| Titel: | Verbesserungen in der Erzeugung von Gießereieisen, von Henry Bessemer in London. | 
| Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. XIV., S. 60 | 
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                        XIV.
                        Verbesserungen in der Erzeugung von
                           Gießereieisen, von Henry
                              Bessemer in London.
                        Aus dem London Journal of arts, Mai 1866, S.
                              286.
                        Bessemer's Darstellung eines verbesserten
                           Gießereimetalles.
                        
                     
                        
                           Wird aus Roheisen durch Einpressen von atmosphärischer Luft flüssiges hämmerbares
                              Eisen oder Stahl dargestellt und dann mit flüssigem grauem Roheisen gemischt, so
                              wird dadurch die Festigkeit des letzteren bedeutend vermehrt; außerdem erlangt das
                              Metallgemisch noch andere werthvolle Eigenschaften, in Folge deren es zum Gusse von
                              Gegenständen, welche große Festigkeit besitzen müssen, oder die einer starken
                              Abnutzung unterworfen sind (wie Geschütze, Räder für Eisenbahnwagen, Maschinentheile
                              etc.), vorzüglich geeignet ist. Ein derartiges Metallgemisch hat aber eine große
                              Neigung, beim Vergießen unganz und blasig zu werden, indem aus ihm nach dem Zusammenmischen der beiden
                              verschiedenen Eisenarten mehr oder weniger reichliche Mengen von Gasen entweichen,
                              bis es erstarrt und erkaltet. Dieser Uebelstand läßt sich nun gänzlich oder doch zum
                              größeren Theile vermeiden, wenn man das fertige Metallgemisch zu Gänzen, Masseln
                              oder zu anderen passend geformten Stücken vergießt, welche dann vor dem Gießen des
                              darzustellenden Artikels nochmals umgeschmolzen werden, wodurch man blasenfreie,
                              überhaupt vollkommenere Güsse zu erzielen vermag.
                           Bekanntlich läßt sich aber geschmolzenes hämmerbares Eisen oder geschmolzener Stahl
                              in dem Bessemer'schen Umwandlungsgefäße (Birne) nur sehr kurze Zeit in flüssigem
                              Zustande erhalten und dadurch ist der Eisengießer gezwungen, das Metall unmittelbar
                              nach seiner Erzeugung zu verbrauchen. In allen Fällen, in denen Bessemer'sches
                              hämmerbares Eisen oder Bessemerstahl mit flüssigem grauem Eisen zur Darstellung von
                              Gußstücken gemischt werden soll, läßt sich daher das Umwandlungsgefäß (die Birne) nicht dazu benutzen,
                              das Metall den ganzen Tag über mit kurzen Unterbrechungen zu verschiedenen Güssen
                              abzustechen, wie dieß bei dem Kupolofen zulässig ist. Sobald bedeutende Mengen von
                              Bessemermetall erforderlich sind, werden große und kostspielige Apparate und
                              maschinelle Vorrichtungen nöthig, um es aus Roheisen darzustellen und derartige
                              große Umwandlungsapparate lassen sich dann wieder nicht zur Erzeugung kleiner Massen
                              von Stahl oder hämmerbarem Gußeisen für die Darstellung des gemischten Metalles
                              benutzen. Dadurch wird die allgemeine Einführung dieser so vorzüglichen Metallmasse
                              bedeutend gehemmt.
                           Durch die hier mitzutheilende neue Erfindung (patentirt in England am 1. Mai 1865)
                              läßt sich ein ganz vorzügliches Roh- oder Gießereieisen erzeugen, welches der
                              Eisengießer in einem für seine Zwecke geeigneten Zustande aus dem Metallhandel
                              beziehen kann, um es in gewöhnlichen Oefen entweder allein, oder mit Zusatz einer
                              weiteren Portion von Roh- oder Gußeisen umzuschmelzen, so daß er in seinen
                              gewöhnlichen Oefen nach Belieben die erforderliche Qualität von Metall darzustellen
                              vermag, ohne sich die zur Erzeugung von Stahl oder hämmerbarem Eisen nach dem
                              Bessemerverfahren erforderlichen Apparate anschaffen zu müssen.
