| Titel: | Ueber die Herstellung einer telegrafischen Verbindung zwischen den Abtheilungen eines Eisenbahnzuges im Allgemeinen, und über das System von Prud'homme insbesondere; von C. Tronquoy. | 
| Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. XLIV., S. 167 | 
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                        XLIV.
                        Ueber die Herstellung einer telegrafischen
                           Verbindung zwischen den Abtheilungen eines Eisenbahnzuges im Allgemeinen, und über das
                           System von Prud'homme
                           insbesondere; von C.
                              Tronquoy.
                        Nach den Annales du Génie civil, Mai 1866, S.
                              328.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              III.
                        Prud'homme's Apparate zur telegraphischen Verbindung zwischen den
                           Abtheilungen eines Eisenbahnzuges.
                        
                     
                        
                           Von der französischen Regierung wurden, um die mannichfachen Gefahren, von denen die
                              Eisenbahnreisen begleitet sind, und die sich durch so schmerzliche Ereignisse in
                              beängstigender Weise dem Gedächtnisse eingeprägt haben, zu beseitigen oder
                              wenigstens auf ihr kleinstes Maaß zurückzuführen, im Verlaufe des vorigen Jahres die
                              Eisenbahnverwaltungen aufgefordert, Vorschläge über neue Anordnungen zu machen,
                              durch welche bei einem jedesmaligen Bedürfnisse dieser Art die Reisenden sich mit
                              den den Zug begleitenden Beamten, diese unter sich und jeder derselben sich mit den
                              Bremswärtern und dem Locomotivführer sofort in Verbindung setzen kann.
                           Es müsse zugegeben werden, daß die Durchführung derartiger Maßregeln nicht
                              unbedeutende Schwierigkeiten darbietet, welche theils äußerer Natur sind, theils
                              aber in der Anordnung des Wächter-Systemes selbst gesucht werden müssen. Am
                              wenigsten könne hierbei der Kostenpunkt, wenn das System in sicherer Weise
                              ausführbar ist, in Berücksichtigung kommen, da, wie man weiß, die Entschädigungen,
                              welche bei solchen Ereignissen die Eisenbahnverwaltung zu zahlen hat, über diese
                              Frage bereits schon entschieden haben. Eine weit größere Schwierigkeit scheint der
                              Umstand darzubieten, ein derartiges Wächter-System zu finden, welches bei
                              allen französischen Eisenbahnen ungehindert eingeführt werden kann, und das selbst
                              von auswärtigen Staaten, die mit Frankreich in directem Eisenbahnverkehre stehen,
                              adoptirt werde. Sind nun derartige Schwierigkeiten überwunden, so werde es sich weiter darum
                              handeln, ein solches Wächter-System einzuführen, das beständig mit aller
                              Sicherheit functionirt, und das gestattet, jede Störung, welche irgendwie sich
                              einstellen sollte, sofort wieder zu beseitigen. Daß zu den genannten Schwierigkeiten
                              auch solche Störungen gezählt werden müssen, welche von dem reisenden Publicum
                              selbst hervorgebracht werden können, müsse zugegeben werden; solchen mißlichen
                              Zufälligkeiten aber könne nur durch strenge Polizei-Strafgesetze begegnet
                              werden, wie sie bereits in England und theilweise auch schon in Frankreich zur
                              Verordnung gekommen sind.
                           Endlich dürfte man allerdings fragen: ob durch Einführung eines zweckmäßigen und
                              tadellosen Sicherheit-Systemes alle Gefahren bei Eisenbahnreisen ein für
                              allemal beseitigt werden können? Es muß zugestanden werden, daß eine Menge von
                              Zufälligkeiten denkbar sind, bei welchen entweder eine Verspätung von
                              Roth-Signalen eintreten kann oder denen zwar durch Anhalten des Zuges
                              momentan abzuhelfen ist, dafür aber wieder andere Gefahren sich einstellen können.
