| Titel: | Der neue patentirte Schreib-Telegraph von Sir William Thomson. | 
| Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XXI., S. 89 | 
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                        XXI.
                        Der neue patentirte Schreib-Telegraph von
                           								Sir William
                              								Thomson.
                        Aus dem Mechanics' Magazine, April 1868, S.
                              									256.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									II.
                        Thomson's Schreib-Telegraph.
                        
                     
                        
                           Als Empfangs-Apparat oder Recepteur für den transatlantischen Telegraphen wird
                              									(unseres Wissens) noch bis jetzt ein sehr empfindlicher Nadel-Telegraph
                              									angewendet, welcher, wie wir in diesem Journale (Bd. CLXXXI S. 429, Jahrgang 1866) gezeigt haben, seinem Wesen nach in einem
                              									von Thomson verbesserten sogen.
                              									Spiegel-Galvanometer besteht. Da bei diesem Apparate, der als
                              									Nadel-Telegraph ohnehin einen hohen Grad von Empfindlichkeit besitzt, die
                              									Exactität und Sensibilität durch optische Mittel bedeutend erhöht ist und seine
                              									Einrichtung nicht bloß die Anwesenheit der schwächsten Stromsignale zur Wahrnehmung
                              									zu bringen, sondern auch die Stärke des ankommenden Stromes präcis zu messen
                              									gestattet, so war seine Wahl für solche Umstände, wie sie auf der langen Strecke der
                              									transatlantischen Linie in Rücksicht zu kommen haben, wohl die günstigste. Daß
                              									jedoch jener Telegraph auch Manches — selbst für den vorliegenden Zweck
                              									— zu wünschen übrig lassen dürfte, wurde schon bei einer früheren Gelegenheit
                              									angedeutet; die nicht vollkommen ausreichenden Beruhigungsmittel des schwingenden
                              									Magnetes mögen manche Unsicherheiten in der Signalisirung zur Folge haben, und
                              									außerdem mag der Umstand wohl nicht gleichgültig seyn, daß zur deutlichen
                              									Wahrnehmung des von dem Spiegel reflectirten Signalbildes die Aufstellung des
                              									Apparates einen verdunkelten Raum erfordert. Es mögen dieß wohl die Hauptgründe
                              									seyn, welche den Erfinder veranlaßten, an die Einrichtung eines neuen
                              									Telegraphen-Apparates zu gehen, der zum Theile die Vortheile des bisherigen
                              									noch darzubieten im Stande ist, bei welchem aber die eben erwähnten Uebelstände zum
                              									größten Theile als beseitigt erscheinen können. Der Apparat von W. Thomson soll als Schreibtelegraph unmittelbar
                              									functioniren, so daß also die ankommenden Zeichen in  ähnlicher Weise auf einem
                              									Papierstreifen documentirt werdenOb die ursprünglich beabsichtigte photographische Registrirung der bisherigen
                                    											Spiegel-Signale bei dem transatlantischen Telegraphen zur Ausführung
                                    											gekommen ist, scheint sohin zweifelhaft zu seyn.Der Ref., wie dieß bei den bekannten
                              									elektrischen Schreibtelegraphen nach verschiedenen Systemen erzielt wird. Der
                              									Multiplicator mit dem zugehörigen magnetooptischen Systeme ist bei dem neuen
                              									Apparate beseitigt; hingegen schwingt eine in eigenthümlicher Weise angeordnete
                              									Drahtrolle (elektrodynamische Spirale) zwischen den Schenkeln zweier
                              									zusammengesetzten und unter sich verbundenen Stahlmagnete, deren freie Polflächen
                              									für diesen Zweck eine besondere Anordnung haben, während das Aufschreiben der
                              									Signale mittelst einer mit Tinte angefüllten und mit der schwingenden Drahtrolle
