| Titel: | Verfahren zur Behandlung des Stabeisens, Stahls und Gußeisens; von A. Gaudin in Paris. | 
| Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. LII., S. 194 | 
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                        LII.
                        Verfahren zur Behandlung des Stabeisens, Stahls
                           und Gußeisens; von A. Gaudin
                           in Paris.
                        Aus Armengaud's Génie industriel, Mai 1865, S.
                              232.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. IV.
                        Gaudin, Verfahren zur Behandlung des Stab- und
                           Gußeisens.
                        
                     
                        
                           Gaudin hat sich ein neues System zur Behandlung des
                              Stab- und Gußeisens patentiren lassen. Anfänglich gab er dem Kupolofen den
                              Vorzug vor dem Flammofen, und zwar wegen der mit dem ersteren so leicht zu
                              erzielenden Zeit- und Brennmaterialersparniß. Da aber sein Verfahren einen
                              längeren Contact des Metalles mit dem Brennmaterials nothwendig macht, so erkannte
                              er bald, daß darin ein Hinderniß für seinen Zweck, nämlich die Erzeugung von stahlartigem
                              Gußeisen und leicht zu bearbeitendem harten Stabeisen, liegt.
                           In der Eisenindustrie wird stets die Erzielung günstiger Resultate durch eine sehr
                              hohe Temperatur erleichtert, und die aus dem raschen Gange der Operation
                              resultirende Ersparniß wiegt die zur Erreichung einer solchen Temperatur
                              erforderlichen, scheinbar kostspieligeren Mittel wieder auf.
                           Gaudin sucht diese hohen Hitzegrade durch eine Entwickelung von Sauerstoff zu erreichen und wendet dazu
                              Mangansuperoxyd an, welches er in Form von Braunsteinstücken zwischen das
                              Brennmaterial und das zu schmelzende Metall bringt. Da es indessen von Wichtigkeit
                              ist, daß die vom Feuerraume her dem Schmelzraume zuströmenden Gase möglichst große
                              Brennbarkeit besitzen – denn offenbar würden die Kohlensäure und der
                              Wasserdampf, obschon sie aus dem Braunstein Sauerstoff entwickeln, anstatt eine
                              höhere Temperatur zu erzeugen, nur eine sehr große, mehr schädliche als nützliche
                              oxydirende Wirkung hervorbringen – so wendet er eine viel Rauch gebende
                              Steinkohle an, und bei Verwendung von Kohks gibt er so starke und so dichtliegende
                              Kohksgichten auf, daß beim Verbrennen des Brennstoffes nur Kohlenoxyd, mit
                              atmosphärischem Stickstoff und einer gewissen Menge freien Wasserstoffs oder
                              Kohlenstoffs gemischt, aus ihnen sich entwickelt und in den Schmelzraum gelangt,
                              während er gleichzeitig eine möglichst große Menge Wasserdampf unter den Rost treten
                              läßt.
                           Fig. 39
                              stellt einen mit Kohks geheizten Gaudin'schen Flammofen
                              dar. A ist der Feuerraum; auf der Herdsohle B liegt der zu Stücken zerschlagene Braunstein; auf der
                              Feuerbrücke C stehen große cylindrische Töpfe oder
                              Tiegel C', ohne Deckel, an ihrem unteren Theile in der
                              Höhe der von b bis b' sich
                              erstreckenden Ofensohle, mit einem Loche versehen, welche zur Aufnahme der zu
                              verschmelzenden Beschickung dienen. In Ermangelung solcher Tiegel mengt er die
                              Beschickung mit sandigem Thone und formt Kugeln daraus, oder er formt die
                              Beschickung unmittelbar unter der Presse zu Ziegeln, welche er dann, nachdem sie in
                              Folge von Oxydirung die erforderliche Festigkeit angenommen haben, in feuchtem
                              Zustande anwendet.
                           Wenn mit Schmelztiegeln gearbeitet wird, so muß über jedem derselben im Ofengewölbe
                              eine Oeffnung E angebracht seyn, durch welche die
                              Beschickung eingetragen wird, wornach diese Oeffnungen verschlossen werden. Die
                              Kugeln werden durch eine ähnliche Oeffnung, welche mittelst eines zum Durchlassen
                              der Gase mit einem Loche versehenen Thonpfropfens geschlossen wird, in den Ofen
                              eingetragen; beim Schmelzen geben sie ihren Metallgehalt ab und liefern eine Schlacke,
                              welche dem Metallbade zur schützenden Decke dient.
                           In dem für Kohks bestimmten Feuerraume sind in der Höhe des Rostes und oberhalb
                              desselben Oeffnungen a, a zum Einbringen von
                              Brechstangen oder Rengeln etc. angebracht; die Roststäbe reichen mit ihrem hinteren
                              Ende in den im Aschenfalle befindlichen, mit Wasser gefüllten Sumpf hinab, um
                              möglichst viel Wasserdampf zu erzeugen. Dadurch werden, bei einer genügend starken
                              Kohksschicht, die durch die Verbrennung entwickelten Gase mit Wasserstoff und
                              Kohlenoxyd möglichst angereichert. Bei Anwendung von Holzkohle, gedarrtem Holze oder
                              Kohlentheer müßte der Rost durch eine Sohle ersetzt werden; die Luft müßte dann dem
                              Brennmateriale unten, im Niveau dieser Sohle, zugeführt und durch ein durch die
                              ganze Breite der letzteren hindurchgehendes Register geregelt werden. In allen
                              Fällen müßte das Brennmaterial von oben aufgegeben werden, sobald die Beschaffenheit
                              desselben nicht zuläßt, daß es mit der Schaufel durch die zum Eintragen des
                              Braunsteins bestimmte Oeffnung aufgegeben werden kann.
