| Titel: | Ueber die Wiedergewinnung des Manganoxyds (Mangansuperoxyds) aus den Rückständen der Chlorfabrication; von Walter Weldon. | 
| Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. XXXI., S. 129 | 
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                        XXXI.
                        Ueber die Wiedergewinnung des Manganoxyds
                           (Mangansuperoxyds) aus den Rückständen der Chlorfabrication; von Walter Weldon.
                        Nach einem in der dießjährigen Versammlung der
                              British Association zu Dundee
                              gehaltenen Vortrage aus dem Mechanics' Magazine September 1867, S. 179.
                        Weldon's Verf. zur Gewinnung von Mangansuperoxyd aus
                           Chlorrückständen.
                        
                     
                        
                           Die sämmtlichen bisher angewendeten Methoden zur Wiedergewinnung des Manganoxyds aus
                              den von der Chlorfabrication herrührenden Rückständen werden auf dem trockenen Wege
                              ausgeführt und erfordern, neben bedeutendem Zeitaufwands, nicht nur wenigstens eine
                              mehr oder weniger unangenehme und kostspielige Ofenoperation, sondern machen auch
                              mehrfach wiederholte Transporte aus einem Gefäße in das andere und von einer
                              Localität in die andere nöthig, bei denen natürlich stets ein mehr oder weniger
                              bedeutender Materialverlust unvermeidlich ist. Der im Nachstehenden beschriebene
                              Proceß hingegen wird auf dem nassen Wege ausgeführt und beansprucht, selbst wenn die
                              Fabrication im großartigsten Maaßstabe betrieben wird, weniger als eine Stunde Zeit.
                              Ueberdieß werden sämmtliche zu diesem Verfahren erforderlichen Operationen in
                              demselben Gefäße vorgenommen, in welchem das durch dasselbe regenerirte Oxyd später
                              wieder mit Salzsäure behandelt wird, und aus diesem Gefäße oder dieser Retorte wird
                              das Manganoxyd nie herausgenommen, so daß jeder Verlust durch Transport gänzlich
                              vermieden wird. Da nun andere Verlustquellen nicht in's Spiel kommen, so braucht
                              eine Charge, sobald sie einmal in die Retorte eingetragen worden ist, bei Anwendung
                              dieses Verfahrens nicht allein nicht wieder erneuert, sondern es braucht sogar kein
                              neues Quantum Manganoxyd zugesetzt zu werden, während aus dieser Beschickung, die
                              demnach stets eine und dieselbe bleibt, alle paar Stunden auf unbegrenzte Zeit hin
                              ein Aequivalent Chlor entwickelt werden kann.
                           Den Ausgangspunkt eines jeden Verfahrens zur Wiedergewinnung des zur Chlorfabrication
                              angewendeten Manganoxydes bildet selbstverständlich der Rückstand, welcher nach der
                              Entwickelung des Chlors aus Salzsäure mittelst des Mangansuperoxyds in den
                              Entwickelungs- oder Destillirgefäßen verbleibt. Dieser Rückstand enthält,
                              wenn natürliches Superoxyd (Braunstein) angewendet wurde, neben einer der
                              aufgelösten Mangansuperoxydmenge äquivalenten Quantität Manganchlorür, eine
                              beträchtliche Menge freier Säure, sowie Eisenchlorür und andere Chlorverbindungen
                              da im Braunstein
                              stets größere oder geringere Mengen von fremdartigen Beimengungen vorkommen.
                           Wird aber das künstliche, auf die sogleich näher zu erörternde Weise dargestellte
                              Mangansuperoxyd verarbeitet, so enthalten jene flüssigen Rückstände fast gar nichts
                              anderes als Manganchlorür und das neue Verfahren besteht einfach darin, daß zunächst
                              1 Aequiv. Kalk hinzugesetzt wird, ohne den Rückstand aus der Retorte herauszunehmen,
                              worauf dann in das aus Manganoxydul und Chlorcalcium bestehende Gemisch
                              atmosphärische Luft eingepreßt wird. Dadurch wird das weiße Oxydulhydrat rasch auf
                              eine sehr dunkel gefärbte höhere Oxydationsstufe gebracht; nachdem sich dieses Oxyd
                              abgesetzt hat, wird die über ihm stehende Chlorcalcium-Lösung zum größten
                              Theile abgezogen und jenes ist dann zur ferneren Behandlung mit Salzsäure behufs der
                              Chlorentwickelung bereit; bei dieser letzteren bildet sich wieder genau ebenso viel
                              Manganchlorür als vorher in Oxyd umgewandelt wurde. Diese Reihe von einfachen
                              Operationen wird nun auf gleiche Weise wiederholt und damit wird beliebig lange
                              fortgefahren. Auf diese Art wird das Mangan in einem und demselben Gefäße einem
                              beständigen Kreislaufe regelmäßig wiederkehrender Umwandlungen unterworfen, insofern
                              es zunächst aus Chlorür in Oxydul, aus Oxydul in ein höheres Oxyd, welches bei der
                              Behandlung mit Salzsäure Chlor abzugeben vermag, und dann wieder in Chlorür
                              umgewandelt wird, und so fort.
