| Titel: | Ueber Fuller's Verfahren zur Zugutemachung der Gold- und Silbererze mit Anwendung von Blei; von E. Soulié, Civilingenieur. | 
| Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. XI., S. 32 | 
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                        XI.
                        Ueber Fuller's Verfahren zur Zugutemachung der
                           Gold- und Silbererze mit Anwendung von Blei; von E. Soulié, Civilingenieur.
                        Aus den Annales du Génie civil, Juli 1867, S.
                              448.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              I.
                        Soulié über Fuller's Verfahren zur Zugutemachung der
                           Gold- und Silbererze mit Anwendung von Blei.
                        
                     
                        
                           Seit der Entdeckung bedeutender Gold- und Silberlagerstätten in den
                              Vereinigten Staaten in der „Region des stillen Meeres“ sind in
                              der amerikanischen Republik von allen Seiten bedeutende Anstrengungen zur Ausbeutung
                              jener Erze gemacht worden.
                           
                           Abgesehen von Californien, dessen Gold- und Silbererzlagerstätten erst gegen
                              das Jahr 1847 in Angriff genommen wurden, war in den Vereinigten Staaten vor dem
                              Jahre 1858 kein einziges bauwürdiges Vorkommen von Edelmetallen entdeckt worden.
                           Die neue Bergwerksgegend erstreckt sich über einen Flächenraum von ungefähr
                              sechzehnhundert Quadratkilometern und liegt zwischen dem stillen Ocean der Sierra
                              Nevada, dem Felsengebirge, den brittischen Besitzungen und Mexico. Erst seit sechs
                              bis höchstens sieben Jahren ist sie bergmännisch gegnostisch untersucht worden; sie
                              enthält eine bedeutende Anzahl von Edelmetall-Lagerstätten, von deren
                              Beschaffenheit die in derselben Richtung aufsetzenden und wahrscheinlich einer und
                              derselben geologischen Formation angehörenden Lagerstätten Mexico's, obschon
                              dieselben seit vielen Jahren nur in sehr unvollständigem Betriebe stehen,
                              einigermaßen einen Begriff geben können.
                           Die eigenthümliche Lage dieser Bergwerksdistricte hat nicht allein zum Behuf des
                              eigentlichen Abbaues der in ihnen vorhandenen Lagerstätten, sondern auch zum
                              Zugutemachen der auf den letzteren gewonnenen Erze die Anwendung ganz besonderer
                              Methoden nothwendig gemacht, zu denen auch das neue, im Nachfolgenden beschriebene,
                              zur Verhüttung der in den gedachten Gegenden vorkommenden Gold- und
                              Silbererze empfohlene Verfahren zu rechnen ist.
                           Der Gedanke, beim Zugutebringen gold- und silberhaltiger Erze Blei anzuwenden, ist keineswegs neu, sondern ist in den
                              Vereinigten Staaten bereits von Mehreren verwerthet worden. Denn gegenüber den
                              zahlreichen Gold- und Silbererz-Lagerstätten in der Region des stillen
                              Oceans sind die dort aufgefundenen Vorkommnisse von Quecksilber bei weitem nicht
                              gleich zahlreich und verbreitet, so daß die Bergbautreibenden jener Gegenden dieses
                              zur Gold- und Silberextraction so nothwendige Metall aus Californien kommen
                              lassen müssen, wo dasselbe häufig und reichlich auftritt.
                           Um sich dieser Nothwendigkeit zu entledigen und zugleich die mit derselben
                              verknüpften bedeutenden Kosten zu, vermeiden, wurde die Anwendung des Bleies anstatt des Quecksilbers versucht, indem es darauf
                              ankam, eine gleichzeitig billige und in jenen Regionen überall zu erhaltende
                              Substanz zu benutzen, Bedingungen, welchen das Blei, wenigstens zum Theile,
                              entspricht, weßhalb auch verschiedene Erfinder versuchten, dieses Metall auf eine im
                              Großen ausführbare Weise zur Gold- und Silberextraction zu benutzen.
                           Namentlich wurden in Chicago (Staat Illinois) mehrere neue Methoden zur Gold-
                              und Silberextraction mit Anwendung von Blei erfunden, welche von den zur Verhüttung der Gold-
                              und Silbererze mittelst Blei bisher befolgten Methoden gänzlich abweichen. Im
                              Nachfolgenden wollen wir, unter Benutzung der im American
                                 Mining Index veröffentlichten Berichte und Angaben, das von Willard Fuller empfohlene Verfahren und den von ihm zur
                              Ausführung desselben erfundenen Apparat beschreiben.
