| Titel: | Ueber die Anwendung von Dampfwalzen für chaussirte Straßen. | 
| Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. LXXXII., S. 350 | 
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                        LXXXII.
                        Ueber die Anwendung von Dampfwalzen für
                           chaussirte Straßen.
                        Aus dem Bulletin de la Société
                                 d'Encouragement, November 1865, S. 696.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              VII.
                        Ueber Anwendung von Dampfwalzen für chaussirte Straßen.
                        
                     
                        
                           Seit einiger Zeit sieht man auf den breiten chaussirten Straßen (Schotterstraßen),
                              welche die großen Verbindungswege von Paris bilden, ein System von Preßwalzen, die
                              nicht mehr durch Pferde, sondern durch Dampf fortgezogen werden. Diese neue
                              Anwendung des Dampfes, auf welche Hr. Combes vor mehreren
                              Jahren in einer Sitzung der Société
                                 d'Encouragement aufmerksam gemacht hatte, war, ehe man sie adoptirte, der
                              Gegenstand wiederholter Versuche von Seiten der im Dienste der Commune stehenden
                              Ingenieure, welche, nachdem sie zwei Arten von Walzen, nämlich die von Lemoine und von Ballaison
                              probirt hatten, sich zu Gunsten der letzteren ausgesprochen haben.
                           
                           Wir geben im Nachstehenden einen Auszug aus dem officiellen Berichte, in welchem die
                              Annahme der Dampfwalze nach dem Systeme Ballaison
                              motivirt ist und fügen eine Zeichnung dieser Maschine bei, die zu dem angegebenen
                              Zwecke in Paris jetzt ausschließlich angewendet wird.
                           Die Erfahrung, sagt der Berichterstatter, hat unstreitig bewiesen, daß die beste und
                              billigste Art die chaussirten Straßen von Paris zu unterhalten, diejenige ist, wobei
                              man den Schotter in verhältnißmäßig dünnen Lagen aufbringt und denselben dann so
                              lange abwalzt, bis er vollständig eingedrückt ist. Der große Verkehr auf solchen
                              Straßen der Hauptstadt gestattet aber nicht, diese Arbeit mit der nöthigen Sorgfalt
                              auszuführen; die Wegewärter müssen, sogar mit Gefahr für ihr Leben, inmitten des
                              Gedränges von Pferden und Wagen, das Füllmaterial sehr schnell in die ausgefahrenen
                              Stellen oder Löcher werfen, ohne dasselbe ebnen etc. zu können und der Schotter wird
                              auf diese Weise mehr oder weniger auf den Chausseen umhergestreut. Auch liegen dann
                              hier und da einzelne Steine auf der Straße, welche den Hufen der sie
                              wegschleudernden Pferde gefährlich und dann zermalmt werden, ohne für die
                              Unterhaltung der Straße den geringsten Nutzen zu gewähren.
                           Der Tagelohn für das Abwalzen der Chausseen wurde immer bedeutender, weil die Zahl
                              der auf denselben circulirenden Walzen eine immer größere wurde. Diese schweren, mit
                              sechs, auch acht Pferden bespannten Maschinen waren aber für die Circulation ein
                              sehr großes Hinderniß und veranlaßten viele Unfälle, entweder unmittelbar, oder
                              durch die von ihnen oft hervorgerufene Stockung der Fuhrwerke.
                           Die städtische Verwaltung hoffte diesen Uebelstand dadurch zu beseitigen, daß sie die
                              gewöhnlichen Preßwalzen durch andere ersetzte, welche durch Dampf in Bewegung
                              gesetzt würden; sie ließ zu diesem Zwecke seit 1861 mit verschiedenen, ihr
                              vorgeschlagenen Apparaten dieser Art, namentlich mit denen von Lemoine und Ballaison, Versuche anstellen.
                           
