas eingelassen ist mit einer Aushöhlung dahinter, in welcher zwei starke
                              Federn angebracht sind. Diese gestatten ein Niederdrücken der Glasplatte um 1/2 bis
                              3/4 Zoll. Ein kleiner Falz hält das Glas an seinem Platze.
                           Die vertiefte Druckform wird auf das Unterstück gelegt, wobei das obere Holzstück
                              zurückgeschlagen ist; eine kleine Quantität Farbe und Gelatine (erwärmt), wird auf
                              die Mitte der Form gegeben, das Papier oder Glas darüber gelegt, das obere Holz
                              darauf gedeckt und angeschraubt. Nach 1 oder 2 Minuten kann die Presse geöffnet
                              werden, und das Papier oder Glas hat nach dem Abheben die gefärbte Gelatine an sich
                              haften, wobei es die Druckform aus Metall oder Schwefel vollkommen rein zurückläßt.
                              Für einen zweiten Druck ist es nothwendig, dieselbe mit ein wenig Oel einzureiben,
                              um ein Ankleben zu verhindern.
                           Hat man mehrere Pressen in Arbeit, so daß die eine im Drucken ist, während die andere
                              ausgenommen wird, so kann man in kurzer Zeit eine große Anzahl von Abdrücken machen.
                              Sehr angenehme Farbentöne erhält man durch Anwendung von Lampenschwarz und Carmin in
                              verschiedenen Verhältnissen, gemischt mit einer schwachen Gelatinelösung, welche
                              gerade ausreicht, um in einer oder zwei Minuten die Farbe zu einer Art von
                              Gelée erhärten zu machen. Berlinerblau verblaßt leicht unter der Einwirkung
                              des Lichtes und sollte daher nicht benutzt werden.
                           Anilinfarben können in hinreichender Stärke ebenfalls angewendet werden, obgleich sie
                              vielleicht denselben Vorwurf wie Berlinerblau verdienen; dagegen haben sie den
                              Vortheil, frei von jedem körnigen Stoff zu seyn.
                           Bei dem Gebrauch von Glasurfarben können die Reliefs eingebrannt werden und liefern
                              sehr feine Emailbilder, die noch den Vorzug großer Billigkeit haben.
                           Bei der Benutzung von Papier, als Träger der Abdrücke, muß man solches mit sehr
                              glatter Oberfläche wählen, indem man anderenfalls eine Combination der Erhöhungen
                              und Vertiefungen auf der Druckform mit denen auf der Papierfläche erhält, welche das
                              ganze Bild verderben und ihm ein körniges Aussehen geben.
                           Schließlich wollte ich diejenigen, welche dieses Verfahren zu erproben wünschen,
                              versichern, daß sie in demselben einen sehr interessanten Zweig der Photographie
                              finden werden, welcher den Reiz vollkommener Neuheit für sich hat.