| Titel: | Zur Unterscheidung der Wolle und Baumwolle in Geweben und Garnen; von Dr. C. Liebermann. | 
| Autor: | Carl Liebermann [GND] | 
| Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. XXXVI., S. 133 | 
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                        XXXVI.
                        Zur Unterscheidung der Wolle und Baumwolle in
                           Geweben und Garnen; von Dr. C.
                              Liebermann.
                        Liebermann, über Unterscheidung der Wolle und Baumwolle in Geweben
                           u. Garnen.
                        
                     
                        
                           Es ist bisweilen für den Fabrikanten von Interesse, in wollenen Geweben, welche
                              Baumwolle enthalten, die Lage und Anzahl der Fäden leicht zu übersehen, sowie in
                              gemischten Garnen sofort die Quantität beider Stoffe mit einem Blicke schätzen zu
                              können. Die Pikrinsäure, welche zu dieser Unterscheidung durch Anfärben dienen
                              könnte, da sie die Baumwolle vollständig weiß läßt, dient diesem Zweck wegen des
                              geringen Contrastes zwischen Gelb und Weiß nicht vollkommen genug. Ich versuchte
                              mittelst Fuchsins dieses Ziel zu erreichen, aber ohne Erfolg, da sich im dichten
                              Gemisch des Gewebes die Baumwollfaser stets zu gleicher Zeit mit der Wolle anfärbt.
                              Dagegen führt ein kleiner Kunstgriff mit diesem Körper leicht zum Ziel. Bekanntlich
                              hat Hofmann beobachtet, daß Fuchsinlösung mit Alkalilauge
                              gekocht eine farblose Flüssigkeit, die Rosanilin enthält, gibt. Filtrirt man von
                              dieser einen flockigen Niederschlag, der sich gleichzeitig bildet, ab, und taucht
                              man in diese Flüssigkeit, womöglich heiß, ein Gewebe von Wolle und Baumwolle oder
                              gemischtes Garn einige Secunden ein, so bleibt es ganz farblos. Man wirft die Probe
                              nun in ein Gefäß mit kaltem Wasser oder spült sie gut, worauf die Rothfärbung der
                              Wolle, sobald das Alkali ausgewaschen ist, eintritt, ohne daß die Baumwolle die
                              mindeste Färbung annähme. Man kann nach dem Trocknen in einem gemischten Gewebe
                              jeden einzelnen Fäden bequem mit bloßem Auge verfolgen, und als Wolle oder Baumwolle
                              erkennen, in gemischtem Garn, der sogenannten Vigogne, z.B. mit einem Fadenzähler,
                              wie er jedem in diesem Zweige beschäftigten Fabrikanten zur Hand ist, jede einzelne
                              der so feinen Woll- und Baumwollfasern von einander unterscheiden. Da man bis
                              zur höchsten Intensität des Fuchsins ausfärben kann, so ist diese Methode auch noch
                              für gefärbte Garne meist anwendbar.
                           Die farblose (Rosanilin-) Lösung bereitet man einfach, indem man einige Gramme
                              Fuchsin, in einer Unze Wasser kochend löst und, immer kochend, tropfenweise
                              Kali- oder Natronlauge bis zur Entfärbung der Flüssigkeit zusetzt. Die
                              filtrirte Lösung hält sich in einem verkorkten Fläschchen beliebig lange,Beim Erkalten scheiden sich Krystallflitter von Rosanilin ab. und braucht bei neuer Benutzung nur erwärmt zu werden, obwohl auch dieß
                              nicht unumgänglich nöthig ist.
                           
                           Es bedarf wohl kaum der Erwähnung, daß sich Seide der Wolle, Leinen und andere
                              vegetabilische Fasern der Baumwolle gleich verhalten.