| Titel: | Der neue Motor von E. Bourdon in Paris; beschrieben von F. Moigno. | 
| Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. LXII., S. 280 | 
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                        LXII.
                        Der neue Motor von E. Bourdon in Paris;
                           								beschrieben von F.
                              								Moigno.
                        Aus Les Mondes, t. XVII p. 344; Juli
                              								1868.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									IV.
                        Bourdon's Motor.
                        
                     
                        
                           Vor einigen Monaten hat der bekannte Mechaniker Eugen Bourdon (74, rue du
                                 										Faubourg-du-Temple in Paris) der Association scientifique de France einen neuen Motor vorgezeigt, bei
                              									welchem die Cylinder und Kolben der Dampfmaschinen durch ein Rohr mit biegsamen
                              									krummen Wänden ersetzt sind, wie er letztere bei der Construction seiner
                              									Metall-Barometer und Manometer so vortheilhaft benutzt hat. Als bewegendes
                              									Agens kann man bei dieser Maschine den Dampf, die comprimirte Luft oder das Vacuum
                              									anwenden; sie kann mit großer Geschwindigkeit betrieben werden und dürfte sich für
                              									die Kleingewerbe sehr nützlich erweisen.
                           Der neue Motor ist in Fig. 1 von vorn und in Fig. 2 von der Seite
                              									dargestellt.
                           A ist ein Rohr aus Stahlblech, von abgeplattetem
                              									Querschnitt, welches kreisförmig gekrümmt und aus zwei concaven Theilen
                              									zusammengesetzt ist, die an den Rändern mittelst Bolzen und um das Rohr
                              									herumgelegter dünner Stahlstreifen vereinigt sind.
                           B sind verticale Hebel, welche an ihren unteren Enden mit
                              									den Bügeln der Fundamentplatte, und an ihren oberen Enden mit den beiden Enden des
                              									biegsamen Stahlrohres durch zwei kleine horizontale Lenkstangen beweglich verbunden
                              									sind.
                           Die Lenkstangen C, C′
                              									dienen um die alternirende Bewegung des Rohres A auf die
                              									Welle mit doppelter Kurbel zu übertragen, mit welcher sie beweglich verbunden
                              									sind.
                           