                        
                           Apparat nach dem Systeme
                                 Lemoine.
                           Der Apparat von Lemoine besteht aus einer einzigen Walze
                              in einem schmiedeeisernen Gestell, welches den Kessel und die Dampfmaschine trägt
                              und an seinen beiden Enden in eine sehr kleine Walze ausgeht, die dem Apparate nur
                              als Steuer dient. Das Gesammtgewicht der Maschine beträgt 12000 Kilogramme. Bei den
                              Versuchen mit dieser Maschine fand man, daß das Abwalzen mittelst Dampfes, obwohl
                              man eine bedeutende Summe für Reparaturen und Amortisation des Betriebscapitales rechnete, doch nur halb
                              so viel Zeit und Geld kostete, als mittelst Perden. Andererseits jedoch erkannte man
                              folgende Mängel:
                           1) der sehr compacte und von den gewöhnlichen Formen abweichende Apparat erschreckt
                              die Pferde, sogar wenn er sich in Ruhe befindet;
                           2) das auf einer einzigen Walze ruhende Totalgewicht von 12 Tonnen zerdrückt ein
                              wenig die Steine, wenn die Schotterschicht eine Dicke von 0,10 bis 0,20 Meter hat
                              und schiebt in den ersten Momenten des Walzens eine Quantität Schotter vor sich her,
                              wenn die Dicke der Schotterschicht bedeutender oder wenn der Untergrund nicht
                              vollkommen widerstandsfähig ist. Die Walze dreht sich dann um sich selbst, ohne
                              vorzurücken und es muß von Zeit zu Zeit eine Winde benutzt werden, um die Maschine
                              aus dem von ihr gebildeten Graben herauszuheben;
                           3) haben das Zahnrad und die Walze, welcher ersteres die Bewegung mittheilt, einen
                              fast gleichen Durchmesser, so daß das Zahnrad mit dem Schotter in Berührung kommt,
                              der zuweilen zwischen den Zähnen desselben hängen bleibt, und bei deren Eingriff in
                              das Getriebe zu Stößen Veranlassung gibt, durch welche die Treibwelle zerbrochen
                              werden kann.
                           Zur Vermeidung aller dieser Nachtheile beginnt man bei diesem Apparate das Walzen in
                              der Regel mit Pferden und bedient sich erst dann, wenn die Straße geebnet ist und
                              sich etwas consolidirt hat, der Dampfwalze, welche durch ihr großes Gewicht eine
                              sehr feste Schichtung des Schotters bewirkt.
                           
                        
                           Apparat nach dem Systeme
                                 Ballaison.
                           Der Apparat von Ballaison enthält zwei Walzen, die von
                              einem gezimmerten Gestell aufgenommen werden, welches die zwischen den beiden Walzen
                              gelegene Dampfmaschine trägt. Die Bewegung wird durch endlose Ketten übertragen. Die
                              Achse jeder Walze kann mit der Längenachse des Apparates und des Gestelles einen
                              Winkel von einigen Graden bilden, wodurch der Apparat in den Stand gesetzt ist, aus
                              einer Straße in die andere einzubiegen, Hindernisse zu umfahren etc.
                           Das Totalgewicht der Maschine und der Walzen beträgt 13200 Kilogramme, einschließlich
                              eines mittleren Vorrathes an Wasser und Brennmaterial. Die beiden Walzen dieses
                              Apparates haben also die gewöhnliche Größe und das gewöhnliche Gewicht. Wenn
                              derselbe so schnell wie der alte von Pferden gezogene Apparat fortbewegt wird, so
                              muß er in derselben Zeit doch das Doppelte des letzteren leisten, und wenn die
                              täglichen Unterhaltungskosten (Reparaturen und Amortisation) dieselben wie bei jenem sind
                              (was ziemlich genau der Fall ist), so kostet also der Quadratmeter gewalzte
                              Straßenfläche um die Hälfte weniger als früher. Das Exemplar des Apparates, von
                              welchem eine Abbildung beigegeben ist, hat keine Tragfedern; aber mit solchen und
                              mit schmiedeeisernen Längenbalken anstatt der hölzernen, wiegt derselbe 15250
                              Kilogramme.
                           Die Dampfmaschine hat 10 Pferdekräfte und verbraucht per
                              Pferdekraft und Stunde 7 bis 8 Kilogr. Kohle.
                           Der Apparat von Ballaison übt in Folge der Vertheilung der
                              Last auf zwei Walzen an einem und demselben Punkte keinen so starken Druck aus wie
                              der Apparat von Lemoine und besitzt daher auch nicht wie
                              dieser den Nachtheil, daß er über wenig widerstandsfähigem Boden förmliche Gräben
                              bildet. Sollte aber ein solcher Fall aus irgend einer Ursache bei einer der beiden
                              Walzen eintreten, so ist es eine Seltenheit, daß die andere Walze dem Apparate seine
                              fortschreitende Bewegung nicht zu erhalten im Stande ist.
                           Die eigenthümliche Anordnung dieses Apparates, dessen Feuerung zwischen den beiden
                              Walzen verborgen ist und welcher wenig Lärm macht, erschreckt in der Regel die
                              Pferde so wenig, daß die Ingenieure, welche denselben anfangs nur auf minder
                              wichtigen und für den Verkehr abzuschließenden Straßen verwenden wollten, sich nun
                              entschlossen haben, denselben sogar bei Tage auf sehr frequenten Straßen arbeiten zu
                              lassen. Es sind zwar einige Unfälle in Folge der Construction dieses Apparates
                              vorgekommen; aber man hat Vorkehrungen dagegen getroffen und Verbesserungen an
                              demselben angebracht, so daß er jetzt als definitiv eingeführt zu betrachten ist; er
                              wird ohne Zweifel schon dadurch bedeutende Dienste leisten, daß nun die öffentlichen
                              Straßen von den mit Pferden bespannten Walzen frei werden, welche so nachtheilige
                              Stockungen veranlassen.
                           