                              Am zweckmäßigsten dürfte es daher erscheinen, wenn nebst der Einführung von
                              Apparaten für Roth-Signale auch noch dafür gesorgt werden könnte, daß die
                              Eisenbahn-Waggons, welche für die Passagiere bestimmt sind, unter sich so in
                              Communication versetzt würden, daß die Conducteure sich direct von einem Wagen in
                              einen anderen, von welchem ein Roth-Signal herrührt, begeben können; es
                              könnte so eine regelmäßige Bewachung des ganzen Zuges stattfinden und zuweilen
                              manche Gefahr beseitigt werden, ohne den Train anhalten zu müssen.
                           Ausführbare Systeme für die Sicherheit der Eisenbahnzüge sind schon mannichfach
                              vorgeschlagen worden: eine Gruppe derselben ist rein mechanischer Natur, und andere
                              bezwecken, daß entweder auf indirecte Weise oder direct Lärm-Signale gegeben
                              werden können. Zu der ersten Art gehören alle jene Vorschläge, bei welchen entweder
                              Systeme von Stangen oder Drähten, Ketten u.s.w. längs eines Zuges von einem Ende
                              desselben bis zum anderen so angebracht werden, daß durch eine einfache Bewegung dem
                              Locomotivführer oder dem Bremswärter deutliche Zeichen mitgetheilt werden können. So
                              finden wir bei dem Systeme von Henson an jedem Wagen
                              Stangen fixirt, die, in das Innere desselben hineingeführt, an ihren Enden verbunden
                              sind, so daß sie mittelst Verbindungsröhren hier in einander gesteckt werden können;
                              an diesen Verbindungsstellen befinden sich abgezweigte Arme. Mittelst eines Hebels,
                              der sich in jeder Wagen-Abtheilung befindet, können die Passagiere den
                              abgezweigten Arm in Bewegung setzen und Glockenzeichen in der Nähe des Zugführers
                              etc. veranlassen; den Wagen, von welchem der Ruf ausgegangen ist, erkennt man sodann durch
                              ein Signal, welches durch einen eigenen, an dem Hebel angebrachten Mechanismus zum
                              Vorschein gekommen ist. – Ein solches System wurde auch von Nugent vorgeschlagen; derselbe ersetzt die Stangen durch
                              hohle in einander gesteckte Röhren; auch Th. Hunt ließ
                              sich ein ähnliches System patentiren, bei welchem jedoch Ketten oder Drähte zur
                              Verwendung kommen und wo in sinnreicher Weise die von den verschiedenen Waggons
                              gegebenen Roth-Signale deutlich von einander unterschieden werden können.
                              – Mehrere Systeme, wie das von Byerley, ebenso das
                              von Defries, gehören ohnehin nicht zu den eigentlichen
                              Signal-Systemen, da bei diesen bloß angestrebt wird, die directe
                              Communication der Reisenden mit den Conducteuren von irgend einem Wagen aus
                              herzustellen. Bei anderen Systemen werden keine mechanischen Wirkungen in Anwendung
                              gebracht. So geht z.B. der Vorschlag von Horridge dahin,
                              in einem jeden Wagen ein Reservoir mit comprimirtem Leuchtgase unterzubringen, das
                              mit einer längs des ganzen Trains sich erstreckenden Gasröhre luftdicht verbunden
                              ist, welch' letztere ihre Ausmündung nahe an der Flamme einer beständig brennenden
                              Lampe hat; der Austritt des Gases von dem Reservoir in die Röhre wird in dem
                              Augenblicke, in welchem man ein Signal geben will, durch einen Hahn vermittelt, der
                              deutlich bezeichnet und außerhalb des Coupé's angebracht ist. Will man ein
                              Roth-Signal geben, so dreht man den Hahn, und der Bremswärter oder einer der
                              Conducteure wird durch die nun entstehende Gasflamme aufmerksam gemacht; auch ein
                              Anruf kann auf diese Weise gegeben werden, wenn das entflammte Gas einen Fäden
                              abbrennt, der einen Wecker auslösen kann. Endlich wären noch die
                              Sicherheits-Systeme zu erwähnen, welche auf directe Rufe, entweder mittelst
                              akustischer Röhren oder mittelst Pfeifen sich beziehen; diese aber sowohl, als auch
                              alle Arten der Systeme der vorher genannten Art haben erfahrungsgemäß, soweit sie
                              bis jetzt bekannt geworden sind, den praktischen Anforderungen nicht genügen können.
