| Titel: | Der Anti-Incrustator für Dampfkessel von C. Schmitz. | 
| Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. LVI., S. 271 | 
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                        LVI.
                        Der Anti-Incrustator für Dampfkessel von
                           C. Schmitz.
                        Aus Les
                                 Mondes, t. XV p. 13, September 1867 und der Chemical News, September 1867 S.
                              153.
                        Ueber Apparate zur Verhütung der
                           Kesselstein-Bildung.
                        
                     
                        
                           In ganz übereinstimmender Weise geben beide Quellen die von C. Schmitz zur Verhütung des Ansehens und zur Beseitigung des sogen. Steines
                              in Dampfkesseln getroffene Anordnung an.
                           
                           Letztere soll nämlich darin bestehen, daß gekrümmte Lamellen von geringer Oberfläche
                              in der Art aneinander gefügt werden, wie gleichsam die Hohlziegel an Dachkanten, so
                              daß jedoch in Folge ihrer Vereinigung eine Art doppelter Boden etc. in dem Körper
                              des Dampfkessels oder des Siedeapparates gebildet werde. Dieser doppelte Boden läßt
                              an der Kesselwand nur einen Raum von geringer und ungleicher Dicke übrig, in welchem
                              das Wasser mit der Feuerstelle in unmittelbare Berührung zu kommen hat. Diese dünnen
                              Wasserfäden von unter sich ungleichem Querschnitte werden bei der Erhitzung
                              ungleiche Temperaturen annehmen, und es muß so eine rasche Strömung der
                              Flüssigkeitsmolecüle in Folge der in den einzelnen Querschnitten herrschenden
                              Temperaturdifferenzen zu Stande kommen. Die Anordnung ist so getroffen, daß diese
                              moleculare Strömung transversal gerichtet bleiben muß; die hierbei eintretende
                              Circulation wird daher beständig den schon gebildeten Dampf von unten nach oben
                              treiben, um die Wasserschichten, welche er hierbei durchstreicht, zu erwärmen etc.,
                              während die weniger warmen Wassertheile auf der entgegengesetzten Seite von oben
                              nach unten sinken und gegen die wärmsten Stellen gleichsam hingetrieben werden, um
                              nach und nach zur Verdampfung zu kommen.
                           In Folge dieser raschen und beständig andauernden Circulation werden daher nothwendig
                              zweierlei Effecte zu Stande gebracht, welche die Thätigkeit des sogen.
                              Anti-Incrustators von Schmitz charakterisiren. Vor
                              Allem wird nämlich die Geschwindigkeit des Flüssigkeitsstromes, indem von einer
                              Stelle zur anderen ein beweglicher Gleichgewichtszustand sich herzustellen sucht,
                              durch die ganze Masse verbreitet, und auf diese Weise entsteht eine Art molecularen
                              Rollens, welches in gleichem Maaße die von der Kesselwand dargebotene Wärme zu
                              absorbiren bestrebt ist, als die Erwärmung des letzteren stattfindet. Die
                              Flüssigkeitsmasse werde auf diese Weise gleichsam der Regulator für die Erhitzung
                              der metallenen Umhüllung, in der sie sich befindet, und es müssen sohin die Ursachen
                              der ungleichen Ausdehnung der Kesselwand in Folge jener molecularen Strömungen
                              wesentlich vermindert werden.
                           Der weitere und in der That zu erzielende Effect aber besteht darin, daß der
                              andauernde moleculare Flüssigkeitsstrom das Adhäriren von Dampfblasen oder anderer
                              Körper an der Kesselwand nicht gestattet, es erfolgt vielmehr beständig ein rasches
                              Abreißen und Mitziehen bis zur Oberfläche des Wassers im Kessel, wo sich sodann der
                              Dampf ohne Störung – wenn eine Wärmeentziehung dabei nicht mehr stattfindet
                              – absondern und in die Dampfkammer gelangen kann. Die hierbei an die
                              Oberfläche mitgerissenen fremdartigen Materien müssen durch ihr eigenes Gewicht in den
                              Doppelboden des Anti-Incrustators zurückfallen, wo durch directe Einwirkung
                              der Wärme weder ein Erhärten stattfinden, noch ihr festes Ansetzen an dem Metalle
                              begünstigt werden kann.
                           Die erhitzte Metallfläche wird also in Folge jener Einwirkungen beständig rein
                              erhalten, die Dampferzeugung kann ohne Hinderniß an allen Stellen leicht vor sich
                              gehen, und es mag auf diese Weise eine nicht unbedeutende Ersparniß an Brennmaterial
                              erzielt werden. Da die Kesseloberfläche beständig im glatten und schlüpfrigen
                              Zustande erhalten bleibt, da ferner dieselbe niemals zum Rothglühen kommen kann, so
                              ist nicht bloß die Dauerhaftigkeit des Kessels bedeutend erhöht, sondern es sind
                              auch die Gefahren eintretender Explosionen wesentlich gemindert.
                           Das von Schmitz vorgeschlagene System ist äußerst einfach;
                              es kann für Kessel von den kleinsten Durchmessern noch in Anwendung kommen, und es
                              steht daher auch seiner Verwendung bei allen Siedeapparaten u. dgl. gar nichts im
                              Wege. Die angestellten versuche haben dargethan, daß die kalkigen Ablagerungen,
                              welche in den Rinnen sich sammeln, durch lange Zeit in einem weichen und breiigen
                              (nämlich festweichen) Zustande verbleiben, so daß das Reinigen des Kessels erst nach
                              langer Zeit vorgenommen zu werden braucht; letzteres muß natürlich stattfinden,
                              sobald jene Canäle mehr oder weniger mit dem kalkigen Brei angefüllt sind, wenn man
                              eine bedeutende Verringerung des zu verdampfenden Wassers vermelden will. Die für
                              das Instandsetzen und Reinigen des Kessels vorzunehmenden Manipulationen sollen
                              äußerst einfach seyn, da die Anordnung jener eigenthümlich gestalteten Rinnen bei
                              der Einsetzung in den Kessel weder die Anwendung von Bolzen u. dgl., noch irgend
                              eines anderen Befestigungsmittels erfordere. Die Verbindung des Doppelbodens mit den
                              erwähnten Wirkungen der Circulation erklären die bedeutenden Erfolge in der
                              Anwendung und jene Thatsachen, welche die Nützlichkeit der neuen Anordnung als
                              unbestreitbar anerkennen lassen müssen.
                           
