| Titel: | Linien-Umschalter für Telegraphen; von J. zur Nieden, Baumeister zu Berlin. | 
| Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. LXXI., S. 260 | 
| Download: | XML | 
                     
                        LXXI.
                        Linien-Umschalter für Telegraphen; von
                           J. zur Nieden,
                           Baumeister zu Berlin.
                        Aus der Zeitschrift des deutsch-österreichischen
                                 Telegraphen-Vereins, Bd. XII S. 145.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              V.
                        zur Rieden, Linien-Umschalter für Telegraphen.
                        
                     
                        
                           Die Construction der zur Combination der Telegraphenapparate mit den Leitungen, sowie
                              auch der Leitungen unter einander dienenden Linien-Umschalter ist seit der
                              Entstehung der Telegraphie im Wesentlichen dieselbe geblieben. Einige versuchte
                              Aenderungen fanden keinen Eingang, weil sie theils die Herstellung der Umschalter
                              schwieriger machten, theils durch von den Schienen losgelöste Metalltheilchen
                              Nebenschließungen veranlaßten.
                           Ein Hauptmangel dieser Umschalter liegt in der Isolation der Befestigungsschrauben,
                              welche sich der unmittelbaren Beobachtung durch das Auge vollkommen entzieht und die
                              Entdeckung entstandener Fehler erschwert. Ein zweiter Uebelstand liegt in den
                              geringen Zwischenräumen, welche zwischen je zwei Stäben bestehen, weßhalb leicht
                              durch feuchten Staub, Bleistiftspitzen etc. Nebenschließungen eintreten können, und
                              nur durch Abschrauben der oberen Schiene sich beseitigen lassen. Endlich haben diese
                              Umschalter wegen der großen Metallmasse ein bedeutendes Gewicht; es wiegt nämlich
                              ein Umschalter für 30 und 50 Schienen 3 1/2 Ctr.
                           
                           Der Verfasser hat sich nun seit längerer Zeit für die Construction neuer Umschalter
                              die Aufgabe gestellt:
                           
                              1) die Metallmasse ist zu verringern und somit das Gewicht der
                                 Apparate auf ein Minimum zu bringen;
                              2) die isolirende Masse ist zu vergrößern und somit die Gefahr
                                 der Nebenschließungen möglichst zu beseitigen;
                              3) den Verbindungsstücken ist eine solche Form zu geben, daß die
                                 Bohrungen vermieden werden und somit der Preis der Apparate möglichst ermäßigt
                                 wird.
                              
