| Titel: | Ueber die fabrikmäßige Gewinnung des Magnesiums und des Natriums. | 
| Fundstelle: | Band 186, Jahrgang 1867, Nr. LXVIII., S. 308 | 
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                        LXVIII.
                        Ueber die fabrikmäßige Gewinnung des Magnesiums
                           und des Natriums.
                        Aus dem Scientific American, August 1867, S.
                              100.
                        Mit Abbildungen.
                        Ueber die Fabrication von Magnesium und Natrium in
                           England.
                        
                     
                        
                           Darstellung des Magnesiums.
                           
                              
                              Fig. 1, Bd. 186, S. 307
                              In den Werken zu Manchester (in England) sind bei der Darstellung von Natrium und
                                 Magnesium im Ganzen durchschnittlich zwanzig Männer und Knaben beschäftigt. Zur
                                 Gewinnung des Magnesiums wird 1 Thl. Natrium mit 5 Thln. Chlormagnesium gemengt;
                                 das Gemenge wird in einem bedeckten Tiegel zum Rothglühen erhitzt und dann zum
                                 Erkalten sich selbst überlassen. Der Tiegelinhalt umschlicht beim Zerschlagen
                                 das rohe Magnesium in Form von Eiern, Müssen, und gröberen und kleineren
                                 Körnern; dasselbe wird in einen Tiegel A, Fig. 1, gefüllt, durch dessen Boden ein bis etwa 1
                                 Zoll unterhalb seiner Mündung hinaufreichendes Rohr C hindurchgeht, welches bis in die unter den Roststäben befindliche,
                                 dicht verschlossene eiserne Vorlage B hinabreicht;
                                 dann wird der Tiegel erhitzt. Das Magnesium destillirt, ähnlich wie Zink, in
                                 reinem Zustande in die Vorlage B hinab, in welcher
                                 es nach Beendigung des Processes ein Haufwerk von Tropfen bildet.Man vergl. die Beschreibung des Sonstadt'schen
                                       Apparates zur Reinigung des Magnesiums, im polytechn. Journal Bd. CLXX S. 115. Das auf diese Weise gereinigte Metall wird nun noch einmal umgeschmolzen
                                 und zu Zainen oder zu jeder beliebigen anderen Form gegossen; es läßt sich
                                 jedoch zu dünnen Platten weit leichter auswalzen als vergießen.
                              
                           
                        
