| Titel: | Verbessertes Verfahren zur Anfertigung von Thermometer- und Aräometer-Scalen; von William Ackland. | 
| Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. XXVII., S. 106 | 
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                        XXVII.
                        Verbessertes Verfahren zur Anfertigung von
                           								Thermometer- und Aräometer-Scalen; von William Ackland.
                        Aus den Proceedings of the British Meteorological
                                 									Society, durch das Mechanics' Magazine, März 1868, S.
                              								221.
                        Mit zwei schematischen Abbildungen.
                        Ackland, über Anfertigung von Thermometer- und
                           								Aräometerscalen.
                        
                     
                        
                           Bei der Anfertigung von Thermometern, welche für die Beobachtung von niederen
                              									Temperaturen bestimmt sind, begegnet man bedeutenden Schwierigkeiten, da gleichen
                              									Temperaturänderungen nicht gleiche Volumenänderungen des Alkohols entsprechen; diese
                              									ungleichförmige Ausdehnung des Weingeistes kann selbst innerhalb enger
                              									Temperaturgrenzen zu bedeutenden Fehlern führen. Wenn man, um ein
                              									Weingeist-Thermometer herzustellen, eine Röhre von vollkommen gleichem
                              									Kaliber benutzt, und an derselben die, gleichen Temperatur-Intervallen
                              									entsprechenden Punkte (auf empirischem Wege) bezeichnet, so kann man sich
                              									überzeugen, daß die Zwischenräume, welche gleichen Graden entsprechen, obgleich die
                              									Thermometerröhre überall gleichen inneren Durchmesser hat, nicht unter sich gleich
                              									sind, sondern von oben nach unten abnehmen. Offenbar geht hieraus hervor, daß die
                              									gewöhnliche Methode, die Thermometerröhre zwischen zwei fixen Fundamentalpunkten in
                              									gleiche Grade einzutheilen, zu ganz ungenauen Resultaten führen muß und die
                              									Brauchbarkeit eines solchen Thermometers in Frage gestellt werden dürfte. Es tritt
                              									uns daher die sehr wichtige Frage entgegen: Wie muß die Thermometerröhre  zwischen zwei Punkten von
                              									bekannter Temperatur eingetheilt werden, damit die erhaltenen Grade den wirklichen
                              									Temperaturangaben entsprechen? — Hierauf hat im Laufe des Herbstes des
                              									vergangenen Jahres Hr. Glaisher meine Aufmerksamkeit
                              									gelenkt und durch seine Anleitung ist es mir gelungen, die in Rede stehende Frage
                              									für die genannten Zwecke sowohl, als auch für andere ähnliche zu lösen. Ich habe
                              									nunmehr eine (Längen-) Theilmaschine construirt, die auf ein neues Princip
                              									gegründet ist, welches man streng genommen
                              										„Interpolationsprincip“ nennen kann, denn die neue
                              									Anordnung gestattet nach irgend einem Ausdrucke, der durch eine numerische Reihe
                              									dargestellt ist, eine gerade Linie so zu theilen, daß wenn die Variable nach einer
                              									arithmetischen Proportion zunimmt, die erhaltenen Theile dem Werthe des numerischen
                              									Ausdruckes ganz und gar entsprechen; ebenso ist es auch möglich, mittelst derselben
                              									Interpolationsmaschine neue Theilpunkte zwischen zwei gegebenen fixen Punkten nach
                              									einem angegebenen Gesetze einzuschalten.Diese Idee ist nicht neu; man vergl. „Jahresbericht der Sternwarte
                                       												bei München für 1852“, S. 98.Der Ref. Man kann daher jede
                              									Weingeist-Thermometerröhre zwischen zweien auf empirischem Wege erhaltenen
                              									Fundamentalpunkten so graduiren, daß die einzelnen Grade genau ebenso sich ändern
                              									wie die Ausdehnung des Weingeistes mit zunehmender Temperatur dieß erfordert, und es
                              									kann sogar eine etwaige Veränderlichkeit in dem Durchmesser der Thermometerröhre
                              									selbst dabei in Rücksicht gebracht werden.
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 189, S. 106
                              Um das Verfahren, welches ich gefunden habe, zu beleuchten, nehmen wir an, es
                                 										seyen auf der Thermometerröhre (Fig. 1) schon die
                                 										fixen Punkte P, Q, R, S angegeben, und ihre
                                 										gegenseitige Entfernung sey
                              
                           PQ = x1; QR = x2; RS = x3
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 189, S. 106
                              Jeder dieser Theile sey in 10 Theile so zu theilen, daß jeder Theilpunkt eine
                                 										durch eine gegebenes Gesetz vorher angegebene Lage einnehme. Construirt man nun
                                 										das rechtwinkelige Dreieck A B C (Fig. 2), theilt die Seite A
                                    											C in 10 gleiche Theile, und  zieht von der Spitze B
                                 										aus nach den einzelnen Theilpunkten die Transversalen, so wird bekanntlich jede
                                 										Gerade A′ C′, welche parallel zur Seite A C ist,
                                 										durch jene Theilungslinien in 10 gleiche Theile zerlegt: eine Gerade —
                                 										wie z. B. M N — hingegen, welche nicht
                                 										parallel zu A C ist, wird durch jene Transversalen
                                 										in ungleiche Theile zerlegt. Um nun eine solche so zu theilen, wie dieß z. B.
                                 										bei einem Stücke einer Thermometerröhre der Fall seyn soll, ziehen wir die
                                 										Transversale L M N, welche die Verlängerung von A C in L treffen soll,
                                 										unter einen Winkel φ so, daß
                              