                              									verbundenen Capillarröhre fast in ganz ähnlicher Weise ausgeführt wird, wie dieß
                              									seinerzeit von SteinheilIn unserer Quelle heißt es „Steinbiel,“ was wohl als irrthümlich bezeichnet werden
                                    											muß, da die Verdienste des berühmten Münchener Physikers Steinheil für diesen Zweig der Telegraphie wohl
                                    											von allen Seiten als unbestritten angesehen werden dürsten.Der Ref. bei seinem Nadel-,
                              									akustischen und Schreib-Telegraphen in Anwendung gekommen ist. Unsere Quelle
                              									bemerkt, daß, obgleich die schwingende Drahtrolle nur aus zwanzig Windungen eines
                              									Kupferdrahtes besteht, von welchem der laufende Fuß ¼ Grain wiegt, bei
                              									Anwendung derselben Stromeskraft die Signale dennoch stärker als jene des
                              									Spiegel-Galvanometers ausfallen; schon bei Benutzung eines einzigen Daniell'schen Bechers sollen, wenn in die Kette ein
                              									Widerstand eingeschaltet wird, welcher jenem des atlantischen Kabels nahe gleich
                              									ist, ganz deutliche Signale zum Vorschein kommen. Was den schreibenden Theil des
                              									Apparates betrifft, so besteht dieser aus einer heberförmigen Capillarröhre, deren
                              									kurzer Schenkel in ein Tintenfaß eintaucht, während der lange, vertical abwärts
                              									gebogene, mit seinem unteren capillaren Ende in geeigneter Weise einem
                              									vorüberziehenden Papierstreifen — welch' letzterer durch ein Uhrwerk in
                              									bekannter Weise und zwar von oben nach unten abgezogen wird — ganz nahe
                              									gegenüber steht, ohne diesen zu berühren. Die Tinte wird mittelst elektrischer
                              									Anziehung tropfenweise während der Thätigkeit des Apparates gegen das Papier hin
                              									gespritzt; der Papierstreifen berührt nämlich längs des ganzen Raumes, innerhalb
                              									welchem die capillare Spitze des Hebers sich bewegen kann, bei seinem Vorüberziehen
                              									vor letzterer eine Metallplatte, welche mittelst einer Elektrisirmaschine, mit deren
                              									positivem Conductor sie in Verbindung gesetzt wird, beständig positiv geladen wird,
                              									und es muß daher die dem Papiere gegenüberstehende Flüssigkeitssäule mit dem Heber
                              										 eine Influenz
                              									erfahren, so daß in Folge der Ausgleichung der ungleichnamigen Elektricitäten der
                              									Capillarröhre und der Metallplatte eine Ueberführung eines Flüssigkeitsfadens von
                              									jener gegen die Papierfläche eintreten wird. So lange die Rolle in Ruhe verbleibt,
                              									wird eine continuirliche gerade Linie als fortlaufende Marke auf dem Papierstreifen
                              									zu Stande kommen; bei eintretender Schwingung nach einem Sinne wird eine
                              									continuirliche Curve als Marke erscheinen, bei sehr kleinen Schwingungen von
                              									wechselnder Richtung werden wellenförmige Linien zum Vorschein kommen, so daß also
                              									die Zeichen in ähnlicher Weise zu einem Alphabete combinirt werden können, wie bei
                              									anderen graphischen Darstellungen dieser Art. Die Marken, welche durch das Eintreten
                              									von Wirkungen des Erdstromes erzeugt werden, lassen sich dann von den als
                              									Zeichenschrift benutzten leicht unterscheiden, da jene länger sind und bald auf der
                              									einen, bald auf der anderen Seite der mittleren Lage zum Vorschein kommen. Daß man
                              									aus der Länge der Schriftzeichen und ihrer Lage auf die Stärke und Richtung des
                              									ankommenden Stromes auch bei dem in Rede stehenden Apparate schließen kann, geht
                              									ohnehin aus dem Bisherigen hervor.
