| Titel: | Theorie eines Ovalwerkes; von Georg Wellner in Prag. | 
| Autor: | Georg Wellner | 
| Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. XXVI., S. 120 | 
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                        XXVI.
                        Theorie eines Ovalwerkes; von Georg Wellner in Prag.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Wellner, Theorie eines Ovalwerkes.
                        
                     
                        
                           Die Mechaniker haben bekanntlich Vorrichtungen ersonnen, um ebenso wie man auf
                              									gewöhnlichen Drehbänken Arbeitsstücke kreisrund abzudrehen vermag, ovale oder
                              									elliptische Querschnitte zu erzeugen. So verschieden die Constructionen dieser
                              									Ovalwerke sind, kommen sie doch alle darin überein, daß neben der Rotation auch eine
                              									lineare Oscillationsbewegung um ein Centrum stattfinden muß.
                           Eine dieser Unordnungen, wie ich sie beim Kunstmechaniker Fr. Bozek in Prag angetroffen habe, functionirt äußerst sicher, ist sehr
                              									compendiös und soll nun im Principe erläutert werden.
                           Ein Ring R, Figur 34, läßt sich durch
                              									eine Schraube (welche in der Zeichnung weggelassen ist) gegen die fix gelagerte
                              									Achse A in excentrische Lage bringen. Centrisch auf
                              									dieser Achse sitzt die Scheibe S, in deren Nuth sich ein
                              									Schieber S' hin- und herbewegt. An seinen Enden
                              									trägt derselbe zwei Backen B und B', welche den excentrischen Ring R umgreifen
                              									und auf diese Weise bei Drehung der Scheibe ein Verschieben des Mittelpunktes O bezwecken. In O wird nun
                              									der oval zu drehende Gegenstand eingespannt, so daß er neben einer Drehung auch eine
                              									Verrückung längs des Schiebers erleidet.
                           Der Meißel ist in M, Fig. 35, angebracht und
                              									läßt sich sein horizontaler Abstand (a) von der Achse
                              										A durch eine Schraube abändern. Die Excentricität
                              									des Ringes R, d.h. die Entfernung seines Mittelpunktes
                              										C von der Achse A sey
                              										e genannt.
                           Wie leicht einzusehen ist, durchläuft nun das Centrum O
                              									des Schiebers S' während der Rotation einen zwischen A und O beschriebenen Kreis
                              									vom Radius e/2, ohne jemals auf die zweite Seite der
                              									Achse zu kommen. – Der in einem Support befestigte Stichel behält hierbei
                              									seine Stellung in M und greift stets neue Punkte des ihm
                              									dargebotenen Gegenstandes an. Der variable Abstand dieser Punkte (M) von dem im Kreise sich fortbewegenden Centrum O ª wird sich als radius
                                 										vector der entstehenden Curve darstellen und variirt, wie aus Figur 35
                              									ersichtlich ist, zwischen den Werthen « = a. und
                              										MC
                              									= a + e.
                              								
                           Wählt man nun O zum Anfangspunkt der Coordinaten und die
                              									Schieberrichtung OA zur x-Achse, so findet sich durch einfache Rechnung aus den
                              									rechtwinkligen Dreiecken MPA und AOC die Relation:
                           a² (a + e)² = (a + e)² y² + a² x².        (1)
                           Es ist dieß die Gleichung der vom Stichel eingeritzten Curve, bezogen auf den
                              									Mittelpunkt O des Arbeitsstückes.
                           Die Gleichung liefert Ellipsen mit den Halbachsen a + e und a.
                           Wenn man demnach bei irgend einer Stellung des excentrischen Ringes (also bei
                              									gegebenem e) den Stichel in horizontaler Richtung
                              									verrückt (d.h. a verändert), so entsteht ein System von Ellipsen, deren
                              									Halbachsen stets um ein Gleiches, nämlich um e,
                              									differiren.
                           Für a = 0, d.h. wenn man den Stichel in der
                              									Achsenrichtung selbst festspannt, geht die Gleichung (1) über in: y = 0. Die Ellipse wird zu einer begrenzten Geraden von
                              									der Länge e.
                           Wenn a negativ wird (= – a₁), d.h. der Stichel auf die zweite Seite der Achse zu stehen
                              									kommt, schreibt sich die Ellipsen-Gleichung: a₁² (e – a¹)² = (e
                              									– a₁)² y² + a₁² x²; die horizontale Halbachse e – a₁ wird
                              									immer kleiner, während sich die Verticalachse a₁
                              									wieder hebt.
                           Bei a = – e/2
                              									entsteht: e²/4 = y² + x², ein Kreis vom Radius e/2, bis für a = –
                              										e die sich vertical stellende Ellipse wieder zur
                              									Geraden wird, um bei noch weiterer Verrückung in vertical stehende Ellipsen
                              									überzugehen; siehe Figur 36.
                           Wenn man bei unverrücktem Meißel (also konstantem a) den
                              									excentrischen Ring in verschiedene Lagen bringt (d.h. e
                              									variiren läßt), so entsteht ein Bild, wie es Figur 37
                              									versinnlicht.
                           Für centrisch gestellten Ring (e = 0) wird aus der Formel
                              									(1) a² = x² +
                              										y² d. i. Gleichung eines Kreises, dessen
                              									Radius dem Abstande des Meißels vom Wellenmittel entspricht.
                           Will man somit einen bestimmten Ellipsen-Querschnitt mit den Halbachsen A und B erzielen, so
                              									entferne man den Meißel von der Achse um die Länge A und
                              									verschiebe hierauf den excentrischen Ring (so weit, daß seine Excentricität = A – B beträgt, also)
                              									um die Differenz der Halbachsen von seiner Mittelstellung.
                           Alle diese Betrachtungen gelten nur dann, wenn der Stichel in einer Horizontalen
                              									(nämlich in der Richtung der Excentricität) beweglich ist. Für höher oder tiefer
                              									gelegene Punkte ändert sich die Beziehung der Coordinaten, man erhält keine Ellipsen
                              									mehr, sondern transcendente in sich zurückkehrende Curven.
                           Ich glaube im Vorstehenden die theoretische Seite eines Ovalwerkes hinreichend
                              									beleuchtet zu haben, um behaupten zu können, daß die praktische Verwerthung der
                              									mathematischen Resultate sehr leicht zu ermöglichen ist. Man soll sich eben beim
                              									Ovaldrehen nicht – wie so häufig geschieht – damit begnügen, daß die
                              									Maschinerie irgend ein Oval verzeichnet, sondern man soll im Voraus wissen und
                              									bestimmen, was für ein Oval verzeichnet werden muß.
                           
                        
                     
                  
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