| Titel: | Ueber Darstellung der Metachromatypien oder präparirten Abziehbilder; von A. Müller in Paris. | 
| Fundstelle: | Band 192, Jahrgang 1869, Nr. XXXV., S. 149 | 
| Download: | XML | 
                     
                        
                        XXXV.
                        Ueber Darstellung der Metachromatypien oder
                           								präparirten Abziehbilder; von A.
                              									Müller in Paris.
                        Müller, über Metachromatypien oder präparirte
                           								Abziehbilder.
                        
                     
                        
                           Metachromatypien oder präparirte Abziehbilder sind zuerst von Paris aus in den Handel
                              									gekommen und haben ihren Weg von dort nach Deutschland gefunden.
                           In Deutschland selbst betrachtete man diese Bilder zu Anfang als eine französische
                              									Spielerei, die Kindern und Damen eine augenblickliche Unterhaltung gewähren könnte.
                              									Höchstens hielt man sie gut für Nürnberger Holzspielwaaren-Fabrikanten, die
                              									ihren Spielsachen dadurch ein freundlicheres Aussehen geben können.
                           Puscher in Nürnberg war meines Wissens der erste, der die
                              									Fabrication von Abziehbildern in größerem Maaßstabe versuchte; er selbst glaubte
                              									wohl damals, als er mit der Fabrication begann, nicht, daß er nach 11 jährigem
                              									Bestehen 25 Pressen in diesem Artikel beschäftigen werde. Was wird aber jetzt alles
                              									in dieser Weise angefertigt! Man staunt, wenn man an den Pressen vorüber geht; hier
                              									sieht man mit Blattmetall bedeckte Verse, um auf Schnupftabakdosen abgezogen zu
                              									werden, dort Bouquets mit Rändern für Theebreter, hier Namen und Verzierungen für
                              									Gewürz- und andere Kästen, dort stehen große Steine mit darauf gezeichneten
                              									ganzen Tischplatten. Wenn die Zeichnungen auf die Tische abgezogen und sauber
                              									überpolirt sind, so machen sie ganz den Eindruck, als ob die Tische mit
                              									verschiedenen Holzarten ausgelegt wären.
                           Es ließe sich noch eine ganze Reihe von Gegenständen anführen, welche auf diese Weise
                              									hergestellt werden, doch würde dieß zu weit führen.
                           Ich werde jetzt versuchen, die Herstellungsweise der Metachromatypiebilder zu
                              									beschreiben. Zuerst kommen die dazu verwendeten Materialien in Betracht und von
                              									diesen ist es hauptsächlich das Papier, dessen Präparirung einige Sorgfalt
                              									erfordert.
                           Das Papier, welches zu Metachromatypiebildern verwendet wird, muß folgende
                              									Eigenschaften haben: es muß ziemlich stark seyn und sich durchaus nicht mehr
                              									strecken, sowohl während des Druckes, wie hernach beim Abziehen, wenn es mit Wasser
                              									befeuchtet wird; es muß ferner so präparirt seyn, daß es sich beim Abziehen, nachdem
                              									es 1 bis 2 Minuten lang angefeuchtet ist, leicht von der Seite abschiebt, ohne daß
                              									auch nur das Geringste vom Druck daran hängen bleibt. Es ist nothwendig, ehe  man das Papier zum
                              									Druck benutzt, einen Bogen mit einem Feuchtschwamme anzustreichen; streckt sich
                              									derselbe nicht und wirft keine Falten, so ist das Papier zur Metachromatypie gut,
                              									wirft der Bogen aber Wellen, so ist er weder zum Druck, noch viel weniger zum
                              									Abziehen tauglich.
                           Um nun aber das Papier so zu präpariren, daß es die genannten Eigenschaften besitzt,
                              									muß es folgender Behandlung unterworfen werden:
                           Mittelst einer Ziegenhaar- oder Dachshaarbürste gebe man dem Papier einen
                              									fetten, gleichmäßigen Anstrich von aus Weizenstärke gekochtem und durch ein leinenes
                              									Tuch getriebenem Kleister, lasse die Bogen glattliegend trocknen und setze dieselben
                              									alsdann zwischen Preßspänen einem scharfen Drucke der Glättpresse aus.
                           Alsdann bereite man sich eine Mischung von gleichen Theilen aufgelöstem arabischem
                              									Gummi und Stärkekleister, und gebe dem Papier einen zweiten Anstrich. Nach diesem
                              									muß dasselbe mindestens 6 bis 8 Stunden liegen, um vollkommen trocken zu werden,
                              									damit es sich beim Druck nicht mehr verzieht. Auch auf das Drucklocal ist Rücksicht
                              									zu nehmen, denn das so präparirte Papier zieht leicht aus der Luft wieder
                              									Feuchtigkeit an und man hat dann mit dem Passen der Platten große
                              									Schwierigkeiten.