                              Die Hoffnung, ein sicheres Signal-System für Eisenbahnzüge herzustellen, ist
                              jetzt allerwärts auf die Anwendung von elektrischen Wirkungen gerichtet.
                           Die Signal-Systeme, welche auf elektrischen Wirkungen beruhen und bis jetzt
                              zum Vorschlage gekommen sind, kann man in zwei Gruppen theilen: bei denen der ersten
                              Gruppe werden permanente Ströme angewendet, d.h. die Volta'sche Kette ist unter
                              gewöhnlichen Umständen beständig geschlossen, und der Strom wird unterbrochen in dem
                              Augenblicke, in welchem man ein Zeichen geben will; bei jenen der zweiten Gruppe
                              hingegen ist die Anordnung die entgegengesetzte.
                           
                           Zur ersten Art von Signal-Systemen gehört (unter anderen) das von Achard; die Anwendbarkeit der neuen Verbesserungen von
                              Achard wurde durch ausgedehnte Versuche auf der
                              französischen Ostbahn bestätigt, und die französische Akademie der Wissenschaften
                              hat bekanntlich dem Erfinder den Monthyon'schen Preis von
                              2500 Francs dafür zuerkannt. Die Einrichtung des neuen Systemes von Achard ist bekannt.Man s. polytechn. Journal Bd. CLXXX S.
                                       415. Bei diesem Systeme bestand zwar anfänglich noch der Mangel, daß, während der
                              Zug in Gang war, die Hämmer der Läutewerke durch die Erschütterungen zum Anschlag
                              gebracht wurden; ein anderer Nachtheil jedoch,Dem im Folgenden beschriebenen Systeme gegenüber können wir den hier gerügten
                                    Nachtheil nicht anerkennen, da Achard für den
                                    ganzen Zug, und zwar nicht bloß für die Signal-, sondern auch für die
                                    Brems-Apparate, nur zwei Batterien verwendet, während bei dem von Prud'homme viele der einzelnen Wägen –
                                    wenn wir die Mittheilung des Verfassers richtig verstanden haben –
                                    mit einer eigenen Batterie versehen seyn müssen; außerdem weiß man ja aus
                                    Erfahrung, daß die Wirksamkeit der meisten für derlei praktische Zwecke bis
                                    jetzt angewendeten Batterien im offenen Zustande und bei Benutzung von
                                    discontinuirlichen Strömen nicht viel länger andauert, als wenn man die
                                    Kette beständig geschlossen läßt und erst dann unterbricht, wenn ein Signal
                                    gegeben werden soll.C. K. der nämlich, daß der Strom beständig circuliren muß und daß in Folge dessen
                              die Unterhaltungskosten der Batterien vergrößert werden, ist dennoch geblieben.
                           Das System von Prud'homme, dessen Beschreibung hier zu
                              geben unsere eigentliche Absicht ist, hat bereits auf allen französischen
                              Eisenbahnen – auf der Nordbahn an 1800 Wägen, auf der Lyoner-Bahn an
                              450, auf der Orleans-Bahn an 24, auf der Ostbahn an 15, auf der Westbahn an
                              12, auf der Südbahn an 36 Wägen –, dann in Hoch-Italien an 56 schon
                              seine Anwendung gefunden; auch der kaiserliche Train der russischen Eisenbahnen ist
                              mit derlei Apparaten versehen, und in England ist es (wie die unten erwähnten
                              Patente dieß andeuten) nach Angabe des Verfassers ebenfalls schon bei einzelnen
                              Bahnen eingeführt.
                           Prud'homme wendet für jedes der elektromagnetischen
                              Läutewerke, mit denen der ganze Zug versehen werden soll, eine eigene Batterie an;
                              die sämmtlichen positiven Pole werden mittelst Drähten durch alle metallischen
                              Zwischenmittel, welche sich innerhalb der Wägen vorfinden, mit der Erde in
                              Verbindung gesetzt, während von den negativen Polen ein vollständig isolirter Draht
                              (der negative Draht genannt) ausgeht und innerhalb der Kette die Elektromagnete der
                              Läutewerke eingeschaltet sind; durch Einrücken irgend eines der verschiedenen
                              Einschalter kann die zugehörige Batterie für sich geschlossen werden, wenn man ein
                              Zeichen geben will.