                           
                           Gewinnung des Natriums.
                           Das Natrium wird bekanntlich nicht nur in den chemischen Laboratorien sehr häufig
                              angewendet, sondern ist auch in der letzten Zeit wegen seiner Verwendung zur
                              fabrikmäßigen Darstellung des Magnesiums, sowie zur Gewinnung des Aluminiums, ferner
                              zur Darstellung des Natriumamalgams für die Extraction des Goldes, ein sehr
                              gesuchter Artikel geworden. In Folge dieses hoch gestiegenen Bedarfes wird das
                              Natrium jetzt in England in großartigem Maaßstabe dargestellt (hauptsächlich von der
                              Magnesium Metal Company zu Manchester), so daß
                              dasselbe in den letztverflossenen Monaten in London zu dem Engrospreise von fünf
                              Shilling per Pfund Avoirdupois verkauft wurde.
                              Bekanntlich zersetzt das Natrium, wegen seiner großen Verwandtschaft zum Sauerstoff,
                              das Wasser ohne Hülfe von Säuren, wobei es, hierin vom Kalium abweichend, das
                              entwickelte Wasserstoffgas nicht zur freiwilligen Entzündung bringt, welche nur dann
                              eintritt, wenn so wenig Wasser vorhanden ist, daß das Natrium auf demselben nicht
                              schwimmen kann, oder wenn das Wasser mit Gummi so verdickt ist, daß das
                              Natriumstückchen auf ihm sich frei zu bewegen nicht im Stande ist. Bei diesem
                              Verbrennungsprocesse vibriren die Metallpartikelchen so rasch und doch so lange, daß
                              sie ein reines, monochromatisches gelbes Licht ausstrahlen.
                           Im August d. J. kam das erste chemisch-reine, durch
                              die Einwirkung von Wasser auf Natrium direct dargestellte Natriumoxydhydrat oder Aetznatron in den
                              Handel. Dieses Präparat ist für den analytischen Chemiker von hohem Werthe, da es
                              nothwendiger Weise frei ist von Kieselsäure, Kalkerde und fremden Salzen, mit denen
                              das bisher für Analysen benutzte Natronhydrat gewöhnlich mehr oder weniger stark
                              verunreinigt ist. Das reine Netznatron wird auf nachstehende Weise dargestellt:
                           In ein tiefes, ungefähr vierzig Pfund Wasser fassendes, halbkugelförmiges Silbergefäß
                              wird ein Tropfen destillirtes Wasser gebracht; dann wird ein Block von reinem
                              Natrium zu quadratischen Stücken von etwa anderthalb Zoll zerschnitten und eines von
                              denselben auf den Wassertropfen gelegt. Nun wird das Gefäß, welches mit einem Strom
                              von altem Wasser in Berührung stehen muß, mit der Hand so gedreht und geschüttelt,
                              daß es dem zerfließenden Natrium eine möglichst große kalte Oberfläche darbietet und
                              jede Explosion auf diese Weise verhindert wird. Zu dem, jetzt in eine milchige
                              Flüssigkeit verwandelten Metallstücke werden unter fortwährendem Bewegen der
                              Silberschale neue Stücke von Natrium und neue Wassertropfen hinzugesetzt, bis in
                              dieser Weise mehrere Pfunde des Metalles verbraucht sind, worauf ein dicker, von nur wenigen Tropfen
                              einer milchigen Flüssigkeit bedeckter Rückstand in dem Gefäße verbleibt. Dieser wird
                              auf einem Gasofen zur Verjagung des überflüssigen Wassers zum Rothglühen erhitzt und
                              das hierbei geschmolzene Natronhydrat dann in Formen gegossen.
                           Die explosiven Eigenschaften, welche das Natrium zeigt, sobald es unter den
                              entsprechenden Bedingungen mit Wasser in Berührung kommt, machen dieses Metall in
                              uneingeweihten Händen zu einer ziemlich gefährlichen Substanz; vor Feuchtigkeit und
                              Nässe geschützt, ist es jedoch ein sehr harmloser Körper.
                           Im Laufe des letzten Winters stieg der Fluß Irwell um beinahe zwanzig Fuß über sein
                              gewöhnliches Niveau und setzte die an der Salforder Seite gelegenen Werke der Magnesium Metal Company sieben Fuß hoch unter Wasser; es
                              waren zu dieser Zeit drei bis vier Centner Natrium vorräthig und bald nach dem
                              Steigen des Flusses stand das Wasser in den Magazinen zwei Fuß hoch; da indessen der
                              Regen in Strömen herabfiel, so hielt man es nicht für gerathen, einen Versuch zur
                              Entfernung des gedachten Natriumvorrathes zu wagen. Das Metall war in hohen, engen
                              Krügen aufbewahrt, deren lose schließende Deckel zur Erzielung eines luftdichten
                              Verschlusses mit einem an ihrer Unterseite befindlichen Vorsprunge in eine
                              kreisförmige, mit Oel angefüllte Nuth gesteckt waren. Als das Wasser nicht fiel und
                              die Lage gefährlicher zu werden begann, erbot sich einer der Arbeiter, auf dem Dach
                              des Vorrathsschuppens das Steigen des Wassers zu überwachen; hier lag er im
                              Regenwetter vier volle Stunden lang. Zollweise stieg das Wasser, und als es nur noch
                              einen halben Fuß unter der Mündung der Krüge stand, rief der Wächter die übrige
                              Mannschaft herbei. Nun wurde das Dach abgedeckt, die Leute ließen sich in das ihnen
                              bis fast an die Achselhöhle reichende Wasser hinab und schütteten das Natrium Block
                              für Block in andere Gefäße, welche sie zwischen die Dachsparren stellten. Zufällig
                              fiel ein kleiner Natriumzain in das Wasser; glücklicherweise aber rauchte und
                              zischte das Metall nur, und löste sich auf, ohne zu explodiren.
                           In der Natriumfabrik der Magnesium Metal Company
                              verwendet man große Aufmerksamkeit auf die Construction guter Oefen, sowie auf
                              wirksame Maßregeln zum Schutze der schmiedeeisernen, zur Reduction des Metalles
                              dienenden Retorten vor der zerstörenden Einwirkung einer sieben- bis
                              achtstündigen Weißglühhitze. Diese Retorten werden mit Mänteln aus Graphit umgeben,
                              welche beständig im Ofen bleiben, bis sie abgenutzt sind. Die Graphitröhren münden
                              an den Seiten des Ofens, so daß die Retorten leicht ausgewechselt werden können. Die
                              Retorten bestehen, wie
                              schon bemerkt wurde, aus Schmiedeeisen, da Gußeisen die zur Reduction des Natriums
                              erforderliche sehr hohe Temperatur nicht aushalten würde; sie bilden Röhren von 3
                              Fuß 6 Zoll Länge und 5 Zoll Durchmesser. An beiden Enden werden diese mit
                              schmiedeeisernen Stopfen verschlossen, welche mit feuerfestem Thon gedichtet werden.
                              Der eine dieser Stopfen nimmt das Rohr auf, welches die Retorte mit dem Condensator
                              oder der Vorlage verbindet.
                           Jede Retorte faßt etwa dreißig Pfund von dem aus Steinkohle, Kohks, Kreide und
                              kohlensaurem Natron bestehenden Gemenge, welches das Natrium liefert. Zuerst wird
                              das kohlensaure Natron bei hoher Temperatur scharf ausgetrocknet; dann werden alle
                              vier Substanzen, jede für sich, zum feinsten Pulver gemahlen, hierauf zusammen
                              gemengt und nochmals mit einander gemahlen, indem der Erfolg der Operation
                              hauptsächlich von einer recht innigen Mengung der Rohsubstanzen bedingt wird. Beim
                              Erhitzen gibt das Gemenge Kohlenoxydgas und Kohlenwasserstoffgas ab, welche aus der
                              Retorte strömen und als Vorbote des Erscheinens der Natriumdämpfe gute Dienste
                              leisten.
                           
