| Titel: | Ueber die Fabrication des Blut-Albumins; von Bruno Richter. | 
| Fundstelle: | Band 181, Jahrgang 1866, Nr. CXIX., S. 477 | 
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                        CXIX.
                        Ueber die Fabrication des Blut-Albumins;
                           von Bruno
                              Richter.
                        Aus den Leipziger Blättern für Gewerbe, Technik und
                                 Industrie, 1866, Nr. 13.
                        Mit Abbildungen.
                        Richter, über die Fabrication des Blut-Albumins.
                        
                     
                        
                           Mit dem Namen „Albumin“ hat man den, in den meisten thierischen
                              und pflanzlichen Stoffen in größeren oder geringeren Mengen vorkommenden Eiweißstoff
                              belegt. Seiner Eigenschaft, bei einem gewissen Hitzegrade (zwischen 55 und
                              75° C.) zu coaguliren und dann eine im Wasser unlösliche Masse zu bilden,
                              verdankt der Eiweißstoff seine Bindekraft und daher seinen Werth.
                           Der Eiweißstoff kommt in der Natur stets gemischt mit anderen Körpern vor; da aber
                              dessen größere oder mindere Reinheit die bessere oder geringere Verwendbarkeit zu
                              technischen Zwecken bedingt, so ist es die Aufgabe der Albuminfabrication, alle
                              fremdartigen Stoffe so viel wie möglich von dem Eiweißstoff zu trennen.
                           Am reinsten (farblosesten) findet sich der Eiweißstoff im Kibitzei vor. Das daraus
                              bereitete Albumin gleicht einem krystallklaren Glas, kann aber, da dergleichen Eier
                              zu selten sind, nicht in größeren Mengen fabricirt werden. Das nächst beste und
                              allen Anforderungen entsprechende Albumin gewinnt man aus den Eiern von Hühnern,
                              Gänsen, Enten. Der Dotter wird von dem Eiweiß getrennt und die im Eiweiß noch
                              befindlichen Theile, als das Häutchen und der sogenannte Hahnentritt scheiden sich,
                              nachdem das Eiweiß mit Wasser geschlagen worden ist und je nach der Temperatur 12
                              bis 24 Stunden stehen gelassen wurde, von selbst aus, indem sie sich obenauf in Form von dichter
                              schlieriger Masse und am Boden des Gefäßes in Form von Flocken setzen. Ist dieß
                              geschehen, so wird der nunmehr reine Eiweißstoff durch einen 2 Zoll über dem Boden
                              des Gefäßes angebrachten Hahn abgezogen und in der unten für das Blut-Albumin
                              angegebenen Weise getrocknet.
                           Schwieriger als beim Ei ist beim Blute die Trennung des Eiweißes von den anderen
                              Bestandtheilen. Um es möglichst rein zu erhalten, ist es unbedingt erforderlich, daß der Proceß des Gerinnens ganz ungestört vor
                              sich gehe, damit die gerinnenden Bestandtheile des Blutes unter sich eine engere
                              Verbindung eingehen und so die flüssigen Theile leichter und reiner von sich geben.
                              Es würde das aber eine reine Unmöglichkeit seyn, wollte man das Blut in unter dem
                              Schlachtplatz angebrachten Cisternen ansammeln, weil durch den Zufluß des Blutes von
                              dem 2ten und 3ten, überhaupt den ferneren geschlachteten Thieren, das Gerinnen des
                              Blutes der vorher geschlachteten Thiere gestört werden müßte. Das daraus gewonnene
                              Albumin würde stark mit anderen Theilen, insbesondere mit Blutkügelchen gemischt
                              seyn, nach der Trocknung eine schwarze undurchsichtige und schwer lösliche Masse
                              bilden und daher kaum zum Schwarzdruck, aber gar nicht zum Farbendruck zu verwenden
                              seyn; auch darf der Blutkuchen höchstens 2'' dick seyn, weil im anderen Falle das
                              Serum schwer austreten kann und ein großer Theil den Weg an die Oberfläche des
                              Blutkuchens nicht finden würde.
                           
