| Titel: | Vorläufige Mittheilung über Paraffinfabrication aus Braunkohlentheer; von B. Hübner in Zeitz. | 
| Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. LVI., S. 240 | 
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                        LVI.
                        Vorläufige Mittheilung über Paraffinfabrication
                           								aus Braunkohlentheer; von B.
                              									Hübner in Zeitz.
                        Aus den Berichten der deutschen chemischen Gesellschaft in
                                 										Berlin, 1868, Nr. 12.
                        Hübner, über Paraffinfabrication aus Braunkohlentheer.
                        
                     
                        
                           Die unter dem Namen „Paraffin“ bekannten festen
                              									Kohlenwasserstoffe aus dem Braunkohlentheer wurden seither fast allgemein auf
                              									folgende Weise gewonnen.
                           
                           Der gedachte Theer wurde destillirt und das Destillat in einen flüssigbleibenden und
                              									einen erstarrenden Theil zerlegt. Der letztere wurde entweder roh in möglichst
                              									kühlen Räumen zur Krystallisation bei Seite gesetzt; nachdem diese erfolgt, wurden
                              									die festen Kohlenwasserstoffe, denen er seine Consistenz verdankt, durch Centrifugen
                              									und Pressen von den beigemengten Paraffinölen getrennt, einer Behandlung mit
                              									caustischem Natron und Schwefelsäure unterworfen, dann abermals destillirt, das
                              									erstarrende Destillat durch Pressungen mit den flüchtigsten, farblosen, flüssigen
                              									Kohlenwasserstoffen aus dem Braunkohlentheer gereinigt, resp. entfärbt, oder aber,
                              									der erstarrende Antheil des Destillates aus dem Theer wurde direct mit caustischem
                              									Natron und Schwefelsäure behandelt, einer erneuten Destillation unterworfen, das
                              									Destillat zur Krystallisation gestellt und die aus den destillirten Massen ebenfalls
                              									durch Centrifugen oder Pressen abgeschiedenen festen Kohlenwasserstoffe wurden durch
                              									Pressungen mit den oben gedachten flüssigen Kohlenwasserstoffen gereinigt. In beiden
                              									Fällen gieng der Paraffin-Gewinnung eine zweifache Destillation desselben
                              									voraus. Verschiedene Erscheinungen deuten darauf hin, daß jede derselben insofern
                              									einen nachtheiligen Einfluß auf die festen Kohlenwasserstoffe ausübt, als ein sehr
                              									großer Theil davon bei den hohen Destillationstemperaturen in weniger werthvolle,
                              									flüssige Kohlenwasserstoffe, ein anderer in zwar wiederum feste zerfällt, die aber
                              									einen niedrigeren Schmelzpunkt haben als diejenigen, aus welchen sie entstanden und
                              									deßhalb gleichfalls von geringerem Werthe sind.
                           Um diese Umbildungen und Zersetzungen wenigstens theilweise zu vermeiden, habe ich
                              									anstatt der aus dem Theer ausgeschiedenen Paraffinmassen diesen selbst einer
                              									geeigneten Behandlung mit Schwefelsäure und nach Trennung von der letzteren einer
                              									Destillation über einige Procent gelöschten Aetzkalkes unterworfen, die dabei
                              									gewonnene Paraffinmasse zur Krystallisation bei Seite gesetzt, die von dem Oel
                              									getrennten Paraffin-Krystalle aber durch die schon gedachten Pressungen mit
                              									weißem Braunkohlentheeröl sofort gereinigt.
                           Bei diesem Verfahren werden also eine Destillation und die
                              									damit verbundenen Zersetzungen vermieden; die Folgen davon sind:
                           1) größere Ausbeute an Paraffin;
                           2) Gewinnung eines bedeutend härteren Paraffins, als nach dem erst gedachten
                              									Verfahren.
                           Neben dem Paraffin und gleichzeitig mit diesem werden aus dem Braunkohlentheer
                              									Mineralöle gewonnen, die hauptsächlich als Material zur Beleuchtung dienen.
                           Das wichtigste und werthvollste Ergebniß desselben waren früher die  letzteren. In neuerer Zeit sind
                              									dieselben durch die überaus massenhafte Gewinnung und Verwendung der zu gleichem
                              									Zweck benutzten natürlichen Mineralöle, insbesondere des amerikanischen Petroleums,
                              									derart entwerthet worden, daß die Industrie, welche sich mit ihrer Herstellung
                              									beschäftigt und die insbesondere in der preußischen Provinz Sachsen sich bedeutend
                              									entwickelt hat, in empfindlichster Weise davon berührt wird und sich ernstlich nach
                              									Mitteln umsehen muß, um die ihr zugefügten Nachtheile auszugleichen. In dieser
                              									Beziehung wird auch eine Mehrgewinnung von den festen Kohlenwasserstoffen, dem
                              									Paraffin, welche bedeutend werthvoller sind als die flüssigen, die Mineralöle, und
                              									dessen Verwendung immer größere Dimensionen annimmt, von Nichtigkeit seyn und somit
                              									auch die vorerwähnten Ergebnisse.
                           Ich werde später ausführlicher auf diesen Gegenstand zurückkommen und bemerke für
                              									jetzt nur noch, daß durch die besprochene Destillation über Kalk 40–50 Proc.
                              									der Unreinigkeiten aus dem Theer (insbesondere Brandharze und dem Kreosot verwandte
                              									Stoffe) entfernt werden, welche früher auf kostspieligere Weise durch caustisches
                              									Natron aus den Destillaten desselben genommen werden mußten.