                           So entstand nach vielen mißglückten Versuchen der hier zu beschreibende Umschalter.
                              Derselbe besteht aus zwei Lagen sich kreuzender Holzschienen, welche mit ihren Enden
                              auf einem Holzrahmen befestigt und außerdem, wie aus Fig. 3 zu ersehen ist, an
                              den Kreuzungspunkten unter sich durch Nieten vielfach verbunden sind, so daß dadurch
                              ein festes, nur aus isolirenden Theilen bestehendes Gitter gebildet wird. In den
                              Gitterstäben sind Bohrungen angebracht und durch letztere blanke Kupferdrähte
                              gezogen, welche mit ihren Enden an Klemmen befestigt werden, so daß durch diese eine
                              Verbindung mit den Leitungen und den Apparaten leicht hergestellt werden kann. Die
                              Verbindung zweier Drähte wird durch Spiralfederklemmen hergestellt; letztere
                              bestehen (Fig.
                                 6) aus einem an beiden Seiten mit einem Haken versehenen Metallstück a, a, welches von seinem unteren Ende aus auf mehr denn
                              die Hälfte seiner Länge aufgeschlitzt ist. In diesem Schlitz bewegt sich ein Kloben
                              b theilweise in dem Schlitz, theilweise mittelst des
                              lose durch den oberen Haken gehenden Stiftes c geführt
                              und durch eine Spiralfeder nach unten gedrückt. In Fig. 6a ist die Spiralfederklemme so
                              gezeichnet, als ob dieselbe im Umschalter sich befindet; ebenso sind die beiden
                              verbundenen Drähte eingezeichnet. Wird die Klemme aus dem Umschalter herausgenommen,
                              so dehnt sich die Spiralfeder aus und der Kloben sinkt so weit herunter, daß sich
                              der Kopf des Führungsstiftes c auf den oberen Haken
                              legt. Die Herstellung der Verbindung geschieht in folgender Weise: Die Klemme wird
                              mit dem Einschnitt über den oberen Draht geschoben und die Spiralfeder so weit
                              zusammengedrückt, daß mit dem unteren Haken der kreuzende Draht erfaßt werden kann.
                              Ist dieß geschehen, so drückt, wenn man die Klemme loslöst, die Spiralfeder den
                              Kloben gegen den oberen, den Haken gegen den unteren Draht und bildet so die
                              Verbindung. Aus dem Gesagten geht hervor, daß die Spiralfeder der einzige Theil des
                              Apparates ist, welcher durch den Gebrauch leiden kann. Es ist aber die Tüchtigkeit
                              der Spiralfeder nicht allein leicht zu controliren, sondern es zwingt auch die
                              Construction der Klemme den Beamten, bei jeder Aenderung der Verbindung diese Controle
                              auszuüben. Eine schadhafte Spiralfeder kann aber leicht durch eine neue ersetzt
                              werden, indem man nämlich den Führungsstift c aus dem
                              Kloben heraus schraubt und alsdann eine Auswechselung der Feder vornimmt.
                           Der Apparat hat auch noch auf gleiche Weise, wie andere Schienenumschalter, eine
                              Vorrichtung zum Ausschalten, wie sie für Uebertragungsstationen erforderlich ist,
                              erhalten, welche in Folgendem beschrieben werden soll: An den oberen Klemmen sind
                              die Leitungen, rechts und links Uebertragungen und Reserven, und unten die Apparate
                              angebracht. Die erwähnte Einrichtung ist aus Fig. 3, welche eine der
                              unteren Ecken darstellt, sowie aus Fig. 4 zu ersehen. Die
                              oberen Drähte enden nämlich in der letzten Holzschiene d,
                                 d; zwischen dieser und der vorletzten Schiene, und zwar in derselben Ebene
                              mit den unteren Drähten, befinden sich kleine Querstücke e mit Verbindungsstücken f, f, welche nach den
                              Klemmen führen. Wird zwischen dem oberen Draht und dem Querstück eine Federklemme in
                              der oben beschriebenen Weise eingefügt, so ist die betreffende Leitung mit dem
                              zugehörigen Apparat verbunden; diese Verbindung ist mithin die normale. Soll die
                              Leitung auf Uebertragung verbunden werden, so ist die normale Verbindung zu lösen
                              und die Klemme nach dem betreffenden Punkt des Umschalters zu versetzen.
                           Fassen wir nun zum Schluß die Hauptvortheile dieser Umschalter zusammen, so bestehen
                              dieselben erstens darin, daß die Zwischenräume zwischen je zwei Drähten sehr groß
                              sind und somit Nebenschließungen und Störungen nicht vorkommen können, selbst wenn
                              der Apparat durch Temperaturwechsel die größten Veränderungen erlitte, und daß
                              zweitens die Preisdifferenz eine sehr bedeutende ist. Ein gewöhnlicher Apparat von
                              24 und 24 Leitungen mit Ausschaltungen kostet circa 150
                              Thlr.; der hier beschriebene, obwohl aus freier Hand vergeben, kostet nur 53 Thlr.,
                              und wird sich dieser Preis, wenn mehrere Apparate zugleich in Submission gegeben
                              werden, jedenfalls nicht unbedeutend verringern. Bei größeren Apparaten gestaltet
                              sich dieses Verhältniß noch günstiger; so z.B. würde nach der Construction des Verf.
                              der für 48 und 96 Leitungen eingerichtete Linienumschalter der Berliner
                              Centralstation, welcher 1560 Thlr. gekostet hat, für circa 325 Thlr. sich herstellen lassen. Bei kleineren Apparaten schwindet
                              diese Differenz mehr und mehr, so daß bei 10 und 10 Leitungen die Preise ungefähr
                              gleich seyn werden, wobei jedoch nicht außer Acht zu lassen ist, daß die bessere
                              Isolirung auch hier für die Anwendung dieser Apparate spricht.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
