| Titel: | Bemerkungen zu Pelouze's neuester Abhandlung über das Glas; von Bontemps. | 
| Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. LXVIII., S. 324 | 
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                        LXVIII.
                        Bemerkungen zu Pelouze's neuester Abhandlung über das Glas; von
                           									Bontemps.
                        Aus den Annales de Chimie et de Physique, 4. série, t. X p. 341; März
                              								1867.
                        Bontemps, über das Glas.
                        
                     
                        
                           Da Hr. Pelouze mir seine
                              									(vorstehende) Abhandlung über das Glas mitzutheilen die Freundlichkeit hatte, so
                              									erlaube ich mir, der Akademie einige Beobachtungen über denselben Gegenstand
                              									vorzulegen, zu denen meine langjährige praktische Erfahrung in diesem
                              									Industriezweige mir Gelegenheit gegeben hat.
                           Die Schlußfolgerung aus dem ersten Theile der gedachten Abhandlung lautet dahin, daß
                              									die Entglasungserscheinungen unter sonst gleichen Umständen durch ein großes Verhältniß von Kieselsäure bedingt werden.
                           Pelouze's Versuche liefern
                              									allerdings den Beweis, daß in Folge der Vermehrung der Kieselsäure im Glassatze das
                              									aus demselben erhaltene Glas sich leichter entglast; und dennoch glaube ich nicht,
                              									daß die Kieselsäure die Hauptursache dieser leichteren Entglasung ist.
                           Die Erscheinungen der Entglasung sind dem Fabrikanten von Scheibenglas, namentlich
                              									aber dem Flaschenglasfabrikanten, zur Genüge bekannt. Bekanntlich wird das
                              									Fenster- oder Flaschenglas, welches zwölf bis fünfzehn Stunden lang der
                              									Schmelzung und Läuterung unterworfen war, hernach sieben bis acht oder zehn Stunden
                              									hindurch bei einer Temperatur verarbeitet, welche vom Anfange der Arbeit bis zum
                              									Ende derselben abnimmt, wobei nicht selten das Glas gegen das Ende, oft schon in der
                              									Mitte der Arbeitszeit, krätzig wird: ein Zeichen der
                              									beginnenden Entglasung. Welches Mittel wendet nun der Fabrikant an, um diesem
                              									Uebelstande abzuhelfen? Er vermindert in dem zur nächsten Schmelzung bestimmten
                              									Satze nicht die Menge der Kieselsäure, sondern die Menge des Kalkes oder
                              									des kohlensauren Kalkes.
                           Ich glaube, daß mir nur sehr wenige Glashüttenmänner widersprechen werden, wenn ich
                              									die Behauptung aufstelle, daß der Kalk das wirksamste
                              									Mittel zur Herbeiführung der Entglasung ist.
                           Bei den Versuchen, auf welche Pelouze seine Ansicht
                              									stützt, ist das Glas durch Vermehrung der Kieselsäuremenge leichter entglasbar
                              									geworden; allein der Satz, welchem Pelouze Kieselsäure
                              									zusetzte, enthielt ein starkes Verhältniß von Kalk. Bei
                              									gleichem Kalkgehalte ist das kieselsäurereichste Glas das am leichtesten
                              									entglasbare, aber die Ursache dieser leichten Entglasbarkeit liegt im Kalke, und ich
                              									bin überzeugt, daß, wenn Pelouze einen mit kohlensaurem
                              									Natron angefertigten Satz mit einem geringen Kalkgehalte, oder besser noch ohne
                              									allen Kalkzusatz angewendet und nach und nach die Menge der Kieselsäure vermehrt
                              									hätte, er ein Glas erhalten haben würde, welches allerdings immer strengflüssiger
                              									und an Sandknoten reicher ausgefallen wäre, aber keineswegs ein Glas, welches nach
                              									dem Erkalten opalisirte. Gibt man eine stärkere Hitze, so kann man mit einer selbst
                              									noch größeren, als der von Pelouze angegebenen
                              									Kieselsäuremenge ein durchsichtiges, beim Erkalten nicht undurchsichtig werdendes
                              									Glas darstellen, wenn man zum Satze keine Kalkbasis genommen hat; ist es doch Gaudin gelungen, durch Schmelzen von Bergkrystall vor dem
                              									Wasserstofflöthrohr Mikroskop-Linsen
                              									darzustellen.
                           Im zweiten Theile seiner Abhandlung sagt Pelouze:
                              										„Das Fenster- und Spiegelglas wird durch die Einwirkung der Sonnenstrahlen
                                 										mehr oder weniger intensiv gelb. Diese Veränderung findet bei reinem Glase nicht
                                 										statt, sondern nur bei den im Handel vorkommenden Sorten, welche stets
                                 										schwefelsaures Natron und ein wenig Eisenoxydul enthalten; durch die Wirkung des
                                 										Sonnenlichtes wird das Eisenoxydul in Eisenoxyd und das schwefelsaure Natron in
                                 										Schwefelnatrium verwandelt, und dadurch wird das Gelbwerden bedingt.“
                              								