                           
                           Jede der von Prud'homme verwendeten Batterien (Fig. 1) besteht
                              aus 6 Elementen, die in einem Kasten angebracht sind, an welchem auch das Läutewerk
                              mit allen dazu gehörigen Organen untergebracht ist (s. Fig. 4 und 5), und der natürlich in
                              sicherer Weise an dem zugehörigen Wagen aufgestellt sich befindet. Für seine
                              Batterien verwendet er Kohlenzinkelemente ohne Diaphragmen, entweder mit
                              schwefelsaurem Bleioxyd oder mit zweifach-schwefelsaurem Quecksilberoxydul,
                              welche Salze hierfür in bekannter Weise präparirt werden.Polytechn. Journal Bd. CLV S. 293 und
                                    Bd. CLIX S. 119. Die Zusammensetzung dieser, namentlich von Marié-Davy vorgeschlagenen und in Frankreich sowohl für den
                              Telegraphenbetrieb, als auch für sonstige industrielle sowie für medicinische Zwecke
                              fast allgemein in Gebrauch gekommenen Kette kann für verschiedene Anwendungen auch
                              passend vorgenommen werden. Für transportable Zwecke hat jedes Element beiläufig die
                              folgende Einrichtung: Ein kleiner Cylinder aus Bunsen'scher Kohle mit massivem Boden und nicht durchbohrter Seitenwand von
                              etwa 3 1/2–4 (Pariser) Zoll Höhe und beiläufig 1 1/2 Zoll innerem Durchmesser
                              ist mit einem Kupferringe versehen, an dem eine Kupferlamelle mit Contactklemme
                              angelöthet ist; in den Kohlencylinder wird ein nicht amalgamirter Zinkcylinder
                              gesteckt, der in denselben gerade paßt, ohne daß beide in Contact kommen; um
                              Letzteres zu verhindern, sind an der Oberfläche des Zinkes kleine Warzen aus
                              Hartkautschuk oder Holz eingesetzt. Das Zinkstäbchen ist an seinem oberen Ende mit
                              einer Kappe aus Messing oder Kupfer versehen, an der eine Fortleitungsklemme sich
                              befindet, und unterhalb dieser Kappe ist um den Zinkcylinder ein starker Ring aus
                              Hartkautschuk fest angelegt, mit welchem der Zinkcylinder auf dem oberen Rande der
                              Kohle aufliegt, ohne daß er also mit diesem eine metallische Berührung bilden kann.
                              Jedes Element wird in einen Cylinder aus gewöhnlichem Kautschuk gesteckt, in welchen
                              gerade die Kohle paßt, und die ganze Batterie kommt in einen Trog aus Holz oder
                              Gutta-percha u. dgl. Zuweilen wird anstatt eines massiven Zinkcylinders ein
                              hohler angewendet. Durch die genannte Metallplatte und den Ring von Hartkautschuk
                              kann der Verschluß eines jeden Elementes so dicht gemacht werden, daß ein Ausfließen
                              der Anregungsflüssigkeit nicht zu befürchten seyn dürfte; letztere wird übrigens
                              ohnehin, wie aus den citirten Original-Aufsätzen hervorgeht, in Form einer
                              teigartigen Masse verwendet.Detaillirte Beschreibungen derartiger Ketten findet man unter Anderem im Exposé des applications de
                                       l'électricité par le Comte
                                    du Moncel, come V, Paris 1863, p. 37.
