| Titel: | Ueber die Hydraulicität der magnesiahaltigen Kalksteine; von Prof. Fr. Crace Calvert in Manchester. | 
| Fundstelle: | Band 179, Jahrgang 1866, Nr. XCIII., S. 383 | 
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                        XCIII.
                        Ueber die Hydraulicität der magnesiahaltigen
                           Kalksteine; von Prof. Fr. Crace
                              Calvert in Manchester.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXI p. 1168; December
                              1865.
                        Calvert, über die Hydraulicität der magnesiahaltigen
                           Kalksteine.
                        
                     
                        
                           Die werthvollen Mittheilungen von H. Sainte-Claire Deville über die Hydraulicität der MagnesiaS. 309 im vorhergehenden Heft dieses Journals. veranlassen mich zu einigen Bemerkungen über mehrere, bei einer im großen
                              Maaßstabe betriebenen Cementfabrication gemachte Beobachtungen, durch welche die
                              über jenen Gegenstand angestellten Versuche jenes Chemikers bestätigt werden. Im
                              September 1862 erhielt ich von dem Verwaltungsrathe der Great
                                 Dinorben Mining and Cement Company welche die
                              Magnesiakalkstein-Lagerstätten von Amluch auf Anglesea (North Wales)
                              bergmännisch abbaut, den Auftrag, zu untersuchen, ob gewisse Bänke des
                              Magnesiakalksteins von Port-Cynfor und Hell'smouth-Bay einer
                              technischen Benutzung fähig sind.
                           Die im Nachstehenden mitgetheilten Details bilden einen gedrängten Auszug meines am
                              3. Januar 1863 an die genannte Gesellschaft abgegebenen Berichtes. Nach einer Reihe
                              von vorläufigen Versuchen erlangte ich die Gewißheit, daß manche jener Bänke sich
                              vortheilhaft zu hydraulischem Cement, andere zu hydraulischem Kalk, und noch andere zu Stuck verwenden lassen.
                           Um zu erfahren, welcher Ursache die Differenzen in den hydraulischen Eigenschaften
                              dieser Magnesiakalke zuzuschreiben sind, unterwarf ich mehrere derselben einer
                              genauen Analyse und erhielt folgende Resultate:
                           
                              
                                 
                                 Hydraul. Cementvon Carigcract.
                                 Hydraul. Kalkvon Port-Cynfor.
                                 
                                 Stuck vonHell'smouth.
                                 
                              
                                 Kohlensaure Magnesia
                                 61,15
                                 55,23
                                 
                                 15,86
                                 
                              
                                 kohlensaure Kalkerde
                                 21,41
                                 33,99
                                 
                                 72,23
                                 
                              
                                 kohlensaures Eisenoxydul
                                   8,76
                                   3,85
                                 
                                   3,21
                                 
                              
                                 KieselsäureThonerde
                                   5,58  2,07
                                   5,58  2,27
                                 
                                    
                                    
                                   2,70
                                 
                              
                                 organische Substanzen u. Wasser
                                   1,10
                                   3,40
                                 
                                   6,00
                                 
                              
                                 
                                   ––––––––––
                                     ––––––––
                                 
                                 –––––––––
                                 
                              
                                 
                                         100,07
                                         100,00
                                 
                                      100,00
                                 
                              
                           Es ergibt sich aus diesen Analysen, daß der Hydraulicitätsgrad dieser verschiedenen
                              Magnesiakalksteine mit ihrem Magnesiagehalte im Zusammenhange steht. Das zur
                              Darstellung von hydraulischem Cement geeignete Gestein enthält 61,15 Proc. kohlensaure Magnesia, das zu
                              hydraulischem Kalke verwendbare 55,23 Proc. und das einen guten Stuck liefernde
                              15,86 Proc. Ich habe die aus diesen Rohmaterialien dargestellten Producte in Bezug
                              auf ihren Hydraulicitätsgrad einer sehr sorgfältigen Vergleichung mit dem besten in
                              England vorkommenden hydraulischen Cement und hydraulischen Kalk unterworfen, so
                              namentlich mit der ersten Qualität des Portlandcements
                              und mit dem aus dem blauen Liaskalkstein dargestellten
                              hydraulischen Kalke, und dabei völlig übereinstimmende Resultate erhalten, obgleich
                              diese letzteren Substanzen hinsichtlich ihrer chemischen Zusammensetzung von den von
                              mir analysirten sehr bedeutend verschieden sind. Gegenwärtig baut die Dinorben Company die Lagerstätten der Magnesiakalke zur
                              Fabrication der oben genannten drei Producte im Großen ab.
                           Diesen Resultaten entsprechend, kann man annehmen, daß der Kalkstein, welcher mir
                              hydraulischen Kalk gegeben, ein wahrer Dolomit, derjenige
                              hingegen, welcher hydraulischen Cement liefert, ein Magnesiakalkstein oder dolomitischer Kalkstein ist, welcher etwa 20 Proc.
                              Magnesia mehr enthält als die meisten der bisher analysirten Dolomite; diese
                              Resultate geben somit auch eine praktische Bestätigung der von H.
                              Sainte-Claire Deville entdeckten Thatsache, daß
                              die Magnesia eine bedeutende Hydraulicität besitzt.
                           Auch ich habe die von diesem Chemiker hervorgehobene Thatsache beobachtet, daß beim
                              Brennen die größte Sorgfalt erforderlich ist; die Temperatur muß allmählich zum
                              Rothglühen gesteigert und diese Hitze unterhalten werden bis die Kohlensäure verjagt
                              istDie Oefen der Dinorben Company haben eine solche
                                    Einrichtung, daß in denselben dieses Resultat wirklich erreicht wird., denn wenn diese Kalksteine einer höheren Temperatur ausgesetzt werden, so
                              bildet sich eine Verbindung des Kalks mit der Magnesia, oder es findet eine
                              Molecularveränderung statt, in Folge deren sie zu dem beabsichtigten Zwecke
                              untauglich werden. Meinen weiteren Beobachtungen zufolge müssen auch diese
                              Kalksteine unmittelbar nach dem Brennen sehr fein gepulvert werden; in je feiner
                              vertheiltem Zustande sie sich befinden, eine desto homogenere und zähere Masse
                              bilden sie, selbst unter Wasser.
                           