                           Bei Anwendung des neuen Verfahrens fließt das Roheisen aus dem Gebläseofen in einen
                              Recipienten, welcher so groß ist, daß er alles bei einem Abstich aus dem Gebläseofen
                              abfließende Eisen und außerdem soviel umgewandeltes Eisen (hämmerbares Eisen oder
                              Stahl) aufzunehmen vermag, als dem Roheisen zugesetzt und mit ihm vermischt werden
                              soll. Dieser Recipient ist aus starkem Eisenblech angefertigt und von ähnlicher
                              Form, wie die in Eisengießereien angewendeten Gießpfannen oder Kellen; gleich diesen
                              letzteren ist er innen mit Lehm beschlagen. Er hängt an einem Krahne, mittelst
                              dessen er in eine in der Hüttensohle befindliche Grube hinabgelassen wird, so daß
                              das flüssige Metall direct aus dem Gebläseofen hineinfließen kann. Eine Vorrichtung
                              zum Wägen muß so angebracht seyn, daß der Recipient (die Gießpfanne) auf derselben
                              ruhen kann und der Arbeiter daher im Stande ist, die Gewichtsmenge des in sie
                              einfließenden Eisens zu bestimmen und somit die Quantitäten der zu mischenden
                              Metalle zu reguliren. Der Krahn dient auch dazu, den Recipienten so hoch zu heben
                              und in eine solche Stellung zu bringen, daß dessen Inhalt sich in die gewöhnlichen
                              Sandformen ausgießen läßt. Die Mischung des hämmerbaren Eisens oder Stahls mit dem
                              flüssigen Roheisen erfolgt gewöhnlich schon mit genügender Gleichmäßigkeit durch das
                              bloße Zusammengießen beider oder Eingießen der einen Flüssigkeit in die andere, indem dabei ein
                              starkes Aufkochen eintritt, welches von der Entwickelung gasförmiger Stoffe
                              herrührt; nöthigenfalls kann die flüssige Masse durch mechanisches Umrühren noch
                              weiter vermischt werden.
                           Der Patentträger wendet, wie er ausdrücklich bemerkt, zur Erzeugung von hämmerbarem
                              Gußeisen oder Stahl für die Zwecke dieser Erfindung vorzugsweise das aus Hämatit
                              erblasene oder schwedisches oder anderes ausländisches Holzkohleneisen, entweder mit
                              oder ohne Zusatz von manganhaltigem Roheisen an; ebenso gebraucht er auch
                              vorzugsweise gutes festes graues Roheisen Nr. 1 oder Nr. 2, um es mit jenem zu
                              gattiren. Das schottische Roheisen oder andere aus Kohleneisenstein (Blackband)
                              erzeugte Roheisensorten werden durch den Zusatz von Stahl oder hämmerbarem Eisen,
                              welche mittelst des Bessemerns aus grauem Hämatit-Roheisen dargestellt
                              worden, in bedeutendem Grade verbessert. Für manche Zwecke ist ein Gemisch von 10
                              bis 20% geschmolzenem hämmerbarem Eisen oder Stahl und 80 bis 90% grauem Roheisen
                              ganz geeignet; wenn aber bei Güssen aus dem verbesserten Gießereimetalle große Härte
                              und Festigkeit erforderlich ist, wie z.B. zum Gusse von Walzen, Pochschuhen,
                              Hammerbahnen etc., so setzt man gutem grauem Roheisen 20 bis 60% hämmerbares Eisen
                              oder Stahl zu.
                           Man könnte eine Reihe von verschiedenen Nummern oder Sorten aufstellen, um dem
                              Eisengießer die Qualität dieses verbesserten Gießereimetalles in ihren verschiedenen
                              Abstufungen deutlich anzugeben und ihre Auswahl zu erleichtern. So ließe sich z.B.
                              durch die Nummerirung mit den Ziffern 1, 2, 3, 4, 5 und 6 ein Gehalt der
                              betreffenden Sorte an 10, 20, 30, 40, 50 und 60% hämmerbarem Eisen bezeichnen. Der
                              Consument kann dann von diesen Qualitäten des Metalles diejenige auswählen, welche
                              für ihn am besten paßt; oder er kann irgend eine Zwischensorte herstellen durch
                              Zusammenschmelzen der erforderlichen Mengen von zweien dieser Nummern, oder durch
                              Gattiren einer derselben mit einer weiteren Portion Gußeisen etc.
                           Werden Güsse mit einer Qualität des verbesserten Gießereimetalles gemacht, welche
                              einen bedeutenden Gehalt an hämmerbarem Eisen oder Stahl hat, so zeigt sich das
                              Metall zuweilen sehr hart, und wenn es zuerst vergossen wird, etwas spröde; dieser
                              Uebelstand wird beseitigt und eine größere Zähigkeit erlangt, durch Anwärmen und
                              Tempern des Gußstückes, d.h. dadurch, daß man es in einem verschlossenen Ofen oder
                              einer dergleichen Kammer genügend lange zur Rothgluth erhitzt und dann allmählich
                              erkalten läßt. Diese Behandlung ist indessen ganz unnöthig, wenn das Metallgemisch
                              nur eine verhältnißmäßig geringe Menge von hämmerbarem Eisen oder Stahl enthält.