| Titel: | Chaudun's Metallkapsel-Patronen. | 
| Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. XLIX., S. 187 | 
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                        XLIX.
                        Chaudun's Metallkapsel-Patronen.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              IV.
                        Chaudun's Metallkapsel-Patronen.
                        
                     
                        
                           Im Bulletin de la Société d'Encouragement pour
                                 l'industrie nationale vom October 1865 wird S. 584 ein Bericht des Hrn. C.
                              Laboulaye, Referenten für den Ausschuß mechanischer
                              Künste, über von Hrn. Chaudun Vater in Asnières
                              (rue de Chateau, 27) gemachte Vorschläge zu neuen
                              Metallkapsel-Patronen mitgetheilt, welcher für uns Deutsche besonders dadurch
                              von Interesse ist, daß in ihm die Vorzüge des preußischen Zündnadelgewehres in Bezug
                              auf leichte Ladeweise, centrale, am vorderen Theile der Ladung beginnende
                              Pulverentzündung und Milderung des Rückstoßes durch eine hinter der Ladung
                              angebrachte Luftkammer, vollkommene Anerkennung finden und auch noch ein Weg zur
                              Erlangung derselben, ohne deßhalb diese Waffe selbst adoptiren zu müssen, angegeben
                              wird.
                           Im Eingange seines Berichtes bemerkt Hr. Laboulaye
                              zunächst, daß Hr. Chaudun schon zweimal von der
                              Gesellschaft wegen Vorschlägen zur verbesserten Anfertigung von Metallpatronen
                              belohnt worden sey; ferner weist er darauf hin, daß die
                              Jagd-Hinterladungsgewehre der Anwendung solcher
                              Metallkapsel-Liderungen ihren bisherigen Erfolg verdankten, eine vollkommene
                              Gasdichtheit derselben aber bei der bisherigen Zündungsmethode durch Stift und
                              Zündhütchen (nach Lefaucheux's Manier) nicht wohl zu
                              bewirken sey, und reiht hieran seine Mittheilung über den ersten Vorschlag Chaudun's, die jetzt gebräuchlichen Metallkapsel-Patronen
                              dadurch zu verbessern, daß anstatt des gewöhnlichen Zündhütchens in den
                              Boden-Pappespiegel c solcher mit Metallkappe a
                              Fig. 24
                              versehenen Patronen eine cylindrische Zündröhre e
                              Fig. 27
                              eingepreßt werde, welche in deren Längenachsenrichtung liegend sowie nach vorn hin
                              offen, in ihrer Zündsatzfüllung beim Schusse durch einen in terassenförmigen
                              Absätzen kegelförmig zugespitzten Dorn d vermittelst der
                              Percussionsvorrichtung des betreffenden Gewehres zur Entzündung gebracht werde und
                              so der Pulverladung, der papierenen Patronenhülse b
                              Fig. 24
                              central, Feuer gebe, ohne die dabei entwickelten Gase nach oben hin senden zu
                              können.
                           Dann theilt er eine zweite Anordnung Chaudun's mit, welche
                              die Einrichtung von solchen Metallkapsel-Patronen betrifft, bei denen der
                              Transport, wenn sie Pulverladung und Zündsatz zusammen enthalten, gefährlich
                              erscheinen muß. In diesem Falle soll eine centrale Durchbohrung der
                              Metallbodenkapsel a und des darin enthaltenen
                              Pappespiegels c, Fig. 28, in der Weise zur
                              Anwendung kommen, daß in derselben ein die Wände des Pappespiegels diametral
                              durchbohrender und somit auch in derselben festsitzender Metallstift d, Fig. 28 und 29, als Amboß
                              für ein halblinsenförmiges Zündhütchen e, Fig. 31,
                              dient, welches mit seinem mehrfach durchlöcherten Metall-Calotteboden nach
                              oben hin gerichtet (s. Fig. 28), erst vor dem
                              jedesmaligen Schusse in den unteren Theil der Patrone eingesetzt zu werden
                              braucht.