                              
                              Fig. 1., Bd. 181, S. 477
                              Man bedient sich daher zum Auffangen des Blutes runder Schüsseln von Zinkblech
                                 (s. Fig. 1), die einen flachen Boden und circa 3'' hohen Rand haben. Ist das Rind geschlagen
                                 und gestochen, so fängt man das Blut in diesen Schüsseln auf, bis sie circa 2'' hoch vollgelaufen sind und setzt sie
                                 sogleich an einen ruhigen Platz, damit das Blut gehörig gerinnt. Ist dieß
                                 geschehen, so ist das Blut erst transportfähig. Ein Theil des darin enthaltenen
                                 Serum scheidet sich nun auf der Oberfläche aus. Wollte man sich aber mit dem
                                 begnügen, so würde man sehr wenig gewinnen.
                              
                           
                              
                              Fig. 2., Bd. 181, S. 477
                              
                           Man bringt daher die festen Blutkuchen aus den Fang- oder Transportschüsseln auf Siebschüsseln, d.h. Schüsseln mit einem fein siebartig durchlöcherten
                              Boden (siehe Fig. 2) und zerschneidet alsdann den
                              Blutkuchen in lauter kleine Würfel; durch das Sieb tropft nun in circa
                              3 Minuten das mit
                              Blutkügelchen gemischte Serum ab, soweit erstere durch das Zerschneiden aus ihrer
                              Verbindung gelöst worden sind.
                           
                              
                              Fig. 3., Bd. 181, S. 478
                              Ist dieß geschehen, so läuft nur noch ziemlich reines Serum ab. Um das Serum
                                 aufzufangen, stellt man die Siebschüsseln auf sogenannte Röhrenschüsseln (siehe Fig. 3), in
                                 deren Boden, der etwas gewölbt seyn muß, ein verstellbares Röhrchen angebracht
                                 ist. Man läßt jetzt alles im Blutkuchen enthaltene Serum die Nacht über
                                 ausfließen.
                              
                           
                              
                              Fig. 4., Bd. 181, S. 478
                              Dasselbe sammelt sich in der Röhrenschüssel an, wobei
                                 vorher das Röhrchen so weit empor geschoben worden, daß die Mündung e desselben über dem Niveau des Serum steht; die
                                 etwa noch darin enthaltenen fremden Theile setzen sich nun zu Boden. Um das klar
                                 gewordene Serum abzulassen, hat man jetzt nur nöthig, das Röhrchen mit seiner
                                 Mündung e behutsam bis unter die Oberfläche des
                                 Serums zu ziehen und das abfließende Serum in einem Gefäße aufzusammeln. In Fig. 4 ist a die
                                 Siebschüssel mit dem darin enthaltenen würfelig zerschnittenen Blutkuchen; b ist die Röhrenschüssel und c das Gefäß zum Auffangen des abfließenden Serum.
                              
                           
                              
                              Fig. 5., Bd. 181, S. 478
                              Das derart gewonnene  reine Serum wird
                                 endlich in viereckigen Tassen von Porzellan oder Zink (siehe Fig. 5) der Einwirkung erhitzter Luft von
                                 anfänglich 35° bis höchstens 42° C. ausgesetzt und hierdurch rasch
                                 getrocknet.
                              
                           Damit die durch das Verdampfen der flüssigen Theile des Serum
                              mit feuchten Dünsten geschwängerte Luft nicht hindernd auf den Proceß der Trocknung
                              einwirkt, ist es nöthig, in den Trockenkammern für guten Luftabzug Sorge zu tragen,
                              weil im anderen Falle der Eiweißstoff in Fäulniß übergehen würde. Aus demselben
                              Grunde darf der Blut-Eiweißstoff nur in dünnen Schichten auf die Tassen
                              gegossen werden und höchstens 1/8'' hoch in denselben stehen, weil es sonst zu lauge
                              dauern würde ehe er trocknet und dann auch Fäulniß eintreten könnte.
                           