                           Was nun die Haltigkeit des durch das beschriebene
                              Verfahren erzeugten Oxydes anbetrifft, so läßt sich eigentlich nur die Entstehung
                              der Verbindung Mn²O³ (des Manganoxyds oder Sesquioxyds) erwarten;
                              allein es entsteht in der That eine sauerstoffreichere Verbindung. Die gedachte
                              Verbindung Mn²O³ läßt sich in der Praxis – wenigstens vom
                              Standpunkte des Chlorfabrikanten aus – als ein Gemenge oder als eine
                              Verbindung von 1 Aequiv. – 55,5 Proc. Superoxyd MnO² mit 1 Aequiv.
                              oder etwa 45,5 Proc. Oxydul (MnO) betrachten; während das durch den angegebenen
                              Proceß erhaltene Oxyd meistens gegen 70 Proc. Superoxyd, also eine Quantität von
                              dieser Oxydationsstufe enthält, welche einer Verbindung von 3 Aequiv. Superoxyd mit
                              2 Aequiv. Oxydul entspricht.
                           Die sauerstoffreichsten natürlichen Manganoxyde (Braunsteine), welche den
                              Chlorfabrikanten gewöhnlich zu Gebote stehen, enthalten ungefähr 70 Proc. Superoxyd;
                              für die Praxis, wenigstens für die Chlorfabrication, ist jedoch ein natürliches
                              Oxyd, beziehungsweise Superoxyd, von weit geringerem Werthe, als ein künstlich
                              dargestelltes, bedeutend weniger Sauerstoff enthaltendes Oxyd. Der Grund davon ist
                              der, daß ein dichtes, hartes, wasserfreies natürliches Manganoxyd mit einem großen Ueberschusse von
                              Säure digerirt werden muß, um Chlor zu geben, so daß die Rückstände eine bedeutende
                              Menge freier Säure enthalten, welche für die Praxis verloren ist; während ein frisch
                              gefälltes künstliches Oxydhydrat, beziehungsweise Superoxydhydrat, da es in äußerst
                              fein vertheiltem Zustande in der Retorte vorhanden ist, zu seiner Auflösung nur
                              eines einzigen Säureäquivalentes bedarf, so daß ein durchaus keine freie Säure
                              enthaltender Rückstand resultirt. Bei Anwendung eines 70 Proc. Superoxyd
                              enthaltenden Braunsteins ist es nur selten möglich, mehr als ein Sechstel des Chlorgehaltes der angewendeten Salzsäure in
                              freiem Zustande zu erhalten, wogegen ein künstlich dargestelltes Oxyd von weniger
                              als 60 Proc. Gehalt ein volles Drittel des in der benutzten Salzsäure enthaltenen
                              Chlors gibt, und zwar mit weit geringerem Aufwand an Zeit, Arbeit und Brennmaterial
                              als das natürliche Oxyd bedarf, um die halbe Menge Chlor zu liefern.
                           Somit wird dem Fabrikanten bei Anwendung des im Vorstehenden beschriebenen Verfahrens
                              nicht allein die Ausgabe für den zur Fällung des Manganoxyduls nöthigen Kalk und für
                              die zur Höheroxydation des Manganoxyduls erforderliche Arbeit vollständig ersetzt,
                              sondern er erspart auch jedes sechste oder siebente Pfund seiner Producte (Chlorkalk
                              etc.), dessen Werth er bisher für den Ankauf von Braunstein zu verwenden hatte;
                              überdies – und dieser Punkt ist von nicht geringerer Bedeutung –
                              ermöglicht ihm das Verfahren die Erzeugung einer doppelten Quantität jener Producte
                              aus einer gegebenen Quantität Salzsäure.
                           Die außerordentliche Einfachheit dieses Processes sichert demselben einen unbedingten
                              Vorzug gegenüber anderen, zu gleichem Zwecke vorgeschlagenen, mehr oder weniger
                              complicirten und in Folge dessen nicht ohne größere oder geringere Schwierigkeiten
                              ausführbaren Methoden, welche überdieß die Anwendung von mehr oder weniger
                              kostspieligen Apparaten erfordern. Jedenfalls dürfte dieses Verfahren eine
                              bedeutende Zukunft haben.