| Titel: | Fr.Ransome's Fabrication künstlicher Sandsteine. | 
| Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XXIX., S. 121 | 
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                        XXIX.
                        Fr.Ransome's Fabrication künstlicher
                           								Sandsteine.
                        Ransome's Fabrication künstlicher Sandsteine.
                        
                     
                        
                           Fr. Ransome in Ipswich ließ sich am 9. April 1861 in England ein Verfahren zur
                              									Fabrication künstlicher Steine (ohne Brennen) patentiren, welches im polytechn.
                              									Journal Bd. CLXIV S.
                                 										395 mitgetheilt wurde und bekanntlich darin besteht, daß der Sand zuerst
                              									mit einer Auflösung von kieselsaurem Natron (Wasserglas) gemischt, die so gebildete
                              									plastische Masse in Formen gepreßt und dann mit einer Lösung von Chlorcalcium
                              									behandelt wird; durch gegenseitige Zersetzung des kieselsauren Natrons und
                              									Chlorcalciums entsteht kieselsaurer Kalk, welcher als Bindemittel in der Masse
                              									zurückbleibt, und Chlornatrium (Kochsalz), welches vom Stein durch Waschen entfernt
                              									wird. — Zur billigen Fabrication des erforderlichen kieselsauren Natrons löst
                              										Ransome Feuersteine (in ganzen Stücken) in
                              									verschlossenem Gefäß unter einem Druck von 60 Pfd. per
                              									Quadratzoll in Aetznatronlauge auf.Der von Ransome zu dieser Darstellung des
                                    											kieselsauren Natrons angewandte Apparat wurde im polytechn. Journal, 1857,
                                    												Bd. CXLV S. 289 nach beigegebener Abbildung
                                    											beschrieben und dabei bemerkt, daß sich Werner und Wilhelm Siemens in Berlin (zur Erzeugung künstlicher
                                    											Steine) die Fabrication des kieselsauren Natrons — durch Auflösen von
                                    											Kieselerde in Aetznatronlauge unter einem Dampfdruck von 60 Pfd. per Quadratzoll — schon im Jahre 1845 für
                                    											Bayern patentiren ließen.
                           
                           Im Jahre 1862 erstatteten Dr. Ansted und Prof. Frankland der British Association einen sehr günstigen Bericht über
                              										Ransome's künstliche Sandsteine bezüglich ihrer
                              									Festigkeit und ihrer Widerstandsfähigkeit gegen die Atmosphäre der Städte, im
                              									Vergleich mit den besten natürlichen Steinen (Kalksteinen); dieser Bericht wurde im
                              									polytechn. Journal Bd. CLXVII S. 343 mitgetheilt.
                           Beschreibung der Fabricationsweise
                                 										Ransome'scher Steine in dem am Themseufer in East-Greenwich errichteten
                                 										Etablissement.
                           Der steigende Bedarf Londons an Ransome's künstlichen
                              									Sandsteinen veranlaßte eine Gesellschaft zur Gründung eines Etablissements in
                              									East-Greenwich, um diesen Industriezweig in großartigem Maaßstabe zu
                              									betreiben. Wir geben im Nachstehenden eine Beschreibung der in diesem Etablissement
                              									befolgten Fabricationsweise, welche die Zeitschrift des Vereines deutscher
                              									Ingenieure, Bd. XIII S. 124 — nach Engineering, August 1868, S. 143 — mittheilt.
                           
                              „Der größte Theil des bei der Fabrication verwendeten Sandes wird aus
                                 										Maidstone geholt, während die Feuersteine bequem von den Mergelablagerungen in
                                 										der Nähe der Fabrik zusammengelesen werden. Kalkstein liegt ebenfalls nahebei,
                                 										und die sonstigen Chemikalien kommen aus einer Fabrik am Tyne.
                              
                           
                              Der erste Proceß, welchem der Sand unterworfen wird, ist das Trocknen. Er wird zu diesem Ende durch einen Elevator gehoben und in
                                 										das obere Ende eines geneigten, sich drehenden Blechcylinders geschüttet, durch
                                 										den ein Strom heißer Luft mittelst eines Gebläses zieht. Der Sand wird dann
                                 										gesiebt und unter Bedeckung aufbewahrt. Da der natürliche Sand häufig ein zu
                                 										grobes Korn im künstlichen Stein erzeugen würde, wird ein Theil davon zwischen
                                 										gußeisernen Walzen pulverisirt. Dieselben Walzen dienen auch zur Zerkleinerung
                                 										des Kalksteines, welcher zuweilen mit dem Sande gemischt wird. Natürlich hängt
                                 										die Menge dieser feineren Zusätze von der Bestimmung der. Producte ab, steigt
                                 										aber nie sehr hoch.
                              
                           
                              An einem Ende des Fabrikgebäudes befinden sich die Kessel, in welchen das
                                 										Natronsilicat präparirt wird. Diese sind cylindrisch, mit einem  Rost versehen, auf welchen
                                 										die aufzulösenden Feuersteine gelegt werden, und mittelst Dampfröhren geheizt.
                                 										Nach Einlegen der Feuersteine wird der Kessel mit einer Lösung von Aetznatron
                                 										von 1,12 specifischem Gewicht gefüllt und sodann verschlossen. Jetzt wird Dampf
                                 										mit einem Drucke von 70 Pfund per Quadratzoll (4,92
                                 										Kilogrm. per Quadratcentimeter) in die Röhren
                                 										gelassen und das Kochen fortgesetzt, bis die Feuersteine aufgelöst sind. Man
                                 										erhält Natronsilicat in einer Lösung von 1,2 specifischem Gewichte. Durch einen
                                 										Hahn am Boden des Kessels steigt dieselbe mittelst des auf ihr ruhenden
                                 										Dampfdruckes in ein Ablagerungs-reservoir und von da nach erfolgter
                                 										Klärung in ein offenes, mit Dampfröhrenheizung versehenes Gefäß. Hier wird sie
                                 										auf das specifische Gewicht 1,7 concentrirt und ist nun zum weiteren Gebrauche
                                 										fertig als eine zähe, etwas gelatinöse, durchsichtige Flüssigkeit.
                              
