| Titel: | Belleville's Röhrenkessel. | 
| Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. LXXVIII., S. 384 | 
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                        LXXVIII.
                        Belleville's Röhrenkessel.
                        Aus dem Engineering, Februar 1867, S.
                              								186.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. VI.
                        Belleville's Röhrenkessel.
                        
                     
                        
                           Belleville begann seine Versuche mit
                              									Wasserröhren-Kesseln vor mehr als 16 Jahren und ließ sich den ersten Kessel
                              									dieses Systems im August 1850 in Frankreich
                              									patentiren. In diesem ersten Kessel waren die Siederöhren von Gußeisen. Um den
                              									häufigen Brüchen und den damit verbundenen Störungen und Gefahren zu begegnen,
                              									wurden Röhren von verschiedener Form und Dicke versuchsweise in Anwendung gebracht,
                              									jedoch ohne den gewünschten Erfolg, so daß sich Belleville ein Jahr später veranlaßt sah, die gegossenen Röhren aufzugeben
                              									und einen Kessel aus schmiedeeisernen Gasröhren zu construiren, welche die einzigen
                              									Röhren waren, die zu jener Zeit in Frankreich fabricirt wurden, während die Einfuhr
                              									englischer Röhren speciell für die Benutzung bei Dampfkesseln in Frankreich damals
                              									noch verboten war. Die Anwendung dieser Gasröhren war jedoch wegen ihrer
                              									unvollkommenen Schweißung mit vielen Gefahren verbunden, so daß, als im Jahre 1855
                              									mit der Corvette „La Biche,“ welche mit vier Belleville'schen Kesseln versehen war, Zwischen Cherbourg
                              									und Brest eine Probefahrt angestellt wurde, für die Rückfahrt nur ein Kessel
                              									benutzbar blieb, indem die drei anderen durch das Spalten je einer Röhre unbrauchbar
                              									geworden waren.
                           Im Jahre 1856 wurde aber das Verbot der Einfuhr englischer Röhren aufgehoben und von
                              									dieser Zeit an verwendete Belleville die übereinander
                              									greifend geschweißten englischen Röhren in seinen Kesseln, und hat dieselben ihrem
                              									Zwecke vollkommen entsprechend gefunden.
                           Das mangelhafte Constructionsmaterial war jedoch nicht die einzige Ursache des
                              									Fehlschlagens der ersten Versuche. Die ersten Kessel waren nämlich auf das Princip der
                              										„augenblicklichen Verdampfung“ begründet. Die erhitzten
                              									Röhren, welche horizontal über dem Feuer angeordnet waren, wurden während des
                              									Betriebes in trockenem Zustande erhalten und das Speisewasser gelangte in jede
                              									derselben tropfenweise aus einer Capillaröffnung. Unter diesen Umständen mußten die
                              									Röhren nothwendig auf einer hohen Temperatur erhalten werden, welche schwer zu
                              									reguliren war, und wenn der Fall eintrat, die Dampferzeugung durch Abstellung des
                              									Wasserzuflusses unterbrechen zu müssen, so erfolgte sehr bald eine übermäßige
                              									Erhitzung, welche eine rasche Zerstörung der Röhren und den Bruch der Verbindungen
                              									veranlaßte.
                           Aus diesem Grunde gab Belleville das Princip der
                              									augenblicklichen Verdampfung auf, und construirte zunächst Dampferzeuger aus
                              									Spiralröhren, welche über dem Feuer angeordnet wurden, das Speisewasser an ihren
                              									unteren Enden empfingen und den Dampf an ihrer höchsten Stelle abgaben. Es zeigte
                              									sich jedoch bald, daß auch diese Kessel verschiedene Nachtheile hatten; sie
                              									erzeugten nämlich den Dampf sehr unregelmäßig, nutzten das Brennmaterial nicht
                              									genügend aus, und die obersten Windungen wurden überhitzt.
                           Endlich entschied sich Belleville für die Anordnung,
                              									welche wir jetzt beschreiben werden und die von ihm nach den verschiedenen Zwecken
                              									(für feststehende, transportable Kessel und Marinekessel) in dreierlei Art
                              									ausgeführt wird.
                           Der in Fig. 20
                              									in 1/20 wirklicher Größe dargestellte Kessel ist ein solcher, wie ihn Belleville für den Gebrauch in der Marine construirt. Er
                              									besteht aus einer Anzahl horizontal liegender Röhren a,
                              									welche an ihren Enden abwechselnd durch gemeinschaftliche Stücke b verbunden sind. Das obere und untere Ende jeder Reihe
                              									communicirt mit den Verbindungsröhren c und d, von denen die erstere das Speisewasser vertheilt,
                              									während die letztere zur Aufnahme des erzeugten Dampfes bestimmt ist. Um diesen
                              									Kessel reinigen zu können, ist jedes Rohr an seinem vorderen Ende mit einem Pfropf
                              									versehen, welcher leicht herausgenommen werden kann. Der ganze Kessel ist von einer
                              									aus Eisenplatten bestehenden Verkleidung umgeben, welche auch den Feuerungsraum und
                              									den Rost enthält. Ferner ist an der Decke der Umkleidung ein Kamin aufgesetzt. Die
                              									Thüren h in der Vorderwand dienen um zu den Rohrstöpseln
                              									gelangen zu können.
                           e ist das Wasserstandsglas, welches durch zwei kleine
                              									Röhren mit den Verbindungsröhren c und d communicirt. In dem oberen Verbindungsrohre d liegt ein zweites mit kleinen Oeffnungen versehenes
                              									Rohr j, welches den Zweck hat, das mit dem Dampfe
                              									fortgerissene Wasser zurückzuhalten; dieses Wasser wird in dem Verbindungsrohre d angesammelt und tritt durch die Röhre, welche mit dem Wasserstandsglase
                              									communicirt, in den Wasserraum zurück. Um das Speisewasserquantum zu reguliren, ist
                              									ein Ventil angebracht. Das Speisewasser tritt an der Stelle in die Röhren ein,
                              									welche dem Feuer am nächsten liegt. Seine Temperatur wird, während es durch die
                              									Röhrenreihen zieht, allmählich erhöht, so daß es sich endlich in Dampf verwandelt,
                              									welcher während seines Durchganges durch die oberen Röhrenreihen vollständig
                              									getrocknet wird. Die Hauptvortheile des Belleville'schen
                              									Kessels sind:
                           1) seine große Festigkeit und Dauerhaftigkeit;
                           2) sein verhältnißmäßig geringes Gewicht, und
                           3) seine große Sicherheit bei Anwendung eines hohen Dampfdruckes.
                           Diese Kessel werden von den HHrn. J.
                                 										Belleville u. Comp. in Saint-Denis
                              									(Seine) gebaut; seit fünf Jahren ist eine große Anzahl derselben von 4 bis 50
                              									Pferdekräften in Fabriken, in der französischen Marine etc. in Gebrauch.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