                           Nach Fuller's Ansicht läßt das Quecksilber bezüglich
                              seiner Einwirkung auf Gold und Silber viel zu wünschen übrig; nach seiner Angabe
                              würden sich mittelst Quecksilbers nur 20 Proc. des Gesammtgehaltes der Erze an
                              Gold- und Silber extrahiren lassen, so daß die Anwendung von Quecksilber
                              einen Verlust von vier Fünftheilen des zu gewinnenden Metalles verursachen würde.
                              Ueberdieß ist der Umgang mit Quecksilber für die Hüttenarbeiter nicht ohne Gefahr
                              und dann steht dieses Metall hoch im Preise, namentlich in den Vereinigten Staaten
                              und in den pacifischen Territorien.
                           Das Blei hingegen ist billig; es kommt in jenen Gegenden selbst vor und ist weniger
                              flüchtig als Quecksilber, wodurch bei der Verhüttung geringere Verluste bedingt
                              werden. Nach Fuller's Behauptung bildet flüssiges Blei
                              mit Gold eine vollständige Legirung und löst die mit dem Golde so häufig zusammen
                              vorkommenden fremdartigen Substanzen, z.B. Metalloxyde, Eisenkies, Kupferkies,
                              überhaupt Eisen-Kupfersulfurete etc. auf, während das Quecksilber auf diese
                              Mineralkörper ohne Wirkung bleibt, indem es nur auf die in den Erzen enthaltenen
                              metallischen Theilchen von gediegen Gold wirkt, während durch die fremden Substanzen
                              sogar auch sein nothwendiger inniger Contact mit den aufzulösenden Goldpartikeln
                              beeinträchtigt oder ganz verhindert wird.
                           Fuller's Verfahren ist das folgende: Das zu verhüttende
                              Erz wird fein gepulvert und in diesem Zustande, als Schliech, durch eine Schicht von
                              geschmolzenem Blei hindurchgepreßt, wobei sich das Blei mit dem im Erze enthaltenen
                              Golde legirt; die hauptsächlich aus Quarz und den anderen die Erzmasse
                              zusammensetzenden Mineralien bestehenden Rückstände werden, nachdem sie durch das
                              flüssige Blei hindurchgegangen sind, über die Halde gestürzt.
                           Eine ganz ähnliche Rolle spielt das Blei bekanntlich dem Silber gegenüber, so daß das
                              Verfahren auch auf Erze anwendbar ist, welche das eine oder das andere dieser
                              Edelmetalle oder beide zusammen enthalten.
                           Der zur praktischen Verwerthung dieser Theorie dienende, in Fig. 22 und 23
                              dargestellte Apparat ist ziemlich einfach. In einem im Herde D, Fig.
                                 23, stehenden schmiedeeisernen Kessel C wird
                              Blei geschmolzen, wozu eine Temperatur von ungefähr 335°C. erforderlich
                              ist.
                           
                           Sobald das Metall in Fluß gerathen ist, wird in einen über dem Kessel stehenden
                              Trichter oder Rumpf A ein gewisses Quantum des
                              Erzschliechs gebracht und der Verschluß B des Trichters
                              geöffnet. Hierauf setzt ein Arbeiter die Exhaustionspumpe M in Thätigkeit; da der im Trichter befindliche gepulverte Quarz eine
                              luftdichte Schicht bildet, so entsteht über dem bis zum Niveau n, n stehenden Blei ein Vacuum und der äußere
                              atmosphärische Druck zwingt den Erzschliech, welcher an und für sich leichter als
                              das flüssige Blei ist, durch letzteres hindurchzutreten. Das Gold wird vom Blei
                              zurückgehalten; die armen Rückstände steigen in Folge ihres geringen specifischen
                              Gewichtes an die Oberfläche des Bleibades und häufen sich hier an, bis sie so hoch
                              stehen, daß sie über die Ränder des Kessels C
                              hervorsteigen und dann durch den Raum G, G in den
                              Behälter H hinabfallen, aus welchen: sie mit Hülfe von
                              Ventilen R, R in zwei andere Recipienten I, I geschafft und aus diesen mittelst der Klappen L, L entfernt werden können.