                        
                           Bemerkungen zu der vorstehenden
                                 Mittheilung; von H. Sainte-CIaire Deville.
                           Die Mittheilung Calvert's enthält sehr wichtige
                              Thatsachen, welche er, allzu bescheiden, bloß als Bestätigungen meiner eigenen
                              Untersuchungen betrachtet. Ich werde mich begnügen, aus Calvert's
                              Analysen die Erklärung der durch die Erfahrung bewährten vortrefflichen
                              Eigenschaften des hydraulischen Cements von Carigcract abzuleiten. Auf den ersten
                              Blick ist es klar, daß diese Eigenschaften beinahe ausschließlich von dem
                              ungewöhnlich hohen Magnesiagehalte dieses Dolomits bedingt werden; denn ein
                              Kieselsäuregehalt von 5 Proc. würde nicht hinreichen, einem reinen Kalkstein so
                              bedeutende hydraulische Eigenschaften zu verleihen. Indessen läßt sich nicht in
                              Abrede stellen, daß dieser geringe Kieselsäuregehalt in diesem Falle einen ganz
                              besonderen Dienst leistet. Derselbe verhindert nämlich, wenn sich in Folge eines zu
                              scharfen Brennens in dem dargestellten Cemente Aetzkalk
                              gebildet hat, daß letzterer schädlich wirken und die Güte des Products
                              beeinträchtigen kann; denn wenn man das in meiner Mittheilung „über die
                                 Hydraulicität der Magnesia,“ sowie das in den letzten Zeilen von Calvert's vorstehendem Aufsatze Gesagte genau in's Auge
                              faßt, so wird man bemerken, daß der Kalk in einem magnesiahaltigen Cemente im
                              Zustande von Kohlensäuresalz bleiben muß, wenn er nicht schädlich wirken soll.
                              Berechnet man nach den werthvollen, von Rivot und Chatonnay gegebenen Anhaltspunkten die Kalkmenge, welche
                              durch die Kieselsäure und die Thonerde in hydraulisirende Substanz umgewandelt
                              werden kann, und rechnet man unter Berücksichtigung der Beobachtungen von Malaguti zu der Thonerde das Eisenoxyd hinzu, welches
                              durch das Brennen des im Kalksteine enthaltenen kohlensauren Eisenoxyduls entstand,
                              so muß diese Hydraulisirende Substanz folgende Zusammensetzung haben:
                           
                              
                                 Kieselsäure
                                 5,6
                                 
                              
                                 Thonerde
                                 2,1
                                 
                              
                                 Eisenoxyd
                                 6,0
                                 
                              
                                 Kalk
                                 6,7
                                 
                              
                                 
                                 –––––
                                 
                              
                                 
                                 20,4
                                 
                              
                           so daß von den 12 Proc. Aetzkalk, welche dieser Kalkstein bei
                              zu scharfem Brennen liefern kann, nur 5,3 Proc. im isolirten Zustande übrig bleiben,
                              deren schädlicher Einfluß auf das Erhärten der Magnesia ganz unmerklich ist.
                           Demzufolge werden die durch Calvert in so genügender Weise
                              festgestellten Eigenschaften des hydraulischen Cements von Carigcract bedingt: 1)
                              durch 29,1 Proc. caustischer Magnesia, welche eine
                              bedeutende Quantität indifferenter Substanz zu solidificiren vermag, und 2) durch 20
                              Proc. der in den gewöhnlichen Cementen enthaltenen hydraulisirenden Substanz, also von einer Quantität der letzteren, welche
                              in einem Kalksteine nicht hinreichen würde, um ihn zu einem brauchbaren Cemente zu machen, deren Wirkung
                              aber durch diejenige der caustischen Magnesia verstärkt wird.