                           Das Excentric D bewegt den Vertheilungsschieber E mittelst einer Lenkstange und eines kleinen
                              									horizontalen Hebels.
                           E Schieberkasten für den Dampf.
                           F Regulirventil, welches seine Bewegung vom Regulator
                              									vermittelst eines Hebels und einer langen Lenkstange empfängt.
                           Das Gerüst der Maschine besteht aus zwei gußeisernen Gestellen, welche auf einer
                              									Fundamentplatte befestigt sind. Auf dem Gestell, welches sich vor dem biegsamen Rohr
                              										A befindet, ist eine kleine Säule angebracht, welche
                              									den Regulator und die Transmission trägt.
                           Das Schwungrad befindet sich hinter dem zweiten Gestell und ist auf das Ende der
                              									Kurbelwelle aufgekeilt.
                           Das wesentliche Organ der Maschine ist das Rohr A mit
                              									krummen und biegsamen Wänden, in Form eines Halbkreises, welches sowohl den Cylinder
                              									als den Kolben der gewöhnlichen Dampfmaschinen ersetzt, die Kurbel in Gang bringt
                              									und der Treibwelle eine continuirliche Drehbewegung ertheilt, wie wir nun erklären
                              									wollen. Das Rohr besteht aus zwei Streifen von (beiläufig anderthalb Millimeter
                              									starkem) Stahlblech, welche kreisförmig gebogen sind, oberhalb convex, unterhalb
                              									concav (Fig.
                                 									3), und an den Ständern entweder mittelst kleiner Bolzen oder mittelst
                              									einander hinreichend nahe angebrachter Niete verbunden wurden. Am unteren Theile des
                              									Rohres und in der Mitte seiner Breite ist eine Oeffnung angebracht, welche durch
                              									eine sehr kurze Röhre mit dem Vertheilungsschieber des Dampfes, der comprimirten
                              									Luft oder des Vacuums in Verbindung steht. An jedem der Enden des biegsamen Rohres
                              									ist eine kleine Lenkstange (Fig. 1) beweglich
                              									angebracht und diese mit den verticalen Hebeln verbunden, welche die Bewegung
                              									mittelst zweier horizontalen Lenkstangen auf die Kurbelwelle übertragen. Das Rohr
                              										F, welches man zur Rechten sieht (Fig. 1) führt den
                              									Kesseldampf in den Schieberkasten, von wo er direct in das biegsame Rohr geht,
                              									welches dem inneren Drucke nachgebend, schwach aufschwillt. In Folge dieses
                              									Aufschwellens müssen sich die zwei Enden des Rohres entfernen und links und rechts
                              									auf die zwei Hebel B, B′ wirken, mit welchen
                              									dasselbe verbunden ist. Dieser Antrieb wird durch die Lenkstangen C, C′ auf die Kurbelwelle fortgepflanzt, daher
                              									das Schwungrad eine halbe Umdrehung macht, gerade so wie es der Kolben einer
                              									gewöhnlichen Dampfmaschine bewerkstelligen würde. In diesem Moment hat der Schieber
                              									seine Stellung geändert und die Austrittsöffnung frei gemacht. Der Dampf, welcher
                              									die beiden Schenkel des Rohres entfernt hielt, ist durch das Entweichungsrohr  abgezogen, die Enden
                              									des Rohres haben sich genähert,Da das Rohr aus Stahlblech vollkommen elastisch ist, so nimmt es seine
                                    											ursprüngliche Krümmung wieder an, sobald der Druck des Dampfes aufhört seine
                                    											Wände in dem Spannungszustande zu erhalten, welcher die Entfernung seiner
                                    											Enden hervorbringt.Man könnte einwenden, daß bei dieser Maschine, wo das Spiel eines Kolbens in
                                    											einem Cylinder durch die abwechselnde Ausdehnung und Zusammenziehung eines
                                    											federnden Rohres ersetzt ist, die innere Leere des Rohres einen schädlichen
                                    											Raum bildet, welcher den Dampfaufwand beträchtlich vermehrt, ohne daß
                                    											letzterer so viel nützliche Arbeit hervorbringt wie bei einer gewöhnlichen
                                    											Maschine. Um diesen Uebelstand zu beseitigen, hat Bourdon das Innere des Rohres mit einem Kern ausgefüllt, welcher
                                    											biegsam wie das Rohr selbst ist, und dabei nur den Spielraum übrig gelassen,
                                    											welcher für die Annäherung der Wände des Rohres in dem Augenblick wo es sich
                                    											wieder schließt, erforderlich ist. Der schädliche Raum besteht nun nicht
                                    											mehr und die aufgewendete Dampfmenge bleibt proportional der motorischen
                                    											Arbeit.Moigno. daher
                              									die zwei Lenkstangen C, C′ ihre frühere
                              									gegenseitige Stellung angenommen, und in Folge dieses Antriebes vollendet das
                              									Schwungrad seine ganze Umdrehung. Die Drehbewegung der Maschine dauert in dieser
                              									Weise regelmäßig fort, so lange als ihr Kesseldampf geliefert wird.
                           Wie wir schon bemerkt haben, kann Bourdon's Maschine mit
                              									biegsamem Rohr eben so gut wie mit Dampf, auch mit comprimirter Luft oder mit Vacuum
                              									betrieben werden; letzteres Verfahren wendet der Erfinder häufiger an, indem er ein
                              									genügendes Vacuum in ökonomischer Weise bloß durch das Ausfließen von Wasser erzeugt
                              									(nach dem Princip der Sprengel'schen Luftpumpe, bei
                              									welcher das Vacuum durch Ausfließen des Quecksilbers hergestellt wird).
                           Aber die Schieber, Ventile und Hähne der gewöhnlichen Dampfmaschinen eigneten sich
