| Titel: | Ueber das neue Champonnois'sche Zuckergewinnungsverfahren; Bericht von Payen. | 
| Fundstelle: | Band 189, Jahrgang 1868, Nr. CXXIV., S. 498 | 
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                        CXXIV.
                        Ueber das neue Champonnois'sche Zuckergewinnungsverfahren; Bericht
                           								von Payen.
                        Aus dem Bulletin de la Société d'Encouragement, Juli
                              									1868, S. 413.
                        Payen, über Champonnois' Zuckergewinnungsverfahren.
                        
                     
                        
                           Seit Champonnois für die Gewinnung des Alkohols aus
                              									Runkelrüben ein Verfahren angab, welches die Bewahrung aller Nahrungsstoffe in den
                              									Rückständen ermöglicht, hat er sich bestrebt, Aehnliches für die Zuckergewinnung zu
                              									bewirken; er suchte den Preßrückständen die Mineralsalze und die näheren organischen
                              									Bestandtheile von der vorhergehenden Operation zurückzugeben, welche man sonst in
                              									dem Syrup beläßt, worin sie dann ein immer schwerer krystallisirbares Product
                              									liefern, welches endlich als Melasse alle Räume der Fabrik erfüllt.Ueber dieses Verfahren von Champonnois wurde
                                    											bereits eine Notiz aus den Comptes rendus im
                                    											polytechn. Journal Bd. CLXXXVII S. 345
                                    										mitgetheilt.
                           
                           Bekanntlich enthalten die Rübenmelassen 50 Proc. ihres Gewichtes an Zucker, welcher
                              									durch etwa 14 Proc. Salze, und namentlich durch die darin enthaltenen Alkalichloride
                              									an der Ausscheidung verhindert wird.
                           Es ist zwar durch das sich mehr und mehr ausbreitende Dubrunfaut'sche Verfahren gelungen, dieses Hinderniß der
                              									Zuckerkrystallisation theilweise zu beseitigen, allein dieses Verfahren bedingt
                              									einerseits specielle Apparate, andererseits den Verlust eines bedeutenden Antheils
                              									Salze und Zucker.
                           Die Erfindung von Champonnois dagegen würde die
                              									inländischen Zuckerfabriken von diesen Schwierigkeiten und Verlustquellen
                              									befreien.
                           Folgendes ist die Art, wie die einfache und regelmäßige Arbeit geschieht:
                           Der wie gewöhnlich erhaltene Saft wird nach der Methode von Perier und Possoz behandelt (trübe Scheidung
                              									und doppelte Carbonatation) und zu Füllmasse eingekocht. Der aus dieser abgelaufene
                              									Syrup wird auf 1,040 specifisches Gewicht (ziemlich gleich demjenigen des
                              									ursprünglichen Saftes) gebracht und dem Rübenbrei einer zweiten Operation
                              									hinzugefügt, das Gemisch auf 70° C. gebracht, abtropfen gelassen und dann
                              									ausgepreßt.
                           Der so erhaltene Saft wird nun wie der erste behandelt, liefert eine ähnliche
                              									Krystallisation und einen Syrup, der seinerseits wieder zu einem dritten Breiantheil
                              									wandert u. s. w.
                           Diese Operationen sind bis zu elf Mal nach einander in den Laboratorien der HHrn. Perier, Possoz und Cail, sowie
                              									in dem meinigen im Conservatorium der Künste und Gewerbe ausgeführt worden, und die
                              									letzte Krystallisation war ebenso reichlich und gab einen ebenso leicht abfließenden
                              									Syrup wie die erste. Daraus folgt also, daß die Krystallisation in nichts durch die
                              									bis zu 10 Mal wiederholte Rückgabe des ablaufenden Syrups zum Brei beeinträchtigt
                              									worden war, und daß mithin die Salze, ebenso wie die stickstoffhaltigen
                              									Bestandtheile, entsprechend der Annahme von Champonnois,
                              									größtentheils in den Preßlingen zurückgehalten werden (ähnlich wie bei der
                              									Maceration mit Schlempe), und zwar theils durch Endosmose, theils in Folge der
                              									Gerinnung bei der erhöhten Temperatur.
                           Indessen erschien eine Bestätigung dieser Thatsachen durch directe Versuche noch
                              									erforderlich und diese wurden wie folgt ausgeführt:
                           
                           Einfluß der Erhitzung der Rübenfaser auf
                                 										die Fixirung der Salze und der stickstoffhaltigen Bestandtheile.
                           Von einer geriebenen Rübe wurde die Hälfte des Breies kalt ausgepreßt, dann im
                              									Trockenschranke getrocknet und gepulvert. 100 Theile der Trockensubstanz lieferten
                              									1,41 Thle. Stickstoff und 6,7 Asche.
                           Die andere Hälfte wurde auf 70° C. erwärmt und dabei einige Minuten erhalten,
                              									dann ausgepreßt, getrocknet und gepulvert. 100 Thle. ergaben nun 2,36 Thle.
                              									Stickstoff und 8 Thle. Asche.
                           Demnach hatte die Erhitzung der Faser bei diesen vergleichenden Versuchen allerdings
                              									den vorausgesetzten Erfolg gehabt.
                           Es war nun zu ermitteln, ob bei dem in Rede stehenden Verfahren wirklich eine
                              									Absorption eines Theiles der Salze und eine entsprechende Verdrängung des Zuckers
                              									stattfindet; in dieser Hinsicht ergaben sich folgende Vergleichszahlen:
                           
                              
                                 100 Thle. Trockensubstanz.
                                 Gewöhnlicher Brei.
                                 Brei nach Ch. behandelt.
                                 