                           Die Herdsohle, sowie das Bodenstück des Pumpenstiefels ruhen auf einem Boden oder
                              einer Bühne P, P, auf welcher sich der den Apparat
                              besorgende Arbeiter aufhält; bei E befindet sich die
                              Thür und bei F die Esse des Herdes.
                           Die aus dem Kessel entleerte Gold-Silber-Bleilegirung wird, nachdem sie
                              mit diesen beiden Metallen oder mit einem derselben – entsprechend dem
                              Gehalte der Erze an nur einem oder an gleichzeitig beiden – genügend
                              angereichert worden, der Treibarbeit oder Kupellation unterworfen; nach Beendigung
                              derselben wird das Gold auf gewöhnliche Weise vom Silber geschieden.
                           In Chicago ist zur näheren Untersuchung dieses Apparates und zur Prüfung seiner
                              Leistungsfähigkeit eine Kommission ernannt; auch sind mehrere Chemiker mit
                              Untersuchung des Werthes der erhaltenen Resultate in metallurgischer Beziehung
                              beauftragt worden. Die Schlußbetrachtungen der beiden, von diesen Commissionen
                              erstatteten und im American Mining Index
                              veröffentlichten Berichte lauten für den Apparat sehr günstig. Das zu den
                              abgeführten Versuchen verwendete Erz hatte einen Goldgehalt von etwa 36 Fr. 70 C.
                              per Tonne (von 1000 Kilogrm.); die Gangart bestand
                              aus Eisen- und Kupferkies nebst etwas Quarz. Nachdem das Erz pulverisirt und
                              auf die angegebene Weise im Apparate behandelt worden war, enthielt es kein Gold
                              mehr und es wurde nachgewiesen, daß das sämmtliche in dem Erze enthalten gewesene
                              Gold in das benutzte Blei gegangen war. Die Operation scheint sehr rasch von statten
                              zu gehen; ein ganz kurzer Contact zwischen dem Blei und dem Erzschlieche ist zur Entstehung
                              der Goldbleilegirung hinreichend und der fein zertheilte Zustand des Erzes
                              begünstigt diesen innigen Contact sehr.
                           Ein Apparat dieser Art kann ungefähr 27 Tonnen (entsprechend 30 Tonnen à 1000 engl. Pfund) Erzschliech verarbeiten. Die
                              zur Herstellung des Vacuums im Kessel über dem flüssigen Blei dienende Luftpumpe
                              wird, da sie nur intermittirend in Thätigkeit ist, mittelst der Hand in Bewegung
                              gesetzt; ein einziger Mann genügt zu ihrer Bedienung. Der Apparat an sich selbst
                              nimmt ein nur geringes Volum ein.
                           Uebrigens stehen seine relativen Dimensionen nicht absolut fest; sein Preis –
                              10000 Frcs. – scheint mir ein ziemlich hoher zu seyn.
                           Der im Vorstehenden beschriebene Extractionsapparat weicht von den üblichen
                              Einrichtungen der zu metallurgischen Zwecken dienenden Oefen gänzlich ab, und
                              deßhalb hielt ich es für ersprießlich, eine Beschreibung desselben zu geben; ich
                              finde mich indessen veranlaßt, noch einige Bemerkungen über diesen Apparat
                              hinzuzufügen.
                           Ich sagte soeben, daß dieses Verfahren von allen in der Metallurgie bisher zur
                              praktischen Anwendung gekommenen Methoden wesentlich abweicht; allerhöchstens würde
                              sich eine entfernte Aehnlichkeit desselben mit dem in Ungarn bei der Zugutemachung
                              gewisser Silbererze in Anwendung stehenden Imbibitionsverfahren mit Benutzung von hydrostatischem Drucke auffinden
                              lassen; aber auch dieses ungarische Verfahren dient nur zur Entsilberung von
                              silberhaltigem Bleistein, also von Erzen, welche vorher
                              mindestens eine Schmelzung durchgemacht haben, indem dem
                              Bleistein nur ausnahmsweise rohe Erze zugeschlagen werden. Ueberdieß wird zur
                              Ausführung der Operation ein mit gepreßtem Winde betriebener Gebläseofen
                              angewendet.
                           Bei dem Fuller'schen Verfahren hingegen werden rohe Erze
                              in Form von feinem, erforderlichen Falles durch eine systematische Aufbereitung
                              angereicherten Schlieche in den Trichter oder Rumpf gebracht. Das Pulverisiren der
                              zu behandelnden Erze erheischt sogar die größte Sorgfalt, da von ihm, d.h. von dem
                              möglichst innigen Contacte des Bleies mit den Erztheilchen, der Erfolg der Operation
                              zum größten Theile bedingt wird.
