| Titel: | Ueber den Saftgehalt der Zuckerrüben; von Dr. C. Stammer. | 
| Autor: | Karl Stammer [GND] | 
| Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. C., S. 406 | 
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                        C.
                        Ueber den Saftgehalt der Zuckerrüben; von Dr.
                           C. Stammer.
                        Stammer, über den Saftgehalt der Zuckerrüben.
                        
                     
                        
                           Nennt man r den Gehalt an Trockensubstanz der ganzen
                              Rübe, in Procenten ausgedrückt, s denjenigen des Saftes,
                              gleichfalls in Procenten ausgedrückt, und x den
                              Saftgehalt der Rübe, so kann man unschwer den Werth für x aus r und s
                              finden.
                           Es besteht nämlich die Trockensubstanz der Rübe aus derjenigen des Saftes plus der festen, nicht im Safte enthaltenen Substanz
                              oder dem sogenannten Fasergehalt der Rübe. Letzterer ist offenbar in 100 Theilen
                              Rübe 100 – x, d.h. Rübe minus Saft. Die Trockensubstanz des Saftes für 100 Theile Rübe ist aber
                              nicht s, da s der Gehalt in
                              100 Saft ist, sondern für die in 100 Rübe enthaltenen x
                              Theile Saft
                           s/100 x.
                           Mithin erhalten wir die Gleichung
                           r = s/100
                              x +  (100 – x).
                           Hieraus folgt
                           (1) . . . . . x = 100 (100 –
                              r)/(100 – s)
                           Führen wir statt des Trockensubstanzgehaltes der Rübe und ihres Saftes die
                              entsprechenden Wassergehalte ein, so erhalten wir eine noch einfachere Formel;
                              stellt nämlich w den Wassergehalt der ganzen Rübe und W denjenigen ihres Saftes in Procenten ausgedrückt dar,
                              so ist, da offenbar
                           w = 100 – r und
                           W = 100 – s
                              
                           (2) . . . . . x = 100 w/W.
                           Letztere Formel ist zur Berechnung etwas bequemer als (1). Kennt man nämlich den
                              procentischen Wassergehalt der Rübe und den ihres Saftes, so ergibt das Verhältniß
                              des ersteren zum letzteren eine Zahl (in Form eines Decimalbruches), welche direct
                              den Antheil darstellt, den der Saft von der Rübe ausmacht, und welche, mit 100
                              multiplicirt, den Saftgehalt in Procenten der Rübe ergibt.
                           Es folgt hieraus, daß die Bestimmung der Trockensubstanz oder des Wassergehaltes in
                              den einer Hälfte einer Rübe entnommenen Schnitten und diejenige in dem aus der
                              anderen Hälfte ausgepreßten Safte, auf indirectem Wege zur Ermittelung des
                              wirklichen Saftgehaltes dieser Rübe führt.
                           Eine solche indirecte Ermittelung erscheint aber ausnahmsweise der sonst wohl
                              üblichen directen sogenannten Faserbestimmung gewiß vorzuziehen, namentlich weil
                              letztere Methode mit mancherlei Fehlerquellen behaftet ist und weil unzweifelhaft
                              eine Menge Stoffe, wie auch durch neuere Untersuchungen erwiesen ist, löslich und
                              fortgeführt werden, welche ursprünglich nicht in den Saft der Rübe gehören.
                           Bei denjenigen Ermittelungen aber, bei welchen es auf den Gehalt der Rübe an Saft
                              ankommt, wird in der Regel der Zuckergehalt des reinen oder natürlichen, d.h. durch
                              Auspressen gewonnenen Saftes zu Grunde gelegt und es ist also bei solchen eigentlich
                              nicht statthaft, den Saftgehalt in der Höhe anzunehmen, wie er durch Differenz von
                              100 und der gewöhnlichen Faserbestimmung erfolgt. Kommt es doch dabei weniger auf
                              den Gehalt der Rübe an wirklicher Faser als an Saft an, und müssen also die erst
                              allmählich durch Behandlung mit Wasser u.s.w. löslich werdenden Stoffe der Rübensubstanz und nicht dem Safte zugerechnet werden.
                           Wir finden unter den bekannten Angaben über den Saftgehalt der Rüben, welche bei den
                              Ausbeuteberechnungen eine nicht unwichtige Rolle spielen, mehrfach abweichende
                              Zahlen; es schien mit daher nicht unwichtig, einige Ermittelungen nach der oben
                              angedeuteten Methode auszuführen, um über diese Punkte eine sicherere Aufklärung zu
                              erhalten als sie bisher gegeben war.
                           Die betreffenden Rüben wurden Ende Februar den Miethen entnommen; die gefundenen Resultate werden
                              also noch durch ähnliche für frisch geerntete Rüben zu ergänzen seyn. Von den
                              übrigen Gesichtspunkten, welche hier von Wichtigkeit seyn können, habe ich nur den
                              der Größe der Rübe berücksichtigt, um zu sehen, ob hier
                              etwa ein constantes Verhältniß, wie man oft annimmt, vorkommt. Weitere
                              Untersuchungen, zu denen die nachfolgenden Zahlen den Anstoß geben möchten, werden
                              vielleicht auf andere Regelmäßigkeiten führen.
                           Je drei Rüben verschiedener Größe wurden jedesmal einer
                              Miethe entnommen und auf's allersorgsamste gereinigt und abgetrocknet. Jede Rübe
                              wurde dann halbirt, aus der einen Hälfte geeignete feine Querschnitte genommen, die
                              andere aber zerrieben und mit einer sehr kräftigen
                              Hebelpresse entsaftet, der Saft, nach dem Coliren zur Entfernung etwaiger Fasern,
                              sowie die Schnitte bei allmählich bis zu 105° C. gesteigerter Wärme in einem
                              Strom ganz trockener Luft rasch zur Trockniß gebracht und das Austrocknen bis zur
                              Erreichung vollkommen constanten Gewichtes fortgesetzt.
                           Die folgende Tabelle enthält die gefundenen Zahlen.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 181, S. 408
                              Versuch; Rübe; Gewicht der Rüben in
                                 Grammen; Trockensubstanz; des Saftes s Procente des Saftes; der Rübe r Procente
                                 der Rüben; Daraus abgeleiteter Werth für x, den Saftgehalt d. Rüben in
                                 Procenten; Durchschnitt; Gesammtdurchschnitt
                              
                           
                           Man erhält, wie wohl kaum bemerkt zu werden braucht, dieselben Zahlen, ob man nach
                              dem Wassergehalt oder der Trockensubstanz, ob man nach Formel I oder nach Formel II
                              rechnet.
                           Sofern es verstattet ist, aus diesen nur neun Bestimmungen einen Durchschnitt zu
                              ziehen, würde also der Saftgehalt von mehrere Monate eingemiethet gewesenen Rüben zu
                              96,6 Proc. anzunehmen seyn.
                           Dabei betrugen die Schwankungen bis über zwei Procent,
                              ohne daß ein Zusammenhang des Saftgehaltes mit der Größe der Rüben sich
                              herausgestellt hätte; man beachte in letzterer Beziehung nur die drei Rüben von so
                              sehr verschiedener Größe bei Versuch III.
                           Die nächsten Untersuchungen werden sich auf frisch geerntete Rüben auszudehnen haben
                              und erscheint jedenfalls die bezeichnete Methode und die damit verbundene
                              Untersuchung einzelner Rüben als empfehlenswerth.