| Titel: | Der Cantagrel'sche Apparat zum Aufsuchen undichter Stellen bei Gasleitungen; von Professor Heeren. | 
| Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. XXXIX., S. 143 | 
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                        XXXIX.
                        Der Cantagrel'sche Apparat zum Aufsuchen undichter
                           Stellen bei Gasleitungen; von Professor Heeren.
                        Aus den Mittheilungen des hannoverschen Gewerbevereins,
                              1865 S. 211.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              II.
                        Cantagrel's Leckindicator für Gasleitungen.
                        
                     
                        
                           In Paris hat sich seit etwa drei Jahren ein von Cantagrel
                              erfundener, von ihm mit dem Namen „L'indique-et-cherche-fuits“ belegter
                              Apparat Eingang zu verschaffen gewußt, dessen Zweck darin besteht, Undichtheiten
                              oder Lecke der Gasleitungen in Gebäuden anzuzeigen und das Aufsuchen der undichten
                              Stellen zu erleichtern. Man findet diesen, polizeilich autorisirten Apparat in
                              mehreren Privat- und öffentlichen Gebäuden bleibend angebracht, so daß man
                              jeden Augenblick von dem guten Zustande der Röhrenleitungen, der Verbindungen und
                              Hähne sich überzeugen, sowie auch spät Abends nach dem Auslöschen der Gaslichter
                              sehen kann, ob nicht etwa ein Hahn aus Versehen offen gelassen ist.
                           Wenn gleich dieser Leckindicator, den ich in einem Pariser Exemplare vor mir habe,
                              nach welchem die in 1/4 der natürlichen Größe ausgeführte Zeichnung, Fig. 19 und 20, gemacht
                              wurde, noch wesentliche Einwürfe zuläßt, so verdient er doch eine nähere
                              Besprechung, weil er, in geeigneter Weise vervollständigt, seinen Zweck ohne Zweifel
                              gut erfüllt.
                           Eine lange, dem Apparate beigegebene Anleitung zum Gebrauch, in welcher der Erfinder
                              die Vorzüge vor anderen ähnlichen Apparaten mittelst der französischen Posaune
                              hervorhebt, übergehend, gebe ich zunächst eine Beschreibung des Apparates. Die
                              übrigens keineswegs neue Idee besteht darin, die zu prüfende Gasleitung unter
                              verstärkten oder verminderten Druck zu bringen, und dann an dem Apparate selbst zu
                              beobachten, ob sich dieser veränderte Druck längere Zeit hält, oder nicht; und
                              eventuell einen so starken Druck hervorzubringen, daß die vorhandenen Lecke leicht
                              gefunden werden können.
                           Der Haupttheil ist eine Gaspumpe von vulcanisirtem Kautschuk a
                              Fig. 19,
                              welche bei f und g mit
                              sogenannten Blasen-, richtiger Wachstafft-Ventilen versehen ist, so
                              zwar, daß sich beide Ventile in einer und derselben Richtung, von f nach g, öffnen. Drückt man
                              mit der Hand die Kugel zusammen, so entweicht die Luft durch g, während beim Aufhören des Druckes die sich wieder ausdehnende Kugel
                              durch f sich wieder füllt. Die Pumpe ist an einen
                              Zweiweghahn e geschraubt, dessen innere Einrichtung sich
                              aus den Durchschnitten in Fig. 20 ergibt, wo dieser
                              Hahn in den zwei in Betracht kommenden Stellungen sich befindet. Das viereckige
                              Gehäuse des Hahnes enthält oben ein kurzes Rohr, an welches der von Kautschuk
                              gebildete Indicator b, nämlich ein kleines hohles Gefäß
                              von der aus der Zeichnung ersichtlichen Gestalt gebunden ist; bei d befindet sich eine kleine mit Löchern versehene
                              Kapsel, die die Bohrungen des Hahnes mit der äußeren Atmosphäre in Communication
                              bringt; endlich von unten geht das Rohr c aus, wodurch
                              der Apparat mit der Gasleitung in Verbindung steht. Ein Griff i dreht den Hahn in die aus den Zeichnungen ersichtlichen zwei, beim
                              Gebrauch des Apparates in Betracht kommenden Stellungen. Um den Apparat an der Wand
                              oder auf einem horizontalen Bret oder sonstigen Gegenstande zu befestigen, enthält
                              er bei h eine kleine angelöthete mit Schraubenlöchern
                              durchbohrte Platte. Die schon erwähnten Ventile, bei welchen möglichst luftdichter
                              Verschluß eine besonders wichtige Bedingung ausmacht, bestehen auf ähnliche Art, wie man sie bei kleinen
                              Luftpumpen findet, aus Wachstafft, sind aber gar nicht festgebunden, sondern liegen
                              in Gestalt kleiner viereckiger Stückchen frei vor den Oeffnungen, werden aber durch
                              kleine nahe davor liegende Drahtgewebe, an welche sie sich legen können, gehalten,
                              so daß sie der Luftstrom nur gerade öffnen, nicht aber ganz fortblasen kann.