                           Hauptzweck des Erfinders ist die Erzeugung von Güssen, welche eine größere Festigkeit
                              besitzen, als die aus gewöhnlichem Roheisen hergestellten; deßhalb producirt er auch
                              zwei von einander ganz verschiedene Eisensorten.
                           Die erste, immer sehr harte Sorte, welche Gaudin als
                              „weißes
                                    Ganz-Gußeisen“ (archi-fonte
                                 blanche) bezeichnet, da es ungefähr die doppelte Menge Kohlenstoff von der
                              des gewöhnlichen Roheisens enthält und dabei doch noch ein weißes Eisen ist, wird
                              durch Versetzen von Roheisen in Form von Drehspänen mit einem Cyanmetalle, dessen
                              Basis Eisen, Mangan oder irgend ein anderes Metall ist, ohne Ausschluß von Phosphor,
                              dargestellt. Solches Roheisen zeichnet sich durch seine Dünnflüssigkeit, sowie durch
                              seinen niedrigen, weit unter dem des gewöhnlichen grauen Roheisens liegenden
                              Schmelzpunkt aus. Nach vorsichtigem Tempern, wodurch seine chemische Zusammensetzung
                              nicht im mindesten beeinflußt wird, erlangt es eine außerordentliche Festigkeit und
                              nach dem Härten übertrifft es an Härte den besten Stahl.
                           Gaudin stellt dieses Eisen bei der Hitze seines
                              Flammofens mit Anwendung von Tiegeln oder der bereits erwähnten Kugeln oder
                              oxydirten Ziegeln dar.
                           Die zweite Sorte, das „weiße
                                    Halbgußeisen“ (demi-fonte
                                 blanche) liegt zwischen dem weißen, stahlartigen Roheisen und dem harten,
                              stahlartigen Stabeisen; man erhält es, entgegengesetzt dem ersteren, mittelst fast
                              vollständiger Verbrennung des Kohlenstoffs, welche durch Anwendung des, mit Bor oder Phosphor
                              versetzten Mangansuperoxyds, anstatt der Cyanmetalle, bewirkt wird.
                           Die Festigkeit dieses Eisens ist sehr bedeutend; seine Dünnflüssigkeit und seine
                              Schmelzbarkeit werden aber um so geringer, je näher es dem Stabeisen steht, und
                              seine Erzeugung erfordert eine durch Zuführung von Sauerstoff gesteigerte Hitze.
                              Durch Tempern wird es so weich, daß es kalt vom Hammer Eindrücke annimmt und sich
                              bei Dunkelrothgluth schmieden läßt.
                           Wenn die Beschaffenheit des Roheisens es zuläßt, so verwandelt sich dasselbe bei
                              dieser Behandlung zuweilen in einen vortrefflichen, leicht schmiedbaren Stahl,
                              welcher sich bei Beachtung der nachstehenden Verhältnisse im Großen darstellen läßt:
                              100 Theile Drehspäne und andere Abfälle von gewöhnlichem Gußeisen, 25 Theile
                              Mangansuperoxyd (Braunstein), dessen Menge man bei Zusatz von 10 Theilen fein
                              zertheilten Stabeisens vermindert, und 10 Theile gepulverten Flußspaths, nebst einer
                              höchst geringen Menge Bor oder Phosphor. Die Darstellung dieses Stahls gelingt mit
                              allen Kohlungsstufen, wenn man die mit diesem Gemenge beschickten und mit einer
                              Sandschicht verschlossenen Tiegel in einen Eisenglühofen einsetzt und den
                              Tiegelinhalt vor dem Gusse tüchtig umrührt, damit etwa gebildete Knoten etc. von
                              Eisen sich in der geschmolzenen Beschickung vollständig lösen. Wird das Feuer durch
                              Sauerstoff verstärkt, so ist es nicht hinreichend, das Mauerwerk aus feuerfesten
                              Backsteinen aufzuführen, und zwar von der Feuerbrücke an bis zur Esse; namentlich
                              brennt das Gewölbe leicht durch. Daher muß man dazu löcherigen Mühlsteinquarz oder
                              weichen Sandstein nehmen, welcher letztere vorher mit einer Lösung von
                              salpetersaurer Magnesia getränkt und dann scharf gebrannt werden muß.
                           Die Herdsohlen müssen aus feuerfestem, grobkörnigem Sande angefertigt werden, dessen
                              Körner durch eine geringe Menge Talk, mit Lösung von salpetersaurer Magnesia
                              angefeuchtet, mit einander zu einer zusammenhängenden Masse verkittet werden. Die
                              großen Tiegel werden aus Thonerde angefertigt, die aus Kryolith oder Provencer Thon
                              dargestellt, dann gleichfalls mit salpetersaurer Magnesia angefeuchtet, in Formen
                              einer starken Pressung unterworfen und bei Weißglühhitze stark gebrannt werden muß.
                              Bevor das zerkleinte Eisen zugesetzt wird, muß es mit borsaurem Ammoniak oder saurem
                              phosphorsauren Kalk imprägnirt werden; diese beiden kräftigen Cementationsmittel
                              wirken dahin, daß das Eisen bei der Berührung mit der Flamme eine genügende Menge
                              Kohlenstoff aufnimmt.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
