| Titel: | Kühlofen für Tafel- oder Scheibenglas, von D. Bievez zu Haine-Saint-Pierre (Belgien). | 
| Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. LXXVII., S. 313 | 
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                        LXXVII.
                        Kühlofen für Tafel- oder Scheibenglas, von
                           									D. Bievez zu
                           									Haine-Saint-Pierre (Belgien).
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, April
                              									1868, S. 207.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									IV.
                        Bievez's Kühlofen für Scheibenglas.
                        
                     
                        
                           Der nach einem neuen System von D. Bievez construirte
                              									Kühlofen für Scheibenglas, von welchem sich ein Modell auf der letzten Pariser
                              									Welt-Ausstellung befand, dürfte zur allgemeinen Einführung zu empfehlen seyn,
                              									nachdem sich dessen Vorzüge durch die mit ihm erzielten günstigen Erfolge so
                              									unzweideutig herausgestellt haben.
                           Bei den bisher üblichen Kühlöfen hat jede Scheibe einen zweimaligen Transport
                              									auszuhalten, in Folge dessen das Glas mehr oder weniger seine Form verliert und nur
                              									selten eine ganz ebene und glatte Oberfläche wieder annimmt. Dieser Uebelstand ist
                              									bei Bievez's Ofen beseitigt.
                           Sein Apparat besteht aus dem eigentlichen Ofen und einer Reihe senkrechter, in einer
                              									Verticalebene beweglicher Rahmen, die von gußeisernen Coulissen oder Rinnen geführt
                              									werden, welche an beiden Enden in dem Mauerwerke des Ofens befestigt sind. Die
                              									oberen, über das Gewölbe hervorragenden Ränder der Rahmen sind durch einen
                              									longitudinalen Stab mit einander verbunden, und die Rahmen selbst sind mit
                              									Gegengewichten versehen, so daß eine nur geringe Kraftanstrengung erforderlich ist,
                              									um sie in Bewegung zu setzen.
                           An den unteren Rändern der Rahmen sind Rollen angebracht, in deren Rinnen oder
                              									Hohlkehlen schmiedeeiserne, unter einander parallele Stangen ruhen, deren Enden bis
                              									zur Oeffnung des Ofens reichen, wo sie durch eine Querschiene so miteinander
                              									verbunden sind, daß man sie durch bloßes Ziehen an der letzteren sämmtlich zu  gleicher Zeit in
                              									horizontaler Richtung in Bewegung setzen kann; im Ruhezustande liegen die Stangen
                              									sowohl als die Rollen in Vertiefungen oder Falzen, welche in der Sohle des Ofens
                              									angebracht sind.
                           Fig. 18 ist
                              									ein theilweiser Längenschnitt des neuen Kühlofens nach der Linie I–II der Fig. 19;
                           Fig. 19 ein
                              									Horizontalschnitt desselben nach der Linie III–IV der Fig. 18;
                           Fig. 20 ein
                              									Querschnitt nach der Linie V–VI der Fig. 19.
                           A Kühlofen; B auf Schienen
                              									laufender, zur Aufnahme der zu kühlenden Glastafeln dienender Wagen; C, C bewegliche, senkrecht
                              									auf die große Achse des Ofens angeordnete Rahmen; D, D Coulissen, in denen sich die Pfeiler der Rahmen C, C bewegen; E, E Gegengewichte zum
                              									Ausbalanciren der Rahmen C, C.
                           F longitudinale Stange, welche die oberen Theile
                              									sämmtlicher Rahmen mit einander verbindet; G Kette,
                              									mittelst welcher sich alle Rahmen gleichzeitig heben lassen; H, H Rollen, welche an den unteren Rändern der
                              									Rahmen befestigt sind; I, I
                              									parallele Stangen aus Schmiedeeisen, welche in den Rinnen der Rollen H, H ruhen und sich in die
                              									auf der Ofensohle angebrachten Falze legen; J, J Querschiene, durch welche außerhalb des Ofens die
                              									sämmtlichen parallelen Stangen I, I unter einander verbunden sind und die dazu dient, dieselben alle auf
                              									einmal nach vorn zu ziehen, wie dieß durch die punktirten Linien in Fig. 19 angedeutet ist.
