| Titel: | Verfahren zur Darstellung des Sauerstoffs; von A. Mallet. | 
| Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. XCV., S. 443 | 
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                        XCV.
                        Verfahren zur Darstellung des Sauerstoffs; von
                           									A. Mallet.
                        Aus den Comptes rendus, t. LXIV p. 226; Februar
                              									1867.
                        Mallet, Verfahren zur Darstellung des Sauerstoffs.
                        
                     
                        
                           Dieses Verfahren beruht auf der Eigenschaft des Kupferchlorürs (Cu²Cl), aus
                              									der Luft Sauerstoff anzuziehen und sich in Oxychlorid (Cu Cl, Cu O) zu verwandeln,
                              									welches letztere, wenn es auf + 400° C. erhitzt wird, diesen Sauerstoff
                              									abgibt, indem es sich wiederum in Chlorür verwandelt, und so fort.
                           Mittelst dieses Verfahrens läßt sich Sauerstoff von vollkommen genügender Reinheit
                              									und zwar fast ohne Einbuße an Rohmaterial darstellen, denn die beim Manipuliren im
                              									kleinen Maaßstabe entstehenden Verluste werden bei den zur Darstellung des Gases im
                              									Großen angewendeten Apparaten vermieden; bei der fabrikmäßigen Gewinnung kommt
                              									nämlich das Kupferchlorür aus den horizontal liegenden, rotirenden Retorten gar
                              									nicht heraus, indem zu seiner Destillation, wie zu seiner Wiederbelebung derselbe
                              									Recipient dient.
                           Die Kupferverbindung wird mit einer indifferenten Substanz, z.B. Sand oder Kaolin,
                              									versetzt, damit sie während des Processes nicht in Fluß geräth. Die den Retorten
                              									mitzutheilende rotirende Bewegung hat den Zweck, eine gleichmäßige Vertheilung der
                              									Temperatur und eine innige Mengung der Substanzen zu bewirken, sowohl bei der
                              									Destillation als auch bei der Wiederbelebung durch einen Strom atmosphärischer Luft.
                              									Zu der Operation ist eine verhältnißmäßig niedrige Temperatur erforderlich, welche
                              									die zur Zersetzung des chlorsauren Kalis nöthige Hitze nicht zu übersteigen braucht,
                              									so daß man im Kleinen Glasgefäße anwenden kann.
                           Die Wiederbelebung geht rasch vor sich, sobald die Substanz etwas angefeuchtet und
                              									die Luftzuführung gehörig regulirt wird. Bei fortdauerndem Rotiren der Retorten,
                              									wodurch Substanz und Luft unaufhörlich mit einander in Berührung kommen, sind drei bis vier
                              									Stunden dazu hinreichend.
                           Der bei dieser Methode der Sauerstoffentwickelung stattfindende Verlust ist, wie
                              									schon bemerkt, fast gleich Null; denn beim Arbeiten im Kleinen erlitten bei einer
                              									Reihe von zwölf Operationen, welche nach einander mit derselben Substanzmenge
                              									ausgeführt wurden (indem man die Substanz jedesmal aus der Retorte nahm, um sie an
                              									freier Luft wiederzubeleben), 100 Grm. Kupferchlorür bei einer Gesammtproduction von
                              									36,76 Litern Sauerstoff im Ganzen einen Verlust von nur 9 Grm., was einem Abgange
                              									von 1 Kilogr. auf 4 Kubikmeter, also einem Aufwande von 30 Centimen – das
                              									Kilogramm Kupferchlorür zu 1 Fr. 20 Centim. gerechnet – per Kubikmeter entspricht; verfährt man aber auf die
                              									vorgeschriebene Weise, d.h. nimmt man die Substanz aus der Retorte gar nicht heraus,
                              									so ist der Verlust, wie gesagt, beinahe gleich Null. 1 Kilogr. Substanz gibt
                              									übrigens 28 bis 30 Liter Sauerstoffgas.
                           Ein bedeutender Vorzug dieses Verfahrens liegt in der Leichtigkeit, mit demselben
                              									Apparate und derselben Substanz anstatt des Sauerstoffs auch Chlor darstellen zu können, indem man dem Kupferchlorür nach der
                              									Wiederbelebung durch den atmosphärischen Sauerstoff Chlorwasserstoffsäure zusetzt,
                              									wodurch es zu Kupferchlorid (Cu Cl) umgewandelt wird. Im Großen könnte man das aus
                              									den Sodaöfen entweichende salzsaure Gas dazu benutzen, um auf diese Weise das Wasser
                              									der käuflichen Säure zu vermeiden. – Auf die Darstellung des Chlors durch
                              									Zersetzung des Kupferchlorids hatte schon früher Professor Laurens zu Rouen aufmerksam gemacht; allein die
                              									Schwierigkeiten der Manipulation und die Nothwendigkeit der Anwendung besonderer
                              									Apparate, hatten die technische Benutzung seines Verfahrens bisher verhindert.