                              
                                 Zucker
                                 48,5
                                 31,5
                                 
                              
                                 Salze
                                  3,5
                                  6,5.
                                 
                              
                           Diese Zahlen zeigen, daß der mit Syrup wieder gemischte Brei in der That
                              									bemerkenswerthe Mengen Salze aufgenommen und Zucker abgegeben hat.
                           Die Untersuchung der Füllmassen verschiedener Operationen bewies, daß die
                              									Krystallisation gleich derjenigen der besten Füllmassen der Fabriken sich erhalten
                              									hatte, wie dieß auch durch die Menge des erzielten Zuckers bestätigt wird.
                           Es blieb noch eine für die Anwendung im Großen wichtige Nebenfrage in Bezug auf
                              									dieses sinnreiche Verfahren zu lösen, nämlich die, ob der weit weniger schleimige
                              									Saft, welcher hierbei erhalten wird, sich nicht leicht durch Walzenpressen gewinnen lasse.
                           Eine solche von Lauvergnat gebaute Presse arbeitete im J.
                              									1810 regelmäßig neben einer Pichon'schen Reibe und
                              									lieferte 64 Procent Saft, indem sie die Preßlinge auf ein endloses Tuch legte, doch
                              									wurde immer etwas Saft von der Oberfläche der Walzen durch den Preßling und das Tuch
                              									aufgesaugt und gieng somit verloren.
                           Diesen Verlust hat Champonnois durch eine neue Anordnung
                              									vermieden, welche 80 Proc. Saft zu gewinnen gestatten wird, von welcher ich hier
                              									aber nur das Princip andeuten kann.
                           Nachdem der Brei in einem Kasten auf Beutelzeug abgetropft ist, gelangt er zwischen
                              									zwei durchlassende Walzen; die Oberfläche derselben wird
                              									nämlich von einem schmalen Messingstreifen von trapezförmigem  förmigem Querschnitt gebildet,
                              									welcher spiralförmig um Stäbe gewickelt ist, die auf der Walze, parallel deren
                              									Achse, befestigt sind. Die kleinen, mit ihrer breitesten Seite nach außen gekehrten
                              									Streifen haben regelmäßig 0,0001 Met. Zwischenraum und lassen also den Saft durch,
                              									halten aber die Faser zurück; ersterer läuft durch das Innere der Walzen nach außen
                              									ab, der Preßling hingegen wird beständig durch zwei Abstreichklingen entfernt.
                           Beide Walzen sind etwas geneigt und haben ihre Achsen in derselben Ebene.
                           Wenn die neue Zuckergewinnungsmethode von Champonnois die
                              									schließliche Bestätigung durch die bevorstehende Arbeit im Großen erhalten haben
                              									wird, und ihre Resultate sich so darstellen wie es die Versuche erwarten lassen, so
                              									wird dieser Fortschritt ein eben so großer seyn wie der, welchen die Rübenbrennerei
                              									in Folge der Neuerung desselben Erfinders seit 15 Jahren erfahren hat.
                           Es wird dann die theilweise Absorption der Salze und stickstoffhaltigen Substanzen
                              									den Nutzthieren ein reichlicheres und nahrhafteres Futter liefern; man wird, nachdem
                              									das hauptsächlichste Hinderniß der Krystallisation entfernt ist, aus 10procentigen
                              									Rüben 8 statt 6 Procent Zucker, also 33 Proc. mehr erhalten und dabei die
                              									Räumlichkeiten für die Nachproducte um 9/10 vermindern können.
                           (Neuere Mittheilungen von Champonnois gehen dahin, daß die
                              									Versuche mit der neuen Behandlung der Runkelrüben fortwährend, trotz der weit
                              									vorgerückten Jahreszeit, die besten Resultate geben; die Reinigung des Syrups durch
                              									die Faser ist immer groß genug, um ohne Verschlechterung der Füllmassen fortgesetzt
                              									werden zu können.
                           Die Maceration statt der Auspressung lieferte dieselbe gute Krystallisation und
                              									ebenso flüssige Syrupe wie diese, und es kann daher die Eigenschaft der
                              									Pflanzenfaser, die Salze und organischen Stoffe zu binden, als feststehend
                              									betrachtet werden.)