                              
                           
                           Die von Prud'homme bei seinem Systeme angewendeten
                              Signal-Apparate sind wenig verschieden von den Läutewerken, welche schon seit
                              etwa 6 Jahren vielfach für elektrische Haustelegraphen angewendet werden; letztere
                              sind von ihm bloß in soweit abgeändert worden, daß der Läuteapparat während des
                              Transportes nicht zum Tönen kommen kann. Eine Modification dieser Art – die
                              übrigens nicht neu ist – finden wir in Fig. 2 der Hauptsache nach
                              abgebildet. Der bei M, M angedeutete Elektromagnet ist
                              nämlich mit zwei Armaturen versehen, von welchen die eine e (bei den gewöhnlichen Läutewerken für Haustelegraphen fest) mit dem
                              Stäbchen g einen Winkelhebel bildet, der um die Achse
                              f drehbar ist, wogegen die andere d um eine Achse m drehbar
                              und an ihrem anderen Ende mit dem federnden Stiele des Hammers i versehen ist. Im Ruhezustande wird die Armatur e mittelst einer Spannfeder von den Polflächen des
                              Elektromagnetes M, M abgezogen erhalten, so daß also das
                              Stäbchen g hierbei von rechts nach links gezogen wird
                              und den Hammer i nicht gegen die Glocke k anschlagen läßt; die andere Armatur d legt sich im Ruhezustande und überhaupt jedesmal, wenn
                              der Strom unterbrochen wird, an die Feder c an, welche
                              in einem isolirten Lager b eingeklemmt und hier mit der
                              Fortleitungsschraube a durch einen Draht in Contact
                              gesetzt ist. Ein Ende der Spirale von M, M ist mit der
                              Klemmschraube h in Contact, das andere Ende l aber ist auf dem Wege l, m
                              mit der Armatur d in metallische Verbindung gesetzt.
                              Wenn nun die Spirale des Elektromagnetes M, M mittest
                              der Contactschrauben a und h
                              in die negative Stromleitung (s. Fig. 5) eingeschaltet und
                              die Kette irgendwo geschlossen wird, so werden die beiden Anker e und d angezogen; in Folge
                              der Anziehung von e wird das Stäbchen e von links nach rechts bewegt, wodurch sodann der
                              Hammerstiel frei wird, durch die Anziehung von d aber
                              gegen die vorderen Polflächen des Elektromagnetes wird einmal der Hammer i die Glocke k zum Tönen
                              bringen, dabei aber auch gleichzeitig, da die in die Kette eingeschaltete Armatur
                              d sich jetzt von der Feder c entfernt, der Strom unterbrochen. Der federnde Hammerstiel der Armatur
                              kehrt daher sogleich wieder in seine Ruhelage zurück, bei welcher die Armatur d die Feder c berührt, und
                              stellt so den Strom wieder her. Das abwechselnde Anziehen und Abziehen der Armatur
                              d wird sich nunmehr so lange wiederholen und sohin
                              auch die Glocke so lange im Tönen erhalten werden, bis die Kette wieder unterbrochen
                              wird; von diesem Augenblicke an bleiben sodann wieder die beiden Armaturen abgezogen
                              von den Polflächen des Elektromagnetes M, M, und der
                              Hammerstiel wird in genannter Weise dabei arretirt.