                        
                           Nachschrift.
                           Die eben beschriebenen Wirkungen der eigenthümlich angeordneten Garnituren, wie sie
                              von Schmitz in dem Dampfkessel zur Verhütung der
                              Incrustation angebracht werden, und die also, wie aus den Angaben unserer Quellen
                              hervorzugehen scheint, in eigenthümlichen, rinnenförmigen engen Canälen bestehen,
                              die von Querschnitt zu Querschnitt den Kesselboden und die Wände des Kessels
                              durchziehen, so daß ihre Oeffnungen nach oben gerichtet sind, und die sohin bei
                              ihrer Aufeinanderfolge die Kesselwand gleichsam wellenartig gestalten, besitzen in
                              der That eine sachgemäße physikalische Begründung. Da nämlich die Temperatur, welche
                              jedes Wasserquantum, das mit der Kesselwand in unmittelbarer Berührung steht,
                              annehmen kann, der dargebotenen Wärmemenge gerade und der Masse des Wassers
                              umgekehrt proportional ist, so muß, wenn jene unverändert bleiben kann, diese aber
                              an verschiedenen Stellen der Kesselwand, die dem Feuer ausgesetzt ist, vermöge der
                              getroffenen Anordnung veränderlich seyn muß, die Temperatur des Wassers an
                              verschiedenen Stellen eines und desselben Querschnittes variiren, und die gedachten
                              Emulationen müssen auch dann beständig eintreten. Die Folgen der letzteren aber
                              dürften als ausgemacht angesehen werden können.
                           Wenn so dem von Schmitz vorgeschlagenen
                              Anti-Incrustator eine bedeutende Tragweite vom physikalischen Standpunkte aus
                              zugestanden werden darf, so scheint dieß bei einer anderen Vorrichtung, welche für
                              den gleichen Zweck bestimmt seyn soll, nicht von vornherein angenommen werden zu
                              können. Vor einiger Zeit wurde nämlich von C. Sommer in
                              Edenkoben ein anderer sogen. Anti-Incrustator beschriebenWürttembergisches Gewerbeblatt, August 1867, Nr. 33., dessen Erfindung einem „Amerikaner Namens Barker“ zugedacht wird. Ueber diese Vorrichtung wird
                              Folgendes erwähnt: „Der Anti-Incrustator befindet sich in dem
                                 oberen Theile des Dampfkessels und besteht einfach in einem mäßig großen
                                 Messingstücke in Form eines Sternes mit kupfernen Spitzen, das in der
                                 Dampfkammer an einem porzellanenen Halter, der höchst wahrscheinlich zur
                                 Isolirung (?) dient, angebracht ist. Von diesem Messingstern geht ein
                                 Kupferdraht zuerst eine kurze Strecke senkrecht abwärts und läuft alsdann nach
                                 einer rechtwinkeligen Biegung, ohne jedoch die Kesselwand zu berühren, in
                                 horizontaler Linie bis zum anderen Ende des Kessels, wo er gleichfalls an einem
                                 Porzellanringe befestigt ist, so daß sich demnach der Draht vom Eisen vollkommen
                                 isolirt (?) befindet. Die Wirkung dieser in ihrer Einfachheit wirklich
                                 bewunderungswürdigen Vorrichtung besteht nun darin, daß die Kalksalze des
                                 Wassers sich unter ihrem Einflusse nicht als compacter Kesselstein, sondern in
                                 höchst feiner Vertheilung als leichtes Pulver niederschlagen, das man einfach
                                 durch Oeffnen des Ausflußhahnes einige Male täglich
                                 entfernt, so daß hierdurch das oftmalige, mühsame und zeitraubende Reinigen des
                                 Kessels ganz überflüssig wird.“
                              