                           Nachdem nun das Papier wiederum in die Glättpresse gesetzt wurde, um die kleinen,
                              									durch das Anstreichen unvermeidlich hervortretenden Unebenheiten zu entfernen, ist
                              									es zum Druck gut.
                           Es kommen jedoch von dieser Regel auch Ausnahmen vor, wenn z. B. Holzfarbetöne
                              									kräftig gedruckt werden müssen. Es ist dann gerathener, dem Papiere zwei bis drei
                              									Anstriche von Kartoffelstärte zu geben, da dasselbe hierdurch eine gewisse Rauheit
                              									erhält, die es zur Annahme der Farbe empfänglicher macht, als wenn es zu glatt ist.
                              									Allerdings löst sich dieses Papier beim Abheben nicht so leicht ab, als das erstere,
                              									doch wissen sich die Fabrikanten von lackirten Sachen, welche diese Bilder
                              									gebrauchen, recht gut zu helfen, wie ich später nachweisen werde.
                           Sollen die Bilder auf Porzellan, Email oder Glas übertragen werden, so muß man ein
                              									feines geleimtes Papier anwenden, das ebenfalls zwei Anstriche, den ersten von
                              									Stärkekleister und den zweiten von Gummi und Kleister erhält.
                           Bei ungeleimtem Papier kann der Stärkekleister ziemlich schwach seyn, dadurch läßt
                              									sich derselbe fetter und gleichmäßiger vertheilen; die Masse zum zweiten Anstrich
                              									darf jedoch nicht gar zu dünn seyn, weil gegentheils das Gummi schäumt und Bläschen
                              									bildet, welche später beim Druck als weiße Pünktchen erscheinen.
                           
                           Alle Anstriche müssen kalt geschehen, damit die Masse, besonders bei ungeleimten
                              									Papieren, nicht zu tief in diese eindringt.
                           Die Lithographie wird ganz ebenso wie jede andere lithographische Arbeit angefertigt,
                              									der Druck aber ist von der gewöhnlichen Manier abweichend, Statt daß bei
                              									Genrebildern etc. die lichten Platten zuerst und die Kraft- und dunkleren
                              									Platten darnach gedruckt werden, ist es bei Metachromatypiebildern umgekehrt. Hier
                              									werden die dunkleren Platten zuerst und stufenweise bis zur hellsten, der gelben,
                              									die gewöhnlich den Schluß bildet, gedruckt. Solche Bilder, die mit Gold bedeckt
                              									werden, nehmen in der Regel eine weit hellere Farbe an, sobald dieselben vom Papier
                              									abgezogen sind und Gold als Unterlage dient, was man zur Erzielung des gewünschten
                              									Effectes zu beachten hat.
                           Sollen mehrfarbige Bilder auf dunklen Grund gelegt werden, so druckt man Weiß auf,
                              									das noch extra mit Weiß angestäubt wird, um recht gut zu decken.
                           Uebrigens macht Uebung den Meister und ist diese Arbeit überhaupt so interessant, daß
                              									ein Drucker, sobald er einmal eingeweiht ist, sich keine andere Arbeit wieder
                              									wünscht.
                           Wenn der Druck in dieser Manier schon vielfach von dem gewöhnlichen abweicht, so ist
                              									dieß noch in erhöhtem Maaße der Fall, wenn man Bilder für Glas, Email oder Porzellan
                              									anfertigt.
                           Die meisten Farben hierzu lassen sich wohl in Firniß anreiben, aber nicht drucken;
                              									man muß deßhalb auf Umwegen sein Ziel zu erreichen suchen und dieß geschieht durch
                              									das Aufstäuben.
                           Man druckt auf sehr stark geglättetes, nach obiger Beschreibung bereitetes Papier.
                              									Die erste Farbe stäubt man sehr stark auf und läßt die Blätter, wenn der Druck
                              									trocken ist, wieder durch die Satinirpresse gehen, damit die nächste aufzustäubende
                              									Farbe nicht an den vorherigen rauhen hängen bleibt und sich die Farben nach und nach
                              									in einander pudern. Das Satiniren, wenn auch mit leichter Spannung, wiederholt sich
                              									bei jeder Farbe. Hauptbedingung ist es, daß man die Farben sehr fett druckt; wenn
                              									das Bild auch auf dem Papier überladen steht, so sieht es hernach nach dem Brennen
                              									doch ganz anders aus.
