| Titel: | Darstellung von Firnissen (Eisenlacken) als Nebenproduct der Gastheer-Destillation; von Dr. G. Lunge. | 
| Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. LI., S. 233 | 
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                        LI.
                        Darstellung von Firnissen (Eisenlacken) als
                           Nebenproduct der Gastheer-Destillation; von Dr. G. Lunge.Aus dem kürzlich erschienenen Werke: „Die
                                       Destillation des Steinkohlentheeres und die Verarbeitung der damit
                                       zusammenhängenden Nebenproducte; von Dr. Georg Lunge. Braunschweig, Verlag von
                                    Friedrich Vieweg u. Sohn, 1867.“
                                 In dieser Schrift behandelt der Verf. eine derartige Verarbeitung des
                                 Steinkohlentheeres, daß alle seine Bestandtheile möglichst nutzbringend
                                 verwerthet werden, und theilt darin rückhaltlos die Beobachtungen und
                                 Erfahrungen mit, welche er während der Leitung einer großen englischen
                                 Gastheerdestillation zu machen Gelegenheit hatte. Wir empfehlen diese, die
                                 wirkliche Fabrikpraxis beschreibende Monographie dem betreffenden technischen
                                 Publicum auf das Wärmste, da die Einzelheiten der jetzt im Großen beobachteten Verfahrungsweisen bei der Verarbeitung
                                 des Steinkohlentheeres noch nicht veröffentlicht worden sind.A. d. Red.
                           
                        Lunge, über Darstellung von Firnissen als Nebenproduct der
                           Gastheer-Destillation.
                        
                     
                        