                           Zu dem Vorstehenden können wir nur bemerken, daß bei der gedachten Anordnung, sobald
                              die Verdampfung vor sich geht, von einer Isolirung des Sternes, sowie des
                              Kupferdrahtes von der eisernen Kesselwand keine Rede mehr seyn kann, und daß überhaupt die erwähnte
                              Befestigungsweise gar nicht diesen Zweck anstrebte, sondern vermutlich bloß der
                              Einfachheit halber und vielleicht deßhalb gewählt werde, um die ganze Vorrichtung
                              wieder leicht entfernen zu können, wenn dieß beim Reinigen des Kessels etc. als
                              erforderlich erscheinen sollte. Daß jene Vorrichtung aber eine Veranlassung zur
                              Entstehung elektrolytischer Wirkungen oder zur Erzeugung eines elektrischen Stromes
                              geben kann, durch welchen die mechanische Fortführung und Circulation der
                              Wasser- und Dampfmolecüle hergestellt werden soll, kann nicht zugegeben
                              werden, abgesehen davon, daß elektrolytische Wirkungen im Wasser des Kessels gar
                              nicht eintreten dürfen, wenn nicht nach längerer oder kürzerer Zeit die eiserne
                              Kesselwand wesentliche Aenderungen erfahren soll. Wenn daher jene Vorrichtung
                              wirklich einen Einfluß auf die im Wasser gelösten Salze während des Siedens haben
                              soll, so kann dieselbe nur in einer mechanischen und einer molecularen
                              Flächen-Wirkung gesucht werden, welche das Sieden des Wassers begünstigen
                              kann. Da jedoch, wie aus dem Obigen hervorzugehen scheint, das Entfernen des
                              niedergeschlagenen Pulvers „einige Male
                                    täglich“ geschehen soll, so muß die Wirksamkeit jenes sogen.
                              Anti-Incrustators von Baker einstweilen und so
                              lange in Frage gestellt werden, bis entscheidende Versuche hierüber bekannt geworden
                              sind.
                           
                              C. K.