                           Es gibt jedoch auch einzelne Farben, welche gleich als Deckfarbe gedruckt werden
                              									können und nicht gestäubt zu werden brauchen. Erwähnt sey noch, daß wenn man zwei
                              									bis drei verschiedene Töne in einer Farbe erzielen will, man ebenso viele Platten
                              									dazu verwenden muß.
                           Ehe ich nun zu dem Einbrennen der Schmelzbilder komme, muß ich noch ein paar Worte
                              									über das Abziehen sagen.
                           Die Schmelzfarben, deren es wohl an 80 verschiedene Sorten gibt,  erhält man in Deutschland sehr
                              									schön von Geitner und Comp. in
                              									Schneeberg. Verdruckt werden dieselben, soviel mir bekannt, nur in Berlin und bei
                              										Hesse in Leipzig. Von Paris, dem eigentlichen Sitz
                              									dieses Fabricates, werden jedoch unbedingt die besten Bilder in den Handel
                              									gebracht.
                           Das Abziehen der Bilder geschieht auf folgende Weise. Sind es glatte Gegenstände, auf
                              									welche die Bilder übertragen werden sollen, so wird entweder die Fläche, wohin sie
                              									zu stehen kommen, oder auch das Bild selbst mit einem fetten Lack überstrichen, und
                              									so lange gewartet, bis dieser anfängt stark harzig zu werden. Sodann wird das Bild
                              									auf den Gegenstand gelegt und fest angedrückt, damit keine Luftbläschen sich
                              									darunter bilden. Bei kleineren Bildern kann man nun sofort das Papier mit einem
                              									nassen Schwamme so lange betupfen, bis es gänzlich vom Wasser durchdrungen ist und
                              									dann gleich abziehen, doch ist es immer gut, vier bis fünf Minuten zu warten, denn
                              									je länger das Papier unter Wasser steht, desto besser löst es sich vom Bilde los.
                              									Bei größeren Bildern läßt man den Lack, nachdem das Bild angelegt ist, erst
                              									trocknen, damit letzteres sich fest mit dem Gegenstande verbindet.
                           Nachdem das Papier weggezogen, tupft man mit einem nassen Schwamme die Schleimtheile,
                              									welche sich vom Papier neben dem Bilde abgelöst haben, sauber fort, und wenn dann
                              									Alles rein und trocken ist, kann das Bild mit Spirituslack überlackirt oder mit
                              									Politur überpolirt werden.
                           Bei Gegenständen, welche Erhöhungen oder Vertiefungen haben, auf oder in welche sich
                              									das Bild legen soll, legt man dasselbe in etwas gefeuchtete Maculatur, damit es
                              									geschmeidiger wird. Die Maculatur darf jedoch nicht zu stark gefeuchtet seyn, weil
                              									sich sonst leicht das Bild schon früher vom Papier ablösen könnte, ehe man es auf
                              									den bestimmten Platz gebracht hat.
                           Bei runden Gegenständen, z. B. einer Flasche, kann man sich sehr leicht helfen, wenn
                              									man ein längliches Stück Leinen, ein Handtuch etc. an beiden Enden zusammenknotet,
                              									dasselbe glatt über das aufgelegte Bild über die Flasche hängt und das Tuch durch
                              									Hineintreten mit dem Fuß anspannt. Alsdann bringt man Wasser auf das Tuch dort wo
                              									das Bild liegt und läßt es losweichen. Auf diese Weise vermeidet man das Strecken
                              									des Papieres.
                           Abziehbilder auf Email, Porzellan und Glas werden ebenfalls ein wenig feucht auf den
                              									mit fettem Lack bestrichenen Gegenstand gelegt und, nachdem das Bild fest
                              									angedrückt, gänzlich in's Wasser gebracht. Das Papier löst sich nun nach und nach ab
                              									und schwimmt zuletzt auf dem  Wasser. Hier kann man nun den um das Bild haftenden
                              									überflüssigen Lack und Schmutz nicht durch Wischen entfernen, da man das Bild sehr
                              									leicht beschädigen würde. Es ist dieß aber auch ganz überflüssig, da Alles im
                              									Schmelzofen verbrennt, ohne den geringsten Rückstand zu hinterlassen.
                           Das Einbrennen ist selbstverständlich nur ganz geschickten Händen anzuvertrauen, denn
                              									wenn das Bild noch so schön gedruckt ist, so werden, wenn es zu stark gebrannt ist,
                              									die lichteren Farben alle verschwinden, während gegentheils bei zu schwachem Brande
                              									Alles stumpf und undurchsichtig aussieht und sich noch obendrein wieder beim
                              									Gebrauch abwischt. (Aus: Lithographia, durch Industrie-Blätter, 1869 S.
                                 									21.)