| Titel: | Stulpdichtungen für hydraulische Pressen, Pumpen und Wassersäulen-Maschinen; von I. Schmidhammer, k. k. Hüttenverwalter in Neuberg. | 
| Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. LXX., S. 294 | 
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                        LXX.
                        Stulpdichtungen für hydraulische Pressen, Pumpen
                           								und Wassersäulen-Maschinen; von I. Schmidhammer, k. k. Hüttenverwalter in
                           								Neuberg.
                        Aus der österreichischen Zeitschrift für Berg- und
                                 										Hüttenwesen, 1868, Nr. 30.
                        Schmidhammer, über Stulpdichtungen für hydraulische Pressen
                           								etc.
                        
                     
                        
                           Bei der Herstellung der Stulpdichtungen für hydraulische Pressen und ähnliche
                              									Maschinen hat man sich bisher fast ausschließlich einer gewissen Gattung von Leder
                              									bedient, und andere Materialien sind entweder nur in vereinzelten Fällen oder gar
                              									nicht angewendet worden und wurden jedenfalls nicht allgemein bekannt.
                           Die Stulpen sind aus Leder immerhin etwas umständlich herzustellen, erfordern ein
                              									Material, welches man nicht immer in der gewünschten Qualität erhält, und haben
                              									endlich, und das ist das Wichtigste, nicht jenen Grad der Elasticität, welcher für
                              									alle Fälle wünschenswerth ist, da sonst der kleinste Fehler in seiner richtigen
                              									Weite nicht leicht verbessert werden kann.
                           Diese Umstände bewogen mich schon vor ungefähr 14 Jahren, bei einer Druckpumpe,
                              									welche ich in einem Bergbaue des östlichen Ungarns in Betrieb setzte, diese
                              									Dichtungsstulpe aus vulcanisirtem Kautschuk anfertigen zu
                              									lassen.
                           Der Versuch entsprach sogleich bei der ersten Probe und ohne die geringste
                              									Schwierigkeit, und der Stulp dauerte bei einem ununterbrochenen Betriebe unter einem
                              									Drucke von 6 Atmosphären genau ein halbes Jahr.
                           Der so gedichtete Mönchkolben wurde wie bei gewöhnlichen Packungen mit einer Mischung
                              									von Unschlitt und Oel geschmiert, aber mäßig.
                           Von meiner zeitweiligen Dienstleistung als Kunstmeister wieder zum Eisenhüttenwesen
                              									zurückgekehrt, hatte ich lange keine Gelegenheit diese Erfahrung auszunutzen, bis
                              									ich bei der Construction der Maschinen für die hiesige Bessemerhütte abermals auf
                              									diesen Gegenstand geleitet wurde.
                           Es kamen nämlich hier hydraulische Hebmaschinen in Anwendung, bei welchen die
                              									Benutzung von Lederstulpen um so bedenklicher war, als nicht kaltes, sondern heißes
                              									Wasser unter die Kolben trat und zwar aus einem eigenthümlichen DruckcylinderDieser Druckcylinder ist jetzt noch in Anwendung, jedoch mit dem
                                    											Unterschiede, daß derselbe nicht mehr mit vorgewärmtem, sondern mit kaltem
                                    											Wasser gespeist wird, seit man die Erfahrung gemacht hat, daß ersteres nicht
                                    											nothwendig ist., welcher mit vorgewärmtem Wasser  nahezu vollgefüllt wurde und
                              									auf welches Wasser man dann den Kesseldampf unmittelbar und ohne Scheidewand wirken
                              									ließ.
                           Bei der Anwendung von heißem Wasser, welche im ersten Jahre des Betriebes stattfand,
                              									würden die Lederstulpe ohne Zweifel gar nicht entsprochen haben. Der vulcanisirte
                              									Kautschuk dagegen hat sich dabei vollkommen bewährt.
                           Ein eigens in dieser Richtung abgeführter Versuch gab mir die erfreuliche
                              									Bestätigung, daß ein gut vulcanisirter Kautschuk selbst nach einem zweistündigen
                              									starken Kochen in Wasser sich nicht verändert, und daß er im kochenden Wasser genau
                              									dieselben Eigenschaften besitzt wie im kalten, er wird weder klebrig, noch verändert
                              									er überhaupt seine Consistenz und Elasticität.
                           Diese höchst schätzenswerthe Eigenschaft läßt den Kautschuk sogar bei hängenden
                              									Stopfbüchsen von Dampfcylindern anwenden, wenn diese so gestaltet sind, daß über dem
                              									Stulpe immer eine Schicht von Condensationswasser stehen kann und der Dampf nicht
                              									überhitzt ist.
