| Titel: | Kolbenförmige Dampfschieber von Thomas Davis, Maschinenmeister der Jersey City Locomotivenfabrik. | 
| Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. XLV., S. 169 | 
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                        XLV.
                        Kolbenförmige Dampfschieber von Thomas Davis, Maschinenmeister der
                           Jersey City Locomotivenfabrik.
                        Aus dem Scientific American vom 4. November
                              1865.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Davis' kolbenförmiger Dampfschieber.
                        
                     
                        
                           Der hier zu beschreibende neue Kolbenschieber (kolbenförmige Dampfschieber) hat
                              bereits bei Locomotiven und bei vielen anderen Land-, sowie
                              Schiffs-Dampfmaschinen in Amerika Anwendung gefunden.
                           Wer mit den Schiffsmaschinen vertraut ist, weiß recht wohl, eine wie große Kraft zum
                              Umsteuern bei manchen derselben, namentlich bei den mit dem gewöhnlichen
                              Dampfschieber versehenen, aufgewendet wird. Viele von den Maschinen der
                              amerikanischen Kriegsschiffe haben Dampfschieber, für welche, abgesehen davon, daß
                              sie durch eine Anzahl besonderer Klappen im Gleichgewicht erhalten werden, bei jedem
                              Cylinder eine Maschine vorhanden ist, die hinreichen würde, um einen Dampfer von
                              bedeutender Größe in Bewegung zu setzen, die aber einzig und allein zum Umsteuern
                              dient, was trotz alledem eine schwierige Arbeit bleibt, zu welcher viele Arbeiter
                              erforderlich sind. Diese Maschinen sind nicht nur theuer im Ankaufe und in der
                              Unterhaltung, sondern das mit einem Paare solcher Maschinen versehene Schiff ist
                              auch sehr leicht einem Unfalle ausgesetzt, so daß es kein angenehmes Geschäft ist,
                              die bei einer Action zur See oder beim Einlaufen in einen Hafen nothwendigen
                              Bewegungen auszuführen.
                           Davis behauptet, durch seine Schieber mit ihrem Gehäuse
                              jede derartige Maschine so vervollkommnen zu können, daß ein einziger Mann das
                              Schiff ohne die Hülfe von Schleppbooten in jede erforderliche Stellung zu bringen
                              vermag, und zwar mit keinem größeren Risico als bei den leicht zu regierenden Booten
                              in der Regel stattfindet; die Maschinen stehen nämlich dann ganz unter der Aufsicht
                              des Maschinisten, können leicht gehandhabt und augenblicklich umgesteuert werden,
                              ohne den zum Abschließen des Dampfes erforderlichen Zeitverlust.
                           