                           
                              Die Mischung derselben mit dem Sande wird in einer Art
                                 										von Thonmühle zu Stande gebracht, deren gußeiserne Scheiben ohrenartige Ansätze
                                 										an ihrer Peripherie tragen. Die Materialien, Sand, Sandpulver, Kalksteinpulver,
                                 										Natronsilicat, werden in den Trog der Mühle aufgegeben, und beim Drehen der
                                 										Scheiben kneten die Ansätze Alles zu einer vollständig homogenen Masse zusammen.
                                 										Diese Operation dauert bei einer Ladung nur drei Minuten. Gewöhnlich ist das
                                 										Mischungs-verhältniß 2¼ Bushel der trockenen Materie auf 1 Gallon
                                 										der Flüssigkeit (18 Liter auf 1 Liter Flüssigkeit). Je nach dem Zwecke der
                                 										künstlichen Steine kommen zuweilen bis 3 Bushel auf 1 Gallon (24 Liter auf 1
                                 										Liter).
                              
                           
                              Die Mischung ist vollkommen plastisch und besitzt gerade genügende Cohäsion zum
                                 											Formen. Dieses geschieht, wie bei gewöhnlichen
                                 										Backsteinwaaren, gegenwärtig noch stets von Hand, aber wahrscheinlich bald auch
                                 										mittelst Maschinenformerei. Einölen der Formen und festes Stampfen sind
                                 										erforderlich.
                              
                           
                              Der nächste Proceß besteht im Härten der Objecte. Aus
                                 										den Formen gehoben, erfordern dieselben große Behutsamkeit, da die Cohäsion noch
                                 										unbedeutend ist; aber unter dem Einfluß einer Lösung von Chlorcalcium gewinnen
                                 										sie in wenigen Minuten einen genügenden Härtegrad, um ohne besondere Vorsicht in
                                 										die Hand genommen und transportirt zu werden. Früher tauchte man die größeren
                                 										Gegenstände in ein Bad, um sie zu imprägniren, aber gegenwärtig wird derselbe
                                 										Effect auf andere, interessante Art erreicht. Beim Formen wird ein Loch bis in's
                                 										Centrum hinein ausgespart und in dasselbe das Rohr einer Luftpumpe geschoben;
                                 										beim Extrahiren der Luft wird dann die über den Artikel gegossene Flüssigkeit
                                 										rasch angesogen. Bei Mühlsteinen besitzen die gußeisernen  Formen durchlöcherte
                                 										falsche Böden, und nach dem Einfüllen der Masse wird die Luft zwischen beiden
                                 										Böden verdünnt. Der atmosphärische Druck drückt nun die Flüssigkeit von der
                                 										freien Oberfläche hinein und das Resultat dieses Principes, die Luft aus dem
                                 										Inneren oder von der unteren Seite der Objecte zu entziehen, ist eine sehr
                                 										schnelle und vollständige Durchdringung. Kleinere Objecte werden lediglich aus
                                 										einer Gießkanne besprengt.
                              
                           
                              Nach solchem Härten mit einer kalten Auflösung von Chlorcalcium folgt noch das
                                 										Eintauchen in ein Bad derselben Lösung, von 1,4 specifischem Gewicht, welches
                                 										durch Dampfröhren auf ungefähr 212½ F. (Siedepunkt) erhitzt wird. Auf
                                 										diese Weise soll die Luft vollständig ausgetrieben und die Energie der
                                 										chemischen Action zwischen Silicat und Chlorid gesteigert werden. In
                                 										East-Greenwich gibt es eine Reihe solcher warmer Bäder an der Seite einer
                                 										Transportbahn, welche ihnen die Gegenstände zuführt. Ihnen gegenüber liegt eine
                                 										Reihe von Douchen zum Auswaschen des gebildeten
                                 										Kochsalzes. Die Douchen sind bloß schmale Gefäße mit durchlöcherten Decken über
                                 										den Böden, auf welchen die Gegenstände sich befinden. Das Wasser wird wiederholt
                                 										verwendet und frisches Wasser nur zugegeben, wenn die Salzlösung zu stark
                                 										geworden. Das Douchen wird solange fortgesetzt, bis das Chlornatrium vollständig
                                 										entfernt ist. Hierauf werden die Objecte getrocknet, soweit möglich durch
                                 										natürliche Mittel, im Winter durch künstliche Wärme.
                              
                           
                              Die künstlichen Steine von Ransome zeichnen sich durch
                                 										Schärfe der Formen, gleichmäßige Farbe, Widerstandsfähigkeit gegen Hitze, Frost,
                                 										unreines Wasser und alle Einflüsse der Atmosphäre, endlich Wohlfeilheit aus.
                                 										Eine Menge von Gegenständen, von den einfachsten bis zu den ornamentirten,
                                 										besteht die Concurrenz mit natürlichem Steine in England, Indien und Amerika.
                                 										Einen wichtigen Platz nehmen Mühlsteine ein, deren
                                 										Dauerhaftigkeit und Rauhigkeit nichts zu wünschen übrig lassen. Bruchstücke aus
                                 										dem Centrum eines Mühlsteines von 6 Fuß (1,83 Meter) Durchmesser konnten nicht
                                 										von den am Umfang gebrochenen unterschieden werden.“