| Titel: | Die selbstthätigen (elektromagnetischen) Nähmaschinen von J. H. Cazal in Paris. | 
| Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. III., S. 11 | 
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                        III.
                        Die selbstthätigen (elektromagnetischen)
                           								Nähmaschinen von J. H. Cazal
                           								in Paris.
                        Im Auszuge aus Les Mondes, t. XVII p. 70; Mai
                              									1868.
                        Mit einer Abbildung auf Tab. I.
                        Cazal's selbstthätige Nähmaschine.
                        
                     
                        
                           Die Nähmaschine ist gegenwärtig definitiv in der Industrie und in den Haushaltungen
                              									eingeführt; sie ist bereits millionenfach verbreitet und Jedermann gibt gegenwärtig
                              									zu, daß man durch die mechanische Näherei  dieselbe Gleichartigkeit und Solidität erlangen kann, wie
                              									beim Nähen mit der Hand. Die guten Maschinen, namentlich jene von Cazal, functioniren ohne Lärm und ohne zu bedeutende
                              									physische Ermüdung; wenn sie aber mit Pedalen in Bewegung gesetzt werden müssen, so
                              									können durch diese Functionen aus naheliegenden Gründen für die Arbeiterinnen
                              									nachtheilige Folgen entstehen, abgesehen von der Erschlaffung, welche dabei dennoch
                              									allmählich eintreten muß; die hierüber von den Aerzten gemachten zahlreichen
                              									Erfahrungen geben zur Genüge Aufschluß. (Unsere Quelle geht auf die Entstehung
                              									dieser wesentlichen Nachtheile näher ein und gibt Belege hierfür, welche in
                              									sanitätischer Beziehung von großem Interesse seyn dürften, die wir aber hier
                              									— als zur Sache nicht gehörend — unterdrücken müssen.)
                           Es war daher eine dringende Nothwendigkeit, solche Nähmaschinen zu construiren,
                              									welche sowohl unter Benutzung eines eigenen Motors auf automatischem Wege, als auch,
                              									wenn es als zweckmäßig erscheinen sollte, mittelst Pedales in Thätigkeit versetzt
                              									werden können. Durch vielfache Anstrengungen und Versuche und nicht unbedeutenden
                              									Kostenaufwand ist es Cazal (Boulevard du Prince-Eugéne No. 39 in Paris) gelungen, jene
                              									schwierige Aufgabe zu lösen. Der Jury für die physikalischen Instrumente mußten bei
                              									der letzten Pariser Welt-Ausstellung die elektromagnetischen Nähmaschinen von
                              										Cazal entgehen, da sie in der Abtheilung für
                              									allgemeine Mechanik und Bewegungsmaschinen, in der Classe Nr. 53, aufgestellt
                              									waren.
                           „Der Hauptbestandtheil der in Fig. 11 dargestellten
                                 										automatischen Nähmaschinen von Cazal ist eine
                                 										elektromagnetische Spirale oder ein Elektromagnet mit vielfachen Polen und
                                 										großer Oberfläche, welcher aus rohem Gußeisen und ausgeschnittenem Eisenblech
                                 										hergestellt wird, um die Kosten so viel wie möglich zu verringern. Der fixe,
                                 										sowie der bewegliche Theil des Motors enthält sowohl eine Spirale, als auch eine
                                 										Armatur, welche gegenseitig auf einander einwirken und in Folge dieser Anziehung
                                 										eine Bewegung auf einander übertragen, sobald sie durch die Herstellung des
                                 										Stromes in Thätigkeit versetzt werden. Bald ist es die Spirale, welche innerhalb
                                 										einer ringförmigen oder röhrenförmigen Armatur (armature
                                    											annulaire), bald ist es die cylindrisch gestaltete Armatur, welche bann
                                 										um die fixe Spirale sich drehen muß. Beide, die Armatur und die Spirale sind an
                                 										ihrer Mantelfläche mit Ausschnitten versehen, welche mit einer isolirenden
                                 										Substanz ausgefüllt sind, so daß bei jedem Durchgange des Stromes immer nur die
                                 										eine Hälfte ihrer Oberfläche angeregt oder magnetisirt werden, die andere aber
                                 										im neutralen oder unthätigen Zustande verbleiben muß. Der dazu gehörige
                                 										Commutator ist so angeordnet,  daß durch die in seinen Umfang eingelegten
                                 										Leitungsplatten der Strom in gehöriger Weise sowohl zu der elektrodynamischen
                                 										Spirale, als auch zu dem Elektromagneten, welcher den zugehörigen Anker bildet,
                                 										in richtiger Weise gelangen kann. Je nach der Einstellung, welche man dem
                                 										Commutator gibt, wird der Motor entweder von rechts nach links oder in
                                 										entgegengesetztem Sinne sich drehen; sobald aber der Sinn, nach welchem die
                                 										Bewegung stattfindet, geändert werden soll, ist es unumgänglich nothwendig,
                                 										unmittelbar vorher den Commutator zu verstellen.“ (Nach den Angaben
                              									unserer Quelle scheint eine selbstthätige Verstellung des Stromvertheilers oder
                              									Commutators bei den in Rede stehenden Motoren nicht möglich zu seyn.)
                           