                              									nicht für diesen Motor und Bourdon mußte daher neue
                              									Organe schaffen, welche wir nun beschreiben wollen, nämlich den Hahn mit rollender Membran und den Vertheiler
                                 										mit hohlem Kolben.
                           Der Hahn ist in Fig.
                                 										4 von der Vorderseite, mit weggenommener Deckplatte, dargestellt; in Fig. 5 im
                              									verticalen Durchschnitt durch die Achse des Hebels an welchem die Membran befestigt
                              									ist; in Fig. 6
                              									in horizontalem Durchschnitt, um die durchlöcherte Platte zu zeigen auf welche sich
                              									die Membran stützt.
                           Das Schließen ohne Stoß und Oeffnen ohne Widerstand werden bei dem neuen Hahn durch
                              									das allmähliche Aufrollen oder Abrollen einer weichen Membran von Kautschuk oder
                              									Leder erzielt. Die Membran ist mit ihrem einen Ende an der vorderen Wand des
                              									Hahngehäuses befestigt und mit dem anderen am Ende eines Hebels, dessen Achse durch
                              									den Boden des Gehäuses geht und äußerlich einen Griff trägt, welcher zum  Oeffnen und Schließen des
                              									Hahnes dient. Die Achse des Hebels ist in einem runden Loch adjustirt, welches im
                              									Inneren ausgeweitet ist, um den (eingeschliffenen) conischen Hals aufzunehmen,
                              									welcher sich dem Austritt der Flüssigkeit widersetzt, ohne jedoch die hin-
                              									und hergehende Bewegung zu behindern, welche das Oeffnen und Schließen des Hahnes
                              									bewirkt. Die Membran legt sich gegen eine Metallplatte, welche mit Löchern für den
                              									Durchgang der Flüssigkeit versehen ist, die in solcher Entfernung von einander
                              									angebracht sind, daß die Membran durch ihren erzwungenen Contact mit den Löchern
                              									nicht leidet. Der Kautschuk und das Leder widerstehen bei geeigneter Dicke
                              									Pressungen von 10 Atmosphären eine beträchtliche Zeit, wenn der Betrieb des Motors
                              									nicht zu lange Unterbrechungen erleidet; übrigens kann man eine Membran leicht in
                              									einigen Minuten durch eine andere ersetzen. Diesen anfangs als Hahn angewandten
                              									vortrefflichen Mechanismus hat Bourdon neuerlich in einen
                              									Vertheiler umgewandelt, worüber wir uns jedoch näherer Mittheilungen enthalten
                              									müssen.
                           Der Vertheiler mit hohlem Kolben, welchen wir noch zu
                              									beschreiben haben, besteht aus zwei Röhren von Bronze, wovon die eine am biegsamen
                              									Rohr des Motors angebracht ist, während die andere sich mit sanfter Reibung im
                              									Inneren der ersteren bewegt, um darin die Functionen eines Schiebers zu erfüllen.
                              									Jede der beiden Röhren ist kreisförmig mit einer Löcherreihe durchbohrt, welche so
                              									angeordnet sind, daß nur die eine derselben mit dem ankommenden Dampf in
                              									Communication seyn kann, während die andere geschlossen ist wie in Fig. 7, oder im
                              									entgegengesetzten Sinne geöffnet, wie in Fig. 8. Nachdem man die
                              									innere Röhre durch eine Lenkstange mit einer Kurbelwarze von gehörig geregelter
                              									Stellung verbunden hat, läßt man den Kesseldampf durch das Seitenrohr zutreten;
                              									derselbe erfüllt den ringförmigen Raum und tritt durch die untere Löcherreihe in den
                              									Vertheilungskolben, hernach in das biegsame Motorrohr, dessen beide Schenkel er
                              									durch den darin ausgeübten Druck entfernt. In diesem Moment hat aber das Excentric
                              									des Vertheilers den hohlen Kolben verschoben und die obere Löcherreihe gegenüber der
                              									correspondirenden Löcherreihe der äußeren Kolbenröhre gebracht. Der Dampf, welcher
                              									im Motorrohr eingeschlossen war, entweicht daraus sofort, daher sich die beiden
                              									Schenkel desselben wieder nähern und in Folge dessen die Kurbelwelle ihre Umdrehung
                              									vollenden muß.
                           Als Vortheile des neuen Motors im Vergleich mit den gewöhnlichen Dampfmaschinen
                              									dürften hauptsächlich zu bezeichnen seyn: die sehr einfache Construction; die
                              									Möglichkeit, direct beträchtliche Geschwindigkeiten  ohne Anwendung von Zahnrädern
                              									und Rollen zu erhalten, und zwar ohne Stöße und Erschütterungen; das Wegfallen des
                              									Kolbens mit seiner in einer Stopfbüchse gleitenden Stange und daher auch des
                              									Verlustes an motorischer Arbeit, welchen die Reibung dieser Organe veranlaßt. Dieser
                              									Verlust kommt aber besonders bei Maschinen von kleiner und mittlerer Kraft in
                              									Betracht, weil die Reibungen des Kolbens und seiner Stange nur wie die Zahlen
                              									wachsen, welche den Kolbendurchmesser ausdrücken, während die Kraft der betreffenden
                              									Maschinen wie das Quadrat des Kolbendurchmessers wächst; daraus geht hervor, daß
                              									wenn bei einer Maschine deren Kolbendurchmesser gleich 0,10 Meter ist, die durch die
                              									Reibungen des Kolbens und seiner Stange absorbirte Arbeitsmenge gleich 1/5 der durch
                              									den Dampf entwickelten Arbeit ist, jene Arbeitsmenge nur noch 1/50 für eine Maschine
                              									seyn wird deren Kolben 1 Meter Durchmesser hat.
                           
                        
                     
                  
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