                           Die im Handel vorkommenden Fensterglassorten und selbst das Spiegelglas enthalten
                              									allerdings etwas Eisenoxydul und nach Pelouze's neuesten Untersuchungen auch schwefelsaures Natron; allein
                              									sie enthalten außerdem stets Manganoxydul; könnte die Gelbfärbung dieses Glases
                              									nicht der Gegenwart dieses Manganoxyduls zugeschrieben werden? Zur Unterstützung
                              									dieser Ansicht kann ich Folgendes anführen: Als Augustin Fresnel seine ersten Apparate für Leuchtthürme construirte, ersuchte er
                              									mich, ihm für seine Treppenlinsen ein Glas von größerer Weiße als das gewöhnliche
                              									Fensterglas darzustellen. Ich benutzte dazu einen dem für Spiegelglas ähnlichen
                              									Satz, aus 100 Th. weißem Sande, 40 kohlensaurem Natron und 25 kohlensaurem Kalk
                              									(Kreide von Meudon); außerdem setzte ich noch eine geringe Menge (etwa 2
                              									Tausendtheile) Braunstein hinzu. Das Glas schien den gestellten Anforderungen zu
                              									entsprechen; bald theilte mir indessen der berühmte Optiker eine Erscheinung mit,
                              									welche er an dem ihm von mir gelieferten Glase beobachtet hatte: die in den
                              									Apparaten benutzten Prismen hatten eine gelbe Färbung angenommen. Um mir zu
                              									beweisen, daß das Licht die Ursache dieser Färbung ist, zerbrach Fresnel ein Prisma in zwei Stücke, verpackte das eine
                              									derselben, und setzte das andere der Einwirkung der Sonnenstrahlen aus. Nach kurzer
                              									Zeit übersandte er mir die beiden Stücke; das eine derselben hatte seine Farbe nicht
                              									verändert, es hatte seinen schwachen Stich in's Grünliche beibehalten, während das
                              									andere bereits eine ziemlich intensiv gelbe Färbung zeigte. Zugleich benachrichtigte
                              									mich Fresnel, daß er solches Glas für seine Zwecke nicht
                              									benutzen könne. Damals war ich erst seit wenigen Jahren Glasfabrikant, jedoch hatte
                              									ich bereits mehrfach Gelegenheit gehabt, gewisse Farbenveränderungen zu beobachten,
                              									welche in Folge von Temperaturveränderungen bei Krystallglas auftreten, dessen Satz
                              									etwas Manganoxyd enthielt. Ich stellte nun ein Glas aus demselben (oben angegebenen)
                              									Satze dar, indem ich nur das Manganoxyd wegließ, und schickte einige aus diesem
                              									Glase angefertigte Prismen an Fresnel. Dieser unterwarf
                              									sie nach dem Schleifen und Poliren einer eben so lange dauernden Insolation als die
                              									früheren und theilte mir dann mit, daß dieses Glas sich nicht im Mindesten verändert
                              										habe und daß er von
                              									demselben durchaus befriedigt sey. Seit dieser Zeit habe ich es stets vermieden, in
                              									die Sätze zu dem für Leuchtthürme bestimmten Glase, sowie zu Crownglas für optische
                              									Zwecke, Manganoxyd zu bringen. Ich mußte demnach schließen, daß die gelbe Färbung
                              									von Manganoxyd herrührte.
                           Bezüglich der von Pelouze angeführten analogen Versuche
                              										Faraday's über
                              									manganhaltiges, durch Einwirkung der Sonnenstrahlen sich violett färbendes Glas, bemerke ich, daß diese Erscheinung der von mir an
                              									dem für Fresnel dargestellten Glase beobachteten, durch
                              									Mangan bewirkten Gelbfärbung allerdings zu widersprechen scheint; indessen habe ich
                              									alle Ursache anzunehmen, daß das von Faraday zu seinen
                              									Versuchen benutzte Glas entweder Krystallglas, d.h. ein
                              									Kalibleioxydsilicat, oder doch ein Glas war, zu welchem Kali als Fluß genommen worden war; denn alles weiße Glas, bei welchem ich
                              									die durch Insolation hervorgebrachte Violettfärbung
                              									beobachtete, war Kaliglas, während das sich gelb färbende stets Natronglas
                              									war.
                           Es gibt alte Spiegel, besonders aber alte Fensterscheiben, welche eine schwach
                              									violette Färbung besitzen. Diese Scheiben bestehen aus altem böhmischem Glase, d.h. sie stammen nicht aus Böhmen, sondern man nannte so
                              									vor etwa fünfzig Jahren ein im Elsaß und in Lothringen fabricirtes Fensterglas,
                              									welches sich vor dem gewöhnlichen Scheibenglase durch größere Weiße und größere
                              									Dicke auszeichnete und zu dessen Satz sogen. Potaschefluß
                              									von Holzkohlenasche (Seifensiederfluß), also Kali,
                              									benutzt wurde.