                              
                              Fig. 2, Bd. 186, S. 310
                              
                           In Fig. 2 bezeichnet A, A
                              den mitten im Feuer liegenden Graphitmantel; B, B ist
                              die auf angegebene Weise an beiden Enden verschlossene schmiedeeiserne Retorte; D das Gas- und Dampfableitungsrohr; E die Vorlage oder der Condensator. Dieser letztere
                              besitzt eine der eines Buches ähnliche breite und flache Gestalt und hat, bei 9 Zoll
                              Länge, 5 Zoll Breite und 1 Zoll Dicke. An dem vom Ofen abgewendeten Ende ist die
                              Vorlage mit zwei über einander angebrachten, schlitzförmigen, 1 Zoll hohen und 3/8
                              Zoll breiten, also die volle lichte Weite des Gefäßes einnehmenden Oeffnungen
                              versehen. Der Hals der Retorte und derjenige der Vorlage sind genau abgedreht, so
                              daß sie mit dem Ableitungsrohre ohne Lutirung luftdicht zusammenpassen. Ist der
                              Apparat im Gange, so schießt ein mehrere Fuß langer Strom brennenden Gases aus dem
                              oberen Schlitze der Vorlage hervor; der Natriumdampf hingegen condensirt sich zum
                              Theil schon, sobald er die Retorte verläßt, und das Metall fließt in geschmolzenem
                              Zustande aus dem unteren Schlitze der Vorlage heraus und fällt tropfenweise in das Gefäß F, welches mit einem sauerstofffreien Oele gefüllt ist;
                              dieses Oel muß einen hohen Entzündungspunkt haben, so daß die Gefahr einer
                              Entzündung desselben während der Destillation möglichst verringert wird. Schließlich
                              wird das übergegangene Natrium unter Oel über einem gelinden Feuer
                              zusammengeschmolzen und zu rechteckigen Blöcken oder anderen Formen vergossen,
                              worauf es fertige Handelswaare ist.
                           Die ganze Operation beansprucht sechs bis acht Stunden und während dieser ganzen Zeit
                              haben die Röhren, wie bereits vorhin angedeutet wurde, eine intensive Weißglühhitze
                              zu ertragen.
                           Die meisten Oefen der erwähnten Gesellschaft enthalten vier Röhrenretorten; in einem
                              derselben jedoch, einem Flammofen, liegen acht dergleichen. Jeder mit vier Retorten
                              versehene Ofen wird durch einen Mann und drei Jungen bedient; letztere haben
                              hauptsächlich dafür zu sorgen, daß die Condensatoren oder Vorlagen sich nicht
                              verstopfen, indem sie dieselben mittelst rothglühender, durch die Schlitze
                              eingeführter Eisenstäbe reinigen; aber dessenungeachtet müssen die Vorlagen
                              fortwährend ausgewechselt werden, indem manche kaum zwanzig Minuten aushalten, ohne
                              verstopft zu werden. Ist dieser Fall eingetreten, so wird der betreffende
                              Condensator vom Apparate weggenommen und in Wasser getaucht; dann wird er durch
                              Abschrauben der Seitenplatten auseinander genommen, gereinigt und zum demnächstigen
                              Gebrauche wieder zusammengesetzt. – Die Werke der genannten Gesellschaft
                              vermögen wöchentlich vier bis fünf Centner Natrium zu liefern.