                           
                           Was nun die Anordnung des Stromlaufes, nämlich des Leitungssystemes längs des ganzen
                              Trains betrifft, so ist dieses, wie bereits oben erwähnt, so angelegt, daß, wenn an
                              irgend einer Stelle des Zuges die negative Leitung entweder direct mit der positiven
                              oder auf irgend einem anderen Metallwege mit der Erde in Verbindung gesetzt wird,
                              die Signalapparate aller einzelnen Abtheilungen (wo nämlich solche angebracht sind)
                              gleichzeitig den Anruf geben. Die Verbindungsweise ist daher von Prud'homme so eingerichtet worden, daß jener Contact
                              ebenso sicher hergestellt wird, wenn ein Theil des Zuges sich vom übrigen trennt
                              oder wenn ein Bruch etc. des negativen Verbindungsdrahtes an irgend einer der
                              Abtheilungen stattfinden sollte u.s.w., als wenn absichtlich durch irgend einen der
                              Commutatoren der Contact hergestellt wird: gerade hierin liegt das Wesentliche der
                              von Prud'homme erdachten Constructionen; denn man kann
                              auf diese Weise nicht nur sich überzeugen, ob bei der Zusammensetzung des Zuges das
                              ganze System tadelfrei functionirt, sondern es wird auch hierdurch bei jeder
                              drohenden Gefahr, da hierbei jedesmal die Kette geschlossen wird, jeder der
                              Conducteure, sowie der Locomotivführer und der Bremswärter einer jeden Abtheilung
                              rechtzeitig und sofort in Kenntniß gesetzt. – Daß die Theile der negativen
                              Drahtleitung – in Fig. 5 mit Minuszeichen
                              versehen – innerhalb der Wagenabtheilungen als völlig isolirt angenommen
                              werden müssen, wurde bereits erwähnt; die Unterbrechungsstelle dieser negativen
                              Leitung zwischen einem Wagen und dem nächsten oder vorhergehenden aber wird (s. Fig. 4 und 5) durch
                              eigenthümlich angeordnete Leitungsschnüre hergestellt. Eine jede derartige
                              Leitungsschnur X (Fig. 3) ist gleichsam wie
                              ein Kabel aus starken, übereinander gedrehten Kupferdrähten gebildet; diese
                              Metallschnur ist mit Wollfäden umsponnen und getheert. Das eine Ende dieses
                              Verbindungskabels ist mit einer Metallplatte H, welche
                              mit dem Drahtkerne metallisch verbunden ist, versehen und diese Platte wird (s. Fig. 4 und 5) an die
                              Wagenwand festgeschraubt und metallisch mit dem Ende der negativen Leitung
                              verbunden, das an dieser Stelle in die Wand eingelassen wurde; das andere Ende
                              dieser Verbindungsschnur X ist mit einem Ringe x versehen, der wieder eine Verlängerung der
                              Metallschnur selbst bildet. Zum Herstellen der elektrischen Verbindung zwischen je
                              zwei Wägen werden je zwei solche Schnüre verwendet, so daß das freie Ende x immer in einen Haken G
                              eingehängt werden kann, und beide Verbindungsschnüre sind hierbei (Fig. 5) symmetrisch
                              angeordnet. Das Lager dieses Hakens G (Fig. 6) ist wieder an der
                              Wagenwand festgeschraubt; derselbe besteht aus einem Stäbe, der an einer Trommel Y angebracht ist, innerhalb welcher eine starke
                              Uhrfeder, um eine eigene Achse gewickelt, sich befindet, welche das Bestreben hat, den Stab G gegen die Wagenwand hin zu drücken. Letzterer ist nun
                              an seinem oberen Ende mit einem Vorsprunge versehen, in welchen der Ring x (Fig. 3) bei der
                              Herstellung der Verbindung eingehängt werden kann, und ist dieselbe hergestellt, so
                              wird dieser Haken gezwungen, in einer gewissen Entfernung von der Wagenwand zu
                              bleiben; mittelst seines metallenen Lagers ist nun dieser Verbindungshaken G wieder mit dem negativen, in das betreffende
                              Wagengestell eingelassenen Drahtstück metallisch verbunden. In die Wagenwand selbst
                              ist aber diesem Haken gegenüber ein Bolzen eingeschraubt, der mit seinem Ende J den Stab G metallisch
                              berühren kann, wenn letzterer durch die Schnur X nicht
                              zurückgezogen worden ist, und jener Bolzen J ist (s.
                              Fig. 4 und
                              5) mit der
                              positiven Drahtleitung oder mit der Erde in Contact gebracht. Der Zweck dieser
                              Anordnungen ist jetzt leicht einzusehen. Wird der Signalapparat auf jeder Abtheilung
                              in Stand gesetzt, und werden nun sämmtliche Wägen zusammengehängt, ohne daß jedoch
                              die Verbindungsschnüre X angebracht werden, so wird
                              offenbar überall der Haken G mit dem Bolzenende J in Contact seyn, und da hierbei, wie man leicht aus
                              Fig. 5
                              erkennen kann, die Kette geschlossen wird, wenn auch nur an einer einzigen Stelle
                              G mit J metallisch
                              verbunden wird, so werden jetzt die sämmtlichen Signalapparate in Thätigkeit gesetzt
                              werden, wenn alle einzelnen Organe fehlerfrei sind. Werden nun die sämmtlichen
                              Verbindungsschnüre X, X etc. mittelst ihrer Ringe
                              eingehängt, so wird hierdurch jeder der Haken G von dem
                              zugehörigen Bolzenende J getrennt, und der Strom wird
                              dann an keiner einzigen Stelle mehr hergestellt seyn; er würde aber sofort wieder
                              hergestellt werden, wenn ein gewaltsamer Bruch etc. bei einer der mit X bezeichneten Stellen eintritt.