                              –
                           Soll nun das Gasröhrensystem eines Gebäudes geprüft werden, so verschließt man
                              zuvörderst den Haupthahn der Gasleitung, um das zu prüfende Röhrensystem von der
                              allgemeinen Gasleitung zu trennen, schließt auch alle Hähne und setzt durch
                              abwechselndes Zusammendrücken und Wiederloslassen die Pumpe in Thätigkeit, wobei der
                              Zweiweghahn in die zweite Stellung gebracht seyn muß, um Pumpe, Gasleitung und
                              Indicator in Communication zu setzen. Durch das Einpumpen von Luft in die Gasleitung
                              kann ein Druck von etwa 1/4 Atmosphäre leicht hervorgebracht werden, in dessen Folge
                              die obere Seite des Indicators bauchig sich aufbläht. Hält sich nun diese Wölbung
                              des Indicators einige Zeit, so kann man auf hinreichende Dichtheit der Gasleitung
                              schließen, da die kleinste Undichtheit die eingepumpte Luft entweichen lassen würde.
                              Sollte man von der völligen Dichtheit der Ventile oder der Pumpe überhaupt nicht
                              überzeugt seyn, so braucht man nur nach beendigtem Pumpen den Hahn in die erste
                              Stellung zu bringen, um die Gasleitung vollständig zu schließen. Wenn dann nach
                              Verlauf einiger Minuten die Verbindung der Leitung mit dem Indicator durch Stellung
                              2 des Hahnes wieder hergestellt wird, und es zeigt sich auch dann noch die vorige
                              Wölbung, so ist genügende Dichtheit vorhanden.
                           Sinkt nach beendigtem Pumpen der Indicator bald wieder zusammen, zum Beweise
                              mangelnder Dichtheit, und soll nun die leckende Stelle aufgesucht werden, so soll
                              dieß, wie in der beigegebenen Anleitung ausdrücklich gesagt ist, durch das Ohr
                              geschehen, indem man bei allen Verbindungsstellen und Hähnen genau horcht, ob man
                              ein zischendes Geräusch durch entweichendes Gas bemerkt. Die Untersuchung mit einem
                              brennenden Fidibus verwirft der Erfinder wegen der damit verbundenen Gefahr; und in
                              der That entsteht ja durch das Einpumpen von atmosphärischer Luft in die mit Gas
                              gefüllte Leitung ein explosives Gasgemisch, welches zwar beim Ausströmen durch feine
                              Oeffnungen nicht leicht zurückbrennt, aber ängstliche Personen doch immer von dieser
                              Prüfungsart abhalten würde.
