| Titel: | Bessemer's verbessertes Verfahren zur Stahlfabrication. | 
| Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XXVII., S. 108 | 
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                        XXVII.
                        Bessemer's verbessertes Verfahren zur Stahlfabrication.
                        Aus Engineering, November 1868, S.
                              								473.
                        Mit Abbildungen auf Tab.
                              									III.
                        Bessemer's Verfahren zur Stahlerzeugung.
                        
                     
                        
                           Dieses Verfahren besteht in gewissen Abänderungen des gewöhnlichen
                              									Bessemerverfahrens, deren Zweck ist, Gußstahl zu erzeugen, indem man den geringeren
                              									Roheisensorten bessere Roheisensorten (wie dieselben jetzt zum Bessemern verwendet
                              									werden) in flüssigem Zustande beimischt.
                           Bei der Ausführung dieser Verbesserungen wendet Bessemer
                              									eine Birne (Converter) aus starkem Eisenblech an, deren beide die Zapfen tragenden
                              									Seiten abgeplattet sind. Diese Zapfen bestehen aus Gußeisen und sind mit breiten,
                              									gerippten Flantschen versehen, mittelst deren sie mit den Seiten der Birne fest
                              									verbunden werden können. Die Birne hat ferner zwei Windkästen, welche um ungefähr
                              									einen Viertelskreis von einander entfernt sind, so daß die Düsen, wenn sie in diesen
                              									getrennten Windkästen auf einen mit den Zapfen der Birne zusammenfallenden Punkt
                              									gerichtet werden, beinahe rechtwinkelig zu einander stehen. Der Theil der Birne, in
                              									welchen die Düsen aus jedem Windkasten gerichtet  werden, kann etwas ausgeweitet
                              									seyn, so daß er eine Vertiefung oder einen Herd bildet; die beiden Vertiefungen oder
                              									Herde, mit welchen die Birne versehen ist, werden durch einen aus Ganister
                              									angefertigten niedrigen Damm von einander getrennt. Der bequemeren Unterscheidung
                              									wegen wollen wir den ersten kleineren Herd mit A, den
                              									zweiten größeren mit B bezeichnen. Der erste Herd kann
                              									mit „Bulldogg“ oder Rotheisenstein gefüttert werden, wie dieß
                              									bei Puddelöfen üblich ist; die übrigen Theile der Birne füttert man mit Ganister.
                              									Die Birne wird, wie gewöhnlich, mit passenden Oeffnungen zum Einlegen von Düsen in
                              									das Thonfutter versehen; ebenso mit Seitenöffnungen, durch die eine eiserne
                              									Brechstange zur allenfallsigen Bearbeitung der Charge eingeführt werden kann.
                           Zuweilen bringt Bessemer noch andere Oeffnungen zum
                              									Einlegen von Düsen an, durch welche letzteren gewisse flüchtige Substanzen in das
                              									Metall eingespritzt werden. Endlich ist die Birne noch mit einer größeren Oeffnung
                              									versehen, durch welche Metall und Brennmaterial eingetragen und wieder entfernt
                              									werden können.
                           Unsere Abbildungen geben mehrere Ansichten von einem derartigen
                              									Stahlerzeugungsapparat. Fig. 21, 22 und 23 sind verticale
                              									Durchschnitte nach der Linie C, D) der Fig. 24, welche die Birne im Querschnitte darstellt.
                           In diesen verschiedenen Figuren bezeichnet a den aus
                              									Schmiedeeisenplatten angefertigten äußeren Mantel; b,
                              										b die gußeisernen gerippten Zapfenflantschen, welche
                              									an den Seiten der Birne befestigt sind; der Theil b*
                              									dieser Flantschen bildet eine hohle Achse oder einen hohlen Zapfen, welcher die
                              									Birne trägt und in den auf Säulen C* angebrachten Lagern
                              										c ruht; d ist das aus
                              									Ganister bestehende Futter, welches auch zum Theil aus Rotheisenstein oder anderem
                              									zu diesem Zwecke gebräuchlichen Material angefertigt werden kann. A und B sind die beiden
                              									vorhin erwähnten Höhlungen oder Herde, bei d* durch
                              									einen seichten Vorsprung des Futters getrennt; jede derselben hat einen Windkasten;
                              										e ist der Windkasten für den Herd A und hat aus feuerfestem Thon bestehende Düsen r, r; f ist der mit eben solchen Düsen s, s versehene Windkasten für den Herd B; g und h sind die mit der hohlen Achse der Birne
                              									communicirenden Windzuführungsröhren (die Verbindung wird durch gewöhnliche
                              									Stopfbüchsen vermittelt, so daß das Gefäß um seine Achse bewegt werden kann, ohne
                              									daß die Röhren in Unordnung gerathen). Die den Gebläsewind dem Windkasten e zuführende Röhre dient auch dazu, im erforderlichen
                              									Falle Dampf zuzulassen, und zwar mittelst zweier Hähne, wovon der eine mit einem
                              									Dampfkessel oder Dampfüberhitzer, der andere mit dem die gepreßte Luft enthaltenden
                              									Reservoir communicirt, 
                              									so daß während des Processes entweder Luft oder Dampf oder ein Gemisch von beiden
                              									eingeblasen werden kann.
                           Nachdem die Birne auf gewöhnliche Weise mittelst eines Kohksfeuers angewärmt und
                              									Asche und Cinders aus ihr entfernt worden, wird sie in eine zur Aufnahme des
                              									flüssigen Eisens geeignete Stellung gebracht. Dann beschickt man den Herd A mit etwas Glühspan, Hammerschlag, Rotheisenstein oder
                              									anderem beim Puddeln gebräuchlichen Material, und sticht eine Charge von dem zu
                              									verarbeitenden flüssigen Roheisen geringer Sorte in dieselbe ab. Die Birne hat in
                              									diesem Zeitpunkte die in Fig. 23 angegebene
                              									Stellung, wobei das Niveau des flüssigen Metalles (vor dem Beginn des Processes)
                              									unterhalb der Düsen liegt. Hierauf wird ein Strom von Dampf oder gepreßtem Winde in
                              									den kleinen Herd A eingeblasen und nun die Birne so
                              									gekippt, daß das Eisen in jenen Herd fließt (wie in Fig. 22 ersichtlich), und
                              									der Wind auf dasselbe einwirkt. Es muß bemerkt werden, daß die Düsen des kleineren
                              									Herdes A kleinere Dimensionen haben und in geringerer
                              									Anzahl vorhanden sind, als bei dem gewöhnlichen Bessemerprocesse.
                           Sobald das Eisen eine etwas höhere Temperatur angenommen hat, läßt der Arbeiter ein
                              									Gemisch von gepreßter Luft und Dampf oder Dampf allein zutreten. In Folge der durch
                              									die langsame Wirkung einer beschränkten Windführung verursachten theilweisen
                              									Entkohlung des Eisens und der durch den Dampfstrom in Verbindung mit den Zuschlägen
                              									hervorgebrachten Abkühlung verwandelt sich das Metall in eine teigige körnige, mit
                              									flüssiger Schlacke mechanisch gemengte Masse, welche durch ihr andauerndes, ziemlich
                              									heftiges, vom Wind- oder Dampfstrom bewirktes „Steigen“
                              									das Bestreben erhält sich zu zertheilen und in mehr oder minder körniger Form in der
                              									flüssigen Schlacke zu zerstreuen. Man kann nun Hammerschlag, Rotheisenstein,
                              									Braunstein oder andere zur Erzeugung von Puddelschlacke geeignete Substanzen
                              									zuschlagen und wenn die Masse zu steif werden sollte, so wird eine Brechstange durch
                              									die oben erwähnte Oeffnung n eingeführt und das Metall
                              									mit derselben gehörig durchgearbeitet; während dessen wird der Dampf abgestellt und
                              									wieder Wind zugelassen, worauf die Temperatur rasch wieder auf die zur Fortsetzung
                              									des Processes erforderliche Höhe steigt. Somit ist die Regulirung der Temperatur,
                              									sowie der Wind- und Dampfführung dem Urtheile und der Erfahrung des Arbeiters
                              									überlassen, welcher den jeweiligen Zustand des Metalles nach dem schweren, dumpfen
                              									Tone, den der beim Steigen des Eisens entweichende Wind verursacht, sowie nach der
                              									Beschaffenheit der aus der Mündung der Birne entweichenden Flamme und Funken zu
                              									beurtheilen vermag.
                           