                           In sehr einfacher und bekannter Weise ist nun jeder der Commutatoren oder Einschalter
                              angeordnet, um Warnungszeichen oder Roth-Signale zu geben, und es mag
                              ausreichen, einige Andeutungen hierüber aus unserer Quelle zu entnehmen, da für
                              diesen Zweck alle ähnlichen Einrichtungen, wie man sie bei Haustelegraphen und
                              namentlich in Telegraphenstationen der verschiedensten Art findet, zur Benutzung
                              kommen können. So hat jeder der Commutatoren, der von den Conducteuren des Zuges
                              angewendet wird, wenn einer von ihnen ein Zeichen geben will, die Einrichtung, wie
                              wir sie in Fig.
                                 7 und bei C in Fig. 4 und 5 schematisch angedeutet
                              finden. Auf einer Holzplatte C ist nämlich ein
                              Metallhebel – nach Art eines Tasters – der an einer Seite mit Platin
                              belegt ist, um eine Achse drehbar angeordnet; wird dieser Hebel M gedreht, bis er mit dem an der Holzplatte isolirt
                              angebrachten Platincontacte in Verbindung kommt, so ist die Kette für alle
                              Signalapparate geschlossen, wenn ein einziger dieser Hebel zum Contact gebracht
                              wird. Nehmen wir z.B. an, es sey an dem Signalapparate Nr. I der Contacthebel in C mit dem Platincontacte n
                              in Verbindung gebracht, und ein Train sey so angeordnet, daß, wie in Fig. 4 u. 5, immer ein Zwischenwagen
                              keinen Signalapparat habe, so wird bei Nr. II der Strom vom positiven Pole aus, nach
                              der Richtung der Pfeile y gehend, bis zu n gelangen, und, von hier aus auf den Hebel m übergehend, in der Richtung der Pfeile p zur Batterie zurückkehren. – Zum Gebrauche für
                              die Passagiere sind wohl ähnliche Einschalter in jeder Wagenabtheilung angebracht,
                              dieselben sind aber so verborgen, daß man direct keinen Gebrauch davon machen kann.
                              Ein Metallstab geht nämlich von einem Ende zum anderen in einer jeden
                              Wagenabtheilung; an seinem Ende ist er mit durchbrochenen Schienen von etwa einem
                              Quadrat-Decimeter Oberfläche versehen, die nach außen vorstehen und eine Art
                              Griff bilden; in seiner Mitte trägt der Stab einen kleinen Hebel mit Kette, der eine
                              Art Glockenzug bildet. In der normalen Lage ist jede der Schienen horizontal und
                              zeigt bloß ihre Kanten; wird aber mittelst der Kette stark angezogen, so wird der
                              Contact hergestellt, während gleichzeitig die Schiene jetzt die verticale Lage
                              annimmt und in dieser Lage, da sie mit Farben bezeichnet ist, den Wagen erkennen
                              läßt, von wo aus der Ruf gegeben wurde. Der Passagier kann den Stab, an welchem der
                              Zug sich befindet, nicht mehr zurückdrehen, und es werden daher so lange die Signale
                              andauern, bis der Conducteur zu dem betreffenden Wagen kommt, um mittelst eines
                              eigenen Schlüssels den Contact wieder aufzuheben; damit ferner nur im Nothfalle von
                              einem Passagier ein derartiger Ruf gegeben werden kann, sind die sämmtlichen
                              Kettchen innerhalb einer mit einer Glasplatte verschlossenen Kapsel angebracht und
                              werden daher nur dann zugänglich, wenn man die Glasplatte zerbricht.