                           In dieser Erkennung der Lecke durch das Gehör liegt nun offenbar die schwache Seite
                              der Erfindung, denn abgesehen davon, daß in der Nähe geräuschvoller Straßen das
                              leise Geräusch des entweichenden Gases schwer zu bemerken seyn dürfte, so setzt auch
                              ein bemerkliches zischendes Geräusch schon eine erheblich große Oeffnung voraus. Feine
                              Undichtheiten, wie sie gerade so häufig bei Hähnen und Verbindungsstellen vorkommen,
                              gestatten dem Gase, selbst bei verstärktem Druck, nur ein langsames Entweichen und
                              werden durch das Ohr nicht leicht erkannt, um so weniger, als sich die
                              Röhrenleitungen oft nahe unter der Decke oder auch an anderen Stellen befinden, die
                              dem Ohr nicht zugänglich sind.
                           Eine zweite, freilich leicht abzustellende Unvollkommenheit des vorliegenden
                              Apparates liegt in der Construction des Indicators, in sofern derselbe von so dicker
                              Wandstärke ist, daß sich seine obere Fläche, selbst bei starker Pressung der Pumpe,
                              nur ganz wenig wölbt, so daß geringe Aenderungen, namentlich eine allmähliche
                              Abnahme des Druckes, sich kaum erkennen lassen.
                           Nach Angabe des Erfinders kann der Apparat auch auf entgegengesetzte Art, nämlich
                              durch Verdünnung der Luft in Anwendung kommen, in welchem Falle dann die Gaspumpe in
                              umgekehrter Lage angeschraubt werden muß, so daß das Saugventil f dem Hahn zugekehrt ist.
                           Der Apparat wirkt nun evacuirend, freilich nur in geringem Grade, soweit eben die
                              Pumpe in Folge der Elasticität des Kautschuks sich wieder auszudehnen strebt, und
                              wenn nach mehreren Zügen die Verdünnung so weit vorgeschritten ist, daß sich die
                              Pumpe nach dem Aufhören des Druckes der Hand nur wenig wieder ausdehnt, so läßt
                              sich, wenn sie in diesem Zustande längere Zeit beharrt, auf luftdichte
                              Beschaffenheit der Leitung schließen, und die Pumpe wirkt hierbei selbst als
                              Indicator.
                           Ich komme nun auf das Aufsuchen undichter Stellen zurück, das, wie vorhin erwähnt,
                              durch das zischende Geräusch der austretenden comprimirten Luft sich bewerkstelligen
                              lassen soll, in Wirklichkeit aber wohl nur in seltenen Fällen gelingen dürfte. Um
                              nun die von dem Erfinder perhorrescirte, aber weit leichtere und sicherere, auch die
                              kleinsten Undichtheiten verrathende Methode durch Untersuchung der verdächtigen
                              Stellen mittelst Anhaltens eines brennenden Fidibus oder einer Spirituslampe, ohne
                              die entfernteste Gefahr ausführen zu können, kommt es nur darauf an, nicht
                              atmosphärische Luft, sondern Gas in die Leitung zu pumpen, und würde ich zu diesem
                              Zwecke vorschlagen, einen Ballon von dünnem vulcanisirtem Kautschuk von etwa 1
                              Kubikfuß Inhalt in Anwendung zu bringen, den man vor dem Versuche an die Gasleitung
                              zu schrauben und mit Gas zu füllen hätte. Beim Versuch würde dieser Ballon an die
                              Pumpe geschraubt, so daß sie sich aus demselben füllen und das Gas in die Leitung
                              pressen würde.
                           Man wird bei näherer Betrachtung der Sache leicht einsehen, daß der in der Zeichnung angegebene
                              durchlöcherte Knopf d, der zum Eintritt atmosphärischer
                              Luft bestimmt ist, vollkommen jedes Zweckes entbehrt, weil ja der Eintritt der Luft
                              in die Pumpe durch das Saugventil erfolgt. Ich schließe hieraus wie auch aus der
                              beigegebenen gedruckten Gebrauchsanweisung, daß die älteren, von dem Erfinder zuerst
                              construirten Apparate gar keine Ventile besaßen, so daß der Hahn den nöthigen
                              Ein- und Austritt der Luft vermitteln mußte, und daß man erst später die
                              Ventile als wirkliche Verbesserung einführte, wodurch dann aber der ganze
                              Zweiweghahn ziemlich überflüssig wurde.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