                           Die Einrichtung des Apparates ist in Fig. 6 im Aufrisse, in
                              										Fig. 7
                              									durch eine Ansicht von oben dargestellt, während in Fig. 8 eine vordere und
                              									eine Seitenansicht der Spirale, in Fig. 9 die
                              									Verbindungsweise der Capillarröhre mit dem Papierstreifen gezeigt ist. Die uns
                              									vorliegende — äußerst unklare — Patentbeschreibung gibt über die
                              									specielle Einrichtung des Thomson'schen
                              									Schreibtelegraphen Folgendes an: „Ein großer, aus einer bedeutenden Anzahl
                                 										von geraden Stahlstäben zusammengesetzter permanenter Magnet N, S, dessen ungleichnamige Pole N′;,S′,
                                 										auf der einen Seite durch, einen Anker permanent verbunden sind, ist an seinen
                                 										freien Polen S, N mit Erweiterungen von weichem
                                 										Eisen in eigenthümlicher Weise versehen, wie dieß bei m in Fig. 7 sichtbar ist; man erhält so ein dichtes magnetisches Feld
                                 										innerhalb eines sehr engen Raumes. Die Spirale, welche aus mit Seide
                                 										übersponnenem Kupferdrahte gebildet ist (Fig. 8), stellt
                                 										gleichsam einen keilförmigen, sehr leichten Rahmen dar. Die Seite m, n der Pappscheiben, über welche der Draht gelegt
                                 										ist, ist in Paraffin getränkt und dicht mit dem Drahte bespannt, während auf der
                                 										entgegengesetzten Seite 1, o der Draht um einen
                                 										starken Faden gewickelt ist. Die Rolle ist mittelst der Seidenfäden 1, p und m, q, um welche
                                 										auch die Enden des Drahtes gehen — die in den Klemmen B, B befestigt sind — so aufgehängt, daß sie,
                                 										die Seite m, n in dem magnetischen Felde zwischen
                                 										den beiden Polen S, N befindlich, frei schwingen
                                 										kann. Um der Rolle eine unveränderliche Gestalt beizubringen und um  ihr zugleich eine bestimmte
                                 										Richtkraft zu geben, wird sie durch das Gewicht W
                                 										gespannt. Der schreibende Theil des Apparates, nämlich die Capillarröhre t, r, s ist mittelst eines Seidenfadens m, r (Fig. 6) mit dem oberen
                                 										Ende der Spirale verbunden und wird außerdem mittelst zweier bei u, v gespannten Fäden t u, x
                                    											v (Fig.
                                    											9) so gehalten, daß sie um eine horizontale Achse o schwingen muß, wenn die Rolle aus ihrer Ruhelage
                                 										ausweicht, denn die Richtkraft des doppelten Fadens ist so adjustirt, daß der
                                 										Seidenfaden r, m beständig gespannt bleibt und der
                                 										Heber x, o, s allen Bewegungen der Rolle folgen muß.
                                 										Die Eigenthümlichkeit der Aufhängungsweise, sowie die bedeutende Länge der
                                 										Capillarröhre gestattet es, daß jede kleine Bewegung, welche von Seite der Rolle
                                 										auf den Heber übertragen wird, an dem capillaren unteren Ende desselben in
                                 										bedeutend vergrößertem Maaßstabe reproducirt werden kann. Während dieser
                                 										Oscillationen bleibt das obere Ende der Capillarröhre bei x beständig in Tinte eingetaucht. Der Papierstreifen P (Fig. 9), welcher vor
                                 										dem capillaren Ende sich befindet und mittelst des Uhrwerkes C beständig abgewickelt wird, wird während des
                                 										Vorüberziehens gegen die Messingplatte y, z
                                 										angedrückt, welche letztere mittelst eines Drahtes l
                                 										mit dem positiven Conductor einer Elektrisirmaschine in Verbindung gebracht
                                 										ist.“ Es ist also, wie wir sehen, für die Thätigkeit des Apparates,
                              									welche eintreten wird, wenn die Polklemmungen B, B in
                              									die Linie eingeschaltet werden, zum Functioniren des schreibenden Organes eine
                              									Elektrisirmaschine nothwendig. Wir vermuthen, daß eine nach der Anordnung von Thomson und nach den von Holtz
                              									angegebenen Principien construirte Influenzmaschine für diesen Zweck in Anwendung
                              									kommt, da die Anordnung hierbei leicht so getroffen werden kann, daß durch dasselbe
                              									Triebwerk, welches den Papierstreifen abzuziehen hat, auch eine derartige Maschine
                              									in Drehung versetzt wird. — In Fig. 10 sind die Marken
                              									mit der Zeichenschrift — beiläufig nach Steinheil's Bezeichnung — angedeutet, wie dieselben von dem
                              									Apparate während seiner Thätigkeit registrirt werden können.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