                           Was nun die vorhin berührte Theorie anbetrifft, welcher zufolge Fuller dem Blei vor dem Quecksilber bedeutende Vorzüge in Hinsicht auf die
                              Amalgamation zuschreibt, so muß ich hier besonders darauf aufmerksam machen, daß
                              diese Theorie mit zahlreichen, zuverlässigen Beobachtungen in Widerspruch steht. Bei
                              der Zugutemachung von Gold- und Silberzen ist das Quecksilber stets dem Blei
                              vorzuziehen und wenn auch an seinerstatt häufig Blei angewendet worden ist, so hat
                              dieß seinen einzigen Grund in der bedeutenden Differenz der Preise beider Metalle. Bei der Behandlung
                              gewisser, namentlich quarzhaltiger und von Eisen- und Kupferkies begleiteter
                              Erze ist die Anwendung des Bleies sogar mit bedeutenden Nachtheilen verknüpft.
                           Unter den uns hier beschäftigenden Verhältnissen können wir indessen vom Quarze
                              absehen; die Temperatur, welcher dieses Mineral bei seinem Durchgange durch das im
                              Kessel enthaltene Blei ausgesetzt wird, ist zur Vermittelung einer Reaction der
                              Kieselsäure auf das Blei sicherlich nicht hinreichend. Allein hinsichtlich des
                              Schwefels der Kiese muß der Sachverhalt ein anderer seyn; es muß eine wenigstens
                              theilweise Zersetzung der in der Gangart vorhandenen Schwefelmetalle und eine
                              Bildung von Bleisulfuret stattfinden. Vielleicht läßt sich damit die auflösende
                              Wirkung auf die als Begleiter des Goldes und Silbers so häufig auftretenden
                              Metalloxyde und Kiese erklären, welche der Erfinder des Verfahrens dem Blei
                              zuschreibt; wenn dieß wirklich der Fall ist, so würde sich auf experimentellem Wege
                              ein bei dieser Zugutemachungsmethode stattfindender Bleiverlust nachweisen lassen,
                              welcher bedeutender seyn dürfte als man zuvor geglaubt hatte. Andererseits muß ich
                              darauf aufmerksam machen, daß das Blei, wenn es metallischem Golde gegenüber
                              wirklich als einfaches Lösungsmittel auftritt, auf die Schwefelsilberverbindungen
                              nicht in anderer als der vorhin in Bezug auf die Kiese angegebenen Weise wirkt.
                              Ueberhaupt muß dann die Extraction des Goldes mit Anwendung dieses Verfahrens weit
                              leichter seyn und weit billiger zu stehen kommen als die Gewinnung des Silbers.
                           Die praktische Erfahrung wird lehren, in wieweit diese Bemerkungen gegründet sind; es
                              darf indessen nicht unberücksichtigt bleiben, daß die Gruben- und
                              Hüttenbesitzer in jenen Gegenden bei der fast absoluten Unmöglichkeit, Quecksilber
                              zu einem einigermaßen annehmbaren Preise beschaffen zu können, auf die
                              Nothwendigkeit gefaßt seyn müssen, andere Verhüttungsmethoden einzuführen, welche
                              noch kostspieliger sind als die Fuller'sche bei selbst
                              weniger günstigen Betriebsresultaten seyn würde, so daß ein durch den angedeuteten
                              Verlust erhöhter Bleiverbrauch kein Hinderniß zur Einführung des in diesem Aufsatze
                              besprochenen Verfahrens in den dortigen Hütten seyn würde, wenigstens dann nicht,
                              wenn jener Bleiverlust nicht allzu hoch und von einem gleichzeitigen Verluste an
                              Edelmetall, welches in den Erzen zurückbleibt, begleitet wäre.
                           Dieses Verfahren würde den großen Vortheil gewähren, daß die in gewissen Erzen
                              enthaltenen Edelmetalle mittelst eines einzigen Processes und gewissermaßen
                              automatisch ausgebracht werden können. Sollte diese Methode den Erwartungen, welche
                              man von ihr zu hegen scheint, wirklich entsprechen, so würde dieß ein großer Fortschritt in der
                              Metallurgie des Goldes und des Silbers seyn, der sich nirgends stärker fühlbar
                              machen würde als gerade in den Vereinigten Staaten von Nordamerika.
                           
                        
                     
                  
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