                        
                           Beschreibung des Apparates von
                                 Ballaison.
                           Fig. 18 ist
                              eine Längenansicht desselben von der Seite, auf welcher sich der
                              Bewegungsmechanismus befindet;
                           Fig. 19 ist
                              eine vordere Ansicht desselben von der Seite, auf welcher sich der Dampfkessel
                              befindet;
                           Fig. 20 ist
                              eine Längenansicht von der Seite, auf welcher der Steuer- oder Lenkhebel für
                              die Walzen angebracht ist.
                           A ist das gezimmerte Gestell, welches die Dampfmaschine
                              mit ihrem ganzen Zugehör trägt.
                           B, B sind Walzen von gleichem Durchmesser, welche den
                              ganzen Apparat tragen;
                              dieselben sind lose auf parallele Achsen befestigt, an welchen die Längenbalken des
                              Gestelles A aufgehängt sind. Dieses Aufhängen erreicht
                              man auf der einen Seite (Fig. 18) durch das bloße
                              Einstecken der Achsen in Lager, welche auf breite Schienen festgebolzt sind; auf der
                              anderen Seite (Fig.
                                 20) wird dasselbe mit Hülfe von doppelten Bügeln B' bewerkstelligt, zwischen denen der Längenbalken hindurchgeht und welche
                              oben die Achsen, unten aber die Zapfen dicker Rollen B''
                              (Fig. 19)
                              umfassen, die sich auf der unteren Fläche des Längenbalkens umdrehen können.
                           C, C sind Gleitrahmen, auf welchen auf der Seite des
                              Apparates, wo sich der Steuerhebel für die Walzen befindet, die Enden der in die
                              Bügel B' (Fig. 20) eingesteckten
                              Achsen angebracht sind; mittelst dieses Bewegungshebels können die Bügel und
                              folglich auch die Enden der Achsen um einen gewissen Betrag einander genähert oder
                              von einander entfernt werden, so daß die Walzen sich auf der rechten oder linken
                              Seite einander nähern und also der Apparat nach rechts oder links abbiegt. Um dieses
                              Convergiren zu erreichen, muß man nothwendig den entgegengesetzten Enden der
                              Walzenachsen in den entsprechenden Lagern etwas Spielraum lassen, wie Fig. 18
                              zeigt.
                           D ist der Steuer- oder Lenkhebel, mittelst dessen
                              man bewirkt, daß sich die Walzenachsen einander nähern oder von einander
                              entfernen.
                           E, E sind Gabeln mit Schraubenmuttern, welche mit den
                              beweglichen Bügeln B' verbunden sind (Fig. 20); durch das
                              Umdrehen des Hebels D wird mit Hülfe zweier conischer
                              Getriebe eine horizontale, mit Gewinden versehene Stange umgedreht und dadurch die
                              Annäherung oder Entfernung der Walzenachsen hervorgebracht.
                           F ist die Dampfmaschine, die aus zwei kleinen
                              oscillirenden (Mindern besteht, welche die Walzen in Bewegung setzen.
                           G ist die Treibwelle, welche von den Kurbelstangen der
                              beiden oscillirenden Cylinder in Bewegung gesetzt wird und ihre Bewegung mittelst
                              Zahnräder und endloser Ketten auf die Walzen überträgt, wie aus der Zeichnung
                              deutlich zu ersehen ist.
                           H, H zeigt die Verbindungsweise der großen Zahnräder mit
                              den von ihnen in Bewegung gesetzten Walzen.
                           I, I sind die Wasserkästen.
                           J ist das Dampfrohr.
                           K ist das Rohr zum Ableiten des gebrauchten Dampfes.
                           L ist ein Giffard'scher
                              Injector.
                           M ist der Hebel zum Umsteuern der Bewegung des Apparates
                              (Fig.
                                 18).
                           
                              E. F.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