                           Das Ia Blut-Albumin ist nunmehr
                              fertig und wird so in den Handel gebracht.
                           Das Serum ist nicht von allen Thieren gleich hell; so habe ich beobachtet, daß das
                              Blut von Büffeln, die in Ungarn in großer Zahl geschlachtet werden, ein ziemlich
                              farbloses Serum und daher auch das beste Albumin gibt. Gewöhnliche Rinder geben am
                              meisten goldhelles, aber zum Theil auch braunstichiges und rothstichiges Serum ab.
                              Die letzteren beiden Sorten werden mit zur IIa Waare verarbeitet, zu der alles das genommen wird was zu Ia untauglich ist. Das Blutquantum, das die
                              Thiere geben, ist ebenfalls nicht gleich; wenn das Blut sorglich aufgefangen wird,
                              so gewinnt man von einem Ochsen 3, von einer Kuh 2 Schüsseln Blut.
                           Indem man das frisch aufgefangene Blut sorgsam gerinnen läßt, gehen der Faserstoff
                              und die Blutkügelchen etc. eine feste Verbindung ein und das Serum scheidet sich
                              allein in reinem Zustande aus, man braucht daher den Faserstoff nicht besonders
                              davon zu trennen; er trennt sich durch den Proceß des Gerinnens von selbst; dieser
                              letztere darf aber eben deßhalb nicht unterbrochen und gestört werden.
                           Aus dem Gesagten geht nun hervor, daß Eier-Albumin
                              das werthvollste ist, weil es ganz farblos ist und daher bei der Verwendung zum
                              Druck für die zartesten Farben als Bindemittel gebraucht werden kann, ohne dem Glanz
                              und Feuer der Farben den mindesten Abbruch zu thun, daß
                           Blut-Albumin I desto werthvoller wird, je näher es
                              diesen Eigenschaften des Eier-Albumin gebracht wird; wie es jetzt gewonnen
                              wird, kann es nur zum Druck dunklerer Farben benutzt werden.Ueber die Darstellung farblosen Blut-Albumins im
                                       Großen sehe man die Mittheilung im polytechn. Journal Bd. CLXXIX S. 166.A. d. Red.
                              
                           Blut-Albumin IIa (dunkelgrün aber durchscheinend) wird noch am besten bei dem
                              Schwarzdruck verwerthet; für Klärzwecke bei der Zuckerfabrication genügt es
                           Blut-Albumin III aus allen dem Blutkuchen, noch
                              abzugewinnenden flüssigen Theilen herzustellen, weil es hier gar nicht auf die
                              Farbe, sondern nur auf die Fähigkeit bei gewissen Hitzegraden zu coaguliren ankommt.
                              Das Product ist undurchsichtig schwarz. Unbedingt zu empfehlen ist aber, zur Klärung
                              nicht gerührtes Blut, sondern Albumin zu verwenden, denn von dem gerührten Blute ist
                              eben nur der darin enthaltene Eiweißstoff wirksam; alle anderen Theile sind
                              überflüssiger Ballast und gehen bei dieser Art Verwendung für die
                              Blutlaugensalzfabrication verloren. Für letztere und zur Düngung benutzt man den noch
                              verbleibenden Blutkuchen, der ebenfalls im getrockneten
                              Zustande versandt wird.
                           Die Albuminfabrication hat mit der Zusammenstellung und Herstellung aller der neuen
                              Farben ganz besonders seit 1857 an Bedeutung gewonnen. Im Jahre 1860 erreichte
                              Eier-Albumin den höchsten Preis von 500 Gulden österr. Währ. pro Centner; Blut-Albumin Ia 250 Fl. Der Ausbruch des amerikanischen
                              Krieges und der damit verbundene Rückschlag auf die Kattundruck-Industrie
                              drängte die Preise rasch auf 200 Fl. resp. auf 80 Fl. und auf ihren heutigen Stand
                              zurück.
                           Die damalige günstige Periode konnte nicht verfehlen, in den Jahren 1857–1860
                              und 1861 die Darstellung weiterer Surrogate zu befördern. So gewann man und gewinnt
                              noch heute Eiweißstoff aus Kleber, Quark etc. und gab ihnen die Namen Casëin,
                              Lactin, Fabricate, die ebenfalls bestimmt sind mehr oder minder das
                              Eier-Albumin zu ersetzen.
                           Die größte Fabrik für Eier- und Blut-Albumin, Lactin und dergleichen in
                              Oesterreich ist die des Hrn. Julius Hofmeier in Prag und
                              Wien.