                           Durch diese Schieberconstruction wird überdieß Brennmaterial-Ersparniß
                              erzielt, was von vielen Schiffseignern bezeugt werden kann. Es ist kein Fall bekannt
                              geworden, daß der Kohlenbedarf, wenn diese Schieber bei alten Maschinen angewendet
                              wurden, nicht bedeutend reducirt worden wäre.
                           Mit solchen Schiebern sind seit vier Jahren viele Maschinen nicht nur der
                              Schlepp-Dampfboote von New-York und Philadelphia, sowie derjenigen auf
                              dem Hudson-Flusse zu Albany und Troy, sondern auch größerer, zwischen
                              New-York und anderen Häfen fahrender Dampfschiffe versehen worden; manche von
                              den letzteren waren vorher völlig unlenksam, werden aber jetzt sehr leicht und
                              schnell in die Dock gebracht.
                           Fig. 40 ist
                              der Längendurchschnitt eines zwölfzölligen Locomotiv-Cylinders mit
                              Dampfkammer, aus dem sich die Anordnung der Schieber etc. ersehen läßt. Der Cylinder
                              und die Dampfkammer sind aus einem Stücke gegossen. Die
                              Cylinder der Schiffsmaschinen werden in ähnlicher Weise angefertigt und sind viel
                              einfacher, sowie billiger anzuschaffen als die bisherigen. Denn die Kosten für die
                              Vollendung dieser Cylinder sind sehr gering, indem weiter nichts nöthig ist, als die
                              kurzen Lager für die Schieber auszubohren und die Seiten der Bohrungen genau passend
                              zu machen, was leicht und schnell auszuführen ist. Der von dem Kessel kommende Dampf
                              tritt in die Dampfkammer ein, umgibt vollständig das Gehäuse, in welchem sich der
                              Schieber bewegt, sichert so eine gleichmäßige Ausdehnung aller Theile und verhindert
                              ein Hängenbleiben der Schieber; denn der volle Druck des Dampfes wird auf die
                              äußeren Enden beider Schieber ausgeübt und der Dampf strömt zwischen diesen
                              letzteren aus, die er dadurch in's Gleichgewicht setzt. Letzteres geschieht bei
                              keiner bis jetzt bekannten Schieberconstruction so vollständig; ein Kind kann die
                              Schieber ohne Schwierigkeit bewegen, wenn sie genau angefertigt etc. sind. Da sie
                              von dem Dampfe nicht zusammengedrückt werden können, so bringt man
                              Entlastungsventile an, um den bedeutenden Rückdruck zu vermindern, welcher bei einem
                              plötzlichen Umsteuern entsteht. Dieß ist bei einem Locomotiv-Cylinder
                              durchaus nothwendig, aber weniger bei jeder anderen Maschinengattung.
                           Fig. 41 ist
                              ein Querschnitt desselben Cylinders durch die Mitte des Dampfausströmungsrohres und
                              zeigt die Anordnung des Schiebergehäuses, der Entlastungsventile etc. Ueber jedem
                              Dampfweg wird ein solches Entlastungsventil angebracht, das eine kleine Feder über
                              sich hat, welche dessen Verschluß sichert.
                           Sobald der Rückdruck im Cylinder größer wird, als der Druck in der Dampfkammer,
                              öffnen sich diese Ventile und der Dampf oder Wasser, oder beide strömen in die
                              Dampfkammer aus. Das Wasser fällt auf den Boden nieder und wird durch Hähne
                              abgelassen, die zu diesem Zwecke eingesetzt werden.
                           Fig. 42
                              stellt zur Hälfte einen Horizontaldurchschnitt, zur Hälfte eine obere Ansicht des
                              Schiebergehäuses dar, um seine Construction und Befestigung auf die Schieberplatte
                              der gewöhnlichen Cylinder zu zeigen. Dieser Schieber dient für eine Locomotive, aber
                              die Schieber für Schiffsmaschinen werden in derselben Weise angefertigt, nur mit dem
                              Unterschiede, daß sie keine Entlastungsventile erhalten. In manchen Fällen, wo die
                              aufzuhebenden Schieber allzu groß geworden wären, hat man zwei oder mehrere Ventile
                              neben einander gelegt, und mittelst eines einzigen Ventilstiftes in Bewegung
                              gesetzt. Der Erfinder hat dieß für besser gefunden, als den Ventilen einen sehr
                              großen Durchmesser zu geben; sie beanspruchen weniger Raum und besitzen doch den
                              erforderlichen Querschnitt.
                           Figur 43 ist
                              ein Querschnitt durch die Mitte desselben Schiebergehäuses.
                           Die Figuren 44
                              und 45 zeigen
                              die Art, wie die Liderungsringe, der eine in dem anderen, angebracht werden; die
                              inneren werden an einer Stelle ausgeschnitten und die äußeren so in erstere
                              eingelegt, daß sie Verband halten; die Schwalbenschwanzform der äußeren hindert sie,
                              ihre Lage zu verändern. Die Backen oder Deckel werden durch die Brüstung des
                              Schieberstiftes und durch die Schraubenmutter zusammengehalten; dieselben müssen
                              genau auf den Schieberstift und die Liderungsringe in die Falze der Deckel passen;
                              ebenso müssen die Liderungsringe möglichst genau in die Bohrungen im Schieberkasten
                              passen, nämlich die Oeffnung fast ausfüllen. Durch einen von den Deckeln werden
                              beliebig viele – gewöhnlich drei – Stellschrauben gezogen. Bei sehr
                              kleinen Schiebern läßt man jedoch diese Stellschrauben weg und treibt den Keil in
                              die Liderungsringe ein, wobei man ein dünnes Stück Metall oder anderes Material
                              zwischen den Keil und den Deckel legt und dann die Mutter so lange aufschraubt, bis
                              der eine Deckel zu einem Widerlager für die in den Falzen liegenden Liderungsringe
                              wird; dieß entspricht allen Anforderungen der Praxis und ist etwas billiger. Der
                              conische Pflock ist massiv und muß sowohl auf den Ventilstift, als auch in einen
                              Liderungsring passen, welcher letztere auf seiner inneren Peripherie conisch gemacht
                              ist; an der Außenseite dieses Liderungsringes werden zwei gleiche, nur umgekehrte
                              Liderungsringe angebracht; dieselben werden an ihren Außenseiten eingefalzt, um ein
                              Lager für die Deckel abzugeben. Der äußere Liderungsring wird ein wenig weiter
                              gemacht als die Oeffnung, weil er sonst herausspringen und beim Durchgange durch
                              dieselbe hängen bleiben
                              könnte; seine Seiten laufen etwas conisch zu, da er an seiner inneren Peripherie
                              etwas weiter ist, damit die zwei durchschnittenen im Verband liegenden
                              Liderungsringe denselben fassen und festhalten können. Die Wirkung dieser
                              Einrichtung ist folgende:
                           Durch das Anziehen der Stellschrauben oder der Mutter wird der massive conische
                              Pflock in den ihn umgebenden conischen Liderungsring eingetrieben, welcher, da er
                              durchschnitten ist, erweitert wird, und durch ihn werden auch die ihn umschließenden
                              Liderungsringe erweitert, während die Abstände von dem Mittelpunkte des Schiebers
                              nach irgend einem Punkte seiner äußeren Peripherie ganz dieselben bleiben, nämlich
                              die Außenseite des Schiebers genau richtig zu dessen Mittelpunkt liegt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