                           Seither wendete ich diese Kautschukstulpe (Manchetten) mehrfach an, und zwar unter
                              									einem mittleren Drucke von 60 Atmosphären, wie unter einem hohen Drucke von 320
                              									Atmosphären, und jedesmal mit vollkommenem Erfolge.
                           So naheliegend die Verwendung von Kautschuk für den genannten Zweck ist, so ist mir
                              									doch nicht bekannt, daß dieselbe irgendwo durchgeführt worden wäre, auf keinen Fall
                              									ist sie allgemein, und ich bin umsomehr berechtigt dieses zu glauben, als ich fand,
                              									daß selbst sehr erfahrene und mit Pressen besonders vertraute Techniker von hohem
                              									Rufe mit dieser Verwendungsart gar nicht bekannt waren, ja sogar ihre Verwunderung
                              									darüber aussprachen, daß meine Methode mit Erfolg gekrönt wurde, und als ich auch in
                              									technischen Büchern nicht finde, daß Kautschuk für Preßstulpe empfohlen werde.
                           Nachdem nun die hydraulischen Pressen und Bewegungs-Maschinen sich immer mehr
                              									verbreiten und nicht mehr bloß ausschließliches Werkzeug gewisser Geschäftszweige
                              									sind, mithin auch die vorliegende Frage ein allgemeineres Interesse gewinnt und auch
                              									über diesen Gegenstand mehrfache Anfragen an mich gerichtet worden sind, so glaube
                              									ich jenen Technikern, welche in den Fall kommen, Dichtungsstulpe anzuwenden, durch
                              									Veröffentlichung meiner Erfahrung einen Dienst zu erweisen.
                           Die Stulpe werden von jeder Kautschukfabrik, welcher man die nöthigen Matrizen
                              									einsendet, ausgeführt, und ich wende sie genau in  der Gestalt an, wie die am
                              									meisten beliebte Form der Lederstulpe, nämlich in der Form eines U.
                           Die Matrizen, in welchen der Kautschuk die gewünschte Form erhält, bestehen aus zwei
                              									Ringen von Eisen, welche so aufeinander passen, daß sie zwischen sich die hohle Form
                              									des Stulpes vollständig einschließen. Auch ist es gut, wenn beide Ringe eine gewisse
                              									Führung haben, so daß sie immer in einer bestimmten Lage zusammentreffen müssen.
                           Die Schmiere, welche man bei dem Mönchkolben anwendet, verändert zwar nach und nach
                              									die Oberfläche des Kautschuks, aber langsam. Hier dauern die Stulpe 1½ bis 2
                              									Jahre.
                           Sind sie theilweise abgenutzt, aber noch nicht durchlöchert, so braucht man nur an
                              									der Rückwand der Rinne, in welche der Stulp eingelegt ist, einen Blechstreifen
                              									unterzulegen, wodurch der Stulpring etwas zusammengedrängt (gestaucht) wird und so
                              									wieder an den Kolben anschließt. Auf die gleiche Weise hilft man sich auch, wenn
                              									etwa der Stulpring etwas unpassend ausgeführt wurde und derselbe sich nicht von
                              									Anfang schon an den Kolben allseitig und genau anschließt, was so wie bei
                              									Lederstulpen absolut nothwendig ist.
                           Kommt der Fall vor, daß ein Stulp nicht ordentlich dichtet, so ist dieser entweder an
                              									der betreffenden Stelle stark verletzt, oder es legt sich der Stulp nicht schon von
                              									vornherein an die zu dichtende Fläche genug dicht an, indem entweder ein fremder
                              									Körper zwischen beiden ist oder dessen Dimensionen nicht vollkommen passen; in
                              									letzterem Falle läßt sich der Fehler bei Kautschuk leicht verbessern, bei Leder fast
                              									gar nicht.
                           Wenn man derlei Kautschukwaaren in Vorrath hält, so ist es gut, dieselben an
                              									feuchten, kühlen Orten aufzubewahren, noch besser unter Wasser, da viele
                              									Kautschukwaaren die üble Eigenschaft haben (wahrscheinlich in Folge einer beim
                              									Vulcanisiren nicht ganz richtigen Behandlung), daß sie an der Luft oberflächlich
                              									ihre Weichheit und Elasticität verlieren und für hohen Druck unbrauchbar werden;
                              									unter Wasser verlieren sie jedoch diese wichtige Eigenschaft nicht.