| Titel: | Ueber Tessié du Motay's Verfahren zur Bereitung von Sauerstoff; von Dr. F. Bothe. | 
| Fundstelle: | Band 184, Jahrgang 1867, Nr. CXVIII., S. 522 | 
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                        CXVIII.
                        Ueber Tessié du Motay's Verfahren zur Bereitung von
                           								Sauerstoff; von Dr. F.
                              									Bothe.
                        Aus der Zeitschrift des Vereines deutscher Ingenieure,
                              									1867, Bd. XI S. 334.
                        Ueber Tessié du Motay's Verfahren zur Bereitung von
                           								Sauerstoff.
                        
                     
                        
                           Das den HHrn. C. Tessié du
                                 										Motay und R.
                                 										Maréchal in Metz für Preußen und Frankreich, auch für England
                              									patentirte VerfahrenEine Notiz über dasselbe wurde im polytechn. Journal Bd. CLXXXII S. 252 mitgetheilt. beruht darauf, daß eine Mischung von Mangansuperoxyd und Natronhydrat beim
                              									Erhitzen in Luft unter Aufnahme von Sauerstoff leicht in mangansaures Natron
                              									übergeht, welches unter Einwirkung von überhitztem Wasserdampf lebhaft Sauerstoff
                              									entwickelt und wieder die ursprünglich vorhanden gewesene Mischung liefert.
                           
                              
                                 NaO + HO, MnO²
                                 =
                                 NaO + HO, MnO³, HO
                                 
                              
                                 NaO + MnO³, HO
                                 =
                                 NaO + HO, MnO², O.
                                 
                              
                           
                           Dieser Proceß hat seine volle Richtigkeit. Die bezüglichen Substanzen lassen sich
                              									abwechselnd oxydiren und wieder desoxydiren, und es ist sonach das Mittel geboten,
                              									der Luft nach Willkür Sauerstoff zu entnehmen und rein wieder zu gewinnen, ohne
                              									Verbrauch anderer Körper als Luft, Wasserdampf und Brennmaterial; gewiß leichter und
                              									vollständiger, als nach dem Vorschlage Boussingault's durch Anwendung von Baryumsuperoxyd.
                           Der für Versuche im größeren Maaßstabe am hiesigen Orte construirte Apparat bestand
                              									aus einer eisernen Röhrenretorte von 1,0 Met. Länge und 0,3 Met. Weite, welche durch
                              									eine locker eingepaßte, vielfach durchlöcherte Platte in eine Mittel- und
                              									Vorkammer abgetheilt war. In der Vorkammer befand sich eine spiralförmig gewundene
                              									eiserne Röhre, welche zur Ueberhitzung des Wasserdampfes diente; dieser durchströmte
                              									dieselbe, trat dann durch die Löcher der Eisenplatte auf das in der Mittelkammer in
                              									einem eisernen Korbe enthaltene mangansaure Natron und von dort aus, mit Sauerstoff
                              									beladen, in eine Kühlschlange. Das in dieser condensirte Wasser sammelte sich in
                              									einem vorgelegten Gefäße an und floß aus diesem successive ab, während der
                              									Sauerstoff nach einem Gasometer geleitet und dort aufgefangen werden konnte.
                           Nach beendigter Desoxydation wurde dem schwach dunkelroth glühenden Gemische von
                              									Mangansuperoxyd und Natronhydrat mit Hülfe eines Gebläses Luft zugeführt, dadurch
                              									die Wiedererzeugung des mangansauren Natrons bewerkstelligt, und weiterhin auf's
                              									Neue die Zersetzung durch überhitzten Dampf eingeleitet und ausgeführt.
                           Die Charge betrug bei den angestellten Versuchen durchschnittlich 40 Kilogrm. eines
                              									Gemisches, welches ursprünglich durch anhaltendes oxydirendes Schmelzen von 0,4
                              									Braunstein von 95 Proc. Gehalt und 0,6 verwitterten kohlensauren Natrons von 92
                              									Proc. Gehalt dargestellt worden war und der Analyse nach 74,62 Proc. mangansaures
                              									Natron enthielt. Der chemischen Rechnung nach mußte 1 Kilogrm. dieses Gemisches (8 .
                              									0,7462)/62,5 = 0,072 Kilogrm. Sauerstoff entwickeln, die Charge von 40 Kilogrm. dem
                              									entsprechend 40 . 0,072 Kilogrm., welche ein Normalvolumen von 2036 Kubikdecimeter
                              									besitzen. Die Ausbeute betrug aber per Charge
                              									durchschnittlich 1700 bis 1800 Kubikdecimeter von 8 bis 10° C. und 760 bis
                              									761 Millimeter Tension, normal und trocken im Mittel 1672 Kubikdecimeter; das sind
                              									82,1 Proc., wobei das erstübergehende Gemenge von Luft und Sauerstoff nicht
                              									aufgefangen wurde und deßhalb außer Berechnung blieb.
                           Die Reinheit des Gases ließ nichts zu wünschen übrig.
                           
                           Da der nöthige Wasserdampf einem größeren Dampfkessel entnommen werden konnte, und
                              									die Arbeitskräfte ohne Entschädigung zur Verfügung standen, so lassen sich Angaben
                              									über die Darstellungskosten zur Zeit nicht machen. Wohl aber wurde durch die
                              									beschriebenen Versuche die leichte Ausführbarkeit des Verfahrens constatirt und
                              									damit die Ansicht befestigt, daß für gewisse Zweige der Technik die Anwendung eines
                              									reinen Sauerstoffgases in Aussicht genommen werden darf.
                           Saarbrücken, im Februar 1867.