                           
                        
                           Zusatz.
                           Es wurde oben erwähnt, daß der Verfasser unter Anderem bemerkt, das von Prud'homme erdachte System sey bereits auch in England
                              zur Ausführung gekommen und dort der Gegenstand von Patenten gewesen. Eine derartige
                              Specification, die sich auf Verbesserungen von Signalapparaten für Eisenbahnzüge
                              bezieht, liegt uns vor. Dieselben wurden am 28. December 1864 für W. H. Preece und A. Bedborough in
                              Southampton patentirt.London Journal of arts, Januar 1866, S. 9. Bei den von diesen Patentträgern beschriebenen Einrichtungen finden wir nur für die
                              Herstellung der Leitung zwischen zwei auf einander folgenden Wägen die gleiche
                              Anordnung wie bei dem Prud'homme'schen Systeme; die
                              Modification des Signalapparates mit Selbstunterbrechung und die Signalisirungsweise
                              der Wagenabtheilungen ist jedoch durch andere Constructionen durchgeführt als die im
                              Vorhergehenden beschriebenen. Die Modificationen des Signalapparates sind aus Fig. 8 leicht
                              zu erkennen. Während der Elektromagnet c zur Herstellung
                              der Glockenzeichen dient, ist gleichzeitig mit diesem ein zweiter Elektromagnet f in die Kette eingeschaltet, dessen Anker e während der Ruhelage den Hammerstiel a von der Glocke d getrennt
                              zu erhalten hat. Tritt nämlich der Strom bei 1 in den Apparat ein, so kann er durch
                              die Feder 2 und durch die Armatur b in die Spirale von
                              c treten und muß sodann, den Weg 3 nehmend, die
                              Spirale von f circuliren, um durch das Ende der
                              letzteren bei 4 zur Schraubenklemme 5 wieder austreten zu können; hierbei werden
                              also, so lange die Kette geschlossen bleibt, die Glockenzeichen in derselben Weise
                              erfolgen, wie dieß oben beschrieben worden ist. Zugleich wird aber bei jeder
                              Stromherstellung der um eine Achse drehbare Anker e
                              angezogen, also der Hebelarm e' nach aufwärts sich
                              drehend, dabei den Hammerstiel frei lassen; hingegen wird, wenn das Hebelende e mit einer Abreißfeder versehen wird, bei eintretender
                              Stromunterbrechung der Hebelarm e' wieder nach abwärts
                              geführt, um das Anschlagen des Hammers während der Ruhelage zu verhindern. Der
                              Mechanismus, welchen Preece und Bedborough anwenden, um ein Signal zum Vorschein kommen zu lassen, das die
                              betreffende Wagenabtheilung angibt, besteht in einer in einer Trommel
                              eingeschlossenen federnden Spirale, welche durch einen starken Druck gegen eine
                              Glasplatte eine Verschiebung längs ihrer Achse bewirkt, wobei dann mittelst eines
                              gegliederten Viereckes, das an zwei Ecken mit Zugstangen in Verbindung steht, ein
                              Haken ausgelöst wird, der das vorher verborgene Signal freiläßt, so daß dieses zum
                              Vorschein kommt; von dieser Anordnung wird kaum eine gesicherte Thätigkeit erwartet
                              werden dürfen – Ob nun die eben genannten Constructeure unabhängig von dem
                              Systeme Prud'homme's ihre Einrichtungen getroffen haben,
                              oder ob ihr Patent selbst älter als die Erfindung von Prud'homme ist, läßt sich aus den uns vorliegenden Quellen nicht ersehen;
                              wir können nur bestätigen, daß Murand und Prud'homme mit diesem Gegenstande sich schon gegen die
                              Mitte des vorigen Jahrzehntes beschäftigt haben. – Ein für V. Walker im Februar 1865 patentirtes Signalsystem (London Journal of arts, März 1866, S. 143) enthält keine
                              wesentlichen Verbesserungen, die nicht schon bekannt wären.
                           
                              C. K.
                              
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