                           
                              
                              Textabbildung Bd. 189, S. 107
                              
                           und
                           M N = x1
                           wird. Es geht also hieraus hervor, daß wenn man eine derartige
                              									Gerade, — wie hier M N — in die zugehörige
                              									Lage bringt, dieselbe von den durch B nach den
                              									Theilpunkten von A C gezogenen Linien genau in derselben
                              									Weise getheilt werden könne, wie dieß die angegebene Interpolationsformel erfordert,
                              									und man kann folglich den Zwischenraum zweier fixen Punkte am Thermometer in der
                              									verlangten Weise graduiren. Es bleibt daher übrig, die mechanische Theilung der
                              									Thermometerscale so vorzunehmen, daß die Grade mindestens noch einer Function vom
                              									zweiten Grade genau entsprechen. Dieses mechanische Copiren kann nun mittelst der
                              									oben erwähnten Theilmaschine ausgeführt werden, und es mag bemerkt werden, daß durch
                              									Anwendung derselben Formel die gleiche Maschine benutzt werden kann, um ein
                              									Quecksilberthermometer mit Rücksicht auf die Ungleichheiten der Oeffnung der Röhre
                              									in genauer Weise zu graduiren, und daß dieselbe Construction auch zur absolut
                              									genauen Graduirung von Hydrometern (Volumen-Aräometern) in Anwendung gebracht
                              									werden kann. — Wollte man eine solche Interpolationsformel unmittelbar in
                              									Anwendung bringen, so müßte man für jeden Werth der Variablen, also für jeden
                              									Temperaturgrad, den entsprechenden Werth des Scaletheiles berechnen. Allerdings
                              									könnte eine Hülfstabelle die Ausführung solcher Rechnungen ersparen, da man nach
                              									jeder solchen gegebenen Formel eine Tabelle construiren kann, welche dann bei der
                              									Ausführung der Theilung in Anwendung gebracht werden könnte. Ich habe von solchen
                              									Hülfstafeln keinen Gebrauch gemacht, sondern das Problem auf mechanischem Wege
                              									dadurch gelöst, daß ich mir einen kleinen Apparat construirte, welcher eine
                              									Rechenmaschine (computer) genannt werden kann; letztere
                              									besteht aus einem sogen. sliding rule (verschieb-
                              									und neigbarem Lineale), einem Index oder Zeiger und einem Maaßstabe.  Gesetzt also, es soll der oben
                              									angegebene Zwischenraum x1 graduirt werden, so tragen wir die Distanz P
                                 										Q auf das Lineal, die Länge Q R ans den fixen
                              									Maaßstab, und es gibt nun der Index an einem bestimmten Punkte des Dreieckes (Fig. 2) den Winkel an, welchen die zu theilende Linie
                              										M N mit der Seite A C
                              									bilden muß, damit die Graduirung in der verlangten Weise erfolgt. Dieser mechanische
                              									Rechner ist äußerst einfach und trotzdem so zuverlässig, daß man mit demselben
                              									genauere Resultate erhalten kann, als wenn ein anderes mühsameres Verfahren hierfür
                              									verwendet würde.
                           Nachdem ich die Schwierigkeiten überwunden hatte, um genaue Thermometerscalen
                              									anzufertigen, war es mir darum zu thun, auch die Brauchbarkeit des Alkohols für
                              									thermometrische Zwecke näher zu untersuchen, da ich die hierüber nöthigen
                              									Aufschlüsse in den mir bekannten wissenschaftlichen Quellen nicht auffinden konnte.
                              									Bei einer Reihe von Versuchen, welche ich zu diesem Zwecke ausführte, wendete ich,
                              									um die Aenderung der Ausdehnung des Weingeistes mit der Temperatur den
                              									Versuchsresultaten anzupassen, die Interpolationsformel
                           d = a t +
                              										b t2
                           an, in welcher d die einer
                              									Temperatur t entsprechende Volumenvergrößerung bedeutet.
                              									Da die Coefficienten a und b
                              									für eine und dieselbe Alkoholsorte constant bleiben sollen, so konnte ich mich durch
                              									jene Untersuchungen überzeugen, daß der absolute Alkohol für die in Rede stehenden
                              									Zwecke nicht anwendbar ist, weil derselbe schon durch die Berührung mit der
                              									umgebenden Luft und beim Ausgießen von einem Gefäße in ein anderes seine Dichte und
                              									seine Volumenänderung durch die Wärme wesentlich ändert. Hingegen hat sich
                              									herausgestellt, daß reiner Weingeist vom specifischen Gewichte 0,815 als ganz
                              									brauchbar angesehen werden kann, vorausgesetzt daß derselbe von allen
                              									Nebenbestandtheilen, die im käuflichen Spiritus vorkommen können, vorher sorgfältig
                              									befreit worden ist.