                           Als das Gewichtigste wird in Laboulaye's Berichte
                              hervorgehoben, daß es Chaudun nunmehr auch gelungen sey,
                              zwei von dem Vicepräsidenten der Gesellschaft Hrn. Séguier durch sein Studium höchst wichtig befundene Probleme der
                              Feuerwaffentechnik, nämlich Entzündung der Ladung von ihrem oberen Theile aus, und
                              Aussparung eines leeren (luftvollen) Raumes hinter derselben, in einer Weise zu
                              lösen, daß man zur Erlangung dieser Vorzüge nicht nöthig habe, das System des
                              dieselben besitzenden preußischen Zündnadelgewehres und damit auch dessen Mängel
                              anzunehmen, welche letztere diesem Berichte nach in Undichtheit des Verschlusses
                              (crachement) und dem Uebelstande, die Zündnadel vor
                              Erreichung des Zündsatzes erst die Ladung durchdringen lassen zu müssen, bestehen
                              sollen. – Zur Entzündung der Ladung von ihrem oberen, dem Projectile
                              zugekehrten Theile her, soll nämlich, der dritten Anordnung
                                 Chaudun's entsprechend, in den central durchbohrten Pappespiegel c, Fig. 32 und 33, noch ein
                              central durchbohrter Holzcylinder g (Fig. 32, 34 und 35) eingesetzt werden,
                              der nach unten hin einen als Amboß für das halblinsenförmige Zündhütchen e (Fig. 31) dienenden
                              Querriegel f, von einer der in Fig. 34
                              und Fig. 35 dargestellten
                              Seitenansichtsformen trägt, und nach oben hin vermittelst seiner cylindrischen
                              Aushöhlung die unten ganz offene und oben durchbohrte Kupferröhre h (Fig. 36) führt, welche,
                              als Zündröhre dienend, eine solche Länge hat, daß sie den Feuerstrahl des auf dem
                              Querriegel f durch die Percussionsvorrichtung des
                              Gewehrs zur Detonation gebrachten Zündhütchens zwischen Pulver und Blei der
                              Patronenhülse b leiten kann.
                           Die vierte Anordnung Chaudun's endlich completirt, zur
                              Erlangung einer den Waffenrückstoß ermäßigenden Luftkammer hinter der Pulverladung,
                              die eben beschriebene Einrichtung noch dahin, daß der Rand des Pappespiegels c (Fig. 37) erhöht, und oben
                              auf denselben eine mit dünnem Papier überklebte durchlöcherte Pappescheibe i (Fig. 37 und 38) gelegt
                              wird, welche von der Zündröhre h central durchbrochen,
                              die vor dem Schusse luftvolle Kammer j bildet, deren
                              Vorhandenseyn, nach Durchschlagung der Pappescheibe i
                              von den zwischen Kugel und Ladung entwickelten Gasen, dann die Einwirkung der
                              entzündeten Ladung auf die zunächstliegenden Rohrwandungen ermäßigen soll.
                           Laboulaye's Bericht schließt mit einer lobenden
                              Anerkennung der in Rede stehenden Chaudun'schen
                              Mittheilungen, welche ganz geeignet seyen, einen neuen Weg zur Verbesserung der
                              Feuerwaffen anzubahnen. Untersucht man aber das Wesen der hier vorliegenden,
                              allerdings sehr sinnreichen Vorschläge etwas genauer, so findet man sehr bald, daß
                              die letzteren derselben offenbar den Zweck verfolgen, durch eine abermalige
                              Modification der Robert'schen Hinterladungsflinte, welche
                              schon vor dem Jahr 1842 erfolgreich von Hrn. Desnyau
                              verbessert und mit den bequemen, in der centralen Aushöhlung ihres Bodens ein
                              Zündhütchenpiston tragenden Metallpatronen (cartouches
                                 à culot) des Hrn. Pepin de la
                                 Rachée versehen wurde, auch noch solche ballistische Vortheile zu
                              erzielen, welche ein gutconstruirtes Zündnadelgewehr, von dessen gasundichtem
                              Verschlusse Niemand mehr reden wird, der die neuesten Einrichtungen dieser Waffe
                              kennt, in viel einfacherer Weise erreichen läßt.
                           D......y,                  Major
                              im Generalstabe in Cassel.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
