| Titel: | Kammbewegung einer Karde für sehr kurze Baumwolle, von Parr, Curtis und Madeley in Manchester; beschrieben von H. Minßen. | 
| Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. LXIX., S. 291 | 
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                        LXIX.
                        Kammbewegung einer Karde für sehr kurze
                           								Baumwolle, von Parr,
                           									Curtis und Madeley in
                           									Manchester; beschrieben von H. Minßen.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									V.
                        Kammbewegung einer Karde für sehr kurze Baumwolle.
                        
                     
                        
                           Je theurer die Baumwolle in den letzten Jahren wurde, desto mehr bemühten sich die
                              									Maschinenfabrikanten, die zur Spinnerei gehörigen Maschinen auf immer kürzere und
                              									gröbere Gattungen einzurichten, wie sie namentlich Ostindien in großer Fülle
                              									erzeugt; fast alle neue Erfindungen und Verbesserungen laufen auf diesen Zweck
                              									hinaus, aus geringerem Rohmaterial ein Garn von gleicher Güte zu erzeugen, wie
                              									früher aus dem amerikanischen Stapel. Bei den mannichfach zu überwindenden
                              									Schwierigkeiten, auf welche man in allen verschiedenen Stadien des Spinnprocesses
                              									stieß, um diese Aufgabe zu lösen, ist auch ein Arbeitsorgan des Krempels (oder der
                              									Karde) zu erwähnen, die Kammvorrichtung, welche die kardirte Baumwolle aus der Karde
                              									entfernt. Der Kamm (hacker, peigne), welcher die
                              									kardirte Baumwolle aus dem kleinen Cylinder oder Abnehmer (doffer, petit tambour) heraus kämmt, wurde bei der alten Construction
                              									durch eine gekröpfte Welle getrieben, welche unter dem Auszugsapparate an den beiden
                              									Seitengestellen der Karde gelagert war. Die beiden Krummzapfen an den äußeren Enden
                              									derselben übertrugen ihre rotirende Bewegung durch verticale Zugstangen nach oben
                              									auf horizontale Hebel, durch welche der Kamm die bekannte auf- und
                              									niedergehende Bewegung erhielt. Auf diese Weise erreichte man eine Geschwindigkeit,
                              									bei welcher der Kamm 400 Schläge machte. Bis dahin bewährte sich die Vorrichtung;
                              									wollte man aber schneller arbeiten, wie es bei kürzerem Material nothwendig ist, so
                              									liefen die arbeitenden Theile bald warm und nutzten sich sehr rasch ab.
                           Um diesem Uebelstande zu begegnen, sind die verschiedenartigsten Apparate ersonnen
                              									worden, von denen aber keiner so vorzüglich arbeitet, wie die unten beschriebene
                              									Kammbewegung von Parr, Curtis
                              									und Madeley, mit welcher man die allerkürzeste Baumwolle,
                              									wie Scinde und Bengal, kämmt. Die Vorzüge dieser Construction liegen in drei
                              									Anordnungen, welche einen sehr raschen Gang ermöglichen:
                           1) die kurzen Wege und kleinen Abmessungen der bewegenden Theile;
                           2) die dadurch bedingte compacte Anordnung und breite Auflagerung derselben, und
                           