                              „Der elektromagnetische Motor von Cazal ist
                                 										äußerst einfach, nicht kostspielig und (für Zwecke, wie die in Rede stehenden)
                                 										sehr ergiebig; die elektromagnetischen Anziehungen finden nur in sehr kleinen
                                 										und constanten Distanzen, in der Entfernung von 1 Millimeter statt, ohne daß
                                 										dabei eine Berührung der einzelnen Organe eintreten kann, und es wird so ein
                                 										eigentliches Maximum des Nutzeffectes erzielt. Unter Anderem wird der
                                 										nachtheilige Einfluß des remanenten Magnetismus, welcher bei den gewöhnlichen
                                 										elektromagnetischen Motoren so hinderlich einwirkt, dabei ganz vermieden; im
                                 										Gegentheile trägt derselbe zur regelmäßigen Thätigkeit der Maschine bei, da die
                                 										Eisenmolecüle constant in dem Zustande der Polarisation erhalten werden sollen,
                                 										und wodurch die nahezu absolute continuirliche Arbeit gesichert werden
                                 										könne.“
                              
                           Nachtrag. Obgleich in unserer vorliegenden Quelle über die
                              									Anordnung des elektromagnetischen Motors, welchen Cazal
                              									zum Betriebe seiner Nähmaschinen benutzt, nur sehr dunkle Aufklärungen gegeben sind,
                              									so scheint es uns dennoch, daß jener Motor der allgemeinen Construction nach von
                              									demjenigen nicht verschieden seyn dürfte, welchen wir bei einer früheren Gelegenheit
                              									(polytechn. Journal Bd. CLXXXVIII S. 2; erstes Aprilheft
                              									1868) in einer nur kurzen Skizze mitzutheilen in den Stand gesetzt waren. Jene
                              									Anordnung, sowie namentlich auch die im Vorhergehenden (nach Moigno) gegebenen Andeutungen lassen erkennen, daß die bedeutende
                              									Continuität in der Thätigkeit jenes Apparates der Einrichtung der Spule und des
                              									darin beweglichen Eisenkernes zuzuschreiben seyn dürfte, wie eine solche zuerst von
                              										Nicklés bei seinen (in diesem Journale, 1853, Bd. CXXIX S. 413 beschriebenen) für besondere Zwecke
                              									angeordneten und näher untersuchten sogen. spulenförmigen Elektromagneten in
                              									Anwendung gekommen ist. In vereinfachter Form ist ein  Theil des von Nicklés herrührenden Principes schon mannichfach in der
                              									Telegraphen-Technik benutzt worden.
                           
                        
                     
                  
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