                           Ein ganz natürlich sich darbietendes Nebenproduct der Gastheer-Destillation
                              sind Firnisse (Eisenlacke) gewisser Art, natürlich nur von schwarzer Farbe. Sie werden
                              sämmtlich in sehr einfacher Weise durch Schmelzen von Pech mit verschiedenen
                              Destillationsproducten des Theeres dargestellt, verlangen also keine Zufuhr eines
                              fremden Materiales, und bewegen sich ganz im Kreise der selbst gewonnenen Producte.
                              Für ihre Fabrication braucht man nichts als einen offenen eisernen Kessel, welcher
                              in einem bedeckten Locale aufgestellt ist, aber von außen her geheizt wird. Er kann
                              von Gußeisen oder von Schmiedeeisen seyn, besser von dem letzteren, weil dann kein
                              Springen desselben vorkommen kann, welches sehr feuergefährlich wäre; seine Form ist
                              dann zweckmäßig die eines stehenden Cylinders mit schwach gewölbtem Boden. In dem
                              Kessel wird nun zunächst die ganze zu verarbeitende Portion Pech eingeschmolzen,
                              welche ihn etwa zu drei Vierteln füllen darf, indem man gleichzeitig ein wenig von
                              dem zu verwendenden Oele zusetzt, was die Schmelzung des Peches sehr beschleunigt
                              und sein baldiges Wiedererstarren hindert. Die Hitze wird aber trotzdem meist
                              ziemlich hoch steigen, ehe alles Pech flüssig geworden ist, und es ist darum
                              durchaus räthlich, erst wieder etwas abkühlen zu lassen, damit das zuzusetzende Oel
                              nicht in's Kochen geräth; andererseits muß aber die Mischung noch vollkommen
                              leichtflüssig bleiben. Man setzt also dann den Rest des zu verwendenden Oeles zu,
                              und zwar ganz allmählich, indem jede einzelne Portion vollkommen in die Masse
                              eingerührt wird; von Zeit zu Zeit nimmt man eine kleine Probe, welche man abkühlen
                              läßt, um zu sehen, ob der Firniß schon die nöthige Consistenz erlangt hat.
                           Die gewöhnliche Sorte stellt man aus Pech und schwerem Oele dar, ganz in der eben
                              angegebenen Weise. Doch kann man in diesem Falle, namentlich wenn man sehr große
                              Quantitäten darstellen will, noch einfacher verfahren; man destillirt Theer (am
                              besten in einer besonderen kleinen Blase, da die eigentlichen Theerblasen wohl immer
                              zu groß für diesen Zweck seyn werden) so lange, bis das leichte Oel in das schwere
                              überzugehen anfängt; dann hält man mit dem Feuern ein, läßt etwas abkühlen, öffnet
                              das Mannloch, setzt noch eine hinreichende Quantität vorräthigen schweren Oeles
                              hinzu, mischt gut durch und läßt noch ganz flüssig ab. Eine genaue Angabe über die
                              nöthige Quantität zuzusetzenden Oeles läßt sich nicht gut machen, weil von
                              verschiedenen Käufern verschiedene Flüssigkeitsgrade beliebt werden; eine leicht
                              anzustellende Probe belehrt in jedem Falle darüber.
                           Dieser Firniß kommt natürlich ungemein billig zu stehen, in der That nicht theurer
                              als der Theer selbst, da ja bei seiner Fabrication die werthvollsten
                              Theerbestandtheile erst abgeschieden worden sind; aber er kann mit allem Rechte
                              mindestens zu dem einfachen Preise des Theeres verkauft werden, weil er um so viel werthvoller als dieser
                              zu Anstrichen aller Art, auf Stein, Holz und namentlich auf Eisen ist. Er dringt
                              nämlich weit schneller und tiefer in Holz und Stein ein, als roher und selbst
                              gekochter Theer, und trocknet auch bei weitem schneller; diese letztere Eigenschaft
                              gibt ihm selbst noch einen Vorzug vor dem Holztheer (Stockholm-Theer). Auf
                              Eisenwaaren, wo natürlich roher Theer wegen des das Rosten befördernden
                              Ammoniakgehaltes gar nicht anwendbar ist, ist er auch dem gekochten Theer bei weitem
                              vorzuziehen, da er nicht nur unvergleichlich schneller, sondern auch immer ohne
                              Risse eintrocknet und einen schönen glänzenden Ueberzug bildet. Die Zeit, welche er
                              zum vollständigen Trocknen braucht, wechselt je nach der Witterung von 24 Stunden
                              bis zu 2 Tagen. Da der Ueberzug, welchen er bildet, eine gewisse Dicke hat, so ist
                              er nur für grobe Eisenwaaren verwendbar, aber für diese ganz ausgezeichnet.
                           Eine feinere Sorte erhält man, wenn man das Pech mit leichtem Oele schmilzt, ganz wie
                              es oben im Allgemeinen angegeben worden ist; man nimmt hierzu nicht das leichte Oel
                              von den Theerblasen, sondern die letzten Portionen des aus der Leichtölblase
                              abdestillirenden Oeles, welches mithin seine werthvolleren Theile schon abgegeben
                              hat. Dieser Firniß gibt eine glänzendere und glattere Oberfläche als der vorige und
                              bildet einen viel dünneren Ueberzug; seine Trockenzeit ist vier bis sechs Stunden.
                              Er ist schon für feinere Eisenwaaren verwendbar.
                           Endlich kann man noch schneller trocknende und dünner liegende Firnisse in allen
                              Graden erhalten, wenn man einen Theil des leichten Oeles durch Naphta ersetzt; man
                              kann dazu die schlechteste Naphta nehmen. Regel ist dabei, zuerst alles zu
                              verwendende leichte Oel in das Pech hineinzuarbeiten, und dann erst die Naphta
                              zuzusetzen, indem man das Gemisch noch so warm bleiben läßt, als es mit der
                              Flüchtigkeit der Naphta verträglich ist. Außerdem ist sehr fleißiges Rühren für
                              längere Zeit nothwendig, da sich die Naphta dem Firniß nicht so leicht einverleiben
                              läßt, wie die schwereren Oele; es kann sonst vorkommen, daß sich der Firniß in einen
                              schweren Bodensatz und darauf schwimmende Naphta trennt. Man kann es mit Hülfe
                              selbst so ordinärer Naphta leicht dahin bringen, einen in einer Stunde, ja selbst in
                              einer Viertelstunde trocknenden Eisenlack herzustellen, welcher für alle Eisenwaaren
                              verwendbar ist, wo seine schwarze Farbe nicht schadet.
                           Alle drei Sorten haben die angenehme Eigenschaft, ungemein fest am Eisen zu haften
                              und nach dem Trocknen eine ziemliche Härte zu erlangen; auch geben sie, besonders
                              die besseren Sorten, einen Ueberzug von großer Glätte und starkem Glanze.