                           3) die sinnreiche Zuführung des Schmieröles.
                           Fig. 11 stellt
                              									den Aufriß, Fig.
                                 										12 den Grundriß, Fig. 13 die Seitenansicht
                              									und Fig. 14
                              									den Durchschnitt der Bewegungstheile nach der Linie x y,
                              									die beiden letzteren in doppelt so großem Maaßstabe wie die zwei ersten Figuren,
                              									dar.
                           A ist die Kammwelle, welche mittelst fünf. Stützen a, a.. (welche durch die hohle Welle A hindurch gehen) den Stahlkamm B, B trägt. Diese Welle ist auf zwei Lagerböcken C und C′ aufgelagert, durch welche sie
                              									mit ihrem schwächeren Zapfen bei A′ hindurch
                              									geht. Der Zapfen A′, Fig. 14, welcher seine
                              									Auflage in C hat, ruht nicht unmittelbar in diesem,
                              									sondern wird noch (Fig. 11 und 14) von einer Hülse H′, H′
                              									umschlossen, welche von der ebenfalls durchbohrten Hülse H rechtwinklig ausgeht. H′ ist durch
                              									eine Druckschraube s fest mit A′ verbunden, so daß sich beide gemeinschaftlich drehen und H′ die eigentliche Lagerstelle der Kammwelle in
                              									dem unteren Lager des Bockes C bildet.
                           In der zweiten Hülse H des bauchigen Winkelstückes
                              									gleitet ein cylindrischer Zapfen G, G auf und nieder; am
                              									oberen Ende trägt dieser Zapfen einen kreisrunden Bügel G′. Dieser Bügel umschließt das excentrische Mittelstück F′, welches aus einem Stück mit der kleinen
                              									Riemenscheibe F, F (Fig. 11 und 14) besteht
                              									und seine Stütze zum Theil an der dünnen Hülse hat, welche in das obere Lager des
                              									Stuhles C hinein führt (Fig. 14). Getragen wird
                              									ferner dieses Stück F, F′ durch den Oelzuführer
                              										E, E′, welcher durch die ganze Länge der
                              									centrischen Bohrung von F, F′ hindurch geht und
                              									mittelst der Druckschraube e und zugehöriger
                              									Vorgelegescheibe eine seitliche Verschiebung von F,
                                 									F′ verhindert, welches letztere sich indessen frei um seine Achse resp.
                              									um E′ drehen kann.
                           Die verschiedenen Oelcanäle, welche der ganzen Länge nach durch E, E- und G hindurch
                              									gehen, und außerdem die kleinen Schmierlöcher, welche zu allen reibenden Flächen
                              									führen, sind sämmtlich mit o bezeichnet und wie man
                              									sieht, vorzüglich angeordnet. Der Oelbehälter E mit
                              									seinem Rohre E′ paßt genau in die obere Bohrung
                              									des Stuhles C und wird mit demselben durch zwei
                              									Druckschrauben s, s fest verbunden, so daß er sich
                              									durchaus nicht drehen kann.
                           Ferner sind noch die Vorrichtungen zu nennen, welche es gestatten, den Kamm B, B (Fig. 13) dem Abnehmer M, M′ zu nähern oder ihn davon zu entfernen, je
                              									nach dem Willen des Kardenmeisters. Es ist dieß auf gewöhnliche Art durch die Platte
                              										D bewirkt, welche, fest an das Gestell der Karde
                              									angeschraubt, eine Stellschraube g mit drei Muttern und
                              									Kopf trägt. Durch Lösen der mittelsten Mutter und Anziehen der  beiden äußeren nähert man den
                              									Kamm und umgekehrt den kleinen Cylinder M′.
                           Der Betrieb des Apparates geht von einer großen Scheibe des großen Cylinders aus,
                              									welche mittelst schmalen Riemens das Scheibchen F
                              									umtreibt; durch dieses wird das Excentric F′
                              									umgedreht, welches innerhalb des Bügels G′ sitzt.
                              									Dieser Bügel hat seine Führung zwischen f, f, einer
                              									ausgedrehten Höhlung am Excentric und der Schulter K des
                              									Lagerstuhles C.
                           Der Zapfen G, welcher mit G′ aus einem Stücke ist, wird durch die excentrische Bewegung von G′ in der Hülse H auf
                              									und nieder geführt und macht gleichzeitig eine seitlich schwingende Bewegung um den
                              									festen Mittelpunkt der Hülse H, welcher in der
                              									Verlängerung der Achse A, A liegt (Fig. 13). Die punktirten
                              									Linien bezeichnen die äußersten Seitenstellungen von G.
                           An dieser schwingenden Bewegung nimmt auch die Hülse H
                              									Theil, und mit ihr die durch Schraube s festverbundene
                              									Welle A, welche ihrerseits wiederum den Kamm B um denselben Winkel schwingen läßt. Damit ist der
                              									Zweck der Vorrichtung erreicht.
                           Um die kleinen Abmessungen aller Theile anzudeuten, gibt der Verf. folgende Maaße
                              									an:
                           
                              
                                 Hub des Kammblattes B, B = 35 Millim.,
                                 
                              
                                 Durchmesser des Excentric = 47,5 Millim.,
                                 
                              
                                 Excentric desselben = 11 Millim.,
                                 
                              
                                 Entfernung des Mittelpunktes von H von der
                                    											Achse von F = 70 Millim.
                                 
                              
                           Diese sinnreiche Combination, sowie die ausgezeichnete Vertheilung des Oeles durch
                              									die inneren Communicationswege ermöglichen es, daß man den Kamm 1200 Schläge und
                              									darüber machen lassen kann, ohne daß nur ein Theil sich erhitzt. Auf die Länge der
                              									reibenden Flächen ist schon oben aufmerksam gemacht, wobei namentlich auf die langen
                              									Hülsen F′ und H′ aufmerksam zu machen ist. (Zeitschrift des Vereines deutscher
                                    											Ingenieure, 1868, Bd. XII S. 140; Maschinen-Constructeur,
                                 										Nr. 11.)
                           
                        
                     
                  
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