                           Sobald der Arbeiter den Proceß weit genug gediehen erachtet, dreht er die Birne und
                              									sticht aus einem danebenstehenden Ofen eine Charge flüssiges Eisen in sie ab; dieses
                              									Roheisen muß von guter Qualität seyn, etwa ein gutes graues Hämatitroheisen oder
                              									eine andere Sorte, vorzugsweise eine solche, welche etwas Mangan und genug
                              									Kohlenstoff enthält. Dann wird die Birne so gedreht, daß beide Chargen in den
                              									zweiten oder größeren Herd B fließen, welcher also die
                              									in Fig. 21
                              									angegebene Stellung erhält. Die Düsen dieses Herdes sind größer und zahlreicher, als
                              									die des ersten, so daß ein kräftiger Windstrom durch die Metallmasse hindurchgepreßt
                              									und die Temperatur so erhöht werden kann, daß die erste Charge vollständig
                              									einschmilzt und sich mit der zweiten verbindet. Dann kann das in Stahl verwandelte
                              									Metall sofort in eine Gießpfanne abgestochen werden; Bessemer zieht es indessen vor, die Doppelcharge vor dem Abstechen
                              									vollständig zu entkohlen und ihr dann eine bestimmte Quantität von flüssigem
                              									manganhaltigem Roheisen zuzusetzen, wie dieß bei seinem gewöhnlichen Verfahren
                              									üblich ist.
                           Um die rasche Abnutzung der zum Einschmelzen von Stabeisen oder Stahl dienenden Oefen zu verhüten, empfiehlt Bessemer die Gewölbe und die anderen der Hitze am meisten ausgesetzten
                              									Theile aus Hohlziegeln (oder aus Ziegeln mit Zwischencanälen) herzustellen, in denen
                              									kalte Luft circulirt; letztere erhitzt sich dadurch und kann zur Speisung der Oefen
                              									selbst benutzt werden.
                           Be ider Ausführung dieses Systemes verwendet Bessemer
                              									vorzugsweise Ziegel von der in Fig. 27 angegebenen Form,
                              									deren Seiten sich verjüngen, so daß sie zur Construction von Gewölben benutzt werden
                              									können; ihre Verbindungsweise zu einem solchen ist in Fig. 28 angegeben. Sie
                              									bilden mehrere Züge oder Luftcanäle m, m, welche sich von einem Ofenende bis zum anderen
                              									erstrecken, so daß ein Luftstrom entweder durch sie hindurchgepreßt oder mittelst
                              									einer Esse angesogen werden kann. Die Vorzüge einer solchen Einrichtung in Bezug auf
                              									Haltbarkeit des Baumateriales sind einleuchtend.
                           
                        
                     
                  
               Tafeln