                              										K Oeffnung zum Ein- und Austragen der
                              									Glastafeln.
                           Nachdem eine erste Glasscheibe auf dem Wagen B zum Ofen
                              									transportirt worden ist, tritt der Arbeiter (Strecker) an die Oeffnung K und schiebt die Tafel mittelst einer kurzen Gabel auf
                              									die Sohle des Ofens und zwar an den ersten von den neun Plätzen, die sie hintereinander zu passiren hat.
                              									Sobald der Wagen eine zweite Scheibe zuführt, hebt ein Gehülfe durch Ziehen an der
                              									Kette G gleichzeitig sämmtliche Rahmen nebst den Stangen
                              										I, I; in Folge dieser
                              									Bewegung wird die erste Glasscheibe emporgehoben und durch den Rost, den die Stangen
                              										I, I bilden, in dieser
                              									Stellung erhalten. Inzwischen ertheilt der Arbeiter mittelst der Querschiene J den Stangen eine ziehende Bewegung, indem er sie auf
                              									den Rollen H so vorwärts gleiten läßt, daß die
                              									Glasscheibe um einen Raum vorrückt, welcher etwas größer ist als ihre Breite; dann
                              									läßt er die Zugkette G ganz allmählich nach, so daß das
                              									ganze System langsam auf die Ofensohle zurücksinkt, worauf er nur noch die Stangen
                              									zurückzuschieben braucht, welche sich dann wieder in die Falze legen und somit an
                              									ihren früheren Platz gelangen, ohne die Glastafel mitzunehmen, welche sich nunmehr
                              									in der zweiten der neun
                              									Stellungen befindet, 
                              									welche sie durchmachen muß, um vollständig gekühlt zu werden. Jetzt ist Platz für
                              									die zweite Glastafel vorhanden, und der Strecker kann dieselbe nun vom Wagen auf die
                              									Ofensohle schieben. Sobald dieß geschehen ist, wiederholt er das Verfahren, wie
                              									vorher, d. h. er bewegt die beiden ersten Tafeln vorwärts und gewinnt dadurch Raum
                              									für die dritte. In dieser Art fährt er weiter fort, so daß jede Glasscheibe
                              									nacheinander um etwas mehr als ihre Breite vorwärts gelangt und somit in neun Malen
                              									den Ofen in seiner ganzen Länge durchwandert und allmählich erkaltet, worauf sie
                              									ausgetragen wird.
                           Bei Anwendung dieses Systemes wird jede Scheibe binnen fünfundzwanzig bis dreißig
                              									Minuten vollständig gekühlt, während dazu bei dem bisherigen Verfahren sieben bis
                              									acht Stunden erforderlich sind. Dabei läßt sich das auf diese Weise gekühlte Glas
                              									weit leichter und regelmäßiger schneiden, eine Erscheinung, welche ihren Grund ohne
                              									Zweifel darin hat, daß bei dem aufeinander folgenden Emporheben einer jeden
                              									Glastafel beide Flächen derselben in fast ganz gleichmäßiger Weise gekühlt
                              									werden.
                           Der hier beschriebene Apparat ist bereits auf verschiedenen Werken eingeführt worden,
                              									nämlich in Belgien auf den Glashütten zu Marimont und Jumet (anonyme Gesellschaft
                              									für Spiegelfabrication in Brüssel); in dem Etablissement von Léon Hutart und Comp. zu la
                              									Louvière, sowie in demjenigen von Daubresre daselbst;
                              									ferner bei Laurent Duvergnies und Comp. zu Binche und bei Crets-Gérard zu Jemappes; in Frankreich auf dem Werke der
                              									Gebrüder Renard zu Fresne.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
